63. Goethe an Kestner.

Ich hatte gleich auf eure Nachricht Kielmansegge sey hier in die meisten Wirthshäusser geschickt, konnt ihn aber nicht erfragen. Nun sagt mir Pottozelli er sey wieder fort, und habe gehört ich sey nicht hier. Sagt ihm er hätte nicht so fortgehen sollen, ich war Montags schon wieder hier als er Mittwoche wegging, und ich hatte eben um die Zeit an ihn gedacht, und gewünscht mit ihm zu seyn. Sagt ihm, von unserm Nachdruck Ossians ist Fingal ausmachend den ersten Teil fertig, kostet 36 kr., wenn er ihn will, schick ich ihn mit dem übrigen und bitte mir meinen Ossian zurück. Ich weis nicht ob ich euch schon im vorigen Briefe gebeten habe was an Boje mitzunehmen. bestimmt mir doch die Zeit wenn ihr geht. Wie stehts euerm Engel. Ich habe ein groses Commerz mit ihr. Ihre Silhouette ist mit Nadeln an die Wand befestigt und ich verliehre meist alle Nadeln und wenn ich beim Anziehen eine brauche, borg ich meist eine von Lotten, und frage auch erst um Erlaubniß &c.

Etwas verdrüsst mich. In Wetzlar hatte ich ein Gedicht gemacht, das von Rechtswegen Niemand besser verstehen sollte als ihr. Ich möcht es euch so gern schicken, hab aber keine Abschrift mehr davon. Boie hat eine durch Mercken, und ich glaube, es wird in den Musenalmanach kommen. es ist überschrieben der Wandrer und fängt an: Gott seegne dich iunge Frau. Ihr würdets auch ohne das gleich gekannt haben.

So weit dann lieb K. Lotte weis wie lieb ich sie habe. Adieu.

G.

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