Wodans Wunschmädchen.

Mehr als alle die anderen Götter kämpfte Wodan um das Schicksal Asgards und seiner Bewohner. Nicht allein mit dem todbringenden Speer Gungnir, den er über die Heereswogen schleuderte, um seinen Anhängern auf Erden den Sieg zu verleihen oder sich die Besten und Tapfersten für Walhall zu erkiesen. Seine Gedanken holten weiter aus, suchten die Wurzel der Dinge auf und begannen die Fäden der Schicksalsgöttinnen zu dehnen und zu längen. Der König der Götter nahm sein Amt als Pflicht, Verantwortung und Fürsorge.

Wodan wußte von keiner Erholung. Er wußte nur, daß an einem Schicksalstag das Ende hereinbrechen würde und der Götter letzter Kampf. Und gerade weil er es wußte, wurde ihm königlich zumut. Die letzte Schlacht sollte ihn und die Götter gewappnet finden. Waren sie dem Untergang geweiht, so sollte bis zum letzten Atemzug gekämpft, mit den letzten furchtbaren Schwerthieben noch die Welt von den Unholden der Dunkelmächte gereinigt werden. Das waren Wodans königliche Heldengedanken.

Alles Wissen mußte er besitzen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Keine Mühe war ihm zu groß, es zu erwerben, um danach die Fäden seiner Gedanken spinnen zu können. Am Fuße der Weltesche saß er bei den Nornen, den Schicksalsmädchen Urd, Werdandi und Skuld, und forschte, was sie über Leben und Sterben seiner Menschen beschlossen hatten. Am Brunnen Mimirs raunte er mit dem Haupte des Urzeitweisen, um aller Geschehnisse Ursprung zu erkunden und ihre verwundbaren Stellen. Ja selbst die Toten rief er ins Leben zurück, damit sie ihm das Zukünftige, das sie früher erschaut hatten als die Lebenden, aussagten, und oft lagerte er sich auf den Richtplätzen, unter den Galgen der Gehenkten, und beschwor sie so zauberkräftig, daß die armen Seelen ihm anhingen und in allen Dingen zu willen waren. Wenn dann die Herbststürme erbrausten, setzte er sich an ihre Spitze und raste mit ihnen in wilden Jagdzügen durch die Luft, um sie bei kriegerischer Laune und Wildheit zu erhalten. Für die Stunde des Kampfes.

Zum Wanderer war Wodan geworden, und er ging zu den Lebenden und prüfte sie auf ihr Heldentum und merkte sich die Unerschrockenen und Schwertkundigen. Den herabfallenden Hut tief in die Stirn gedrückt, den verwitterten blauen Mantel um sich geschlagen, wanderte der Einäugige durch die Welt und sah mit tausend Augen. Über Meere und Ströme fuhr er mit dem Wunderboot Skidbladnir, einst dem Freyer geschenkt von den Zwergen, das ohne Wind und gegen jeden Wind fuhr und sich zusammenfalten und in der Manteltasche bergen ließ. Zu allen Stämmen kam er, die den Göttern in Asgard opferten, und er nannte sie, die kriegerischen Blutes und heldischen Mutes den Ger schwangen, den Jagd- und Schlachtenspeer, die Ger-Mannen, die Germanen. Oft blieb er in ihren Gehöften zur Nacht, veredelte ihr Blut und ihren Sinn und zeugte neue Heldengeschlechter, würdig, einzureiten in Walhall. Für den letzten Kampf.

»Kampf« hieß die letzte Schicksalslosung der Götter und der Menschen. Wenn am letzten Tage aller Dinge Surt losbrach, der König der Feuergeister in Muspelheim, wenn die Riesen aus Jotunheim anstürmten mit den Trollen aus Utgard, wenn der wütende Fenriswolf seine Bande zerriß, die giftgeifernde Midgardschlange sich heranwälzte und die dunkle Hel mit aufgerissenem Schlund Leichen schlang, hieß die Losung: Kampf dem Verhängnis! Daher liebte Wodan schon heute die Kämpfe auf Erden und begünstigte sie als Vorbereitung für den letzten schwersten Kampf.

Die Heerkönige der Germanen wünschte er in Walhall und ihre Heldenscharen, ungezählte Tapfere, Tausende und Hunderttausende. Zuvor sollten sie Bankgenossen sein beim Met, einst aber seine Schwertgenossen. Alle die Ger-Mannen, die auf Erden rühmlichen Waffentod erlitten hatten.

Hoch und herrlich war Walhall gebaut, seine Wände aus Speeren, seine Dächer aus Schilden, und statt der weichlichen Polsterung schmückten die Bänke im Saal schimmernde Brünnen. Wodans Zeichen, Wolf und Adler, hingen über dem Eingang. Doch hatte der Saal noch fünfhundertundvierzig Türen, eine jede für den Auszug von achthundert gewappneten Streitern berechnet. Und am Abend blitzte das Licht spiegelblanker Schwerter durch die Halle, als wäre sie von Fackeln erleuchtet.

Hierher kamen die Tapfern, die auf Erden ihren Kampfwunden erlegen waren, hierher und in den Saal Wingolf, die Halle der Göttinnen. Und sie wurden von den Göttern, die sie mit offenen Armen empfingen, die »Einherier« genannt, die »göttlichen Streiter«.

Allvater selber wählte sie aus, die auf der Walstatt fielen. Walvater hieß er darum, und Walsöhne, Wunschsöhne, die er nach Walhall berief. Oft rief er sie selber, wenn er auf seinem Hengste Sleipnir, den goldblitzenden Flügelhelm auf dem Haupt und den Todesspeer Gungnir in der Faust, über die ringenden Heere brauste. Kein herrlicheres Männerlos, als Wodans Ruf nach Walhall teilhaftig zu werden! Oft auch, wenn andere und dringendere Verrichtungen ihn hinderten, sandte Wodan seine Saaltöchter aus, seine Schildmädchen und Wunschmädchen, die Walküren, Sieg und Tod zu verleihen und die Auserwählten nach Walhall zu rufen.

Auf stürmenden Wolkenrossen jagen sie dahin, den jungfräulichen Leib von schimmernder Brünne umpanzert, den leuchtenden Helm in das goldrot flatternde Haar gedrückt, den Schild am Armgelenk, den flammenden Speer wurfgerecht in der Faust. Überirdisch schön und die Sehnsucht der Helden, die nach ihnen verlangen, das Wunschziel der irdischen Frauen, die in Helm und Harnisch den Männern folgen in die Schlacht oder auf wilde Wikingsfahrt.

In der heiligen Dreizahl stürmen die Walküren dahin, zu dritt oder zu zweimal Drei, dreimal Drei oder zu Zwölf. Sie entscheiden die Schlachten, ihr Speer bringt den Tod, aber neue Wonnen bringt er mit dem Tod – den Ruf nach Walhall. Wunschlos und nach des Schicksals Vorschrift müssen die Walküren entscheiden. Jungfräulich müssen sie sein und dürfen niemanden angehören als den Helden in Walhall, den Einheriern. Wer sich von den Schildmädchen gegen Wodans Gebot vergeht, wird in Schlaf versenkt oder verbannt. –

Mehr als bisher sah man in diesen Zeiten, da Wodan als Wanderer die Welt durchzog und bei Königen und Kriegern nach Helden forschte, die Walküren reiten. Denn mehr als bisher herrschte auf Erden der Krieg, verlangten die Männer, die die höchsten Mannesehren ersehnten, nach Walhall, horchten sie auf den Schrei der Walküren, auf den sausenden Speer, der sie entbot. Dann machten sich die Geister der Gefallenen auf den Weg, durchwateten einen reißenden Strom und pochten an die heilige Totenpforte Walgrind, die Eingangspforte zu Walhall. Von Walküren geleitet, traten sie in den Saal, vom jubelnden Zuruf der versammelten Einherier umbraust, von den Göttern gerühmt und bewillkommnet. Selig saßen sie nieder auf den Bänken und nahmen aus den Händen der Schildmädchen den schäumenden Humpen Met, der aus dem Euter der Ziege Heidrun auf Walhalls gewölbtem Dache floß, ohne je zu versiegen, oder den saftigen Braten vom Eber Sanhrimnir, der sich täglich erneuerte. War Wodan in Asgard, so thronte er unter ihnen, doch aß er nicht und gab das Fleisch seinen Jagdwölfen. Nur dem Wein sprach er zu, der göttlichsten aller Gaben.

Frühmorgens ritten die Einherier hinaus auf die Wiesen zum Kampfspiel. Da pfiffen die Klingen, da sausten die Speere, da wurde mancher Schild zerbeult und aus manchem Helm Funken geschlagen. Purpurne Wunden gab es und Heldentod, aber wenn der Abend nahte und das Göttermahl, sprangen Tote und Verwundete heil und gesund wieder auf die Füße, schüttelten sich strahlend die Hände und saßen Schulter an Schulter auf der Zecherbank. Die Wunschmädchen reichten ihnen den Trunk, lehnten sich an sie und horchten ihren brausenden Gesängen. Dann sang auch Bragi, der Dichtergott, und er sang den Ruhm der Einherier, daß aller Augen leuchteten und der Wunschmädchen Hände ihre Häupter liebkosten.

Eine Seligkeit war es, in Walhall zu hausen, und die Sehnsucht aller Männer. Wodan aber sorgte wohl, daß sein Heerbann wuchs. Wodan, der Walvater und Allvater. Er sorgte für den letzten Kampf.

Immer kriegerischer wurde der Sinn der Völker. Auf weiten Wikingfahrten fuhren sie über die See, sie kämpften an Land, wo ein Schlachtfeld sich bot. Schutzgeister schuf Wodan seinen Lieblingen, die ihnen vor sehenden Augen erschienen, ihnen rieten und sie schirmten. Das waren die Fylgien, die Seelenfrauen. Aber auch Wolfsgestalt und Bärengestalt verlieh er oft den Kämpfern, daß sie wie wild und besessen in die Feinde stürmten und alles niederrissen. Werwölfe nannte man die Wolfshäutigen und Berserker die Bärenhäutigen, die aus- und einfuhren in Tier- und Menschengestalt und dem Schlachtengott Scharen von Einheriern zuführten. Wie Wodan sie liebte! – – –

Wieder und wieder mußten die Walküren reiten, wenn Wodan von den Nornen oder von Mimirs Brunnen kam. Oft auch eilten sie frei und ohne Geheiß hinaus, lagerten die Nacht vor der Schlacht in einer Hütte auf der Walstatt und woben aus Schwertern und Speeren heimlich das Schicksalsgewebe für Heerkönige und Krieger. Dann rauschte ihr dunkles Lied wie suchender Sturm durch die Nacht:

»Mit Schwertern schlagen wir dies Siegesgewebe. Wir kamen zu weben mit gezogenen Schwertern. Schaft wird zerkrachen, Schild wird zerbersten, die Axt in die Rüstung dringen. Winden wir, winden wir das Gewebe des Speeres! Folgen wir dem König, dem siegreichen Helden! Blutige Schilde wird man sehen. Winden wir, winden wir das Gewebe des Speeres. Voran wollen wir gehen und in die Schlachtreihe schreiten, wo unsere Freunde die Waffen kreuzen. Winden wir, winden wir das Gewebe des Speeres, wo die Fahnen kämpfender Männer wehen! Nicht lassen wir zu, daß ihr Leben vergehe. Die Walküren haben des Kampfes Kür. Die Freunde sollen siegen und die Feinde unterliegen. Das Gewebe ist gewoben, das Feld gerötet. Schrecklich zu sehen, ziehen blutige Wolken am Himmel. So singen dem König wir Siegeslieder und reiten auf schnaubenden Hengsten, die Schwerter gezogen, fort von hier.«

Wie Blitz und Wetterleuchten über der tobenden Männerschlacht, so jagten sie auf ihren Wolkenrossen, Flammen auf den Spitzen ihrer Speere, über die Reihen der Kämpfer hin, hemmten den Anlauf der Feinde, verwirrten seine Linien, fesselten die Gefangenen, befreiten die Freunde und warfen den, dem sie das Schicksal gewoben, durchbohrt vom Roß.

Krieg war entbrannt zwischen den Königen Hialmgunnar und Agnar. Der alte König Hialmgunnar, ein fester Degen, bat Wodan um Gunst und Sieg und versprach ihm ein blutig Schlachtfeld. Da lachte Wodan das Herz im Leibe, und er sagte ihm Sieg und Leben zu. Seine Wunschmädchen rief er herbei und hieß sie reiten für König Hialmgunnar, den Alten, und befahl Brynhild, der Walküren Führerin, den Agnar zu fällen und sein Heer in die Flucht zu jagen.

»Sie richtete die Lanze hoch auf und jagte an ihm vorbei.«

Jubelnd stürmten die kampffrohen Walküren von dannen und suchten die Walstatt auf. Hart rang der jugendblonde Agnar gegen den wütigen Greis. Schlachtrufe schreiend, warfen sich die Walküren auf des jungen Königs Heer und jagten es in Verwirrung. Nun hatte Brynhild ihr Opfer erreicht. Einsam kämpfte der Jüngling mit dem Mute der Verzweiflung, von den Menschen verlassen, von den Göttern aufgegeben und von nicht einer der Schildjungfrauen beschirmt. Schon hob Brynhild den todbringenden Speer. Da gewahrte der junge König sie mit hellseherischem Blick, mit dem man den nahenden Tod erschaut, und des Jünglings Augen brannten mit der heißen Liebe am Leben in den staunenden Augen der Jungfrau Wodans. Ein Ruck ging durch den Mädchenkörper der Reiterin. Sie richtete die Lanze hoch auf und jagte an ihm vorbei.

»Was tust du?« wirbelte es ihr durch das Hirn. »Du handelst wider Wodans Gebot!«

Sie riß den Hengst herum und fällte den Speer zum zweiten Male. Aber Agnar blickte sie an in heller Bewunderung und dachte nicht mehr an sein bedrohtes Leben. Da jagte sie zum zweiten Male an ihm vorüber und vergaß Wodans Gebot über den begeisterten Jünglingsaugen.

Zum dritten und letzten Male hetzte sie den Hengst zum Ansprung.

»Er ist so jung, so schön,« murmelten ihre Lippen, »und Hialmgunnar ist alt und greis und hat das Leben gelebt. O Agnar, wie ich dein junges Leben liebe.« –

Und plötzlich tat sie einen Schrei, der wild über die Walstatt gellte, stürmte zwischen die kämpfenden Könige und stieß dem alten König Hialmgunnar den Todesspeer mitten durch die Halsbrünne.

Die Königsleiche lag auf dem Feld. Als Sieger jagte Agnar die Feinde von dannen. –

Staunend fuhr Wodan von seinem Hochsitz. Mit einem Blicke sah er, was geschehen war. Er rief nach seinem Rosse Sleipnir und jagte wie der Sturm zur Erde nieder. Dort fand er Brynhild traurig an den Speer gelehnt.

»Leg dein Walkürenkleid ab, unbotmäßig Mädchen,« rief er ihr zornig zu und sprang vom Rosse. »Was will dein töricht Mädchenherz dreinreden, wenn es sich um Allvaters unerforschliche Wege handelt? Walküre bist du gewesen für Zeit und Ewigkeit. Den Rausch des Schlachtenglücks, die seligen Wonnen Walhalls nehme ich von dir und gebe dir dafür, was du gewollt: das bißchen Menschenglück und das bißchen Liebeswonne. Vermählen soll sich dein jungfräulicher Leib einem irdischen Mann! Ich stoße dich aus!«

»Allvater!« bat Brynhild mit zuckenden Lippen.

»Du warst mein Lieblingsmädchen unter allen meinen Wunschtöchtern,« sprach Wodan leise. »Dennoch – ich kann dich nicht schirmen gegen mein eigenes Wort. Beuge dich zu mir. Ich will in barmherzigen Schlaf dich senken.«

»Allvater,« flehte Brynhild, »laß kein anderer mich als Gemahl berühren denn ein furchtloser Held.«

Stumm nickte ihr Wodan Gewähr. Und sie beugte sich zu ihm, und er stach sie mit seinem Schlafdorn in die Schläfe, daß sie schlummernd zu seinen Füßen hinsank. Wodan aber gedachte seines Versprechens vom furchtlosen Helden und zog eine wabernde Lohe rings um den Platz, auf dem Brynhild schlummernd lag. Nur ein Held, der das Fürchten nicht kannte und das Sterben verlachte, würde die Flamme durchreiten. Und sinnend und forschend ritt Wodan heim nach Walhall. –

Wieder flogen Walküren aus, und sie kamen an eine Bucht und legten ihre Schwanengewänder ab, um zu baden. Im Laube versteckt aber saß Wölund, der kunstreiche Schmied, den sie auch Wieland nannten, mit seinen Brüdern, und sie nahmen den Jungfrauen heimlich die Gewänder weg und zwangen sie so in ihren Dienst. Neun Jahre lehrten die Himmelsmädchen die Brüder alle Geheimnisse, bis sie die verborgenen Gewänder wiederfanden und sich im Schwanenkleid auf und gen Asgard schwangen. Wieland aber wurde tiefsinnig aus Liebe nach dem entschwundenen Himmelsglück, und die Gemeinschaft der Menschen war ihm unerträglich. Als sein Feind, der König Nidung, ihn durch List gefangengenommen und ihm die Sehnen an den Füßen durchschnitten hatte, damit er nicht entfliehen könne und ihm Schwerter und Kostbarkeiten schmieden müsse, soviel er begehre, fertigte Wieland nach dem Schwanengewand seiner entschwundenen Liebe, dessen Geheimnisse er wieder und wieder durchforscht hatte, in jahrelanger Arbeit ein Flügelkleid für sich selbst, spannte es um seinen zermarterten Körper und flog mit glühendem Geist gen Himmel. So gewaltig wirkte der Walküre Zauber auf den nach dem Höchsten strebenden Mann. –

Wieder aber flogen Walküren aus und trafen auf einen jungen Königssohn, den die Stiefmutter Knechtesdienste verrichten und bei Nacht die Herden hüten ließ, damit er blöde würde und dem Thron ungefährlich. Svanhvit war die Führerin, und als sie mit ihren Gefährtinnen auf das Feld kam, sahen sie in der Ferne Unholde und Gespenster gegen den einsamen Knaben reiten. Der aber weidete ruhig seine Herden. »Verberge dich,« rief sie ihm zu, »die Nachtmare kommen über dich!«

Der Königsknabe hob lächelnd die Augen zu der eifrigen Warnerin.

»Soll ich mich etwa fürchten, wunderbare Jungfrau?«

»Ich bin's, die für dich fürchtet, du Lieber,« rief die Walküre, gerührt von so viel Knabenreinheit, »und ich leihe dir mein eigenes Schwert, damit du um dich schlagen kannst. Ich aber will dir zusehen und mich an dir freuen.«

Strahlend nahm der Schäfer das Schwert und wog es in den Händen. Die Blödigkeit des Hirten schwand aus seinen Mienen, das Königsblut schoß ihm ins Gesicht. Mitten auf dem Weg, den die Unholde kamen, stand er und schwang lachend das Schwert und schlug um sich die ganze Nacht, bis beim Morgengrauen das letzte Nachtgespenst zur Strecke gebracht war. Und er zog weiter und warf sich zum rechtmäßigen König auf, und Svanhvit stand ihm zur Seite und weckte alle seine Heldenkräfte, bis er den Thron gewann. Da legte die in Liebe entbrannte Walküre freiwillig das Flügelkleid ab und blieb bei ihm als seine Königin.

Wodan saß auf seinem Hochsitz, und seine Raben hatten ihm alles zugetragen. Er nickte nur vor sich hin. –

Und wieder flogen Walküren aus, stürmten auf schnaubenden Hengsten zur Erde hinab, in den Männerkampf, brausten im Schwanengefieder zu Häupten ihrer Helden. Schwerter sangen und Gere klangen allüberall. Denn Helgi, der Haddingenheld, focht in vielen Schlachten wider König Hromund.

Kara, die hellschimmernde Wunschmaid, führte die Schwestern. Aber als sie den Haddingenheld zum ersten Male fechten gesehen hatte in seiner Kühnheit und Wildheit, verlor sie ihr Herz an den stürmischen Mann und schenkte sich ihm als Geliebte.

Anderen Tages tobte die Entscheidungsschlacht.

Glückseligen Gesichtes schwang Helgi, der Haddingenheld, sein Schwert, und wo es in die Brünnen biß, da biß der Tod. Heißen Herzens schlug Helgi in den Feind, denn er dachte an Kara, die ihn umhalsen würde nach des Tages Blutarbeit. Wie sie ihn in der Nacht umhalst hatte.

Über seinem Haupte vernahm er ein Rauschen und ein wunderbares Singen und Klingen. Über seinem Haupte flog die Walküre Kara und hielt vor Helgi den Schild, daß kein Schwert ihn schneiden, kein Speer ihn ritzen, keine Axt ihn zerspalten konnte. Und aus Karas Munde drang ein Lied, ein wildes, seliges Zauberlied, daß den Feinden die Arme sanken, und sie wie in Fesseln lauschen mußten. Über das feindliche Heer hin brausten die Zauberweisen, und hinter ihnen drein stürmte Helgi, der glückselige Mann, und schwang das Schwert und mähte die Gebannten nieder.

Wodan saß auf seinem Hochsitz und lächelte. Jetzt streckte er die Hand. Da hob Helgi das Schwert, um einem riesenhaften Feind das Haupt vor die Füße zu werfen, und schwang das Schwert zu hoch. Ein Schwanenschrei gellte durch die Luft. Das Zauberlied war verstummt.

Vor Helgis Füße sank im zerfetzten Fluggewand die Walküre. Im Jauchzen des Kampfes hatte der Held der Schildmaid nicht acht gehabt und die Geliebte ins Herz getroffen.

Tot war sein Liebesglück, zu Ende sein Schlachtenglück.

Noch immer lächelte Wodan sein seltsames Lächeln. Dann erhob er sich, hieß den Helden nach Walhall entbieten und Kara seine Wegweiserin sein.

Im Goldhelm und blauen Königsmantel empfing er den gewaltigen Recken.

»Auf daß du auch in Walhall ein so fröhlicher Kämpe seist, wie auf der Walstatt auf Erden, geb ich dir die Hellschimmernde zur Schenkin,« sprach er und wies ihm seinen Platz unter den besten der Einherier.

Da lachte Helgi, der Haddingenheld, daß es durch alle Hausungen der Götter schallte, und führte sein Mädchen stolz an die Tafel der Zecher, die dem Paare donnernden Heilgruß entboten.

Wodan aber hatte eines Helden Seele an sich geschmiedet für alle Ewigkeit.

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