Âventiure wie Sîvrit Kriemhilt êrste gesach.

Man sach si tegelîchen   nu rîten an den Rîn, III.264

die zer hôhgezîte   gerne wolden sîn.

die durch der künege liebe   kômen in daß lant,

den bôt man sumelîchen   beidiu ros und gewant.

In was ir gesidele   allen wol bereit, 265

den hôhsten und den besten,   als uns daß ist geseit,

zwein und drîßec vürsten,   dâ zer hôhgezît:

dâ zierten sich engegene   alle vrouwen wider strît.

Eß was dâ vil unmüeßec   Gîselher daß kint. 266

die geste mit den kunden   vil güetlîchen sint

die enphieng er und Gêrnôt   und ouch ir beider man:

jâ gruoßten si die degene,   als eß nâch êren was getân.

Vil goltrôter setele   si vuorten in daß lant, 267

zierlîche schilde   und êrlîch gewant

brâhten si ze Rîne   zuo der hôhgezît.

manegen ungesunden   sach man vrœlîchen sît.

Die in den betten lâgen   und heten wunden nôt, 268

die muosen des vergeßßen,   wie herte was der tôt.

die siechen ungesunden   muosen si verklagen:

si vreuten sich der mære   gên der hôhgezîte tagen,

[S. 88]
Wie si leben wolden   dâ ze der wirtschaft. A.269

wünne âne mâße,   mit vreuden überkraft

heten al die liute,   swaß man ir dâ vant:

des huop sich michel wünne   über al daß Guntheres lant.

An einem phingestmorgen   sach man vür gân 270

gekleidet wünneclîche   vil manegen küenen man,

fünf tûsent oder mêre,   dâ zer hôhgezît.

sich huob diu kurzewîle   an manegen enden wider strît.

Der wirt der hete die sinne,   im was daß wol erkant, 271

wie rehte herzenlîche   der helt von Niderlant

sîne swester trûte,   die er noch nie gesach,

der man sô grôßer schœne   vor allen juncvrouwen jach.

Er sprach: ‚nu râtet alle,   mâge und mîne man, C.

wie wir die hôhgezîte   sô lobelîche hân,

daß man uns drumbe iht schelte   her nâch dirre zît;

ein ieslîch lop vil stæte   ze jungest an den werken lît.‘

Dô sprach zuo dem künege   der degen Ortwîn: 272

‚welt ir mit vollen êren   ze der hôhzîte sîn,

sô sult ir lâßen schouwen   diu wünneclîchen kint,

die mit sô grôßen êren   hie zen Burgunden sint.

‚Waß wære mannes wünne,   wes vreute sich sîn lîp, 273

eß entæten schœne meide   und hêrlîchiu wîp?

lâßet iuwer swester   vür iuwer geste gân!‘

der rât was ze liebe   manegem helde getân.

‚Des wil ich gerne volgen,‘   sprach der künic dô. 274

alle, dieß ervunden,   wârens harte vrô.

ernbôt eß vroun Uoten   und ir tohter wolgetân,

daß si mit ir megeden   hin ze hove solde gân.

[S. 90]
Dô wart ûß den schrînen   gesuochet guot gewant, 275

swaß man in der valde   der guoten wæte vant,

die bouge mit den borten;   des was in vil bereit.

sich zierte minneclîche   vil manec wætlîchiu meit.

Vil manec recke tumber   des tages hete muot, 276

daß er an ze sehene   den vrouwen wære guot,

daß er dâ vür niht næme   eins rîchen küneges lant.

si sâhen die vil gerne,   die si heten nie bekant.

Dô hieß der künic rîche   mit sîner swester gân, 277

die ir dienen solden,   hundert sîner man,

ir und sîner muoter:   die truogen swert enhant.

daß was daß hofgesinde   in der Burgunden lant.

Uoten die vil rîchen   sach man mit ir komen. 278

diu hete schœner vrouwen   geselleclîch genomen

hundert oder mêre:   die truogen rîchiu kleit.

ouch gie dâ nâch ir tohter   vil manec wætlîchiu meit.

Von einer kemenâten   sach man si alle gân: 279

dô wart vil michel dringen   von helden dar getân,

die des gedinge hêten,   ob kunde daß geschehen,

daß si die maget edele   solden vrœlîche sehen.

Nu gie diu minneclîche,   alsô der morgen rôt 280

tuot ûß trüeben wolken.   dô schiet von maneger nôt,

der si da truoc in herzen   und lange hete getân.

er sach die minneclîchen   nu vil hêrlîchen stân.

Jâ lûhte ir von ir wæte   vil manec edel stein: 281

ir rôsenrôtiu varwe   vil minneclîchen schein.

ob ieman wünschen solde,   der kunde niht gejehen,

daß er ze dirre werlde   hete iht schœners gesehen.

[S. 92]
Sam der liehte mâne   vor den sternen stât, 282

des schîn sô lûterlîche   ab den wolken gât,

dem stuont si nu gelîche   vor andern vrouwen guot.

des wart dâ wol gehœhet   den zieren helden der muot.

Die rîchen kamerære   sach man vor ir gân. 283

die hôch gemuoten degene   wolden des niht lân,

sin drungen, dâ si sâhen   die minneclîchen meit.

Sîvride dem hêrren   wart beide lieb unde leit.

Er dâhte in sînem muote:   ‚wie kunde daß ergân, 284

daß ich dich minnen solde?   daß ist ein tumber wân;

sol aber ich dich vremden,   sô wære ich samfter tôt.‘

er wart von gedanken   dicke bleich unde rôt.

Dô stuont sô minneclîche   daß Siglinde kint, 285

sam er entworfen wære   an ein permint

von guotes meisters listen,   sô man im verjach,

daß man helt neheinen   nie sô schœnen gesach.

Die mit der vrouwen giengen,   die hießen von den wegen 286

wîchen allenthalben:   daß leiste manec degen.

diu hôch tragenden herzen   vreuten manegen lîp;

man sach in grôßen zühten   vil manec hêrlîcheß wîp.

Dô sprach von Burgunden   der hêrre Gêrnôt: 287

‚der iu sînen dienest   sô güetlîchen bôt,

Gunther, lieber bruoder,   dem sult ir tuon alsam

vor allen disen recken:   des râts ich nimmer mich gescham.

‚Ir heißet Sîvriden   zuo mîner swester kumen, 288

daß in diu maget grüeße;   des habe wir immer vrumen:

diu nie gegruoßte recken,   diu sol in grüeßen phlegen;

dâ mite wir hân gewunnen   den vil zierlîchen degen.‘

[S. 94]
Dô giengen swirtes mâgen,   dâ man den helt vant. 289

si sprâchen zuo dem recken   ûßer Niderlant:

‚iu hât der künec erloubet,   ir sult ze hove gân,

sîn swester sol iuch grüeßen:   daß ist iu zêren getân.‘

Der hêrre in sînem muote   was des vil gemeit. 290

dô truoc er in dem herzen   lieb âne leit,

daß er sehen solde   der schœnen Uoten kint.

mit minneclîchen tugenden   si gruoßte Sîvriden sint.

Dô si den hôch gemuoten   vor ir stênde sach, 291

do erzunde sich ir varwe;   diu schœne meit sprach:

‚sît willekomen, er Sîvrit,   ein edel rîter guot.‘

dô wart im von dem gruoße   wol gehœhet der muot.

Er neig ir minneclîchen,   genâde er ir bôt. 292

si twanc gên ein ander   der seneden minne nôt;

mit lieben ougen blicken   ein ander sâhen an

der hêrre und ouch diu vrouwe:   daß wart vil tougen getân.

Wart dâ vriuntlîche   getriutet (ir vil) wîßiu hant 293

von herzen lieber minne,   daß ist mir niht bekant.

doch wil ich niht gelouben,   daß eß wurde lân:

zwei minne gerndiu herze   heten anders missetân.

Bî der sumerzîte   und gên des meijen tagen 294

dorft er niht mêre   in sîme herze tragen

sô vil hôher vreude,   sô er dâ gewan,

dô im diu gie an hende,   die er ze trûte gerte hân.

Dô dâhte manec recke:   ‚hei, wær mir sam geschehen, 295

daß ich ir gienge nebene,   als ich in hân gesehen,

oder bî ze ligene!   daß ließe ich âne haß!‘

eß gediende noch nie recke   nâch einer küneginne baß.

[S. 96]
Von swelher künege lande   die geste kômen dar, 296

die nâmen al gelîche   niuwan ir zweier war.

ir wart erloubet küssen   den wætlîchen man:

im wart ze dirre werlde   nie sô liebe getân.

Der künec von Tenemarke   sprach dô sâ zestunt: 297

‚des vil hôhen gruoßes   lît vil maneger wunt,

des ich dâ wol enphinde,   von Sîvrides hant:

Got lâße in nimmer mêre   ze Tenemarke in daß lant!‘

Man hieß dô allenthalben   wîchen von den wegen 298

der schœnen Kriemhilde;   manegen küenen degen

sach man zühteclîche   ze kirche mit ir gân.

sît wart von ir gescheiden   der vil wætlîche man.

Dô gie si zuo dem münster,   ir volgete manec wîp. 299

dâ was ouch wol gezieret   der küneginne lîp,

daß dô hôher wünsche   maneger wart verlorn.

si was ze ougen weide   manegem recken erkorn.

Vil kûme erbeite Sîvrit,   daß man dâ gesanc. 300

er mohte sînen sælden   immer sagen danc,

daß im diu was sô wæge,   die er in herzen truoc:

ouch was er der schœnen   holt von schulden genuoc.

Dô si kom ûz dem münster,   als er hete ê getân, 301

man sach in vriuntlîche   zuo Kriemhilde gân.

alrêst begunde im danken   diu minneclîche meit,

daß er vor den recken   sô rehte wîclîchen streit.

‚Nu lôn iu Got, er Sîvrit,‘   sprach daß schœne kint, 302

‚daß ir daß habt verdienet,   daß iu die recken sint

sô holt in guoten triuwen,   sô ich si hœre jehen.‘

do begunde er minneclîche   an vroun Kriemhilde sehen.

[S. 98]
‚Ich sol in immer dienen‘,   sprach Sîvrit der degen, 303

‚und enwil mîn houbet   nimmer ê gelegen,

ich enwerbe nâch ir willen,   sol ich mîn leben hân.

daß muoß iu sîn ze dienste,   mîn vrou Kriemhilt, getân.‘

Inre tage zwelven,   der tage al ieslîch, 304

sach man bî dem degene   die maget lobelîch,

sô si ze hove solde   vor ir vriunden gân.

der dienst wart dem recken   durch grôße liebe getân.

Vreude unde wünne   und michelen schal 305

sach man tegelîche   vor Guntheres sal,

dar ûße und ouch dar inne   von manegem küenen man.

Ortwîn und Hagene   vil grôßer wunder began.

Swes iemen phlegen solde,   des wâren si bereit 306

mit volleclîcher mâße,   die helde vil gemeit.

des wurden von den gesten   die recken wol bekant;

dâ von sô was gezieret   alleß Guntheres lant.

Die ê dâ wunde lâgen,   die sach man vüre gân: 307

si wolden kurzewîle   mit dem gesinde hân,

schirmen mit den schilden   und schießen manegen schaft.

des hulfen in genuoge;   si heten michele kraft.

In der hôhzîte   der wirt hieß ir phlegen 308

mit der besten spîse.   er hete sich bewegen

aller slahte schande,   die ie künec gewan.

man sach in vriuntlîche   zuo den sînen gesten gân.

Er sprach: ‚ir guoten recken,   ê daß ir scheidet hin, 309

sô nemet ir mîne gâbe:   alsô stêt mîn sin,

daß ichß immer diene;   versmâhe iu niht mîn guot:

daß wil ich mit iu teilen:   des hân ich willigen muot.‘

[S. 100]
Die von Tenemarken   sprâchen sâ zehant: 310

‚ê daß wir wider rîten   heim in unser lant,

wir gern stæter suone:   des ist uns recken nôt:

wir hân von iuwern degenen   manegen lieben vriunt tôt.‘

Liudegast geheilet   sîner wunden was: 311

der vogt von den Sahsen   nâch strîte wol genas.

etelîche tôten   si ließen dâ ze lant.

dô gie der künic Gunther,   dâ er Sîvriden vant.

Er sprach zuo dem recken:   ‚nu rât, wie ich tuo. 312

unser geste wellent   rîten morgen vruo

und gerent stæter suone   an mich und mîne man:

nu râtâ, degen küene,   waß dich des dünke guot getân.

‚Waß mir die hêrren bieten,   daß wil ich dir sagen: 313

swaß vünf hundert mære   goldes mügen tragen,

daß gebent si mir gerne,   wil ich si ledic lân.‘

dô sprach Sîvrit:   ‚daß wær übele getân.

‚Ir sult si ledeclîchen   hinnen lâßen varn: 314

und daß die recken edele   vürbaß bewarn

vîentlîcheß rîten   her in iuwer lant,

des lât iu sicherheit   geben beider hêrren hant.‘

‚Des râtes wil ich volgen.‘   dâ mite si giengen dan. 315

den sînen widerwinnen   wart daß kunt getân,

ir goldes gerte niemen,   daß si dâ büten ê.

dâ heime ir lieben vriunden   was nâch den hermüeden wê.

Manegen schilt vollen   man dar schatzes truoc; 316

er teilt es âne wâge   den vriunden genuoc,

bî vünf hundert marken   und eteslîchen baß.

Gêrnôt der vil küene   der riet Gunthere daß.

[S. 102]
Urloup si dô nâmen,   alsô si wolden dan. 317

dô sach man die geste   vür Kriemhilde gân

und ouch, dâ vrou Uote   diu küneginne saß.

eß enwart nie degenen   mêre geurloubet baß.

Herberge wurden lære,   dô si dannen riten. 318

doch bestuont dâ heime   mit hêrlîchen siten

der künic mit den sînen   und manec edel man:

die sach man tegelîche   vür vroun Kriemhilde gân.

Urloup nemen wolde ouch   Sîvrit ein helt guot: 319

er wânde niht erwerben,   des er hete muot.

der künic sagen hôrte,   daß er wolde dan:

Gîselher der junge   in von der reise gewan.

‚War woldet ir nu rîten,   edel Sîvrit? 320

belîbet bî den recken,   tuot, des ich iuch bit,

bî Gunther dem künege   und bî sînen man.

hie sint vil schœne vrouwen,   die man iuch sol sehen lân.‘

Dô sprach der starke Sîvrit:   ‚sô lât diu ros stân. 321

ich wolde hinne rîten;   des wil ich abe gân;

und traget hin die schilde.   jâ wolde ich in mîn lant:

des hât mich her Gîselher   mit grôßen triuwen erwant.‘

Sus beleip der küene   durch vriunde liebe dâ. 322

jâ wær er in den landen   niender anderswâ

gewesen alse sanfte:   dâ von daß geschach,

daß er nu tegelîche   die schœnen Kriemhilde sach.

Durch ir unmâßen schœne   der hêrre dâ beleip. A.323

mit maneger kurzwîle   man nu die zît vertreip;

wan daß in twanc ir minne:   diu gab im dicke nôt;

dar umbe sît der küene   lac vil jæmerlîchen tôt.

[S. 104]

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