Nun habe ich mich doch nicht bezwingen können und mich hingesetzt, um die Geschichte meiner ersten selbständigen Schritte niederzuschreiben – obwohl ich das eigentlich auch unterlassen könnte ... Eines aber weiß ich genau: meine ganze Lebensgeschichte würde ich niemals schreiben, und sollte ich auch hundert Jahre alt werden. Da muß man denn doch gar zu erbärmlich in die eigene Person verliebt sein, um ohne sich vor sich selbst zu schämen, über sich selbst schreiben zu können. Was mich diesmal noch entschuldigt, ist ja nur, daß ich nicht aus dem Grunde schreibe, der alle anderen zum Schreiben veranlaßt, das heißt, ich schreibe nicht, um vom Leser bewundert zu werden. Wenn es mir trotzdem in den Sinn gekommen ist, alles wortgetreu aufzuzeichnen, was ich in diesem letzten Jahr erlebt habe, so ist das aus einem inneren Bedürfnis heraus geschehen: einen so großen Eindruck haben diese Erlebnisse auf mich gemacht. Ich will nur die Ereignisse wiedergeben, Beiläufiges aber nach Möglichkeit übergehen, und vor allem die üblichen literarischen Verzierungen und Einleitungen vermeiden. Ein Literat schreibt mitunter ganze dreißig Jahre lang in einem Strich, zu guter Letzt aber weiß er oft selbst nicht, was er nun eigentlich so lange geschrieben hat. Ich dagegen bin kein Literat und möchte auch gar keiner sein; ja, ich würde es geradezu für eine Geschmacklosigkeit halten, das Innerste meiner Seele und eine schöne Schilderung meiner Gefühle auf ihren Literaturmarkt zu schleppen. Nur habe ich zu meinem Ärger so eine Vorahnung, als ob man ganz ohne Gefühlsschilderungen und Betrachtungen (vielleicht sogar recht abgeschmackte Betrachtungen) doch nicht gut auskommen könne: dermaßen verderblich wirkt jede literarische Betätigung auf den Menschen, auch wenn er ausschließlich für sich selbst schreibt. Nun werden meine Betrachtungen vielleicht sogar sehr trivial erscheinen; denn es ist leicht möglich, daß andere gerade das völlig wertlos finden, was man selbst am höchsten schätzt. Aber genug davon. Da habe ich also doch eine regelrechte Vorrede geschrieben. Weiteres von dieser Art soll es nun wirklich nicht mehr geben. Jetzt fange ich endgültig meine Geschichte an, obschon nichts so schwierig ist, wie eine Sache anzufangen, vielleicht sogar überhaupt etwas in der Welt anzufangen.