XV

Das Liedchen von der Reue

Herr Ulrich reitet im grünen Wald,

Die Blätter lustig rauschen.

Er sieht eine holde Mädchengestalt

Durch Baumeszweige lauschen.

Der Junker spricht: Wohl kenne ich

Dies blühende, glühende Bildnis,

Verlockend stets umschwebt es mich

In Volksgewühl und Wildnis.

Zwei Röslein sind die Lippen dort,

Die lieblichen, die frischen;

Doch manches häßlich bittre Wort

Schleicht tückisch oft dazwischen.

Drum gleicht dies Mündlein gar genau

Den hübschen Rosenbüschen,

Wo giftge Schlangen wunderschlau

Im dunklen Laube zischen.

Dort jenes Grübchen wunderlieb

In wunderlieben Wangen,

Das ist die Grube, worein mich trieb

Wahnsinniges Verlangen.

Dort seh ich ein schönes Lockenhaar

Vom schönsten Köpfchen hangen;

Das sind die Netze wunderbar,

Womit mich der Böse gefangen.

Und jenes blaue Auge dort,

So klar wie stille Welle,

Das hielt ich für des Himmels Pfort,

Doch war's die Pforte der Hölle. —

Herr Ulrich reitet weiter im Wald,

Die Blätter rauschen schaurig.

Da sieht er von fern eine zweite Gestalt,

Die ist so bleich, so traurig.

Der Junker spricht: O Mutter dort,

Die mich so mütterlich liebte,

Der ich mit bösem Tun und Wort

Das Leben bitterlich trübte!

O, könnt ich dir trocknen die Augen naß

Mit der Glut von meinen Schmerzen!

O, könnt ich dir röten die Wangen blaß

Mit dem Blut aus meinem Herzen!

Und weiter reitet Herr Ulerich,

Im Wald beginnt es zu düstern,

Viel seltsame Stimmen regen sich,

Die Abendwinde flüstern.

Der Junker hört die Worte sein

Gar vielfach widerklingen.

Das taten die spöttischen Waldvögelein,

Die zwitschern laut und singen:

Herr Ulrich singt ein hübsches Lied,

Das Liedchen von der Reue,

Und hat er zu Ende gesungen das Lied,

So singt er es wieder aufs neue.

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