2. Wie die Leute damals lebten.

In Andalusien zum Beispiel (denn das, was ich erzählen will, trug sich gerade in einer andalusischen Stadt zu) erhoben sich die Leute von Stand sehr früh, gingen zur Frühmesse in die Kathedrale, wenn es auch kein verordneter Festtag war, frühstückten um neun Uhr einen Eierkuchen und eine Tasse Chokolade mit picatostes (in Öl geröstetes Brot), aßen um ein oder zwei Uhr nachmittags puchero[2] und principio, [3] wenn es Wild gab, wenn nicht, dann nur puchero allein, hielten nach dem Essen ihre Siesta, machten darauf einen Spaziergang durchs Feld, gingen in der Dämmerung in ihrem respektiven Kirchspiel zum Rosenkranz; zum Avemaria tranken sie noch eine Tasse Chokolade, diesmal jedoch mit Zwieback, und die vornehmsten unter ihnen gingen dann zur Abendgesellschaft beim Corregidor, dem Dekan, oder welcher Titel gerade der vorherrschende in der Stadt war. Beim Abendläuten zog man sich zurück, schloß die Hausthür beim Zapfenstreich, aß Salat und guisado (Geschmortes) aus Autonomasie, wenn nicht etwa frische Fische angekommen waren, zum Abendbrot und legte sich sogleich mit seiner Frau zu Bett, doch nicht, ohne daß während neun Monaten im Jahre das Bett vorher gewärmt worden wäre...

Das waren glückliche Zeiten, in denen unser Land im ruhigen, friedlichen Besitz aller Spinnengewebe, allen Staubes, aller Motten, allen Respektes, aller Glaubensmeinungen, aller Traditionen, Gebräuche und durch die Jahrhunderte geheiligten Mißbräuche dahinlebte! Glückliche Zeiten waren es, in denen es in der menschlichen Gesellschaft verschiedene Klassen, verschiedene Meinungen, verschiedene Gebräuche gab! Glückliche Zeiten! sage ich... und besonders für die Dichter, die hinter jeder Ecke eine Legende, eine Erzählung, eine Komödie, ein Drama, eine Novelle, ein Lustspiel, ein Zwischenspiel, ein Mysterium oder ein Epos fanden an Stelle dieser prosaischen Gleichförmigkeit und des geschmacklosen Realismus, den uns die französische Revolution als Erbteil hinterließ. — Glückliche Zeiten, wenn...

Aber da falle ich ja wieder in die alte Gewohnheit zurück. Genug also mit Allgemeinheiten und Umschweifen und laßt uns mutig beginnen mit der Geschichte vom Dreispitz.

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