Der Wanenkrieg.

Waffenruhe war auch auf Erden. Solange die Götter in Gerechtigkeit ihres Amtes walteten, erhaben über Neid, Selbstsucht und Gier, und sie zur Muße ihre heiteren Spiele trieben, eiferten die Menschen ihnen nach und freuten sich ihres Lebens. Sie erfüllten ihr Tagewerk, und je reicher und lohnender es war, desto fröhlicher gedachten sie der himmlischen Spender, errichteten ihnen Heiligtümer und Altäre und brachten ihnen in Begeisterung ihre Opfer dar.

Seltsames bewegte Wodan in dieser glücklichen Zeit. Übermütig macht das Glück, Götter wie Menschen, und treibt sie über die Grenzen ihres Wesens. Wenn er über der heiligen Türschwelle saß und alle Lande vor ihm lagen, spähte er immer schärfer aus in das Leben aller Dinge, sandte er immer häufiger seine Raben aus, werdende Geheimnisse zu erforschen, und seine Jagdwölfe wedelten unruhig mit dem Schweif. Ihm war, als seien Kräfte am Werk, das Glück zu erschleichen, das er erschaffen hatte, und das Köstlichste, was den Asengöttern wurde, die Opfer des Menschenvolkes, abzulenken. Und Wodan deutete die Vorzeichen.

Nicht überall strebte der Opferrauch gen Asgard, dem Asenhimmel. Wohl wirbelten die Opferwolken im Saxland, das steil unter seinem Sitze lag, mächtig wie immer zu ihm empor, doch nördlich der Sachsen, dort, wo Dänen und Schweden saßen, trieben sie ab und suchten einen anderen Himmel. Und Wodan erspähte, daß es der Himmel der Lichtgötter, der Wanen war, die sich beim Erscheinen der Götter in der Welt singend und klingend von der Stätte harter Arbeit emporgeschwungen hatten, um ein Reich der Schönheit und des Glücksgenusses zu begründen.

Da sprach Wodan zu sich selber:

»Glück ist göttlich. Glück ist der Besitz. Glücksgenuß ist irdisch. Glücksgenuß ist die Verschwendung. Da die Masse der Menschen irdischer ist als göttlich, wird sie nach dem Genusse greifen, statt nach dem Glück. Und nur die Helden werden den kargeren Besitz des Glückes wählen, der Arbeit ist und Aufopferung.«

Und Wodan hörte und erspähte alles, was er von den Wanen zu wissen begehrte. Verschwenderisch streuten sie Fruchtbarkeit über Länder und Seen allen, die sie anriefen, lehrten sie den Wert des Goldes, lehrten sie, den Fleiß ihrer Hände in Gold umsetzen und das Gold in üppigen Genuß, also, daß die Menschen nur noch zu arbeiten wünschten um des Goldes willen und um durch Gold alles zu beherrschen, Menschen und Dinge, Länder, Völker und ihre Schätze, was immer ihnen auf Erden zum mühelosen Genuß des Lebens verhelfen könne. Feiner und wählerischer wurden die Anhänger der Wanen, klüger und wissender, und sie dünkten sich bald in ihrer verfeinerten Lebensführung hoch erhaben über die rohen Sachsen in Saxland und die anderen Völkerstämme, die auf Wodan schwuren, den Sturmgott, auf Donar, den Gewitterbringer, und auf Ziu, den Gott des blanken Schwertes. Über sie alle, die rauhen und schlichten, denen die Arbeit Freude war, Kraftempfinden und Lebenszweck, und der Feierabend das Bewußtsein ihrer hart erworbenen und darum doppelt gesteigerten Fröhlichkeit. Und Wodan witterte die Gefahr.

Einst, als er mit seinen Brüdern Wili und We den stumpfsinnig verschlingenden Urriesen Ymir erschlagen hatte, hatte er die niedere Geisterwelt gejagt, die von den Göttern das Wissen geholt aus der gebärenden Weltseele und das Göttliche gewandelt hatte in gemeine Lüste und billigen Zauberspuk. Tausende waren erwürgt an seinem Gürtel geblieben, wenige nur entkommen. Aber einige waren zu den leichtherzigeren Wanen entschlüpft, hatten sich zu wildquirlenden Scharen vermehrt und aufs neue die gold- und zaubersüchtigen Menschen aufgesucht, die die verschwenderisch spendenden Wanen opfernd verehrten. So kam mit der steigenden Genußsucht der Aberglaube in die Welt, der Feind des Göttlichen. –

Aufstanden Wodans Jagdwölfe und streckten die Rute. Mit gesträubtem Haar standen sie und warteten des Befehls des Meisters.

Nacht war es und Wodan sattelte sein Sturmroß.

In wehendem Mantel, den breitrandigen Wetterhut tief über die blutige Augenhöhle gedrückt, damit das andere, das Einauge, um so schärfer funkele, saß er horchend im Sattel. Aufkreischten seine Raben. Von seinen Schultern schwangen sie sich auf und jagten voran. Hinter ihnen drein mit heiserem Gebell jagten die Wölfe. Da gab Wodan seinem Sturmroß das Maul frei, und der wilde Jäger stob mit Hussa und Peitschengeknall in die Nacht. »Rafft, meine Raben! Würgt, meine Wölfe! Stampf' sie, mein Sturmroß, in Kot! Hussa! Hussa! Horrido!«

Hinter den Gespensterscharen, die heimlich aus Wanenland herübergeschlichen waren, seine Menschen zu verführen, hetzte er einher. Entsetzt fuhr das Gelichter der Schwarzalben und Truden, der Maren und Schrate wie Nebel- und Wolkenfetzen durch die Wipfel der Bäume und suchte heulend das Weite. Wodans Sturmroß holte sie ein. Seine Peitsche fuhr knallend durch die Luft, und wen sie traf, den traf der Tod. »Hussa! Hussa! Horrido!« Die Wolken jagten über den Himmel, als wollten sie mit weitaufgerissenem Rachen den tanzenden Mond verschlingen. Und im fahlen Licht der Sturmnacht hetzte Wodan ohne Ermüden die unholden Geister, den Alb, der sich den Menschen auf die Brust setzte und sie bedrückte, den Mar, der ihnen das Blut aussog, den Schrat, der sie äffte und die Trud, die sie behexte. Sie alle, die seine Menschen quälten und sich zu willen machten, bis die Erdgeborenen glaubten, es seien die Götter selbst und nicht unholde Wesen, und sich den Gespenstern ergaben.

»Rafft, meine Raben! Würgt, meine Wölfe! Stampf' sie, mein Sturmroß, in Kot! Hussa! Hussa! Horrido!«

»Da jagt der wilde Wode!« stammelten die Menschen, die im Geheul der Sturmnacht von den Lagern auffuhren und angstvoll gen Himmel starrten. »Der wilde Gespensterjäger fährt um.«

Und doch öffneten sie hastig Fenster und Türen, um den gejagten Spukgestalten Unterschlupf zu gewähren, denn sie versprachen sich goldenen Dank von den Wichten und gierten nach irdischen Schätzen, statt nach der stolzen Höhe der Götter.

Nächte hindurch, Monde hindurch fegte Wodans Mantel durch die Lüfte, knallte seine Peitsche wie krachendes Holz, schrieen seine Raben, heulten seine Jagdwölfe. »Auf daß das Geschlecht sich nicht vermehre!« lachte er grimmig in den Bart und setzte vor allem anderen Wild den kreischenden Frauen und Fräulein der albischen Wesen nach, packte sie am Gewand, griff sie beim Schleier, zog die Zappelnden hinauf auf sein Roß und erstickte sie in seinen Umarmungen. »Frauenräuber!« schalten die verblendeten Menschen hinter ihm drein, »Weiberjäger!« Denn sie hielten für Liebesgier, was Wodan in göttlichem Zorne tat, und ließen sich von den Wichten, die sie abergläubisch hüteten, leicht bereden.

Noch blieb viel Koboldvolk auf der Erde zurück, Hausgeister und Waldfräulein, Korngeister und Wassernixen, und Nächte und Monde jagte Wodan daher, den Spuk zu vernichten, die Menschen auf sich selbst zu stellen. Oft auch stieg er zu Mimir hinab und raunte mit ihm am Brunnen. Denn er hielt das luftige Gesindel der Alben nur für die Plänkler und Wegemacher eines gefährlicheren Feindes, der Macht der Wanen, und er wußte es in seiner Allwissenheit.

Einst kehrte er heim nach Asgard, sinnend und grübelnd, und fand die Götter beim lärmenden Gelage wie in einer großen Trunkenheit. So hatte er sie noch nie geschaut. Nur Baldur stand abseits. Ihn ekelte das weibische Getue.

Einen strahlenden Blick warf Wodan auf seinen Lieblingssohn. Dann trat er zürnend in den Kreis. Doch keiner hatte Augen für ihn.

Vor den Bänken der Götter und Göttinnen tanzte ein nacktes Mädchen von niegesehener Schönheit. Farbenfunkelnde Geschmeide von auserlesenem Feuer schmiegten sich an ihre Brüste, daß ihr Weiß heller leuchtete als der Schnee auf den Hügeln, rotgoldene Spangen, zart wie Blattgold und von meisterlicher Arbeit umschlossen die Fesseln ihrer Füße, daß die Glieder aus den Goldblättern hervorwuchsen wie Lilienstengel, umschlossen die Arme, daß sie sich dehnten und streckten wie heimlich Geliebte, und Perlenschnüre träumten in ihrem Dufthaar wie schmeichelnde Mondlichter in kosender Nacht.

»Tanze, tanze,« riefen die Götter mit funkelnden Augen, »so wunderbar Schönes sahen wir nie, wie dich, du Mädchen!«

»Tanze, tanze,« riefen die Göttinnen mit heißen Blicken, »so wunderbar Schönes sahen wir nie, wie dein Geschmeide!«

»Das Mädchen ist es!« beharrten die Götter erhitzt.

»Das Geschmeide ist es!« eiferten die Göttinnen. »So schön sind wir, wie die Fremde, aber der Schmuck, mit dem ihr uns beschenkt, ist plump wie Bauernschmuck und hängt sich schwerfällig an unsere Glieder, statt ihre Reize zu heben. Schafft uns solch Geschmeide, und das Mädchen ist vergessen! Schöner sind wir, schöner!«

»Wer bist du?« riefen die Asen, und es lag wie Rausch über ihren Augen. »Wer gab dir den Schmuck? Wo finden wir ihn?«

»Gullweig heiß ich,« sang die Tänzerin, »vom göttlichen Wanenstamm bin ich. Wir leben in Schönheit und Freude! In Arbeit und kindlichen Spielen ihr! Wißt ihr, was Freude ist? Verschwendung und lachendes Leben! Seht her, so verschwende ich!«

Und sie wirbelte vor den heißen Blicken der Männer.

»Der Schmuck! Der Schmuck!« riefen die Göttinnen und waren erblaßt vor Erregung.

»Schmuck will erworben sein,« sang die Tänzerin. »Einen Wert hat das Gold, mehr als ihr wißt! Für rotes Gold und schimmernd Gestein kaufe ich Länder und Völker, Weiber und Rosse, Leiber und Seelen. Es liegt bei den Riesen, es liegt bei den Zwergen, es liegt bei den Menschen. Hervorlocken muß man es durch Zauber oder Raub. Holt es euch, schmückt euch, genießt! Nichts weiß euer Blut vom glühenden Leben!«

Aller Arme streckten sich nach der tanzenden Wanentochter aus. Sehnsüchtige Arme. Neidvoll gereckte Hände. Da hob Wodan den Speer.

Dreimal durchbohrte er Gullweig, die Wanentochter, mit dem Speer. Dreimal schleuderte er ihren weißen, schimmernden Leib in den flammenden Holzstoß, der die Halle erwärmte und erleuchtete. Dreimal verbrannte das Mädchen zu Staub. Dreimal erhob sie sich aus der Asche. Da ersah Wodan, daß sie eine Zauberin der Wanen sei, und ließ die Mißhandelte entfliehen.

»Melde den Deinen, was dir widerfuhr, was ihrer wartet!«

Loki aber, der Geschmeidige, sammelte hastig aus der Glut des Feuers den seltenen Goldschmuck, Perlen und Geschmeide, und gab alles den Göttinnen und setzte sich in Gunst. Finster gingen die Asen umher und neideten dem Listigen den Vorzug.

Wodan berief sie alle zum Rat.

»Wer hat dem Wanenmädchen Einlaß gewährt zu Asgards Wiesen?«

Und Heimdall antwortete: »Ich tat's, auf Gebot der Götter, die sich berieten, als du fern warst. Sie war ein Mädchen und ohne Waffen.«

»Ihr Törichten,« sprach Wodan, »habt ihre Waffen kennengelernt. Schwer seid ihr von ihren Waffen verwundet. Schwerer als von Schwert und Ger. Denn die Wunden, die sie euch schlug, heilen nicht und eitern fort in der Gier nach Gold und Genuß. Vorbei ist es mit der heiteren Ruhe. Wir müssen uns regen.«

Da stimmten die Götter beschämt ihm zu und gaben ihm Vollmacht, für alle zu handeln. –

Einsam fuhr Wodan aus. Nur Gefjon nahm er mit sich, die Kluge, zu der die Mädchen beteten. Von Saxland fuhr er gen Norden, denn es war sein Plan, die Wanenanhänger durch eine augenfällige Tat zu sich zurückzuführen und die Menschen, die im Norden noch nichts wußten von Wodan und den Seinen, zum Asenopfer zu bekehren. So fuhr er gen Dänemark, das den Wanen huldigte, und gedachte dem Volke über Nacht ein reiches Neuland zu schenken, Ackerland für einen seßhaften Bauernstand, der mit der Scholle die Arbeit liebte und nicht die Leichtfertigkeit der Goldanbeter. Neuland auch für neue Heiligtümer der Asengötter.

Auf Fünen kehrte Wodan ein und lehrte Gefjon, die kluge, seine Pläne und verlieh ihr zur Ausführung seine Zauberrunen. Da fuhr Gefjon, als listige Gauklerin gekleidet, nach Schweden und vollführte vor dem Beherrscher des Landes, dem König Gylfi, so lustige Dinge, daß der König ihr einen Wunsch freigab. Und sie erbat sich so viel Land zur freien Verfügung, wie sie mit vier Ochsen während eines Tages und einer Nacht umzupflügen vermöchte. Das gestand ihr der König lachend zu. Gefjon aber fuhr noch in selber Stunde nach dem Riesenland Jotunheim, gebar in der nächsten Nacht einem Riesen vier Söhne, ließ sie kraft ihrer Zauberrunen gleich bei der Geburt zu ihrer ganzen Größe und Stärke aufwachsen, verwandelte sie durch den Runenzauber in vier ungeheure Ochsen und kehrte in nächster Nacht mit ihnen zu König Gylfi zurück. Und Gefjon, die Kluge, spannte die Riesenochsen vor den Pflug und packte die Pflugschar. Da schnitt das Pflugeisen gewaltig tief und breit in das Land und ackerte ein Stück Erde heraus, das nicht zu überblicken war, und die Ochsen zogen noch einmal an und zogen das herausgepflügte Land weiter und weiter gen Westen, stiegen ins Meer und zogen es bis in den dänischen Sund. Dort entließ Gefjon die Ochsen und nannte das neugewonnene Inselland der See Seeland. Das Loch aber, das sie in König Gylfis Land gerissen hatte, füllte sich zu einem Binnensee, der der Mälarsee hieß, und in seine Buchten paßten bis ins Kleinste die Landzungen und Vorgebirge Seelands.

Und Wodan dehnte die Macht der Asen aus auf die Insel und schuf ein Heiligtum auf ihr, zu dem die beschenkten Dänen in Dankbarkeit opferten. Aber auch König Gylfi in Schweden und viele andere Könige im Norden, zu denen die Kunde kam, riefen erschreckt Wodan an, den sie Odin nannten, und baten ihn in ihr Reich. –

Wodan war heimgekehrt nach Asgard, wo ihn die Asen sehnsüchtig erwarteten. Viel Streit gab es zu schlichten, den der listige Loki schadenfroh geschürt hatte, und die alte Einigkeit war gestört im Rat und auf der Metbank wie beim ritterlichen Kampf- und Wettspiel, seitdem das lockende Weib in Asgard erschienen war. Zu Mimirs Brunnen stieg Wodan hinab und raunte lange mit dem Weisen.

Und es war ihm offenbar, daß die Wanen heranrückten, den Schimpf an Gullweig zu rächen und die reichen Opfer der Menschen im Norden zurückzugewinnen. Und Wodan wußte vieles und mehr und saß, in die Zukunft grübelnd, auf seinem Hochsitz.

In hellen Haufen rückten die Wanen an. Die Luft wimmelte von ihnen, wohin das Auge sah. Lichtgötter waren sie. Darum ritten sie durch die Lüfte und brauchten nicht über die Brücke Bilfrost hinweg, die Heimdall hütete. Was ihnen an Kraft den Asen gegenüber gebrach, ersetzten sie dreimal durch wunderbare Waffen, zu denen ihnen ihr Reichtum, und durch die Kriegskunst, zu der ihnen ihre verfeinerte Geistespflege verholfen hatte. Jäh erschienen sie vor Asgard und zerbrachen in geeintem Angriff den Burgwall der Asen.

Dröhnend rief Wodan die Männer Asgards zum Kampf. Ihnen allen voran stand er und schleuderte als Heervater den Speer über die anstürmenden Völker. Aber die Waffen der Asen waren wie Bauernwaffen zu den erlesenen und erklügelten Waffen der Wanen, wie der Schmuck ihrer Frauen und Jungfrauen ein plumper Bauernschmuck geschienen war zu den berauschenden Köstlichkeiten der tanzenden Gullweig. Donars malmende Keule zersplitterte auf stahlhartem Wanenhelm. Zius blankes Breitschwert brach und sprang aus dem Griff, als er es gegen eine goldene Wanenbrünne stieß, Ullers Pfeil und Bogen war wie ein Kinderspiel vor den manneshohen Schilden der Wanen, und Baldurs leuchtender Mut fand zwölf neue Gegner, wenn er einen gefällt hatte. Loki stand als Schutz und Schirm bei den Göttinnen und stachelte die kämpfenden Asen an, sich vor den Frauen zu zeigen und ihre Huld zu gewinnen, denn er gedachte, übrig zu bleiben und höhere Macht zu erringen. Und die Asen wurden uneins im Kampf, trennten sich voneinander und suchten in heldischem Zweikampf mit den Wanenführern die Augen der Frauen auf sich zu ziehen, während die Scharen der Feinde immer tiefer eindrangen in Asgards geheiligte Fluren und die Himmelsburgen in Schutt und Asche legten.

Da packte Donar die Felsen an und riß sie aus dem Grund und zermalmte mit ihnen die Haufen. Und Ziu entwurzelte die ragendste Eiche und fegte mit ihr die Stürmenden zu Hunderten. Die Himmel krachten, die Menschen lagen betend auf ihrer Erde und die Riesen in Jotunheim erhoben drohend ihre Häupter, um über die erschöpften Asen- und Wanengötter in Haß und Rache herzufallen.

Wodan sah es. Er erkannte die größere Gefahr.

Wie Donner rollte seine Stimme über die Köpfe der Kämpfenden:

»Ihr habt euch in den Waffen gemessen, ihr Götter – nun meßt euch im Rat!«

Die Wanen wiederum aber hatten erkannt, daß sie nur einen Augenblickssieg erringen konnten und vor dem kraftvollen Asengeschlecht nicht bestehen würden, wenn es in der neugewordenen Zeit sich seines schaffenden Geistes entsann. Sie waren zum Verhandeln bereit.

Im Rate saßen sie, Asen und Wanen, und stritten lange um den Vergleich. Klug wie Kaufleute setzten die Wanen zuerst den Preis des Friedens hoch, um ablassen zu können und als die Gebenden zu erscheinen. Sie forderten für Gullweigs Mißhandlung Zins. Da lachten die Asen, daß sie sich krümmten, und wollten von ihren Sitzen. Die Wanen beharrten nur scheinbar auf ihrem Beschluß. Ihnen war um anderes zu tun. Sie boten an, die Zinsforderung fallen zu lassen, wenn sie von Stund an als gleichberechtigte Götter gälten, den Asen gleich an Ehrung im Himmel und auf Erden, gleichberechtigt zum Empfang der Opfer und durch auszutauschende Geiseln eine große Götterfamilie.

Wodan, der allwissende, der in die Zukunft schaute, schlug ein. Und die Asen bestimmten Hönir zur Geisel für die Wanen, den Fahrtgenossen Wodans bei der Menschenerschaffung. Da er aber langsam denkend war, gab Wodan ihm den Mimir bei, den Freund und Vertrauten am Brunnen, und die Wanen hielten ihn für einen der Asen. Sie selber ließen den reichen Njord als Geisel, der seinen lichten Sohn Freyer mit sich führte und seine liebliche Tochter Freya. Und alle die Götter, die Asen und Wanen, traten zur Bekräftigung ihres Vertrages an ein Gefäß und spien hinein und mischten den Speichel mit Honig und schufen daraus gemeinsam den weisesten Mann. Der hieß Kwasir.

So aber endete der erste Weltkrieg.

Share on Twitter Share on Facebook