IX

Ich lag und schlief, und schlief recht mild,

Verscheucht war Gram und Leid;

Da kam zu mir ein Traumgebild,

Die allerschönste Maid.

Sie war wie Marmelstein so bleich,

Und heimlich wunderbar;

Im Auge schwamm es perlengleich,

Gar seltsam wallt' ihr Haar.

Und leise, leise sich bewegt

Die marmorblasse Maid,

Und an mein Herz sich niederlegt

Die marmorblasse Maid.

Wie bebt und pocht vor Weh und Lust

Mein Herz, und brennet heiß!

Nicht bebt, nicht pocht der Schönen Brust,

Die ist so kalt wie Eis.

"Nicht bebt, nicht pocht wohl meine Brust,

Die ist wie Eis so kalt;

Doch kenn auch ich der Liebe Lust,

Der Liebe Allgewalt.

"Mir blüht kein Rot auf Mund und Wang,

Mein Herz durchströmt kein Blut;

Doch sträube dich nicht schaudernd bang,

Ich bin dir hold und gut."

Und wilder noch umschlang sie mich,

Und tat mir fast ein Leid;

Da kräht der Hahn — und stumm entwich

Die marmorblasse Maid.

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