Zweiter Auftritt.

Iphigenie. Arkas.

  Arkas.

  Beschleunige das Opfer, Priesterin!

  Der König wartet und es harrt das Volk.

  Iphigenie.

  Ich folgte meiner Pflicht und deinem Wink,

  Wenn unvermuthet nicht ein Hinderniß

  Sich zwischen mich und die Erfüllung stellte.

  Arkas.

  Was ist's, das den Befehl des Königs hindert?

  Iphigenie.

  Der Zufall, dessen wir nicht Meister sind.

  Arkas.

  So sage mir's, daß ich's ihm schnell vermelde:

  Denn er beschloß bei sich der beiden Tod.

  Iphigenie.

  Die Götter haben ihn noch nicht beschlossen.

  Der ält'ste dieser Männer trägt die Schuld

  Des nahverwandten Bluts, das er vergoß.

  Die Furien verfolgen seinen Pfad,

  Ja in dem innern Tempel faßte selbst

  Das Übel ihn, und seine Gegenwart

  Entheiligte die reine Stätte. Nun

  Eil' ich mit meinen Jungfraun, an dem Meere

  Der Göttin Bild mit frischer Welle netzend,

  Geheimnißvolle Weihe zu begehn.

  Es störe niemand unsern stillen Zug!

  Arkas.

  Ich melde dieses neue Hinderniß

  Dem Könige geschwind; beginne du

  Das heil'ge Werk nicht eh' bis er's erlaubt.

  Iphigenie.

  Dieß ist allein der Priestrin überlassen.

  Arkas.

  Solch seltnen Fall soll auch der König wissen.

  Iphigenie.

  Sein Rath wie sein Befehl verändert nichts.

  Arkas.

  Oft wird der Mächtige zum Schein gefragt.

  Iphigenie.

  Erdringe nicht, was ich versagen sollte.

  Arkas.

  Versage nicht, was gut und nützlich ist.

  Iphigenie.

  Ich gebe nach, wenn du nicht säumen willst.

  Arkas.

  Schnell bin ich mit der Nachricht in dem Lager,

  Und schnell mit seinen Worten hier zurück.

  O könnt' ich ihm noch eine Botschaft bringen,

  Die alles lös'te, was uns jetzt verwirrt:

  Denn du hast nicht des Treuen Rath geachtet.

  Iphigenie.

  Was ich vermochte, hab' ich gern gethan.

  Arkas.

  Noch änderst du den Sinn zur rechten Zeit.

  Iphigenie.

  Das steht nun einmal nicht in unsrer Macht.

  Arkas.

  Du hältst unmöglich, was dir Mühe kostet.

  Iphigenie.

  Dir scheint es möglich, weil der Wunsch dich trügt.

  Arkas.

  Willst du denn alles so gelassen wagen?

  Iphigenie.

  Ich hab' es in der Götter Hand gelegt.

  Arkas.

  Sie pflegen Menschen menschlich zu erretten.

  Iphigenie.

  Auf ihren Fingerzeig kömmt alles an.

  Arkas.

  Ich sage dir, es liegt in deiner Hand.

  Des Königs aufgebrachter Sinn allein

  Bereitet diesen Fremden bittern Tod.

  Das Heer entwöhnte längst vom harten Opfer

  Und von dem blut'gen Dienste sein Gemüth.

  Ja, mancher, den ein widriges Geschick

  An fremdes Ufer trug, empfand es selbst,

  Wie göttergleich dem armen Irrenden,

  Umhergetrieben an der fremden Gränze,

  Ein freundlich Menschenangesicht begegnet.

  O wende nicht von uns was du vermagst!

  Du endest leicht was du begonnen hast:

  Denn nirgends baut die Milde, die herab

  In menschlicher Gestalt vom Himmel kommt,

  Ein Reich sich schneller, als wo trüb und wild

  Ein neues Volk, voll Leben, Muth und Kraft,

  Sich selbst und banger Ahnung überlassen,

  Des Menschenlebens schwere Bürden trägt.

  Iphigenie.

  Erschüttre meine Seele nicht, die du

  Nach deinem Willen nicht bewegen kannst.

  Arkas.

  So lang es Zeit ist, schont man weder Mühe

  Noch eines guten Wortes Wiederholung.

  Iphigenie.

  Du machst dir Müh und mir erregst du Schmerzen:

  Vergebens beides: darum laß mich nun.

  Arkas.

  Die Schmerzen sind's, die ich zu Hülfe rufe:

  Denn es sind Freunde, Gutes rathen sie.

  Iphigenie.

  Sie fassen meine Seele mit Gewalt,

  Doch tilgen sie den Widerwillen nicht.

  Arkas.

  Fühlt eine schöne Seele Widerwillen

  Für eine Wohlthat, die der Edle reicht?

  Iphigenie.

  Ja, wenn der Edle, was sich nicht geziemt,

  Statt meines Dankes mich erwerben will.

  Arkas.

  Wer keine Neigung fühlt, dem mangelt es

  An einem Worte der Entschuld'gung nie.

  Dem Fürsten sag' ich an, was hier geschehn.

  O wiederholtest du in deiner Seele,

  Wie edel er sich gegen dich betrug

  Von deiner Ankunft an bis diesen Tag.

Share on Twitter Share on Facebook