DAS KIND IN UNSRER SEELE

Zum Herrn im Himmelsraume

Blickt auf ein Knabe unschuldstraut,

Wie wenn zum Weihnachtsbaume,

Ins Mutteraug' er schaut.

Doch schon im Sturm der Jünglingsbahn

Trifft ihn der Edenschlange Zahn,

Und seines Glaubens Schranken,

Sie wanken.

Da winkt voll Sonnenschimmer

Sein Kindertraum im Myrtenkranz;

Im Liebesblick malt immer

Sich frommer Himmelsglanz.

Wie einst im Mutterarm so gern,

Preist wieder stammelnd er den Herrn

Und löst sein betend Sehnen

In Tränen.

Wenn dann zum Lebensstreite

Er zweifelnd eilt in jähem Lauf,

Steht lächelnd ihm zur Seite

Sein Kind und weist hinauf.

Mit Kindern wird er wieder Kind;

Wohin sein Herz auch trägt der Wind,

Gebet wird ihn vereinen

Den Seinen.

Der größte Mann auf Erden,

Das Kind in sich verlier' er nicht,

Und selbst in Sturmbeschwerden

Erlausch' er, was es spricht!

Oft, wenn ein Kämpe fiel mit Scham,

Das Kind war's, das als Retter kam;

Es läßt von allen Wunden

Gesunden.

Was Großes ward ersonnen,

Ist Werk des Kinderfreudenstrahls;

Was Starkes ward gesponnen,

Das Kind in uns befahl's.

Was schönheitsvoll in Herzen fiel,

Lebt in des Kindes Unschuldspiel,

Und Klugheit vollgewichtig

Wird nichtig.

Wohl dem, der sich hienieden

Wert zeigt, im eignen Heim zu ruhn;

Denn dieses nur gibt Frieden

Des Kindes mildem Tun.

Uns alle, die des Lebens Schlacht

Verhärtet hat und müd' gemacht,

Wird Kinderlachens Tönen

Versöhnen.

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