Man hat nach transscendentalen Principien guten Grund, eine subjective Zweckmäßigkeit der Natur in ihren besondern Gesetzen zu der Faßlichkeit für die menschliche Urtheilskraft und der Möglichkeit der Verknüpfung 5 der besondern Erfahrungen in ein System derselben anzunehmen; wo dann unter den vielen Producten derselben auch solche als möglich erwartet werden können, die, als ob sie ganz eigentlich für unsere Urtheilskraft angelegt wären, solche specifische ihr angemessene Formen enthalten, welche durch ihre Mannigfaltigkeit und Einheit die Gemüthskräfte (die im Gebrauche 10 dieses Vermögens im Spiele sind) gleichsam zu stärken und zu unterhalten dienen, und denen man daher den Namen schöner Formen beilegt.
Daß aber Dinge der Natur einander als Mittel zu Zwecken dienen, und ihre Möglichkeit selbst nur durch diese Art von Causalität hinreichend 15 verständlich sei, dazu haben wir gar keinen Grund in der allgemeinen Idee der Natur, als Inbegriffs der Gegenstände der Sinne. Denn im obigen 268 Falle konnte die Vorstellung der Dinge, weil sie etwas in uns ist, als zu der innerlich zweckmäßigen Stimmung unserer Erkenntnißvermögen geschickt und tauglich, ganz wohl auch a priori gedacht werden; wie aber 20 Zwecke, die nicht die unsrigen sind, und die auch der Natur (welche wir nicht als intelligentes Wesen annehmen) nicht zukommen, doch eine besondere Art der Causalität, wenigstens eine ganz eigne Gesetzmäßigkeit derselben ausmachen können oder sollen, läßt sich a priori gar nicht mit einigem Grunde präsumiren. Was aber noch mehr ist, so kann uns selbst 25 die Erfahrung die Wirklichkeit derselben nicht beweisen; es müßte denn eine Vernünftelei vorhergegangen sein, die nur den Begriff des Zwecks in die Natur der Dinge hineinspielt, aber ihn nicht von den Objecten und ihrer Erfahrungserkenntniß hernimmt, denselben also mehr braucht, die Natur nach der Analogie mit einem subjectiven Grunde der Verknüpfung der Vorstellungen in uns begreiflich zu machen, als sie aus objectiven Gründen zu erkennen. 5
Überdem ist die objective Zweckmäßigkeit, als Princip der Möglichkeit der Dinge der Natur, so weit davon entfernt, mit dem Begriffe derselben nothwendig zusammenzuhängen: daß sie vielmehr gerade das ist, worauf man sich vorzüglich beruft, um die Zufälligkeit derselben (der Natur) und ihrer Form daraus zu beweisen. Denn wenn man z. B. den 10 Bau eines Vogels, die Höhlung in seinen Knochen, die Lage seiner Flügel 269 zur Bewegung und des Schwanzes zum Steuern u. s. w. anführt: so sagt man, daß dieses alles nach dem bloßen nexus effectivus in der Natur, ohne noch eine besondere Art der Causalität, nämlich die der Zwecke (nexus finalis), zu Hülfe zu nehmen, im höchsten Grade zufällig sei; d. i. daß sich 15 die Natur, als bloßer Mechanism betrachtet, auf tausendfache Art habe anders bilden können, ohne gerade auf die Einheit nach einem solchen Princip zu stoßen, und man also außer dem Begriffe der Natur, nicht in demselben den mindesten Grund dazu a priori allein anzutreffen hoffen dürfe. 20
Gleichwohl wird die teleologische Beurtheilung, wenigstens problematisch, mit Recht zur Naturforschung gezogen; aber nur um sie nach der Analogie mit der Causalität nach Zwecken unter Principien der Beobachtung und Nachforschung zu bringen, ohne sich anzumaßen sie darnach zu erklären. Sie gehört also zur reflectirenden, nicht der bestimmenden 25 Urtheilskraft. Der Begriff von Verbindungen und Formen der Natur nach Zwecken ist doch wenigstens ein Princip mehr, die Erscheinungen derselben unter Regeln zu bringen, wo die Gesetze der Causalität nach dem bloßen Mechanism derselben nicht zulangen. Denn wir führen einen teleologischen Grund an, wo wir einem Begriffe vom Objecte, als ob er 30 in der Natur (nicht in uns) befindlich wäre, Causalität in Ansehung eines Objects zueignen, oder vielmehr nach der Analogie einer solchen Causalität 270 (dergleichen wir in uns antreffen) uns die Möglichkeit des Gegenstandes vorstellen, mithin die Natur als durch eignes Vermögen technisch denken; wogegen, wenn wir ihr nicht eine solche Wirkungsart beilegen, ihre Causalität 35 als blinder Mechanism vorgestellt werden müßte. Würden wir dagegen der Natur absichtlich-wirkende Ursachen unterlegen, mithin der Teleologie nicht bloß ein regulatives Princip für die bloße Beurtheilung der Erscheinungen, denen die Natur nach ihren besondern Gesetzen als unterworfen gedacht werden könne, sondern dadurch auch ein constitutives Princip der Ableitung ihrer Producte von ihren Ursachen zum Grunde legen: so würde der Begriff eines Naturzwecks nicht mehr für die 5 reflectirende, sondern die bestimmende Urtheilskraft gehören; alsdann aber in der That gar nicht der Urtheilskraft eigenthümlich angehören (wie der Begriff der Schönheit als formaler subjectiver Zweckmäßigkeit), sondern als Vernunftbegriff eine neue Causalität in der Naturwissenschaft einführen, die wir doch nur von uns selbst entlehnen und andern Wesen beilegen, 10 ohne sie gleichwohl mit uns als gleichartig annehmen zu wollen.