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Tannenbaum, mit grünen Fingern

Pocht ans niedre Fensterlein,

Und der Mond, der stille Lauscher,

Wirft sein goldnes Licht herein.

Vater, Mutter schnarchen leise

In dem nahen Schlafgemach,

Doch wir beide, selig schwatzend,

Halten uns einander wach.

"Daß du gar zu oft gebetet,

Das zu glauben wird mir schwer,

Jenes Zucken deiner Lippen

Kommt wohl nicht vom Beten her.

"Jenes böse, kalte Zucken,

Das erschreckt mich jedesmal,

Doch die dunkle Angst beschwichtigt

Deiner Augen frommer Strahl.

"Auch bezweifl ich, daß du glaubest,

Was so rechter Glauben heißt —

Glaubst wohl nicht an Gott den Vater,

An den Sohn und Heilgen Geist?"

Ach, mein Kindchen, schon als Knabe

Als ich saß auf Mutters Schoß,

Glaubte ich an Gott den Vater,

Der da waltet gut und groß;

Der die schöne Erd erschaffen,

Und die schönen Menschen drauf,

Der den Sonnen, Monden, Sternen

Vorgezeichnet ihren Lauf.

Als ich größer wurde, Kindchen,

Noch viel mehr begriff ich schon,

Ich begriff, und ward vernünftig,

Und ich glaub auch an den Sohn;

An den lieben Sohn, der liebend

Uns die Liebe offenbart

Und zum Lohne, wie gebräuchlich,

Von dem Volk gekreuzigt ward.

Jetzo, da ich ausgewachsen,

Viel gelesen, viel gereist,

Schwillt mein Herz, und ganz von Herzen

Glaub ich an den Heilgen Geist.

Dieser tat die größten Wunder,

Und viel größre tut er noch:

Er zerbrach die Zwingherrnburgen,

Und zerbrach des Knechtes Joch.

Alte Todeswunden heilt er,

Und erneut das alte Recht:

Alle Menschen, gleichgeboren,

Sind ein adliges Geschlecht.

Er verscheucht die bösen Nebel

Und das dunkle Hirngespinst,

Das uns Lieb und Lust verleidet,

Tag und Nacht uns angegrinst.

Tausend Ritter, wohlgewappnet,

Hat der Heilge Geist erwählt,

Seinen Willen zu erfüllen,

Und er hat sie mutbeseelt.

Ihre teuern Schwerter blitzen,

Ihre guten Banner wehn!

Ei, du möchtest wohl, mein Kindchen,

Solche stolze Ritter sehn?

Nun, so schau mich an, mein Kindchen,

Küsse mich und schaue dreist;

Denn ich selber bin ein solcher

Ritter von dem Heilgen Geist.

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