Goethes Jugend in Leipzig.

Eine Rede
von
Otto Jahn.

Gehalten am 28. August 1849 in der akademischen Aula in Leipzig.

Beim Anschauen des Olympischen Zeus vergaß der Grieche in stiller Bewunderung Leid und Kummer, gebannt unter den Zauber göttlicher Majestät fand er Frieden und Kraft, und ging mit dem stolzen Gefühl, ein Grieche zu sein, von dannen. Der heutige Tag giebt dem Deutschen ein ähnliches Gefühl. Heute ist es ihm vergönnt, selbst die schwerste Sorge, die Sorge um das Vaterland, den tiefsten Kummer um vereitelte Hoffnungen und Bestrebungen im Andenken an den großen Mann zurückzudrängen, der dem ganzen Vaterlande angehört, um auszusprechen, worin wir alle einig und frei sind, unsere Bewunderung und Verehrung gegen Goethe. Dankbarkeit und Anhänglichkeit auszusprechen, bedarf es keiner besonderen Berechtigung, Goethes Andenken zu feiern ist jeder berufen, der an deutscher Bildung Theil hat; für uns aber ist es eine mahnende Pflicht, das Bild des Dichters, der uns persönlich nahe angehört hat, mit einem Kranze der Erinnerung zu schmücken.

In Leipzig hat Goethe sein Studien begonnen, drei Jahre hindurch hat er unserer Universität angehört, ist hier durch den Verkehr mit Künstlern und Kunstfreunden angeregt und gebildet worden, Freundschaft und Liebe haben ihn hier mannigfach gefesselt, hier hat er die unruhvoll bewegte Zeit der ersten Selbständigkeit durchlebt — wahrlich kein unbedeutender Theil seines Lebens gehört uns an. Wir dürfen ihn selbst zum Zeugen seiner Anhänglichkeit an Leipzig nehmen, dessen Erinnerung ihm stets theuer und bedeutend war. „Wer kein Leipzig gesehen hat,“ schrieb er seinem Freunde Breitkopf nach der Heimkehr in Frankfurt, „der könnte hier recht wohl sein,“ in einer Stadt, „die zu sehr Antithese von Leipzig ist, um viel Annehmlichkeit für ihn zu haben.“ „Sie haben Recht, meine Freundin, daß ich jetzt für das gestraft werde, was ich gegen Leipzig gesündigt habe,“ heißt es in einem anderen Briefe; „mein jetziger Aufenthalt ist so unangenehm als mein Leipziger angenehm hätte sein können, wenn gewissen Leuten gelegen gewesen wäre, mir ihn angenehm zu machen.“ So urtheilte nicht nur der von dem Scheiden aus lieben und gewohnten Verhältnissen schmerzlich ergriffene Jüngling, der „draußen im Reich, in der Frankfurter Hungersnoth des guten Geschmacks“ die feinere, namentlich litterarische Bildung, den freien ungezwungenen Verkehr, besonders mit Frauen, wodurch Leipzig sich auszeichnete, gar sehr vermißte. Als später Goethe von Weimar aus in wiederholten Besuchen seine persönlichen Beziehungen zu Leipzig erneuete, schrieb er (December 1782) an Frau von Stein: „Seit 69, da ich von hier wegging, bin ich nie über ein paar Tage hier gewesen, auch habe ich nur meine alten Bekannten besucht und Leipzig war mir immer so eng wie jene ersten Jahre. Diesmal mache ich mich mit der Stadt auf meine neue Weise bekannt und es ist mir eine neue kleine Welt. — Ich wünschte, mich ein Vierteljahr hier aufhalten zu können, denn es steckt unglaublich viel hier beisammen. Die Leipziger sind als eine kleine moralische Republik anzusehen. Jeder steht für sich, hat einige Freunde und geht in seinem Wesen fort, kein Oberer giebt einen allgemeinen Ton an und jeder produzirt sein kleines Original, es sei nun verständig, gelehrt, albern oder abgeschmackt, thätig, gutherzig, trocken oder eigensinnig, und was der Qualitäten mehr sein mögen. Reichthum, Wissenschaft, Talente, Besitzthümer aller Art geben dem Ort eine Fülle, die ein Fremder, wenn er es versteht, sehr wohl genießen und nutzen kann. Er muß sich nur im Allgemeinen halten, und keinen Antheil an ihren Leidenschaften, Händeln, Vorliebe und Abscheu nehmen. Es leben hier einige Personen im Stillen, die, wenn ich so sagen darf, vom Schicksal in Pension gesetzt worden sind, von denen ich großen Vortheil ziehen würde, wenn es mir die Zeit erlaubte. Von dem allgemeinen Betragen gegen mich kann ich sehr zufrieden sein. Sie bezeigen mir den besten Willen und die größte Achtung, dagegen bin ich auch freundlich, aufmerksam, gesprächig und zuvorkommend gegen Jedermann.“ Und so ist Goethe nicht nur mit den in jenen Studienjahren ihm bekannt und vertraut gewordenen Personen in Verkehr geblieben, bis in die letzte Zeit haben Leipzigs bedeutende Männer — ich darf nur Gottfried Herrmann, Friedrich Rochlitz, Blümner nennen — ihm nahe gestanden. Freilich erging das Strafgericht der Xenien auch über Leipzig, und er fand auch wohl gelegentlich, daß bei Anwesenheit der Catalani sich die Leipziger absurd benahmen, und meinte, „es thäte Noth, daß man solchem verfluchtem Volke die Gaben Gottes in Spiritus aufhübe, damit sie solche, bei Gelegenheit vergleichen und eine der anderen unterordnen könnten;“ allein nicht lange vorher war er eifrig bemüht, die von Quandt hier aufgefundenen altdeutschen Gemälde, welche jetzt unser städtisches Museum schmücken, ihrem wahren Werth nach in weiteren Kreisen bekannt zu machen. Überhaupt fühlt man leicht in so manchen kleinen Zügen die Theilnahme und Freude, mit welcher Goethe die Erinnerung an seinen Leipziger Aufenthalt wieder auffrischt und auf alles überträgt, was Leipzig angeht.

Bei einer Feier, welche seinem hundertjährigen Geburtsfest gilt, werden wir vor allem uns Goethe in Leipzig vergegenwärtigen wollen. Dies Bild zeigt uns zwar nicht den Mann in seiner vollendeten Kraft, nicht den Dichterfürsten im vollen Glanze seines Ruhmes, sondern den strebenden Jüngling, der die ersten Schritte auf seiner langen Siegesbahn beginnt, allein es zeigt uns schon den ganzen Goethe. Was uns bei der Betrachtung Goethes mehr als alles andere mit Staunen erfüllt, das ist die wunderbare Einheit und Kraft seiner Natur, welche ihn jede Stufe menschlicher Entwickelung so ganz voll und rein durchleben und darstellen ließ. Wer nicht beim Greise das rasche Feuer der Jugend, beim Jüngling die erfahrene Weisheit des Alters erwartet, vom Manne nicht stürmischen Übermuth, vom Jüngling nicht besonnene Sicherheit fordert, wer unbefangen die Schranken erwägt, welche der menschlichen Natur in ihrer Ausbildung gesetzt sind: dem wird Goethe von der Jugend bis ins hohe Greisenalter als ein Typus naturgemäßer Entfaltung einer großen und reichen Menschennatur erscheinen. Wäre zu unserer Zeit im Volke noch die dichterische Kraft schöpferisch lebendig, gewiß wäre Goethe durch die Sage zu einem Bilde des deutschen Geistes in seinen edelsten Richtungen verklärt worden: jetzt hat der Dichter selbst uns mit seltener Unbefangenheit und Klarheit sein eigenes Abbild entworfen. Wäre es die Aufgabe des Redners, mit Goethes Meisterwerk einen Wettkampf einzugehen, wer möchte sie übernehmen? Allein vergessen wir nicht, daß der reife Mann seine Jugend schilderte, auf deren Streben und Irren er mit Gelassenheit zurücksah, und daß diese Schilderung den Stempel einer Ruhe trägt, nach welcher jene Zeit vergebens rang. Versuchen wir daher, aus den leider nur spärlichen Nachrichten, welche uns aus jener Zeit in unmittelbarer mündlicher und schriftlicher Überlieferung grade hier zu Gebote stehen, uns eine anschauliche Vorstellung der Personen und Verhältnisse zu bilden, unter denen Goethe hier gelebt hat, und welchen Einfluß sie auf ihn gewonnen haben. Auch das unbedeutendere, das für ihn selbst später das Interesse verloren haben mochte, wird in diesem Zusammenhang einige Aufmerksamkeit verdienen.

Im Herbste des Jahres 1765 reiste Goethe, nicht lange erst 16 Jahr alt geworden, in Gesellschaft eines Buchhändlers Fleischer, der sich auf die Messe begab, und seiner Frau nach Leipzig. In jener Zeit wurde für die Kaufleute, welche zur Messe reisten, in den Kirchen gebetet; auch Goethe kam nicht ohne Unfall davon: bei Auerstädt wurde der Wagen umgeworfen, und Goethe strengte sich bei dem Aufrichten desselben übermäßig an, so daß er später noch die Folgen spürte. Hier angekommen miethete er sich in der Feuerkugel am Neumarkt zwei artige Zimmer, die in den Hof sahen, und wurde am 19. October von dem damaligen Rector, Hofrath Ludwig, als Student in der bayrischen Nation inscribirt.[3] So sah er sich denn in der glücklichen Unruhe des jungen Studenten, der zum ersten Mal der Aufsicht des väterlichen Hauses entledigt den festen Vorsatz hat, seine Freiheit und Selbständigkeit, die ihm doch mitunter noch unbequem ist, zu genießen, voll Zuversicht, daß ihm die Welt gehöre, wenn er sie gleich noch nicht zu gewinnen weiß, voll Vertrauen auf seine Zeit und sein Geld, die ihm unerschöpflich dünken, voll guten Willens, sich auf das Leben vorzubereiten, das er noch nicht kennt. Ein Versuch, eine Enttäuschung folgt der anderen, kein Streben wird befriedigt, Genuß und Entsagung, Arbeit und Zerstreuung verdrängen einander, Leidenschaft stürmt auf Leidenschaft: so zieht das mächtig eindringende Leben tiefe, schmerzliche Furchen in das jugendliche Gemüth, welches frisch und voll die Eindrücke desselben in sich aufnimmt, daß es zu männlicher Kraft erstarkt, seine Früchte bringe. Goethe giebt uns während der ganzen Zeit seines hiesigen Aufenthalts das Bild dieses unruhvollen Drängens und Treibens, das sich weder seines Ziels noch seiner Kräfte klar bewußt ist, mit um so größerer Hast bald dies, bald das entgegengesetzte ergreift, um schnell enttäuscht zu ermatten. Er war in seinen Beschäftigungen unstät, schwankend, nie mit sich zufrieden; aber so entschieden war die Richtung seiner Natur, so stark das innerste Bedürfniß seiner Seele, daß er sich immer wieder auf die künstlerische Production hingeführt sah. Nicht minder wechselnd war seine Stimmung, bald ausgelassen lustig, bald selbstquälerisch verstimmt, bald übermüthig und neckisch, bald weich und theilnehmend, aber stets offenbarte sich die Überlegenheit einer tiefen und großen Natur, welche seine Umgebung, wie er sie auch verletzen und quälen mochte, immer wieder versöhnte und beherrschte.

Goethe befand sich, da er die Universität bezog, in einem eigenthümlichen Zwiespalt. Sein Vater sah zwar seine dichterischen und künstlerischen Beschäftigungen als einen wohlanständigen Zeitvertreib in Mußestunden mit Wohlgefallen und beförderte selbst, daß er sie gründlich trieb; als Hauptstudium aber hatte er für ihn die Jurisprudenz bestimmt und ihn selbst auf dieselbe vorbereitet. Der Sohn aber fühlte sich von der Rechtswissenschaft in keiner Weise angezogen; sich allein zum Dichter auszubilden kam ihm freilich nicht in den Sinn, seine Neigung führte ihn zu gründlicher Erforschung des Alterthums, und deshalb hatte er nach Göttingen zu gehen und in Heyne's und Michaelis Schule sich zu begeben gewünscht. Allein der Vater bestand auf Leipzig. Ihm, dem strengen, pedantisch abgemessenen Mann, von seinem Vorhaben zu sagen, wagte Goethe nicht; der erste Gebrauch, den er von seiner akademischen Freiheit machen wollte, sollte der sein, sich von der Jurisprudenz förmlich und feierlich loszusagen und dem Studium der Alten und der Kunst hinzugeben. Offen und ehrlich theilte er dem Hofrath Böhme, an welchen er empfohlen war, seinen Entschluß mit; allein den ernsten Auseinandersetzungen desselben und mehr noch den wohlwollenden Vorstellungen seiner Gattin gelang es bald, ihn von demselben zurückzubringen. Aber der nun gefaßte Entschluß, der Jurisprudenz treu zu bleiben, scheint nicht viel fester gewesen zu sein. Zwar besuchte er Anfangs juristische und philosophische Vorlesungen, schrieb auch mit großer Selbstüberwindung eifrig nach, wenn er nicht etwa zur Erholung vorzog, den Rand seines Hefts mit Carricaturen zu illustriren, allein gegen Fastnacht geriethen die Collegien in einen gefährlichen Conflict mit den köstlichen Pfannkuchen, welche am Thomaskirchhof gebacken wurden — es ist dann von ihnen nicht viel mehr die Rede. Auch die grammatisch kritische Richtung der sächsischen Philologie scheint ihn nicht angezogen zu haben; bei Ernesti hörte er über Ciceros Redner, aber der berühmte Philolog entsprach den gehegten Erwartungen nicht, und auf die Richtung seiner Studien gewann er keinen Einfluß.

Der eigentliche Mittelpunkt und Kern derselben blieb das, wozu er berufen war, seine Ausbildung zum Dichter; was er sonst auch thun und treiben mochte, diente immer seinen dichterischen Bestrebungen zur Grundlage und führte ihn unvermerkt zu ihnen zurück. Leipzig hatte in der Entwickelungsgeschichte der deutschen Litteratur eine eigenthümliche und bedeutende Stellung eingenommen. Freilich konnte es dieselbe zu der Zeit, als Goethe hinkam, in Wahrheit nicht mehr behaupten, allein die Männer, deren Namen in aller Munde waren, lebten zum großen Theil noch, ihr Ruhm warf noch einen herbstlichen Schimmer auf ihre Umgebung, welche fortfuhr Ansprüche auf Verdienste zu begründen, von denen man nicht einsah, daß sie schon vergangen waren. Es ist in der That eine merkwürdige Schickung, daß der jugendliche Goethe hier in Leipzig noch persönlich den Eindruck jener Art zu dichten erhielt, von welcher er uns vollständig frei machen sollte.

Gottsched, der durch das, was er selbst anregte und leistete, wie durch die Polemik, welche er gegen seinen Schulzwang hervorrief, großen Einfluß geübt hatte, war noch am Leben, aber ohne Bedeutung nur noch eine Curiosität. „Gottscheden habe ich noch nicht gesehen,“ ist eine der ersten Nachrichten, welche Goethe seinem Freunde Riese mittheilt, aber schon nach wenigen Tagen schrieb er ihm: „Ganz Leipzig verachtet ihn. Niemand geht mit ihm um,“ nachdem er eine poetische Beschreibung von ihm entworfen:

„Gottsched, ein Mann so groß als wär er vom alten Geschlechte

Jenes der zu Gath im Land der Philister gebohren,

Zu der Kinder Israels Schrecken zum Eichgrund hinabkam.

Ja, so sieht er aus und seines Körperbaus Größe

Ist, er sprach es selbst, sechs ganze Parisische Schue.“

So geht es eine Weile fort und lautet dann zum Schlusse:

„Ich sah den großen Mann auf dem Catehder stehn,

Ich hörte was er sprach und muß es Dir gestehn,

Es ist sein Fürtrag gut, und seine Reden fließen

So wie ein klarer Bach. Doch steht er gleich dem Riesen,

Auf dem erhabnen Stuhl. Und kennte man ihn nicht

So wüßte man es gleich weil er stets prahlend spricht.“

Das war der erste Eindruck; die komische Situation, in welcher er ihn bei einem späteren Besuche fand, wie er mit der einen Hand sich die Perücke aufsetzte, mit der anderen dem Bedienten eine furchtbare Ohrfeige versetzte, ist jedem bekannt. Von Einfluß konnte um so weniger die Rede sein, da Gottsched schon im Jahre 1766 starb.

Von den Schriftstellern einer jüngeren Generation, welche Gottsched nicht sowohl durch Polemik als ihre Leistungen überwunden hatte und einen Fortschritt in der deutschen Litteratur bezeichnen, waren Gellert und Chr. Fel. Weiße damals vor allen angesehen. Dem wohlwollenden, liebenswürdigen Weiße, der als Bühnendichter wie als Herausgeber der Bibliothek der schönen Wissenschaften in voller Thätigkeit war, trat er in persönlichem Umgange nahe und wurde durch eine dauernde Anhänglichkeit an ihn gefesselt; im Jahre 1801 noch läßt er sich durch Rochlitz dem verehrten Greise empfehlen. Gellert war als Mensch und Schriftsteller Gegenstand einer allgemeinen, ans Schwärmerische grenzenden Verehrung; die Einfachheit und Aufrichtigkeit seines Wesens, die Herzlichkeit seiner Theilnahme, selbst seine Kränklichkeit machten auch auf die Jugend einen tiefen Eindruck, so daß die weinerliche Weichheit seines Vortrages und sein Moralisiren weder ihre Abneigung noch ihren Muthwillen erregte. Auch Goethe finden wir als einen eifrigen Zuhörer Gellerts, der bemüht ist, aus seinen Vorlesungen wie aus seinen stylistischen Übungen allen Nutzen zu ziehen, und sich es angelegen sein läßt, die kaum erworbene Weisheit in seinen Briefen seiner Schwester mitzutheilen. Allein ein nachhaltiger Einfluß zeigt sich, wie zu erwarten, auch hier nicht, Lehrer und Schüler waren zu verschiedener Natur. Gellert mußte sich für den Einzelnen schwer zugänglich machen, eine persönliche, unmittelbare Einwirkung war nicht möglich; Ermahnungen zum fleißigen Kirchenbesuch bildeten den Hauptinhalt solcher Privatunterhaltung, für Goethe unbequem und drückend, der sich die akademische Freiheit durch kirchlichen Zwang nicht verkümmern wollte und damals im Gegensatz gegen frühere und spätere Richtungen allen theologischen Studien entsagt hatte. In den Stylübungen zog Goethe Gellerts besondere Aufmerksamkeit nicht auf sich, er verbesserte seine Aufsätze wie alle anderen, ohne sie auszuzeichnen. Sie zogen ihn nicht an, was uns sehr begreiflich erscheint, wenn wir die geringen Bruchstücke dieser meist in Briefform geschriebenen Aufsätze betrachten, die uns zufällig erhalten sind.[4] Sie zeigen eine Freiheit und Leidenschaft in Auffassung und Form, welche Gellert nicht wohl gefallen konnte, uns aber beweisen, daß Goethe auch in diesen Schulübungen nur das, was er wirklich erlebte, künstlerisch zu gestalten suchte.

Neben Gellert, den seine Kränklichkeit sehr beschränkte, war in ähnlicher Weise Clodius durch Vorlesungen und Übungen wirksam, die Goethe ebenfalls besuchte. Das Ansehen dieses, auch als Dichter thätigen und bekannten, Mannes war aber nicht wie bei Gellert in einer aufrichtigen Pietät fest begründet; die Schüler, welche sich mit Eifer selbst in der Dichtkunst versuchten, waren keineswegs geneigt sich seinem Urtheil unbedingt zu unterwerfen, sie fanden bald seine Schwächen und die Kunstgriffe seiner poetischen Technik heraus. Dazu kam, daß er durch das Auffallende seiner äußeren Erscheinung ihren Spott reizte, zu dessen Zielscheibe sie ihn häufig machten. So machte Goethe einst im Kuchengarten in harmloser Laune das Gedicht auf den Kuchenbäcker Händel, in welchem alle pomphaften Prachtwörter, welche Clodius zu gebrauchen pflegte, parodisch angebracht waren:

„O Händel, dessen Ruhm vom Süd zum Norden reicht,

Vernimm den Päan, der zu deinen Ohren steigt!

Du bäckst, was Gallier und Britten emsig suchen,

Mit schöpfrischem Genie, originelle Kuchen.

Des Kaffes Ocean, der sich von dir ergießt,

Ist süßer als der Saft, der vom Hymettus fließt.

Dein Haus, ein Monument, wie wir den Künsten lohnen,

Umhangen mit Trophä'n, erzählt den Nationen:

Auch ohne Diadem fand Händel hier sein Glück,

Und raubte dem Cothurn gar manch Achtgroschenstück.

Glänzt deine Urn' dereinst in majestät'schem Pompe,

Dann weint der Patriot an deiner Catacombe.

Doch leb! Dein Torus sei von edler Brut ein Nest!

Steh' hoch wie der Olymp, wie der Parnassus fest!

Kein Phalanx Griechenlands mit römischen Ballisten

Vermög Germanien und Händeln zu verwüsten.

Dein Wohl ist unser Stolz, dein Leiden unser Schmerz,

Und Händels Tempel ist der Musensöhne Herz.“

Als es mit einer boshaften Anwendung, welche Horn demselben auf Clodius durch sein Schauspiel Medon gegeben hatte, bekannt und später sogar gedruckt wurde,[5] erregte es allgemein großes Aufsehen und Mißbilligung, und Goethe war sehr unzufrieden darüber; indeß urtheilte Clodius selbst über die Sache und Goethes Benehmen bald billig; Goethe läßt in seinen Briefen stets Grüße an ihn ausrichten.

Es leuchtet ein, daß die Universität durch die Persönlichkeit ihrer Lehrer auf Goethe keinen bestimmenden Einfluß ausüben konnte. Jene einst leuchtenden Sterne waren im Verbleichen, Klopstock hatte schon auf Goethe als Knaben einen mächtigen Eindruck gemacht, Wieland wurde von dem Jüngling mit Bewunderung gelesen, und vor allem Lessing, selbst in Leipzig gebildet, hatte den Weg bereits betreten, auf dem ihm Goethe nachfolgen sollte. Seine Minna von Barnhelm (1730) „stieg wie die Insel Delos aus der Gottsched-Gellert-Weissischen Wasserfluth, um eine kreißende Göttin gnädig aufzunehmen“: kein Werk hatte einen ähnlichen Eindruck auf Goethe gemacht. In welchem Grade man dasselbe verehrte, wie man sich in dem Kreise, in welchem Goethe verkehrte, in dasselbe hinein gelebt hatte, das lehren uns kleine Züge noch anschaulich. „Konnte die Landsmännin der Minna anders schreiben?“ heißt es in einem Briefe an seine geliebteste Freundin und später: „Sie wissen, was mich unzufrieden, launisch und verdrießlich machte. Das Dach war gut, aber die Betten hätten besser sein können, sagt Franziska.“ Man hatte sich in einem freundschaftlichen Kreise an die Aufführung dieses Lustspiels gewagt und später noch nannte man sich unter einander mit den Namen der Rollen. „Was macht unsere Franziska?“ fragt er und erkundigt sich, ob sie, nachdem ihr Wachtmeister fort sei, sich nun mit Just vertrage. Minna von Barnhelm erfüllte ihn ganz als ein Werk, das ihn aufmerksam machte, „daß noch etwas Höheres existire, als wovon die damalige schwache litterarische Epoche einen Begriff hatte,“ und ermuthigte ihn da es lehrte, wie er es zu erreichen habe. Aber es war das einzige Werk seiner Art.[6]

Im Allgemeinen fand sich Goethe durch die Leistungen der Gegenwart wie durch den Verkehr, in welchen er in Leipzig trat, nicht sowohl angeregt und gefördert als verwirrt und unsicher gemacht. Er war an mehrere angesehene und gebildete Familien empfohlen und bei ihnen eingeführt. Die lebhafte litterarische Production, deren Mittelpunkt Leipzig seit geraumer Zeit war, hatte auch in weiteren Kreisen größere Theilnahme für die Litteratur hervorgerufen, welche durch Kenntniß und allgemeine Bildung unterstützt, ein gewisses Verständniß derselben, eine Fertigkeit im Urtheilen darüber verbreitet hatte. Allein diese Kritik, welche man zur Unterhaltung zu üben pflegte, und die höchstens dahin gelangte das mittelmäßige mittelmäßig zu finden, war mehr abstumpfend als fördernd; sie nahm dem Jüngling seinen Glauben und seine Verehrung, er fühlte sehnlichst das Bedürfniß nach Unterstützung in seinen Bestrebungen durch Beispiel, durch productive Anregung — sie gab ihm Steine statt Brod. Die natürliche Folge war Mißmuth, Unsicherheit, Unzufriedenheit mit andern und mit sich — eines Tags verbrannte er alles, was er bis dahin versucht und entworfen hatte.

Nicht blos in einer Hinsicht sollte er diese Erfahrung machen. Als er kaum erst nach Leipzig gekommen war, da lebte er

„So wie ein Vogel, der auf einem Ast

Im schönsten Wald, sich, Freiheit athmend wiegt.

Der ungestört die sanfte Lust genießt,

Mit seinen Fittichen von Baum zu Baum

Von Busch zu Busch sich singend hinzuschwingen.“

Aber als er in die feine Welt eingeführt wurde, empfand er bald, daß das „klein Paris, das seine Leute bildet,“ Ansprüche an ihn machte, die ihm lästig genug waren. Weder seine Kleidung noch sein Benehmen hatte den rechten Zuschnitt, seine Frankfurter Aussprache und die kurze körnige Ausdrucksweise, welche er sich zu eigen gemacht, war nicht das reine Wasser des echten meißner Deutsch, und nicht alle suchten ihn so milde und freundlich zuzustutzen, wie die liebenswürdige Hofräthin Böhme, von der er auch Kartenspielen lernen mußte. Auch mit seinen Ansichten und Gefühlen sah er sich überall fremd, seine Begeisterung für Friedrich den Großen fand begreiflicher Weise keinen Widerhall, auch hier wußte man ihm seine Bewunderung zu zerstückeln. Die Unbehaglichkeit dieser Schulmeisterei, des Zwanges, den er sich überall anthun sollte, ertrug er nicht lange; so wie er die Vorlesungen fallen ließ, so zog er sich allmälig, besonders nach dem Tode der Hofräthin Böhme, auch aus diesem geselligen Verkehr zurück, der ihn, so vergnügt er auch übrigens war, dennoch allen Mangel eines gesellschaftlichen Lebens fühlen ließ, wie es seine Jugend befriedigen konnte. „Ich seufze nach meinen Freunden und meinem Mädgen,“ schreibt er an Riese (28. April 1766), „und wenn ich fühle, daß ich vergebens seufze

Da wird mein Herz von Jammer voll

Mein Aug wird trüber.“

Aber schon im zweiten Semester änderte sich dies und Goethe trat in einen ganz anderen Kreis ein. Johann Adam Horn, mit dem er schon in Frankfurt nahe befreundet war, kam ebenfalls nach Leipzig, dem an sich selbst und seinem dichterischen Beruf irre gewordenen durch seine unverwüstliche Heiterkeit und den Einfluß früher Jugendbekanntschaft ein großer Trost. „Horn hat mich durch seine Ankunft einem Teil meiner Schwermuth entrissen,“ schreibt er (28. April 1766) an Riese; „er wundert sich, daß ich so verändert bin,

Er sucht die Ursach zu ergründen,

Denkt lächelnd nach, und sieht mir ins Gesicht.

Doch wie kann er die Ursach finden,

Ich weiß sie selbsten nicht.“

Auch sein späterer Schwager, Johann Georg Schlosser, hielt sich eine Zeit lang in Leipzig auf und führte ihn in eine unterhaltende Tischgesellschaft ein, theils Studirender theils solcher, die ihre Studien nicht lange vollendet. Unter diesen wird der Bruder des Dichters Zachariae, Pfeil und der spätere Bürgermeister Herrmann genannt, der mit treuer Sorgfalt Goethe nachher in seiner Krankheit pflegte, durch gleichmäßige Tüchtigkeit seines Wesens ausgezeichnet. Ganz anderer Art war Behrisch, der Hofmeister des Grafen Lindenau. Er stammte aus einer adeligen Familie, war, obwohl sorglos in Geldangelegenheiten, rechtlich und brav, ein Mann von Kenntnissen, leidenschaftlicher Musikliebhaber, aber ein Original; so kleidete er sich modisch und fein, aber nur grau, das er in den verschiedensten Schattirungen und Stoffen anzubringen beflissen war. Er gehörte zu den Menschen, welche nie auf Universitäten ausgehen, die eine besondere Gabe haben die Zeit mit Geschick zu verthun und dabei sich und andere ironisiren, ebenso gefährlich für die mittelmäßigen und schwachen, als anziehend und selbst anregend für die bedeutenden. Der Humor, mit welchem er seine Thorheiten höchst ernsthaft und das Ernsthafteste possenhaft betreiben konnte, war unerschöpflich und unwiderstehlich, und fesselte auch Goethe an ihn, obwohl er ihn in barocker Weise fortwährend hofmeisterte. Auch an seinen dichterischen Arbeiten nahm er, ein Mann von feinem Geschmack, lebhaften Antheil und munterte ihn fortwährend auf sich darin fortzubilden; nur etwas drucken zu lassen hielt er ihn stets ab und schrieb dagegen die Gedichte, welche seine Kritik bestanden, mit einer seltnen, in seiner Familie heimischen, Kunst zur Belohnung höchst sauber in ein zierliches Buch. Als Behrisch von Leipzig nach Dessau fortging, wo er auf Gellerts Empfehlung, dessen Liebling er war, Erzieher des Erbprinzen, dann Pagenhofmeister wurde, entließ ihn Goethe mit Abschiedsoden von schwerem Caliber; später erneuerte er von Weimar aus die alte Bekanntschaft und fand ihn als feinen Hofmann bei Hofe wohlgelitten und allgemein geachtet, in seinem Humor aber ganz den alten „mit gescheiten Bemerkungen dumm ausgedrückt und vice versa.“[7] „Hab' ich es dir nicht gesagt?“ — damit empfing er ihn — „war es nicht gescheit, daß du damals die Verse nicht drucken ließest und daß du gewartet hast bis du etwas ganz gutes machtest? Freilich schlecht waren damals die Sachen auch nicht, denn sonst hätte ich sie nicht geschrieben. Aber wären wir zusammen geblieben, so hättest du auch die andern nicht sollen drucken lassen; ich hätte sie dir auch geschrieben und es wäre eben so gut gewesen.“[8] Langer, der nach Behrisch Hofmeister des Grafen Lindenau wurde, später Bibliothekar in Wolfenbüttel, ein Mann, der in einem bewegten Leben als Militair die mannigfaltigsten Erfahrungen gemacht und, ohne je studirt zu haben, sich die gründlichste, umfassendste Gelehrsamkeit erworben hatte, wurde für Goethe in seiner Krankheit ein großer Trost und gewann durch seinen milden Ernst eben so großen Einfluß auf sein Gemüth, als seine Kenntnisse und Erfahrungen ihn in seiner Bildung förderten.

Von den jüngeren Studiengenossen kennen wir Bergmann, später Prediger in Lievland, der als ausgezeichneter Fechter Goethe als Fuchs den Arm zeichnete,[9] Wagner, an welchen Goethe als Greis die Verse richtete:

„Ziehn wir nun die achtzig Jahr

Durch des Lebens Mühen,

Müssen auch im Silberhaar

Unsre Pflüge ziehen.

Führt doch durch des Lebens Thor

Traun! so manche Gleise,

Ziehn wir einst im Engelchor,

Gehts nach einer Weise“[10]

die beiden Brüder Breitkopf und Horn. Dieser, dessen kleine Gestalt und krumme Beine stets herhalten mußten,[11] war die lustige Person in der Gesellschaft, die er besonders durch sein Talent nachzumachen ergötzte, immer bereit zu mystificiren und sich mystificiren zu lassen: übrigens ein braver und treuer Mensch, was er in Goethes Krankheit bewährte.

Goethe gab nun den Mittagstisch, welchen nach damaliger Sitte Hofrath Ludwig für Studenten hielt, auf und schloß sich ganz diesem Kreise an, in welchem Geist und Bildung, ungezwungene Heiterkeit und Laune, jugendlicher Übermuth herrschten. Man fand sich Mittags und Abends am bestimmten Ort zusammen, die Vergnügungsörter, Apels (später Reichels) Garten, die Kuchengärten, Gohlis, Raschwitz, Konnewitz wurden fleißig besucht. Wie ausgelassen lustig es dabei hergehen konnte, das zeigt uns die Scene in Auerbachs Keller im Faust. Zwar ist es einer gründlichen Forschung noch vorbehalten die Leipziger Originale der dort auftretenden Personen nachzuweisen, allein die Localfarbe derselben ist unverkennbar, schon der Scherz mit Herrn Hans von Rippach erweist sie, den ohne Commentar zu verstehen noch jetzt das Vorrecht der Leipziger ist. Ebenso wenig als man hier im Genuß stets Maaß beobachtete, hielt man auch die übermüthigste Laune und den schonungslosesten Witz in Schranken, und gab so nach vielen Seiten Anstoß und Gelegenheit zu übler Nachrede. Liebschaften waren damals an der Tagesordnung und manche aus diesem Kreise hatten eine Neigung zu Mädchen, die zwar „besser waren als ihr Ruf,“ deren Umgang aber mindestens für den Ruf nicht vortheilhaft war. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß sowohl die Ansicht von dem Wankelmuth und der Unzuverlässigkeit der Frauen, als auch eine gewisse Leichtfertigkeit und Freiheit sinnlicher Leidenschaft, welche in Gedichten und Briefen jener Zeit sich ausspricht, aus diesem Verkehr hervorgegangen war. Dabei darf man freilich nie vergessen, daß die Vorstellungen von Schicklichkeit in Ton und Betragen gar sehr wechseln; schon ein Blick auf Bilder aus damaliger Zeit erklärt manches, was uns jetzt befremdet. Wenn Goethe in feuriger Jugendkraft rücksichtslos sich frischem Lebensgenuß ergab und sich wenig um ein geregeltes Leben kümmerte, so blieb die Strafe dafür, wie für andere Unvorsichtigkeiten, durch welche er seiner Gesundheit schadete, nicht aus. Ein Blutsturz brachte ihn an den Rand des Grabes und wenn ihn auch die sorgfältige Behandlung seines Arztes Reichel und die treue Pflege seiner Freunde rettete, so blieb er doch die letzte Zeit seines Aufenthalts in Leipzig und später noch in Frankfurt fortwährend leidend und kränkelnd. Dies hatte auf seine Stimmung keinen geringen Einfluß, auch nach der Genesung blieb sie gedrückt, der jugendliche Frohsinn und Übermuth war gebrochen. Er hatte es kein Hehl, daß er leichtsinnig auf seine Gesundheit eingestürmt sei, allein als er nun nicht nur sich selbst mit einer gewissen Ängstlichkeit schonte, sondern auch die Freunde gern zur Mäßigung ermahnte, entging er ihrem Spott nicht, wie es in einem seiner Lieder heißt:

„Ihr lacht mich aus und ruft: der Thor!

Der Fuchs, der seinen Schwanz verlohr,

Verschnitt jetzt gern uns alle.

Doch hier paßt nicht die Fabel ganz,

Das treue Füchslein ohne Schwanz,

Das warnt euch vor der Falle.“

Und dieser Scherz vom Füchslein muß in dem Freundeskreise sprüchwörtlich gewesen sein, denn auch in den Briefen wird er mehrmals erwähnt.

Vergessen wir aber nicht, daß diese lebenslustige Gesellschaft aus jungen Männern von bedeutender Fähigkeit und tüchtiger Gesinnung bestand, die über fröhlichem Genuß das ernste Streben nicht vergaßen. Der unschätzbare Gewinn des akademischen Lebens ist die Unbefangenheit im gegenseitigen Verkehr, die sich auf die gleichartigen jugendlichen Neigungen und das gemeinsame Streben nach wissenschaftlicher Bildung gründet, und gleich offen und entschieden in Liebe und Abneigung eine beständige Anspannung der Kräfte im regen Wetteifer hervorruft, die deshalb so heilsam ist, weil sie stets aus dem nächsten Anlaß des wirklichen Lebens unmittelbar hervorgeht. Hier fand Goethe eine ebenso warme Theilnahme als scharfe Kritik für das, was er hervorbrachte, dieser Verkehr bot ihm wahre Impulse seiner künstlerischen Production in den Erfahrungen eines wenn auch jugendlich beschränkten, doch frisch und frei bewegten Lebens. So entwickelte sich hier zuerst die Eigenthümlichkeit seiner dichterischen Natur, welche ihn groß vor allen, welche ihn zum Befreier der Deutschen Dichtkunst gemacht hat, daß er den einzigen Quell seiner Dichtung in seinem Gemüthe fand, daß alles, was ihn innerlich ergriff und bewegte, ihn mit Nothwendigkeit zur künstlerischen Darstellung trieb, welche ihn wie von einer Last befreite. Nichts aber hat sein Gemüth während seines hiesigen Aufenthalts so tief ergriffen und so anhaltend beschäftigt als die leidenschaftliche Liebe zu dem Mädchen, welche er uns als Ännchen geschildert hat, eine Liebe, welche aus seinen noch vorhandenen Briefen lebendiger hervortritt, als aus seiner späteren Darstellung.

Christian Gottlob Schönkopf, ein Weinhändler, war der Hauswirth, in dessen Wohnung[12] sich die Gesellschaft, zu welcher Goethe gehörte, Mittags einzufinden pflegte. Seine Gattin war eine geborene Hauk aus einer Frankfurter Patricierfamilie, eine geistvolle und lebendige Frau; mit der Landsmännin war Goethe bald vertraut geworden und fühlte sich dort heimisch, er war „ein Stück der Familie“ geworden, die er uns gleich in dem ersten Briefe aus Frankfurt vom 1. Oct. 1768 vor Augen führt. „Ihr Diener Herr Schönkopf, wie befinden Sie sich Madame, Guten Abend Mamsell, Petergen guten Abend. Sie müssen sich vorstellen, daß ich zur kleinen Nebenthüre hereinkomme. Sie Hr. Schönkopf sitzen auf dem Canapee am warmen Ofen, Madame in ihrem Eckgen am Schreibetisch, Peter liegt unterm Ofen und wenn Käthgen auf meinem Platze am Fenster sitzt, so mag sie nur aufstehen und dem Fremden Platz machen. Nun fangen wir an zu discouriren.“ Und nun erzählt er von seiner Reise und wie es ihm in Frankfurt schlecht behage, auch mit seiner Gesundheit nicht zum besten gehe; er entschuldigt sich, daß er nicht Abschied genommen habe, er sei dagewesen, habe die Laterne brennen sehen und an der Treppe gestanden — „zum letztenmal wie wäre ich wieder heruntergekommen?“ In vielen kleinen Zügen spricht sich in allen Briefen die innerliche Vertraulichkeit des Verkehrs mit der Familie und ihren Bekannten aus. Dort fand sich ein Kreis gebildeter Menschen zusammen, die in ungezwungener Heiterkeit, gelegentlich beim Glas Punsch,[13] des Lebens froh waren. Es wurde oft Musik gemacht; ein Kaufmann Obermann, der gegenüber wohnte, mit zwei Töchtern, von denen die älteste als Concertsängerin glänzte, Häser, der Vater der berühmten Sängerin, gingen aus und ein, Goethe blies die Flöte, bis die Krankheit es ihm verbot, und Peterchen, der jüngste Sohn, geboren im Jahr 1756, zeichnete sich schon als Knabe durch sein Klavierspiel aus. Eine Zeichnung, welche ihn am Klavier, daneben seine Schwester, Häser und Lelei, ebenfalls einen angesehenen Musiker, darstellte und von Goethe herrühren sollte, ist erst im Kriege verbrannt. Mitunter wurde auch Komödie gespielt, man hatte sich sogar an Minna von Barnhelm gewagt, und ganz besondere Freude hatte eine Aufführung des Lustspiels Herzog Michel von Joh. Christ. Krüger gemacht. Goethe hatte den Michel, Käthchen das Hannchen gespielt, und in einem Zimmer des Schönkopfschen Hauses war die Hauptscene in einem großen Wandgemälde dargestellt, das sich noch lange Zeit erhalten hat. Von Frankfurt aus erkundigte sich Goethe nach dem Directeur Schönkopf und seinen Acteurs, und schickte einen scherzhaften Brief an Mademoiselle, unterzeichnet von „Michel, sonst Herzog genannt, nach Verlust seines Herzogtums aber, wohlbestallter Pachter auf des gnädigen Herren hochadelichen Rittergute,“ der im Auftrage des Hrn. Goethe ihr eine mittelmäßige Scheere, ein gutes Messer und Leder zu zwei Paar Pantoffeln schickt. In diesem Kreise finden wir Reich, den Fürsten der Leipziger Buchhändler, mit dem Goethe auch später in einem großentheils durch Lavaters Physiognomik veranlaßten Verkehr stand, den Buchhändler Junius, Mademoiselle Weidmann, die Breitkopfsche Familie, Stock, „den närrischen Kupferstecher, der so wunderliche, auch wohl garstige Sachen zu sagen pflegte,“ wie Horn schreibt; den Ober-Geleits-Einnehmer Richter; von den jüngeren Kapp, den später berühmten Arzt, und Horn, der auch im Hause wohnte. Zum Schluß jenes ersten Briefes bittet er dann, daß ihm Käthchen schreiben möge, wenigstens alle Monat doch einen Brief.

Freilich fesselte Käthchen, wie sie im vertrauten Kreise genannt wurde, oder, wie sie mit vollem Namen hieß, Anna Katharine ihn an das Haus. Sie war am 22. August 1746 geboren, drei Jahr älter als Goethe, ein hübsches Mädchen, von mittler Größe und schönem Wuchs, mit einem vollen, frischen Gesicht, braunen Augen, klug und aufgeweckt, heiteren, munteren Sinnes und von einfachem, warmem Gemüth. Sie gewann bald des Jünglings leidenschaftliche Liebe, der ihr (23. Jan. 1770) schreiben konnte: „Sie wissen, daß ich, so lange als ich Sie kenne, nur als ein Theil von Ihnen gelebt habe;“ und sie erwiederte dieselbe. Halstuch, Fächer und Schuhe, die er für sie malt, sind hier, wie später in Sesenheim und Weimar, seine Liebesgaben. Sie theilte das Interesse für Poesie, er las ihr vor, auch an seinen eigenen Dichtungen nahm sie Antheil; später meldet er ihr seine Lieder an, die immer noch nicht gedruckt seien. „Lassen Sie Petern ein's spielen, wenn Sie an mich denken wollen.“ Das ruhige Glück dieser gegenseitigen Neigung störte Goethes heftige Eifersucht, durch welche er ohne allen Grund sich und das arme Mädchen fortwährend quälte, und wie oft er es auch bereuete, doch immer von neuem leidenschaftliche Scenen herbeiführte, wodurch er sich das Herz der Geliebten entfremdete. „Heut vor einem Jahr,“ schreibt er am 26. Aug. 1769, „sah ich Sie zum letztenmal. Vor 3 Jahren hätte ich geschworen, es würde anders werden. O könnte ich die dritthalb Jahr zurück rufen. Käthgen ich schwöre es Ihnen, liebes Käthgen ich wollte gescheuter sein.“ Außer vielen andern Gedichten, welche später vernichtet wurden, schrieb er zur eigenen Buße 1768 das Schauspiel, „die Laune des Verliebten,“ in welcher durch die anmuthig zierliche Form, die oft zugespitzte und hie und da geschnitzelte Ausdrucksweise, welche jener Zeit angehört, wie das Schäfercostüm, die volle Wahrheit selbst erlebter Zustände und schwer durchkämpfter Leidenschaft durchleuchtet und heute noch ergreift.[14] Allein jene künstlerische Sühne mochte den Dichter freisprechen, die Neigung der Geliebten konnte sie ihm nicht wiedergeben, er mußte sehen, wie sie sich einem andern zuwandte.

Daß er bei seinem Weggehen die volle Liebe zu Käthchen und die Hoffnung sie einst zu besitzen mit sich fortnahm, ist aus seinen Briefen klar. Jene Bitte wurde erfüllt, Käthchen schrieb ihm, und sogleich antwortete er (1. Nov. 1768) seiner geliebtesten Freundin, die seine ganze Liebe, seine ganze Freundschaft hat, und in einem beigelegten Blatt verbessert er auf ihren Wunsch die orthographischen Fehler, welche sie in ihrem Brief gemacht hatte. Sie war in Sorgen gesetzt um seine Gesundheit, sofort beruhigt er (30 Dec. 1768) seine beste ängstliche Freundin, es gehe ihm besser, er hoffe reisen zu können; wenn er aber dennoch vor Ostern sterben sollte, wolle er sich einen Grabstein auf dem Leipziger Kirchhof verordnen, „dass ihr doch wenigstens alle Jahr am Johannes als meinen Namens Tag das Johannesmännchen und mein Denkmal besuchen möget.“ Einen Monat später (31. Jan. 1769) beklagt er sich bitter, daß er krank und elend und dazu ohne Nachricht von ihr sei. Das war begreiflich, denn Ende Mai gelangte an Horn, der im April von Leipzig zurückgekommen war, die Nachricht von Käthchens Verlobung mit dem Dr. Christ. Karl Kanne, welcher von Goethe selbst eingeführt im Schönkopfschen Hause wohnte,[15] als dessen Gattin sie 1810 (20. Mai) gestorben ist. Während Horn sofort als Schulmeister und Ludimagister einen scherzhaften Gratulationsbrief erläßt, schreibt Goethe am 1. Juni 1769 einen Brief, der Anfangs zwar ruhige Fassung, im weiteren Verlauf aber immer mehr eine gereizte Bitterkeit zeigt, die sich selbst gegen die Geliebte wendet, deren gewissen Verlust er so schwer ertragen kann. Wir erkennen deutlich die Laune des Verliebten in diesem Briefe, die sich in Äußerungen ausspricht wie „Das liebenswürdigste Herz ist das, welches am leichtesten liebt, aber das am leichtesten liebt vergißt auch am leichtesten,“ aber der Ausruf: „Es ist eine gräßliche Empfindung seine Liebe sterben zu sehen!“ zeigt uns, wie tief sein Gemüth ergriffen war. Nach Leipzig werde er nun nicht kommen, da der abgethane Liebhaber eine schlechte Figur als Freund spielen werde; es müsse ihr doch komisch vorkommen, wenn sie an alle die Liebhaber denke, die sie mit Freundschaft eingesalzen habe, wie man die Fische einsalze, wenn man fürchtet, daß sie verderben, doch solle sie die Correspondenz mit ihm nicht ganz abbrechen, da er für einen Pöckling doch immer noch artig genug sei. Auch in den folgenden Briefen spricht sich das schmerzliche Gefühl ihres Verlustes bald mit heftiger Leidenschaftlichkeit, bald in einer ruhig wehmüthigen Stimmung aus, in welcher er in der Ahnung, daß sie schon verheirathet sei, Abschied von ihr nimmt und sie bittet ihm nicht wieder zu antworten. „Es ist das eine traurige Bitte, meine Beste, meine Einzige von Ihrem ganzen Geschlecht, die ich nicht Freundinn nennen mag, denn das ist ein nicht bedeutender Tittul gegen das was ich fühle. Ich mag Ihre Hand nicht mehr sehen, so wenig als ich Ihre Stimme hören mögte, es ist mir leid genug dass meine Träume so geschäfftig sind. Kein Hochzeitgedicht kann ich Ihnen schicken, ich habe etliche für Sie gemacht aber entweder druckten sie meine Empfindung zu viel oder zu wenig aus.“ Allein sie antwortete ihm dennoch und meldete ihm, daß sie noch nicht verheirathet sei — die Hochzeit fand am 7. März 1770 Statt — und daß sie erwarte, er werde auch ferner schreiben, kurz sie setzte ihm den Kopf zurecht. Darauf erwiederte er denn auch (23. Jan. 1770), er werde ihr schreiben, weil sie es verlange. Dieser Brief ist in einem heitern Humor geschrieben, in dem man den Wiederschein ihrer Liebenswürdigkeit erkennt, aber nicht minder ein tief schmerzliches Gefühl über ihren Verlust. Er zeigt ihr an, daß er ruhig lebe und frisch und gesund und fleißig, denn er habe kein Mädgen im Kopf, und daß er nun nach Straßburg gehen werde; dort werde sich seine Adresse verändern wie die ihrige und es werde auf beide etwas vom Doktor kommen: „und am Ende wäre doch Fr. Doct. C. und Fr. Doct. G. ein herzlich kleiner Unterschied.“ Er schrieb nicht wieder, in Straßburg verdrängte Friederike die letzte schmerzliche Erinnerung und fesselte ihn ganz; aber als er sie eben hatte kennen lernen, da dachte er in der glücklichsten Stimmung an alle die ihn liebten „und auch sogar an Käthchen, von der ich doch weiß, daß sie sich nicht verläugnen wird, daß sie gegen meine Briefe sein wird, was sie gegen mich war.“ Und bei seinem ersten Besuch in Leipzig (1776) suchte er auch sogleich „sein erstes Mädgen“ auf. „Alles ist wie's war, nur ich bin anders“ schrieb er an Fr. v. Stein, „nur das ist geblieben, was die reinsten Verhältnisse zu mir hatte damals — Mais ce n'est plus Julie.“[16]

In eine andere Region führte ihn der Verkehr mit dem Breitkopfschen Hause, das der Mittelpunkt eines zahlreichen Kreises war, in welchem gründliche Bildung in Wissenschaft und Kunst und ganz besonders in der Musik heimisch war. Von den beiden Söhnen, welche Goethes Studiengenossen waren, zeichnete sich der ältere, Bernhard (geb. 1749), in der Familie der Magister genannt, welcher später in Petersburg gestorben ist, schon damals als Musiker aus. Mit seinen Melodieen, von denen manche, wenn man von einigen Zufälligkeiten der Mode absieht, noch heute gefallen werden, erschien die erste Sammlung Goethescher Lieder (1770) im Druck. Der jüngere, Gottlob (geb. 1750), welcher im J. 1800 als Vorsteher der Handlung starb, nicht minder tüchtig in der Musik gebildet, war wie Goethe von Frankfurt im August 1769 schreibt, von jeher ein guter Junge und hatte Menschenverstand und Gedanken wie ein Mensch der eine Sache begreift, und Einfälle nicht wie jeder. In diesem Verkehr war das Interesse für Musik wohl das vorherrschende, das ja auch Goethe nicht fremd war; denn ob er gleich keine hervortretende Anlage zur Musik hatte, war er doch nicht unempfänglich dafür und hatte selbst mehrere Instrumente zu spielen gelernt.[17] Hiller, dessen komische Opern damals in Aller Mund waren, lernte er kennen und wurde freundlich von ihm aufgenommen; er bekennt aber, daß dieser sich mit seiner wohlwollenden Zudringlichkeit, mit seiner heftigen, durch keine Lehre zu beschwichtigenden Lernbegierde so wenig als andere zu befreunden gewußt habe.[18] Auch Goethe war ein begeisterter Verehrer der beiden Sängerinnen, welche damals alles entzückten, der Mlle. Schmeling und Schröter. Als jene, die später als Madame Mara in ganz Europa berühmt war, im Jahr 1831 ihr Jubiläum feierte, erinnerte sich Goethe mit Vergnügen, wie er sie in Hasseschen Oratorien gehört und ihr „als ein erregbares Studentchen wüthend applaudirt hatte“[19] und richtete ein Gedicht an sie, das jene Jugenderinnerung auffrischte. Corona Schröter verehrte er als Student nur von ferne und machte für andere Gedichte an sie; später trat er ihr wiederum in Leipzig näher[20] und veranlaßte, daß sie nach Weimar kam.

Wichtiger für Goethe als die musikalischen Genüsse Leipzigs war das Theater[21]. Die künstlerische Entwickelung der Deutschen Bühne war von Leipzig ausgegangen und grade damals stand das Leipziger Schauspiel in seiner höchsten Blüthe. Koch war 1765 auf ein neues Privilegium mit einer stehenden Gesellschaft nach Leipzig gekommen, ein neues Haus wurde gebaut, und am 6. Oct. 1766 mit Schlegels Hermann eröffnet. Bald nach Goethes Weggang hörte diese glänzende Periode auf, denn am 18. Oct. 1768 schloß Koch die Bühne und verließ Leipzig. Das Interesse am Theater war damals allgemein und in allen Kreisen von litterarischer Bildung das vorherrschende. Der Einfluß auf Goethe, dessen Neigung alles in dramatische Form zu kleiden frühzeitig hervortrat — sie zeigt sich auch darin, daß er seinen stylistischen Übungen gern die Form eines Romans in Briefen gab — ist unverkennbar. Da ihm die köstliche Gabe verliehen war, „in nachklingende Lieder das eng zu fassen, was in seiner Seele immer vorging“,[22] so rief jede Veranlassung, die ihn in erhöhete Stimmung versetzte, lyrische Gedichte leicht hervor; sein Studium war hauptsächlich dem Drama zugewandt, und Übersetzung wie Nachbildung französischer Stücke beschäftigten ihn anhaltend und ernstlich, wovon nur eine geringe Spur uns in dem Bruchstück einer Bearbeitung von Corneilles Lügner erhalten ist.[23] Denn er verbrannte später fast alle Versuche aus jener Zeit und nur die Mitschuldigen legen durch ihre für diese Zeit bewundernswürdige Gewandtheit und Sicherheit in der Form und Technik, welche allerdings ohne vielfältige angestrengte Übung nicht erreicht werden konnte, Zeugniß seines ernstlichen Studiums ab.[24] In anderer Rücksicht ist dies Lustspiel wiederum ein merkwürdiger Beweis, wie Goethe schon damals sich von den Lebenserfahrungen, welche ihn quälten und beunruhigten, durch die Dichtung losmachen und befreien konnte. Schon in früher Jugend war er Zeuge und Theilnehmer innerlich zerrütteter Familienverhältnisse gewesen; nicht aus eigenem Behagen wählte er sich diesen Stoff für ein Lustspiel, er reinigte vielmehr sein Inneres von diesen Vorstellungen, indem er ihnen als Dichter eine Gestalt gab, wodurch sie von seinem Innern abgelöst ihm fremd wurden und außer ihm existirten.

Später hatte Goethe Gelegenheit seine Anerkennung und seinen Dank der Leipziger Bühne auszusprechen, als die Weimarsche Schauspielergesellschaft in Leipzig während des Sommers 1807 Vorstellungen gab. In dem schönen Prolog, welchen er auf Rochlitz's Wunsch dichtete, heißt es:

Belohnung! ja sie kann uns hier nicht fehlen,

Hier, wo sich früh, vor mancher deutschen Stadt,

Geist und Geschmack entfaltete, die Bühne

Zu ordnen und zu regeln sich begann.

Wer nennt nicht still bei sich die edlen Namen,

Die schön und gut aufs Vaterland gewirkt,

Durch Schrift und Rede, durch Talent und Beispiel?

Auch jene sind noch unvergessen, die

Von dieser Bühne schon seit langer Zeit

Natur und Kunst darbietend herrlich wirkten;

Gleicht jener Vorzeit nicht die Gegenwart?

Er sprach auch gegen Rochlitz die Erwartung aus, wie belehrend dieser Aufenthalt in Leipzig für die Schauspieler sein würde, und später seine Freude, daß dieses theatralische Unternehmen glücklich vollendet und mit Ehre und Vortheil belohnt worden sei; auch fand er es sehr artig, daß sogar das kleine Schäferspiel, das er 1768 in Leipzig geschrieben, auch noch auftauchen mußte und gut empfangen ward, eine Aufführung (am 29. Aug. 1807), bei der wohl Käthchen selbst gegenwärtig gewesen ist.

Wenn uns bisher eine hervorragende Persönlichkeit nicht entgegengetreten ist, welche einen bestimmenden Einfluß auf Goethe ausgeübt hätte, so finden wir diese auf dem Gebiet der bildenden Kunst in Adam Friedrich Oeser, der seit 1763 als Director der Kunstakademie in Leipzig lebte und dort als Maler und Bildhauer wie als Mensch in hoher Achtung stand. Goethe, dessen glückliche Naturanlagen für die bildende Kunst bereits im väterlichen Hause sorgfältig gepflegt waren, suchte sie auch in Leipzig weiter auszubilden und nahm bei Oeser Unterricht im Zeichnen, an welchem auch der nachmalige Staatskanzler Hardenberg,[25] der Fürst Lieven und Gröning aus Bremen Theil nahmen. Später begnügte er sich mit dem Zeichnen nicht, sondern wurde durch den Verkehr mit dem Kupferstecher Stock — dessen Töchter Minna, später die Gattin Körners, und Dora nachmals zu Schiller in ein so inniges Verhältniß traten — veranlaßt, sich auch mit dem Radiren zu beschäftigen, wovon noch jetzt kleine Platten für Schönkopf und Käthchen geätzt um ihre Bücher zu zeichnen,[26] und zwei größere Radirungen Zeugniß geben.[27] Oesers Verdienste als Künstler, welche seine Zeitgenossen überschätzten, hat Goethe später richtig gewürdigt; sein Einfluß auf Goethe aber reichte weit über die Belehrung von bildender Kunst hinaus; in seinem Verkehr war es ihm einleuchtend geworden, „daß die Werkstatt des großen Künstlers mehr den keimenden Philosophen, den keimenden Dichter entwickelt, als der Hörsaal des Weltweisen und des Kritikers.“ Er war ein sinniger, denkender Mann von kräftiger Eigenthümlichkeit und nicht geringer Bildung, durch hingeworfene Andeutungen mehr anregend als aufklärend, frisch und derb, heiter und jovial, kurz ein Mann, der auf die Jugend ungemein wirken mußte. Durch aufmunternde Anerkennung gewann er Goethes Vertrauen und Neigung und gab ihm in der bildenden Kunst einen sicheren Ausgangspunkt für die Erkenntniß des Schönen, um welche Goethe eifrig bemüht war, um sie auch auf anderen Gebieten fruchtbar zu machen. Oeser war Winckelmanns vertrauter Freund gewesen und hatte auch auf dessen Ansichten von der Kunst großen Einfluß geübt; die Begeisterung, mit welcher Winckelmann allgemein verehrt wurde, ließ Oeser in einem höheren Licht glänzen und der persönliche Eindruck dieses Mannes gab auch der Verehrung für Winckelmann einen bestimmten gleichsam persönlichen Charakter. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf daher alle die Nachricht von Winckelmanns Tode zu der Zeit, da man eben seinem Besuch entgegensah. Auch auf diesem Gebiet war es Lessing, der durch seinen Laokoon ein ungeahntes helles Licht in die jüngern Geister warf, und reinigend und stärkend wie kein anderer sie ergriff, indem er ihnen nicht sowohl die Wahrheit als den Weg zeigte, auf welchem sie zu derselben gelangen konnten, und mit sittlichem Ernst von ihnen verlangte, daß sie den Schweiß und selbst den Schmerz der Anstrengung nicht scheueten, um die Wahrheit zu erringen. Noch können wir die Spuren erkennen, mit welchem Eifer Goethe Lessing zu studiren und an ihm sich weiter zu bilden bestrebt war.[28]

Für Goethes ganze spätere Entwickelung ist es von der größten Bedeutung, daß er schon jetzt durch Oeser in dem Sinne mit der Kunst, und ganz besonders der des Alterthums, vertraut gemacht wurde, welchen er sein ganzes Leben hindurch bewahrt hat. Er hat lange zwischen der Dichtkunst und der bildenden Kunst geschwankt, und erst spät mit Schmerzen die Einsicht gewonnen, daß er in der letzteren nur Dilettant sein könne;[29] allein das plastische Element seiner Poesie hing mit dieser Richtung auf die bildende Kunst so eng zusammen, daß die Anschauung und Einsicht, welche er auf diesem Gebiet in früher Jugend gewann, fortwährend einflußreich und maßgebend gewesen ist. Mit der hingebendsten Dankbarkeit und einer wahrhaft ehrfurchtsvollen Liebe spricht er sich in seinen Briefen gegen Oeser aus und an Reich[30] schreibt er: „Oesers Erfindungen haben mir eine neue Gelegenheit gegeben, mich zu seegnen, dass ich ihn zum Lehrer gehabt habe. Er drang in unsere Seelen und man musste keine haben um ihn nicht zu nutzen. Sein Unterricht wird auf mein ganzes Leben Folge haben. Er lehrte mich, das Ideal der Schönheit sei Einfalt und Stille.“[31] Später wurde die Bekanntschaft von Weimar aus wieder erneuet. „Wie süß ist es,“ schreibt er an Frau von Stein (25. December 1782),[32] „mit einem richtigen, verständigen, klugen Menschen umgehn, der weis wie es auf der Welt aussieht und was er will, und der, um dieses Leben anmuthig zu genießen, keinen superlunarischen Aufschwung nöthig hat, sondern in dem reinen Kreise sittlicher und sinnlicher Reize lebt. Denke Dir hinzu, daß der Mann ein Künstler ist, hervorbringen, nachahmen und die Werke anderer doppelt und dreifach genießen kann, so wirst Du wohl nicht einen glücklichern denken können[33]. So ist Oeser, und was müßte ich Dir nicht sagen, wenn ich sagen wollte, was er ist.“ Ähnliche Äußerungen wiederholen sich, so oft er Oeser sieht und bezeugen, wie tief er auch in seinen Mannesjahren Oesers Werth empfand. Durch Goethe mit dem Weimarschen Hofe bekannt gemacht, ward er dem Herzog Carl August wie der Herzogin Amalia durch seine Kunstkenntniß und Erfahrung werth; die letztere gewann ihn besonders lieb und veranlaßte ihn zu wiederholten Besuchen in Weimar, wo seine lebensfrische, geistreiche Jovialität und seine weltmännische Klugheit ihn zu einem stets willkommenen Gast machten.

Durch Oeser waren Goethe die Kunstsammlungen Leipzigs, von denen die Winklersche einen großen Ruf mit Recht behauptete, geöffnet, um ihn sammelte sich ein Kreis von Kunstfreunden und Kennern, unter denen besonders neben Huber sich Kreuchauff auszeichnete, der früher Kaufmann gewesen war, später nur seinem Interesse für die Kunst lebte, das er auch durch Schriften bewährte. Dieser Kreis pflegte sich in Oesers überaus gastfreiem Hause in der Pleißenburg, im Sommer auf dem Landsitz, den er in Dölitz besaß, in ungezwungener Heiterkeit zu versammeln. Eine Predigt im Frankfurter Judendialekt, welche Goethe dort vorzutragen liebte, von ihm selbst aufgeschrieben, ist ein harmloses Zeugniß der jugendlichen Fröhlichkeit, welche dort herrschte. Die Seele dieser Gesellschaft war, für die Jugend zumal, Oesers älteste Tochter Friederike Elisabeth, geboren im Jahr 1748, unvermählt hierselbst gestorben im Jahre 1829. Von Jugend auf war sie der Liebling des Vaters gewesen und selbst wenn er arbeitete in seiner Gesellschaft. Durch ihren Muthwillen, welchen ihr phlegmatischer Bruder besonders empfinden mußte, ergötzte sie ihn als Kind, später stand sie ihm durch Verstand und Bildung nahe; er bediente sich ihrer Feder und ließ fast seine ganze Correspondenz von ihr führen. Ihr volles Gesicht mit dem Stumpfnäschen und den lebendigen braunen Augen stimmte zu ihrer kleinen raschen Figur, und wenn auch durch Blatternarben entstellt verrieth es lebhaften Geist und Verstand, und die fröhliche Heiterkeit ihrer Laune, womit sie dem Jüngling neckisch und übermüthig zusetzte, zu hart und unbarmherzig, wie er meinte, wenn er sich unglücklich und leidend fühlte. Denn zu ihr nahm er seine Zuflucht, wenn Liebe und Eifersucht ihn quälten, und sie hatte um so eher ein gewisses Übergewicht über ihn, da hier keine leidenschaftliche Neigung ins Spiel kam. In den nächsten Jahren nach seinem Fortgehen von Leipzig unterhielt er mit ihr eine belebte Correspondenz und schickte ihr ein Bild seiner geliebten Schwester Cornelie, das er auf einen Correcturbogen des Götz flüchtig gezeichnet hatte, als ein Zeichen seiner Anhänglichkeit. Im Wald und auf den Wiesen von Dölitz erging er sich gern in dichterischen Streifereien, und war auch Käthchen oder wie sie dem Dichter hieß, Annette, meistens Veranlassung und Gegenstand seiner Lieder, so wurden sie der fein gebildeten und scharf urtheilenden Friederike zur Prüfung vorgelegt. Eine Sammlung „Lieder mit Melodien Mademoiselle Friederike Oeser gewiedmet von Goethen,“ das älteste und eigenthümlichste Denkmal Goethescher Poesie, wird noch handschriftlich in einer Goethe-Bibliothek in Leipzig aufbewahrt. Als dieselben „davon ein Theil das Unglück hatte, ihr zu mißfallen“ — man kann wohl errathen weshalb — durch andere vermehrt später gedruckt wurden, „würde er sich vielleicht unterstanden haben, ihr ein unterschriebenes Exemplar zu wiedmen, wenn er nicht wüßte, daß man sie durch einige Kleinigkeiten leicht zum schimpfen bewegen könnte.“ Diese neuen Lieder in Melodien gesetzt von Bernh. Theod. Breitkopf erschienen 1770 ohne Goethes Namen. Hiller, der sie anzeigte, meinte, wenn man sie läse, werde man gestehen, daß es dem Dichter keineswegs an einer glücklichen Anlage zu dieser scherzhaften Dichtungsart fehle[34] — für uns sind sie ein schönes, ächtes Denkmal seines Leipziger Aufenthalts. Die Zueignung, welche den Schluß derselben macht:

„Da sind sie nun! Da habt ihr sie!

Die Lieder ohne Kunst und Müh

Am Rand des Bachs entsprungen.

Verliebt und jung und voll Gefühl

Trieb ich der Jugend altes Spiel

Und hab sie so gesungen.

Sie singe, wer sie singen mag!

An einem hübschen Frühlingstag

Kann sie der Jüngling brauchen.

Der Dichter blinzt von Ferne zu,

Jetzt drückt ihm diätätsche Ruh

Den Daumen auf die Augen.

Halb scheel, halb weise sieht sein Blick,

Ein bißgen naß auf euer Glück

Und jammert in Sentenzen.

Hört seine letzten Lehren an,

Er hat's so gut wie ihr gethan

Und kennt des Glückes Gränzen.“

drückte seine Stimmung so wahr und tief, so einfach und schön aus, wie schon damals kaum ein anderer Dichter es vermochte.

So ging er von Leipzig am 28. August 1768 fort. Weder er selbst noch seine Freunde ahnten in ihm die künftige Größe, zu der wir jetzt bewundernd hinaufschauen. Leipzig hat Goethe nicht den Lorbeer ins Haar gewunden, aber noch hat der Blumenstrauß, den der Jüngling hier gepflückt, frischen, unvergänglich frischen Duft.

[3] Bis in die neueste Zeit gehörten alle Mitglieder der Universität, Docenten wie Studenten, einer der vier bei der Stiftung bestimmten Nationen an, der meißnischen, sächsischen, bayrischen oder polnischen. Als Frankfurter wurde Goethe der bayrischen zugeschrieben.

[4] Schöll, Briefe und Aufsätze von Goethe S. 20 ff.

[5] Ich theile hier das durch Horn abgeänderte Gedicht mit, wie es Christ. Heinrich Schmid in der Vorrede zu J. C. Rosts vermischten Gedichten (1769) hat abdrucken lassen:

„O Händel! dessen Ruhm vom Süd zum Norden reicht,

Vernimm den Päan, der zu deinen Ohren steigt,

Du bäckst, was Gallier und Britten ämsig suchen,

Mit schöpfrischem Genie, originelle Kuchen.

Des Kaffees Ocean, der sich vor dir ergießt,

Ist süsser als der Saft, der von dem Hybla fließt.

Dich ehrt die Nation, abwechselnd sanft in Moden,

Ihr Tribunal verbannt hin zu den Antipoden,

In trauriges Exil, den Kopf leer von Verstand

Der kein Elysium in deinem Garten fand.

Dein Haus ist ein Trophä von Spoljen unsrer Beutel,

Strahlt gleich kein Diadem dir um den hohen Scheitel,

Erhebt zu deinem Ruhm sich gleich kein Monument:

Auch ohne Purpur ehrt dich dennoch der Student —

Glänzt deine Urn' dereinst in majestätschem Pompe,

Dann weint der Patriot an deiner Katakombe;

Wann dann ein Autor dich uns im Kothurne zeigt,

Und du Sentenzen sprichst, wird unser Herz erweicht.

Wär es dem Marmor gleich, so darfst du uns erscheinen,

Wie Medon uns erschien und Myriaden weinen.

Doch leb! Dein Torus sei von edler Brut ein Nest,

Steh hoch, wie der Olymp, wie der Hymettus fest;

Kein Phalanx Griechenlands, nicht Römische Balisten

Vermögen je dein Glück, o Händel, zu verwüsten!

Dein Wohl ist unser Wohl, dein Leiden unser Schmerz

Und Händels Tempel ist der Musensöhne Herz.“

[6] Eckermann Gespräche II. S. 328 vgl. I. S. 340. Riemer Mittheilungen II. S. 663 f.

[7] Riemer Mittheilungen II. S. 60. Er starb 1809 in Dessau, unverheirathet, sechzig Jahre alt.

[8] Eckermann Gespräche II. S. 175 ff.

[9] Blum, ein Bild aus den Ostseeprovinzen S. 29.

[10] Originalien 1832 Nr. 83 f.

[11] „Wir würden uns doch gewiß recht gut dargestellt haben, denn ich hätte mir ein Postamentgen machen lassen“ schreibt Horn an Käthchen Schönkopf, und ein anderes Mal: „Auf der Reise wäre ich bald unglücklich gewesen, denn meine krummen Beine, wie die Mamsell spricht, hatten sich so mit den Andräischen verwickelt, daß man sie um uns zu trennen beynahe hätte zerbrechen müssen.“

[12] Das Haus liegt im Brühl Nr. 79 neben dem goldenen Apfel und ist bis vor wenig Jahren im Besitz der Familie geblieben; seitdem es in andere Hände gekommen ist, ist es fast ganz umgebaut worden.

[13] „Ich wünschte, daß ich diesen Abend bei Ihnen Punsch trinken könnte“ schreibt Horn, und ein andermal: „Was wollte ich darum geben, wenn ich nur noch einmal mit Ihnen Punsch trinken könnte!“

[14] Frl. v. Göchhausen schreibt (Riemer Mitth. II. S. 85 f.): „Gestern (20. Mai 1779) hat uns der Herr Geh. Leg. Rath ein Schäferspiel, die Launen des Verliebten, hier (in Ettersburg) aufgeführt, das er sagt in seinem 18. Jahr gemacht zu haben, und nur wenig Veränderung dazu gethan. Es bestand nur aus vier Personen, welche der Doctor, Einsiedel, das Frl. v. Wöllwarth und Mlle. Schröder vorstellten. Es ist von einem Act mit einigen Arien, welche der Kammerherr v. Seckendorf componirt hat. Es wurde recht sehr gut gespielt, und wir waren den ganzen Tag fröhlich und guter Dinge.“

[15] Horn schreibt am 9. April: „Hr. Dr. Kanne wird noch bei Ihnen seyn. Geben Sie ihm diesen Brief zu lesen. Er wird es nicht übel nehmen, daß ich nicht besonders an Ihn geschrieben habe. Im Grunde glaube ich ist es auch einerley ob ich an Sie oder an Ihn schreibe, denn so lange wir noch in Ihrem Hause wohnten, machten wir doch immer ein Stück von der Familie aus und Er hat noch ein größeres Recht dazu als ich, denn er ist ..... älterer Student.“

[16] Briefe an Frau v. Stein I. S. 19 f. 21.

[17] „Goethe accompagne le clavecin de Mme (Brentano) avec la basse.“ Merck Briefe III. S. 86. Vgl. Eckermann Gespräche I. S. 79: „Goethe antwortete: Aber Sie finden kein Wort über Musik (in den Reisenotizen), weil das nicht in meinem Kreise lag.“

[18] Goethes Werke XXXII. S. 335.

[19] Briefwechsel mit Zelter VI. S. 129.

[20] Briefe an Frau v. Stein I. S. 20 f.

[21] Werke XXVII. S. 467 ff.

[22] Briefe an Frau v. Stein II. S. 69.

[23] Schöll Briefe und Aufsätze von Goethe S. 7 ff.

[24] Goethe bot die in Frankfurt nachgefeilten Mitschuldigen dem dortigen Buchhändler Fleischer vergebens zum Verlag an, sie wurden erst 1787 gedruckt, vorher aber wurden sie wiederholt auf dem Weimarschen Liebhabertheater gespielt, wo Goethe den Alcest, Bertuch den Söller, Musäus den Wirth, Corona Schröter die Sophie gab. Riemer Mittheilungen II. S. 36. 54. Briefe an Frau v. Stein II. S. 13. Böttiger litter. Zustände I. S. 277. Peucer in Weimars Album S. 72. Als ein Curiosum mag bemerkt werden, daß die Mitschuldigen in Leipzig zuerst in einer prosaischen Bearbeitung von Albrecht aufgeführt worden sind, Blümner, Geschichte des Theaters zu Leipzig S. 302.

[25] Werke VI. S. 440 f.

[26] Die erste ist unten als Vignette mitgetheilt.

[27] Fragmente aus einer Goethe-Bibliothek S. 16 f.

[28] Vgl. Schöll Briefe und Aufsätze von Goethe S. 108.

[29] Riemer Mittheilungen II. S. 301: „Von meinem längeren Aufenthalt in Rom werde ich den Vortheil haben, daß ich auf das Ausüben der bildenden Kunst Verzicht thue.“ Eckermann Gespräche I. S. 132: „Was ich aber sagen wollte, ist dieses, daß ich in Italien in meinem vierzigsten Jahre klug genug war, um mich selber insoweit zu kennen, daß ich kein Talent zur bildenden Kunst habe, und daß diese meine Tendenz eine falsche sei.“ S. 139: „Ich sage dieses, indem ich bedenke, wie viele Jahre es gebrauchte, bis ich einsah, daß meine Tendenz zur bildenden Kunst eine falsche sei, und wie viele andere, nachdem ich es erkannt, mich davon loszumachen.“

[30] Briefe an Lavater S. 164 f.

[31] Schöll Briefe und Aufsätze von Goethe S. 107 f.: „Rede bei Eröffnung der Londoner Akademie von Reynolds. Enthält fürtreffliche Erinnerungen eines Künstlers über die Bildung junger Maler; er dringt besonders auf die Correktion und auf das Gefühl der Idealischen stillen Größe. Er hat recht. Genies werden dadurch unendlich erhaben und kleine Geister wenigstens etwas.“

[32] Briefe an Frau v. Stein II. S. 279.

[33] Werke XXIV. S. 210.

[34] Fragmente aus einer Goethe-Bibliothek S. 1 f.

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