KAPITEL IX. Der Krieg gegen Antiochos von Asien

In dem Reiche Asien trug das Diadem der Seleukiden seit dem Jahre 531 (223) der Koenig Antiochos der Dritte, der Urenkel des Begruenders der Dynastie. Auch er war gleich Philippos mit neunzehn Jahren zur Regierung gekommen und hatte Taetigkeit und Unternehmungsgeist genug namentlich in seinen ersten Feldzuegen im Osten entwickelt, um ohne allzu arge Laecherlichkeit im Hofstil der Grosse zu heissen. Mehr indes durch die Schlaffheit seiner Gegner, namentlich des aegyptischen Philopator, als durch seine eigene Tuechtigkeit war es ihm gelungen, die Integritaet der Monarchie einigermassen wiederherzustellen und zuerst die oestlichen Satrapien Medien und Parthyene, dann auch den von Achaeos diesseits des Tauros in Kleinasien begruendeten Sonderstaat wieder mit der Krone zu vereinigen. Ein erster Versuch, das schmerzlich entbehrte syrische Kuestenland den Aegyptern zu entreissen, war im Jahre der Trasimenischen Schlacht von Philopator bei Raphia blutig zurueckgewiesen worden, und Antiochos hatte sich wohl gehuetet, mit Aegypten den Streit wieder aufzunehmen, solange dort ein Mann, wenn auch ein schlaffer, auf dem Thron sass. Aber nach Philopators Tode (549 205) schien der rechte Augenblick gekommen, mit Aegypten ein Ende zu machen; Antiochos verband sich zu diesem Zweck mit Philippos und hatte sich auf Koilesyrien geworfen, waehrend dieser die kleinasiatischen Staedte angriff. Als die Roemer hier intervenierten, schien es einen Augenblick, als werde Antiochos gegen sie mit Philippos gemeinschaftliche Sache machen, wie die Lage der Dinge und der Buendnisvertrag es mit sich brachten. Allein nicht weitsichtig genug, um ueberhaupt die Einmischung der Roemer in die Angelegenheiten des Ostens sofort mit aller Energie zurueckzuweisen, glaubte Antiochos seinen Vorteil am besten zu wahren, wenn er Philippos’ leicht vorauszusehende Ueberwaeltigung durch die Roemer dazu nutzte, um das Aegyptische Reich, das er mit Philippos hatte teilen wollen, nun fuer sich allein zu gewinnen. Trotz der engen Beziehungen Roms zu dem alexandrinischen Hof und dem koeniglichen Muendel hatte doch der Senat keineswegs die Absicht, wirklich, wie er sich nannte, dessen “Beschuetzer” zu sein; fest entschlossen, sich um die asiatischen Angelegenheiten nicht anders als im aeussersten Notfall zu bekuemmern und den Kreis der roemischen Macht mit den Saeulen des Herakles und dem Hellespont zu begrenzen, liess er den Grosskoenig machen. Mit der Eroberung des eigentlichen Aegypten, die leichter gesagt als getan war, mochte es freilich diesem selbst nicht recht ernst sein; dagegen ging er daran, die auswaertigen Besitzungen Aegyptens eine nach der andern zu unterwerfen und griff zunaechst die kilikischen sowie die syrischen und palaestinensischen an. Der grosse Sieg, den er im Jahre 556 (198) am Berge Panion bei den Jordanquellen ueber den aegyptischen Feldherrn Skopas erfocht, gab ihm nicht bloss den vollstaendigen Besitz dieses Gebiets bis an die Grenze des eigentlichen Aegypten, sondern schreckte die aegyptischen Vormuender des jungen Koenigs so sehr, dass dieselben, um Antiochos vom Einruecken in Aegypten abzuhalten, sich zum Frieden bequemten und durch das Verloebnis ihres Muendels mit der Tochter des Antiochos, Kleopatra, den Frieden besiegelten. Nachdem also das naechste Ziel erreicht war, ging Antiochos in dem folgenden Jahr, dem der Schlacht von Kynoskephalae, mit einer starken Flotte von 100 Deck- und 100 offenen Schiffen nach Kleinasien, um die ehemals aegyptischen Besitzungen an der Sued- und Westkueste Kleinasiens in Besitz zu nehmen - wahrscheinlich hatte die aegyptische Regierung diese Distrikte, die faktisch in Philippos’ Haenden waren, im Frieden an Antiochos abgetreten und ueberhaupt auf die saemtlichen auswaertigen Besitzungen zu dessen Gunsten verzichtet - und um ueberhaupt die kleinasiatischen Griechen wieder zum Reiche zu bringen. Zugleich sammelte sich ein starkes syrisches Landheer in Sardes.

Dieses Beginnen war mittelbar gegen die Roemer gerichtet, welche von Anfang an Philippos die Bedingung gestellt hatten, seine Besatzungen aus Kleinasien wegzuziehen und den Rhodiern und Pergamenern ihr Gebiet, den Freistaedten die bisherige Verfassung ungekraenkt zu lassen, und nun an Philippos’ Stelle sich Antiochos derselben bemaechtigen sehen mussten. Unmittelbar aber sahen sich Attalos und die Rhodier jetzt von Antiochos durchaus mit derselben Gefahr bedroht, die sie wenige Jahre zuvor zum Kriege gegen Philippos getrieben hatte; und natuerlich suchten sie die Roemer in diesen Krieg ebenso wie in den eben beendigten zu verwickeln. Schon 555/56 (199/98) hatte Attalos von den Roemern militaerische Hilfe begehrt gegen Antiochos, der sein Gebiet besetzt habe, waehrend Attalos’ Truppen in dem roemischen Kriege beschaeftigt seien. Die energischeren Rhodier erklaerten sogar dem Koenig Antiochos, als im Fruehjahr 557 (197) dessen Flotte an der kleinasiatischen Kueste hinauf segelte, dass sie die Ueberschreitung der Chelidonischen Inseln (an der lykischen Kueste) als Kriegserklaerung betrachten wuerden, und als Antiochos sich hieran nicht kehrte, hatten sie, ermutigt durch die eben eintreffende Kunde von der Schlacht bei Kynoskephalae, sofort den Krieg begonnen und die wichtigsten karischen Staedte Kaunos, Halikarnassos, Myndos, ferner die Insel Samos in der Tat vor dem Koenig geschuetzt. Auch von den halbfreien Staedten hatten zwar die meisten sich demselben gefuegt, allein einige derselben, namentlich die wichtigen Staedte Smyrna, Alexandreia, Trogs und Lampsakos hatten auf die Kunde von der Ueberwaeltigung Philipps gleichfalls Mut bekommen, sich dem Syrer zu widersetzen, und ihre dringenden Bitten vereinigten sich mit denen der Rhodier. Es ist nicht zu bezweifeln, dass Antiochos, soweit er ueberhaupt faehig war, einen Entschluss zu fassen und festzuhalten, schon jetzt es bei sich festgestellt hatte, nicht bloss die aegyptischen Besitzungen in Asien an sich zu bringen, sondern auch in Europa fuer sich zu erobern und einen Krieg deswegen mit Rom wo nicht zu suchen, doch es darauf ankommen zu lassen. Die Roemer hatten insofern alle Ursache, jenem Ansuchen ihrer Bundesgenossen zu willfahren und in Asien unmittelbar zu intervenieren; aber sie bezeigten sich dazu wenig geneigt. Nicht bloss zauderte man, solange der Makedonische Krieg waehrte, und gab dem Attalos nichts als den Schutz diplomatischer Verwendung, die uebrigens zunaechst sich wirksam erwies; sondern auch nach dem Siege sprach man wohl es aus, dass die Staedte, die Ptolemaeos und Philippos in Haenden gehabt, nicht von Antiochos sollten in Besitz genommen werden, und die Freiheit der asiatischen Staedte Myrina, Abydos, Lampsakos ^1, Kios figurierte in den roemischen Aktenstuecken, allein man tat nicht das Geringste, um sie durchzusetzen und liess es geschehen, dass Koenig Antiochos die gute Gelegenheit des Abzugs der makedonischen Besatzungen aus denselben benutzte, um die seinigen hineinzulegen. Ja man ging so weit, sich selbst dessen Landung in Europa im Fruehjahr 557 (197) und sein Einruecken in den Thrakischen Chersonesos gefallen zu lassen, wo er Sestos und Madytos in Besitz nahm und laengere Zeit verwandte auf die Zuechtigung der thrakischen Barbaren und die Wiederherstellung des zerstoerten Lysimacheia, das er zu seinem Hauptwaffenplatz und zur Hauptstadt der neugegruendeten Satrapie Thrakien ausersehen hatte. Flamininus, in dessen Haenden die Leitung dieser Angelegenheiten sich befand, schickte wohl nach Lysimacheia an den Koenig Gesandte, die von der Integritaet des aegyptischen Gebiets und von der Freiheit der saemtlichen Hellenen redeten; allein es kam dabei nichts heraus. Der Koenig redete wiederum von seinen unzweifelhaften Rechtstiteln auf das alte, von seinem Ahnherrn Seleukos eroberte Reich des Lysimachos, setzte auseinander, dass er nicht beschaeftigt sei, Land zu erobern, sondern einzig die Integritaet seines angestammten Gebiets zu wahren, und lehnte die roemische Vermittlung in seinen Streitigkeiten mit den ihm untertaenigen Staedten in Kleinasien ab. Mit Recht konnte er hinzufuegen, dass mit Aegypten bereits Friede geschlossen sei und es den Roemern insofern an einem formellen Grund fehle zu intervenieren ^2. Die ploetzliche Heimkehr des Koenigs nach Asien, veranlasst durch die falsche Nachricht von dem Tode des jungen Koenigs von Aegypten und die dadurch hervorgerufenen Projekte einer Landung auf Kypros oder gar in Alexandreia, beendigte die Konferenzen, ohne dass man auch nur zu einem Abschluss, geschweige denn zu einem Resultat gekommen waere. Das folgende Jahr 559 (195) kam Antiochos wieder nach Lysimacheia mit verstaerkter Flotte und Armee und beschaeftigte sich mit der Einrichtung der neuen Satrapie, die er seinem Sohne Seleukos bestimmte; in Ephesos kam Hannibal zu ihm, der von Karthago hatte landfluechtig werden muessen, und der ungemein ehrenvolle Empfang, der ihm zuteil ward, war so gut wie eine Kriegserklaerung gegen Rom. Nichtsdestoweniger zog noch im Fruehjahr 560 (194) Flamininus saemtliche roemische Besatzungen aus Griechenland heraus. Es war dies unter den obwaltenden Verhaeltnissen wenigstens eine arge Verkehrtheit, wenn nicht ein straefliches Handeln wider das eigene bessere Wissen; denn der Gedanke laesst sich nicht abweisen, dass Flamininus, um nur den Ruhm des gaenzlich beendigten Krieges und des befreiten Hellas ungeschmaelert heimzubringen, sich begnuegte, das glimmende Feuer des Aufstandes und des Krieges vorlaeufig oberflaechlich zu verschuetten. Der roemische Staatsmann mochte vielleicht recht haben, wenn er jeden Versuch, Griechenland unmittelbar in roemische Botmaessigkeit zu bringen und jede Intervention der Roemer in die asiatischen Angelegenheiten fuer einen politischen Fehler erklaerte; aber die gaerende Opposition in Griechenland, der schwaechliche Uebermut des Asiaten, das Verweilen des erbitterten Roemerfeindes, der schon den Westen gegen Rom in Waffen gebracht hatte, im syrischen Hauptquartier, alles dies waren deutliche Anzeichen des Herannahens einer neuen Schilderhebung des hellenischen Ostens, deren Ziel mindestens sein musste, Griechenland aus der roemischen Klientel in die der antiroemisch gesinnten Staaten zu bringen und, wenn dies erreicht worden waere, sofort sich weiter gesteckt haben wuerde. Es ist einleuchtend, dass Rom dies nicht geschehen lassen konnte. Indem Flamininus, all jene sicheren Kriegsanzeichen ignorierend, aus Griechenland die Besatzungen wegzog und gleichzeitig dennoch an den Koenig von Asien Forderungen stellte, fuer die marschieren zu lassen er nicht gesonnen war, tat er in Worten zu viel, was in Taten zu wenig und vergass seiner Feldherrn- und Buergerpflicht ueber der eigenen Eitelkeit, die Rom den Frieden und den Griechen in beiden Weltteilen die Freiheit geschenkt zu haben wuenschte und waehnte.

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^1 Nach einem kuerzlich aufgefundenen Dekret der Stadt Lampsakos (AM 6, 1891, S. 95) schickten die Lampsakener nach der Niederlage Philipps Gesandte an den roemischen Senat mit der Bitte, dass die Stadt in den zwischen Rom und dem Koenig (Philippos) abgeschlossenen Vertrag mit einbezogen werden moege (όπως συμπεριληφθώμεν [εν ταίς συνθήκαις] ταίς γενομέναις Ρωμαίοις πρός τόν [βασιλέα]), welche der Senat, wenigstens nach der Auffassung der Bittsteller, denselben gewaehrte und sie im uebrigen an Flamininus und die zehn Gesandten wies. Von diesem erbitten dann dieselben in Korinth Garantie ihrer Verfassung und Briefe an die Koenige. Flamininus gibt ihnen auch dergleichen Schreiben; ueber den Inhalt erfahren wir nichts Genaueres, als dass in dem Dekret die Gesandtschaft als erfolgreich bezeichnet wird. Aber wenn der Senat und Flamininus die Autonomie und Demokratie der Lampsakener formell und positiv garantiert haetten, wuerde das Dekret schwerlich so ausfuehrlich bei den hoeflichen Antworten verweilen, welche die unterwegs um Verwendung bei dem Senat angesprochenen roemischen Befehlshaber den Gesandten erteilten.

Bemerkenswert ist in dieser Urkunde noch die gewiss auf die troische Legende zurueckgehende “Bruederschaft” der Lampsakener und der Roemer und die von jenen mit Erfolg angerufene Vermittlung der Bundesgenossen und Freunde Roms, der Massalioten, welche mit den Lampsakenern durch die gemeinsame Mutterstadt Phokaea verbunden waren.

^2 Das bestimmte Zeugnis des Hieronymos, welcher das Verloebnis der syrischen Kleopatra mit Ptolemaeos Epiphanes in das Jahr 556 (198) setzt, in Verbindung mit den Andeutungen bei Livius (33, 40) und Appian (Syr. 3) und mit dem wirklichen Vollzug der Vermaehlung im Jahre 561 (193) setzen es ausser Zweifel dass die Einmischung der Roemer in die aegyptischen Angelegenheiten in diesem Fall eine formell unberufene war.

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Antiochos nuetzte die unerwartete Frist, um im Innern und mit seinen Nachbarn die Verhaeltnisse zu befestigen, bevor er den Krieg beginnen wuerde, zu dem er seinerseits entschlossen war und immer mehr es ward, je mehr der Feind zu zoegern schien. Er vermaehlte jetzt (561 193) dem jungen Koenig von Aegypten dessen Verlobte, seine Tochter Kleopatra; dass er zugleich seinem Schwiegersohn die Rueckgabe der ihm entrissenen Provinzen versprochen habe, ward zwar spaeter aegyptischerseits behauptet, allein wahrscheinlich mit Unrecht, und jedenfalls blieb faktisch das Land bei dem Syrischen Reiche ^3. Er bot dem Eumenes, der im Jahre 557 (197) seinem Vater Attalos auf dem Thron von Pergamon gefolgt war, die Zurueckgabe der ihm abgenommenen Staedte und gleichfalls eine seiner Toechter zur Gemahlin, wenn er von dem roemischen Buendnis lassen wolle. Ebenso vermaehlte er eine Tochter dem Koenig Ariarathes von Kappadokien und gewann die Galater durch Geschenke, waehrend er die stets aufruehrerischen Pisidier und andere kleine Voelkerschaften mit den Waffen bezwang. Den Byzantiern wurden ausgedehnte Privilegien bewilligt; in Hinsicht der kleinasiatischen Staedte erklaerte der Koenig, dass er die Unabhaengigkeit der alten Freistaedte wie Rhodos und Kyzikos, zugestehen und hinsichtlich der uebrigen sich begnuegen wolle mit einer bloss formellen Anerkennung seiner landesherrlichen Gewalt; er gab sogar zu verstehen, dass er bereit sei, sich dem Schiedsspruch der Rhodier zu unterwerfen. Im europaeischen Griechenland war er der Aetoler gewiss und hoffte auch Philippos wieder unter die Waffen zu bringen. Ja es erhielt ein Plan Hannibals die koenigliche Genehmigung, wonach dieser von Antiochos eine Flotte von 100 Segeln und ein Landheer von 10000 Mann zu Fuss und 1000 Reitern erhalten und damit zuerst in Karthago den Dritten Punischen und sodann in Italien den Zweiten Hannibalischen Krieg erwecken sollte; tyrische Emissaere gingen nach Karthago, um die Schilderhebung daselbst einzuleiten. Man hoffte endlich auf Erfolge der spanischen Insurrektion, die eben als Hannibal Karthago verliess auf ihrem Hoehepunkt stand.

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^3 Wir haben dafuer das Zeugnis des Polybios (28, 1), das die weitere Geschichte Judaeas vollkommen bestaetigt; Eusebios (chron. p. 117 Mai) irrt, wenn er Philometor zum Herrn von Syrien macht. Allerdings finden wir, dass um 567 (187) syrische Steuerpaechter ihre Abgaben nach Alexandreia zahlen (Ios. ant. Iud. 12, 4, 7); allein ohne Zweifel geschah dies unbeschadet der Souveraenitaetsrechte nur deswegen, weil die Mitgift der Kleopatra auf diese Stadtgefaelle angewiesen war; und eben daher entsprang spaeter vermutlich der Streit.

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Waehrend also von langer Hand und im weitesten Umfang der Sturm gegen Rom vorbereitet ward, waren es wie immer die in diese Unternehmung verwickelten Hellenen, die am wenigsten bedeuteten und am wichtigsten und ungeduldigsten taten. Die erbitterten und uebermuetigen Aetoler fingen nachgerade selber an zu glauben, dass Philippos von ihnen und nicht von den Roemern ueberwunden worden sei, und konnten es gar nicht erwarten, dass Antiochos in Griechenland einruecke. Ihre Politik ist charakterisiert durch die Antwort, die ihr Strateg bald darauf dem Flamininus gab, da derselbe eine Abschrift der Kriegserklaerung gegen Rom begehrte: die werde er selber ihm ueberbringen, wenn das aetolische Heer am Tiber lagern werde. Die Aetoler machten die Geschaeftstraeger des syrischen Koenigs fuer Griechenland und taeuschten beide Teile, indem sie dem Koenig vorspiegelten, dass alle Hellenen die Arme nach ihm als ihrem rechten Erloeser, ausstreckten, und denen, die in Griechenland auf sie hoeren wollten, dass die Landung des Koenigs naeher sei, als sie wirklich war. So gelang es ihnen in der Tat, den einfaeltigen Eigensinn des Nabis zum Losschlagen zu bestimmen und damit in Griechenland das Kriegsfeuer zwei Jahre nach Flamininus’ Entfernung, im Fruehling 562 (192) wieder anzufachen; allein sie verfehlten damit ihren Zweck. Nabis warf sich auf Gythion, eine der durch den letzten Vertrag an die Achaeer gekommenen Staedte der freien Lakonen und nahm sie ein, allein der kriegserfahrene Strateg, der Achaeer Philopoemen, schlug ihn an den Barbosthenischen Bergen und kaum den vierten Teil seines Heeres brachte der Tyrann wieder in seine Hauptstadt zurueck, in der Philopoemen ihn einschloss. Da ein solcher Anfang freilich nicht genuegte, um Antiochos nach Europa zufuehren, beschlossen die Aetoler, sich selber in den Besitz von Sparta, Chalkis und Demetrias zu setzen und durch den Gewinn dieser wichtigen Staedte den Koenig zur Einschiffung zu bestimmen. Zunaechst gedachte man sich Spartas dadurch zu bemaechtigen, dass der Aetoler Alexamenos, unter dem Vorgeben, bundesmaessigen Zuzug zu bringen, mit 1000 Mann in die Stadt einrueckend, bei dieser Gelegenheit den Nabis aus dem Wege raeume und die Stadt besetze. Es geschah so und Nabis ward bei einer Heerschau erschlagen; allein als die Aetoler darauf, um die Stadt zu pluendern, sich zerstreuten, fanden die Lakedaemonier Zeit sich zu sammeln und machten sie bis auf den letzten Mann nieder. Die Stadt liess darauf von Philopoemen sich bestimmen, in den Achaeischen Bund einzutreten. Nachdem den Aetolern dies loebliche Projekt also verdientermassen nicht bloss gescheitert war, sondern gerade den entgegengesetzten Erfolg gehabt hatte, fast den ganzen Peloponnes in den Haenden der Gegenpartei zu einigen, ging es ihnen auch in Chalkis wenig besser, indem die roemische Partei daselbst gegen die Aetoler und die chalkidischen Verbannten die roemisch gesinnten Buergerschaften von Eretria und Karystos auf Euboea rechtzeitig herbeirief. Dagegen glueckte die Besetzung von Demetrias, da die Magneten, denen die Stadt zugefallen war, nicht ohne Grund fuerchteten, dass sie von den Roemern dem Philippos als Preis fuer die Hilfe gegen Antiochos versprochen sei; es kam hinzu, dass mehrere Schwadronen aetolischer Reiter unter dem Vorwende, dem Eurylochos, dem zurueckgerufenen Haupt der Opposition gegen Rom, das Geleite zu geben, sich in die Stadt einzuschleichen wussten. So traten die Magneten halb freiwillig, halb gezwungen auf die Seite der Aetoler, und man saeumte nicht, dies bei dem Seleukiden geltend zu machen.

Antiochos entschloss sich. Der Bruch mit Rom, so sehr man auch bemueht war, ihn durch das diplomatische Palliativ der Gesandtschaften hinauszuschieben, liess sich nicht laenger vermeiden. Schon im Fruehling 561 (193) hatte Flamininus, der fortfuhr, im Senat in den oestlichen Angelegenheiten das entscheidende Wort zu haben, gegen die Boten des Koenigs Menippos und Hegesianax das roemische Ultimatum ausgesprochen: entweder aus Europa zu weichen und in Asien nach seinem Gutduenken zu schalten, oder Thrakien zu behalten und das Schutzrecht der Roemer ueber Smyrna, Lampsakos und Alexandreia Troas sich gefallen zu lassen. Dieselben Forderungen waren in Ephesos, dem Hauptwaffenplatz und Standquartier des Koenigs in Kleinasien, im Fruehling 562 (192) noch einmal zwischen Antiochos und den Gesandten des Senats Publius Sulpicius und Publius Villius, verhandelt worden, und von beiden Seiten hatte man sich getrennt mit der Ueberzeugung, dass eine friedliche Einigung nicht mehr moeglich sei. In Rom war seitdem der Krieg beschlossen. Schon im Sommer 562 (192) erschien eine roemische Flotte von 30 Segeln mit 3000 Soldaten an Bord unter Aulus Atilius Serranus vor Gythion, wo ihr Eintreffen den Abschluss des Vertrags zwischen den Achaeern und Spartanern beschleunigte; die sizilische und italische Ostkueste wurde stark besetzt, um gegen etwaige Landungsversuche gesichert zu sein; fuer den Herbst ward in Griechenland ein Landheer erwartet. Flamininus bereiste im Auftrag des Senats seit dem Fruehjahr 562 (192) Griechenland, um die Intrigen der Gegenpartei zu hintertreiben und soweit moeglich die unzeitige Raeumung Griechenlands wiedergutzumachen. Bei den Aetolern war es schon so weit gekommen, dass die Tagsatzung foermlich den Krieg gegen Rom beschloss. Dagegen gelang es dem Flamininus, Chalkis fuer die Roemer zu retten, indem er eine Besatzung von 500 Achaeern und 500 Pergamenern hineinwarf. Er machte ferner einen Versuch, Demetrias wieder zu gewinnen; und die Magneten schwankten. Wenn auch einige kleinasiatische Staedte, die Antiochos vor dem Beginn des grossen Krieges zu bezwingen sich vorgenommen, noch widerstanden, er durfte jetzt nicht laenger mit der Landung zoegern, wofern er nicht die Roemer all die Vorteile wiedergewinnen lassen wollte, die sie durch die Wegziehung ihrer Besatzungen aus Griechenland zwei Jahre zuvor aufgegeben hatten. Antiochos nahm die Schiffe und Truppen zusammen, die er eben unter der Hand hatte - es waren nur 40 Deckschiffe und 10000 Mann zu Fuss nebst 500 Pferden und sechs Elefanten - und brach vom thrakischen Chersonesos nach Griechenland auf, wo er im Herbst 562 (192) bei Pteleon am Pagasaeischen Meerbusen an das Land stieg und sofort das nahe Demetrias besetzte. Ungefaehr um dieselbe Zeit landete auch ein roemisches Heer von etwa 25000 Mann unter dem Praetor Marcus Baebius bei Apollonia. Also war von beiden Seiten der Krieg begonnen.

Es kam darauf an, wie weit jene umfassend angelegte Koalition gegen Rom, als deren Haupt Antiochos auftrat, sich realisieren werde. Was zunaechst den Plan betraf, in Karthago und Italien den Roemern Feinde zu erwecken, so traf Hannibal wie ueberall so auch am Hof zu Ephesos das Los, seine grossartigen und hochherzigen Plaene fuer kleinkraemerischer und niedriger Leute Rechnung entworfen zu haben. Zu ihrer Ausfuehrung geschah nichts, als dass man einige karthagische Patrioten kompromittierte; den Karthagern blieb keine andere Wahl, als sich den Roemern unbedingt botmaessig zu erweisen. Die Kamarilla wollte eben den Hannibal nicht - der Mann war der Hofkabale zu unbequem gross, und nachdem sie allerlei abgeschmackte Mittel versucht hatte, zum Beispiel den Feldherrn, mit dessen Namen die Roemer ihre Kinder schreckten, des Einverstaendnisses mit den roemischen Gesandten zu bezichtigen, gelang es ihr, den grossen Antiochos, der wie alle unbedeutenden Monarchen auf seine Selbstaendigkeit sich viel zugute tat und mit nichts so leicht zu beherrschen war wie mit der Furcht, beherrscht zu werden, auf den weisen Gedanken zu bringen, dass er sich nicht durch den vielgenannten Mann duerfe verdunkeln lassen; worauf denn im hohen Rat beschlossen ward, den Phoeniker kuenftig nur fuer untergeordnete Aufgaben und zum Ratgeben zu verwenden, vorbehaltlich natuerlich den Rat nie zu befolgen. Hannibal raechte sich an dem Gesindel, indem er jeden Auftrag annahm und jeden glaenzend ausfuehrte.

In Asien hielt Kappadokien zu dem Grosskoenig; dagegen trat Prusias von Bithynien wie immer auf die Seite des Maechtigeren. Koenig Eumenes blieb der alten Politik seines Hauses getreu, die ihm erst jetzt die rechte Frucht tragen sollte. Er hatte Antiochos’ Anerbietungen nicht bloss beharrlich zurueckgewiesen, sondern auch die Roemer bestaendig zu einem Kriege gedraengt, von dem er die Vergroesserung seines Reiches erwartete. Ebenso schlossen die Rhodier und die Byzantier sich ihren alten Bundesgenossen an. Auch Aegypten trat auf die Seite Roms und bot Unterstuetzung an Zufuhr und Mannschaft an, welche man indes roemischerseits nicht annahm.

In Europa kam es vor allem an auf die Stellung, die Philippos von Makedonien einnehmen wuerde. Vielleicht waere es die richtige Politik fuer ihn gewesen, sich, alles Geschehenen und nicht Geschehenen ungeachtet, mit Antiochos zu vereinigen; allein Philippos ward in der Regel nicht durch solche Ruecksichten bestimmt, sondern durch Neigung und Abneigung, und begreiflicherweise traf sein Hass viel mehr den treulosen Bundesgenossen, der ihn gegen den gemeinschaftlichen Feind im Stich gelassen hatte, um dafuer auch seinen Anteil an der Beute einzuziehen und ihm in Thrakien ein laestiger Nachbar zu werden, als seinen Besieger, der ihn ruecksichts- und ehrenvoll behandelt hatte. Es kam hinzu, dass Antiochos durch Aufstellung abgeschmackter Praetendenten auf die makedonische Krone und durch die prunkvolle Bestattung der bei Kynoskephalae bleichenden makedonischen Gebeine den leidenschaftlichen Mann tief verletzte. Er stellte seine ganze Streitmacht mit aufrichtigem Eifer den Roemern zur Verfuegung. Ebenso entschieden wie die erste Macht Griechenlands hielt die zweite, die Achaeische Eidgenossenschaft fest am roemischen Buendnis; von den kleineren Gemeinden blieben ausserdem dabei die Thessaler und die Athener, bei welchen letzteren eine von Flamininus in die Burg gelegte achaeische Besatzung die ziemlich starke Patriotenpartei zur Vernunft brachte. Die Epeiroten gaben sich Muehe, es womoeglich beiden Teilen recht zu machen. Sonach traten auf Antiochos’ Seite ausser den Aetolern und den Magneten, denen ein Teil der benachbarten Perrhaeber sich anschloss, nur der schwache Koenig der Athamanen, Amynander, der sich durch toerichte Aussichten auf die makedonische Koenigskrone blenden liess, die Boeoter, bei denen die Opposition gegen Rom noch immer am Ruder war, und im Peloponnes die Eleer und Messenier, gewohnt, mit den Aetolern gegen die Achaeer zu stehen. Das war denn freilich ein erbaulicher Anfang; und der Oberfeldherrntitel mit unumschraenkter Gewalt, den die Aetoler dem Grosskoenig dekretierten, schien zu dem Schaden der Spott. Man hatte sich eben wie gewoehnlich beiderseits belogen: statt der unzaehlbaren Scharen Asiens fuehrte der Koenig eine Armee heran, kaum halb so stark wie ein gewoehnliches konsularisches Heer, und statt der offenen Arme, die saemtliche Hellenen ihrem Befreier vom roemischen Joch entgegenstrecken sollten, trugen ein paar Klephtenhaufen und einige verliederlichte Buergerschaften dem Koenig Waffenbruederschaft an.

Fuer den Augenblick freilich war Antiochos den Roemern im eigentlichen Griechenland zuvorgekommen. Chalkis hatte Besatzung von den griechischen Verbuendeten der Roemer und wies die erste Aufforderung zurueck; allein die Festung ergab sich, als Antiochos mit seiner ganzen Macht davorrueckte, und eine roemische Abteilung, die zu spaet kam, um sie zu besetzen, wurde beim Delion von Antiochos vernichtet. Euboea also war fuer die Roemer verloren. Noch machte schon im Winter Antiochos in Verbindung mit den Aetolern und Athamanen einen Versuch, Thessalien zu gewinnen; die Thermopylen wurden auch besetzt, Pherae und andere Staedte genommen, aber Appius Claudius kam mit 2000 Mann von Apollonia heran, entsetzte Larisa und nahm hier Stellung. Antiochos, des Winterfeldzugs muede, zog es vor, in sein lustiges Quartier nach Chalkis zurueckzugehen, wo es hoch herging und der Koenig sogar trotz seiner fuenfzig Jahre und seiner kriegerischen Plaene mit einer huebschen Chalkidierin Hochzeit machte. So verstrich der Winter 562/63 (192/91), ohne dass Antiochos viel mehr getan haette als in Griechenland hin- und herschreiben - er fuehre den Krieg mit Tinte und Feder, sagte ein roemischer Offizier. Mit dem ersten Fruehjahr 563 (191) traf der roemische Stab bei Apollonia ein, der Oberfeldherr Manius Acilius Glabrio, ein Mann von geringer Herkunft, aber ein tuechtiger, von den Feinden wie von seinen Soldaten gefuerchteter Feldherr, der Admiral Gaius Livius, unter den Kriegstribunen Marcus Porcius Cato, der Ueberwinder Spaniens, und Lucius Valerius Flaccus, die nach altroemischer Weise es nicht verschmaehten, obwohl gewesene Konsuln, wieder als einfache Kriegstribune in das Heer einzutreten. Mit sich brachten sie Verstaerkungen an Schiffen und Mannschaft, darunter numidische Reiter und libysche Elefanten, von Massinissa gesendet, und die Erlaubnis des Senats, von den ausseritalischen Verbuendeten bis zu 5000 Mann Hilfstruppen anzunehmen, wodurch die Gesamtzahl der roemischen Streitkraefte auf etwa 40000 Mann stieg. Der Koenig, der im Anfang des Fruehjahrs sich zu den Aetolern begeben und von da aus eine zwecklose Expedition nach Akarnanien gemacht hatte, kehrte auf die Nachricht von Glabrios Landung in sein Hauptquartier zurueck, um nun in allem Ernst den Feldzug zu beginnen. Allein durch seine und seiner Stellvertreter in Asien Saumseligkeit waren unbegreiflicherweise ihm alle Verstaerkungen ausgeblieben, so dass er nichts hatte als das schwache und nun noch durch Krankheit und Desertion in den liederlichen Winterquartieren dezimierte Heer, womit er im Herbst des vorigen Jahres bei Pteleon gelandet war. Auch die Aetoler, die so ungeheure Massen hatten ins Feld stellen wollen, fuehrten jetzt, da es galt, ihrem Oberfeldherrn nicht mehr als 4000 Mann zu. Die roemischen Truppen hatten bereits die Operationen in Thessalien begonnen, wo die Vorhut in Verbindung mit dem makedonischen Heer die Besatzungen des Antiochos aus den thessalischen Staedten hinausschlug und das Gebiet der Athamanen besetzte. Der Konsul mit der Hauptarmee folgte nach; die Gesamtmacht der Roemer sammelte sich in Larisa. Statt eilig nach Asien zurueckzukehren und vor dem in jeder Hinsicht ueberlegenen Feind das Feld zu raeumen, beschloss Antiochos, sich in den von ihm besetzten Thermopylen zu verschanzen und dort die Ankunft des grossen Heeres aus Asien abzuwarten. Er selbst stellte in dem Hauptpass sich auf und befahl den Aetolern, den Hochpfad zu besetzen, auf welchem es einst Xerxes gelungen war, die Spartaner zu umgehen. Allein nur der Haelfte des aetolischen Zuzugs gefiel es, diesem Befehl des Oberfeldherrn nachzukommen; die uebrigen 2000 Mann warfen sich in die nahe Stadt Herakleia, wo sie an der Schlacht keinen andern Teil nahmen, als dass sie versuchten, waehrend derselben das roemische Lager zu ueberfallen und auszurauben. Auch die auf dem Gebirg postierten Aetoler betrieben den Wachdienst laessig und widerwillig; ihr Posten auf dem Kallidromos liess sich von Cato ueberrumpeln, und die asiatische Phalanx, die der Konsul mittlerweile von vorn angegriffen hatte, stob auseinander, als ihr die Roemer den Berg hinabeilend in die Flanke fielen. Da Antiochos fuer nichts gesorgt und an den Rueckzug nicht gedacht hatte, so ward das Heer teils auf dem Schlachtfeld, teils auf der Flucht vernichtet; kaum dass ein kleiner Haufen Demetrias, und der Koenig selbst mit 500 Mann Chalkis erreichte. Eilig schiffte er sich nach Ephesos ein; Europa war bis auf die thrakischen Besitzungen ihm verloren und nicht einmal die Festungen laenger zu verteidigen. Chalkis ergab sich an die Roemer, Demetrias an Philippos, dem als Entschaedigung fuer die fast schon von ihm vollendete und dann auf Befehl des Konsuls aufgegebene Eroberung der Stadt Lamia in Achaia Phthiotis die Erlaubnis ward, sich der saemtlichen zu Antiochos uebergetretenen Gemeinden im eigentlichen Thessalien und selbst des aetolischen Grenzgebiets, der dolopischen und aperantischen Landschaften, zu bemaechtigen. Was sich in Griechenland fuer Antiochos ausgesprochen hatte, eilte, seinen Frieden zu machen: die Epeiroten baten demuetig um Verzeihung fuer ihr zweideutiges Benehmen, die Boeoter ergaben sich auf Gnade und Ungnade, die Eleer und Messenier fuegten, die letzteren nach einigem Straeuben, sich den Achaeern. Es erfuellte sich, was Hannibal dem Koenig vorhergesagt hatte, dass auf die Griechen, die jedem Sieger sich unterwerfen wuerden, schlechterdings gar nichts ankomme. Selbst die Aetoler versuchten, nachdem ihr in Herakleia eingeschlossenes Korps nach hartnaeckiger Gegenwehr zur Kapitulation gezwungen worden war, mit den schwer gereizten Roemern ihren Frieden zu machen; indes die strengen Forderungen des roemischen Konsuls und eine rechtzeitig von Antiochos einlaufende Geldsendung gaben ihnen den Mut, die Verhandlungen noch einmal abzubrechen und waehrend zwei ganzer Monate die Belagerung in Naupaktos auszuhalten. Schon war die Stadt aufs Aeusserste gebracht und die Erstuermung oder die Kapitulation nicht mehr fern, als Flamininus, fortwaehrend bemueht, jede hellenische Gemeinde vor den aergsten Folgen ihres eigenen Unverstandes und vor der Strenge seiner rauheren Kollegen zu bewahren, sich ins Mittel schlug und zunaechst einen leidlichen Waffenstillstand zustande brachte. Damit ruhten in ganz Griechenland, vorlaeufig wenigstens, die Waffen.

Ein ernsterer Krieg stand in Asien bevor, den nicht so sehr der Feind, als die weite Entfernung und die unsichere Verbindung mit der Heimat in sehr bedenklichem Licht erscheinen liessen, waehrend doch bei Antiochos’ kurzsichtigem Eigensinn der Krieg nicht wohl anders als durch einen Angriff im eigenen Lande des Feindes beendet werden konnte. Es galt zunaechst, sich der See zu versichern. Die roemische Flotte, die waehrend des Feldzugs in Griechenland die Aufgabe gehabt hatte, die Verbindung zwischen Griechenland und Kleinasien zu unterbrechen, und der es auch gelungen war, um die Zeit der Schlacht bei den Thermopylen einen starken asiatischen Transport bei Andros aufzugreifen, war seitdem beschaeftigt, den Uebergang der Roemer nach Asien fuer das naechste Jahr vorzubereiten und zunaechst die feindliche Flotte aus dem Aegaeischen Meer zu vertreiben. Dieselbe lag im Hafen von Kyssus auf dem suedlichen Ufer der gegen Chios auslaufenden Landzunge Ioniens; dort suchte die roemische sie auf, bestehend aus 75 roemischen, 23 pergamenischen und sechs karthagischen Deckschiffen unter der Fuehrung des Gaius Livius. Der syrische Admiral Polyxenidas, ein rhodischer Emigrierter, hatte nur 70 Deckschiffe entgegenzustellen; allein da die roemische Flotte noch die rhodischen Schiffe erwartete und Polyxenidas auf die ueberlegene Seetuechtigkeit namentlich der tyrischen und sidonischen Schiffe vertraute, nahm er den Kampf sogleich an. Zu Anfang zwar gelang es den Asiaten, eines der karthagischen Schiffe zu versenken; allein sowie es zum Entern kam, siegte die roemische Tapferkeit und nur der Schnelligkeit ihrer Ruder und Segel verdankten es die Gegner, dass sie nicht mehr als 23 Schiffe verloren. Noch waehrend des Nachsetzens stiessen zu der roemischen Flotte 25 rhodische Schiffe und die Ueberlegenheit der Roemer in diesen Gewaessern war nun zwiefach entschieden. Die feindliche Flotte verhielt sich seitdem ruhig im Hafen von Ephesos, und da es nicht gelang, sie zu einer zweiten Schlacht zu bestimmen, loeste die roemisch-bundesgenoessische Flotte fuer den Winter sich auf; die roemischen Kriegsschiffe gingen nach dem Hafen von Kane in der Naehe von Pergamon. Beiderseits war man waehrend des Winters fuer den naechsten Feldzug Vorbereitungen zu treffen bemueht. Die Roemer suchten die kleinasiatischen Griechen auf ihre Seite zu bringen: Smyrna, das alle Versuche des Koenigs, der Stadt sich zu bemaechtigen, beharrlich zurueckgewiesen hatte, nahm die Roemer mit offenen Armen auf und auch in Samos, Chios, Erythrae, Klazomenae, Phokaea, Kyme und sonst gewann die roemische Partei die Oberhand. Antiochos war entschlossen, den Roemern womoeglich den Uebergang nach Asien zu wehren, weshalb er eifrig zur See ruestete und teils durch Polyxenidas die bei Ephesos stationierende Flotte herstellen und vermehren, teils durch Hannibal in Lykien, Syrien und Phoenikien eine neue Flotte ausruesten liess, ausserdem aber ein gewaltiges Landheer aus allen Gegenden seines weitlaeufigen Reiches in Kleinasien zusammentrieb. Frueh im naechsten Jahre (564 190) nahm die roemische Flotte ihre Operationen wieder auf. Gaius Livius liess durch die rhodische Flotte, die diesmal, 36 Segel stark, rechtzeitig erschienen war, die feindliche auf der Hoehe von Ephesos beobachten und ging mit dem groessten Teil der roemischen und den pergamenischen Schiffen nach dem Hellespont, um seinem Auftrag gemaess durch die Wegnahme der Festungen daselbst den Uebergang des Landheeres vorzubereiten. Schon war Sestos besetzt und Abydos aufs Aeusserste gebracht, als ihn die Kunde von der Niederlage der rhodischen Flotte zurueckrief. Der rhodische Admiral Pausistratos, eingeschlaefert durch die Vorspiegelungen seines Landsmannes, von Antiochos abfallen zu wollen, hatte sich im Hafen von Samos ueberrumpeln lassen, er selbst war gefallen, seine saemtlichen Schiffe bis auf fuenf rhodische und zwei troische Segel waren vernichtet, Samos, Phokaea, Kyme auf diese Botschaft zu Seleukos uebergetreten, der in diesen Gegenden fuer seinen Vater den Oberbefehl zu Lande fuehrte. Indes als die roemische Flotte teils von Kane, teils vom Hellespont herbeikam und nach einiger Zeit zwanzig neue Schiffe der Rhodier bei Samos sich mit ihr vereinigten, ward Polyxenidas abermals genoetigt, sich in den Hafen von Ephesos einzuschliessen. Da er die angebotene Seeschlacht verweigerte und bei der geringen Zahl der roemischen Mannschaften an einen Angriff von der Landseite nicht zu denken war, blieb auch der roemischen Flotte nichts uebrig, als gleichfalls sich bei Samos aufzustellen. Eine Abteilung ging inzwischen nach Patara an die lykische Kueste, um teils den Rhodiern gegen die sehr beschwerlichen, von dorther auf sie gerichteten Angriffe Ruhe zu verschaffen, teils und vornehmlich, um die feindliche Flotte, die Hannibal heranfuehren sollte, vom Aegaeischen Meer abzusperren. Als dieses Geschwader gegen Patara nichts ausrichtete, erzuernte der neue Admiral Lucius Aemilius Regillus, der mit 20 Kriegsschiffen von Rom angelangt war und bei Samos den Gaius Livius abgeloest hatte, sich darueber so sehr, dass er mit der ganzen Flotte dorthin aufbrach; kaum gelang es seinen Offizieren, ihm unterwegs begreiflich zu machen, dass es zunaechst nicht auf die Eroberung von Patara ankomme, sondern auf die Beherrschung des Aegaeischen Meeres, und ihn zur Umkehr nach Samos zu bestimmen. Auf dem kleinasiatischen Festland hatte mittlerweile Seleukos die Belagerung von Pergamon begonnen, waehrend Antiochos mit dem Hauptheer das pergamenische Gebiet und die Besitzungen der Mytilenaeer auf dem Festland verwuestete; man hoffte, mit den verhassten Attaliden fertig zu werden, bevor die roemische Hilfe erschien. Die roemische Flotte ging nach Elaea und dem Hafen von Adramyttion, um den Bundesgenossen zu helfen; allein da es dem Admiral an Truppen fehlte, richtete er nichts aus. Pergamon schien verloren; aber die schlaff und nachlaessig geleitete Belagerung gestattete dem Eumenes, achaeische Hilfstruppen unter Diophanes in die Stadt zu werfen, deren kuehne und glueckliche Ausfaelle die mit der Belagerung beauftragten gallischen Soeldner des Antiochos dieselbe aufzuheben zwangen. Auch in den suedlichen Gewaessern wurden die Entwuerfe des Antiochos vereitelt. Die von Hannibal geruestete und gefuehrte Flotte versuchte, nachdem sie lange durch die stehenden Westwinde zurueckgehalten worden war, endlich in das Aegaeische Meer zu gelangen; allein an der Muendung des Eurymedon vor Aspendos in Pamphylien traf sie auf ein rhodisches Geschwader unter Eudamos, und in der Schlacht, die die beiden Flotten sich hier lieferten, trug ueber Hannibals Taktik und ueber die numerische Ueberzahl die Vorzueglichkeit der rhodischen Schiffe und Seeoffiziere den Sieg davon - es war dies die erste Seeschlacht und die letzte Schlacht gegen Rom, die der grosse Karthager schlug. Die siegreiche rhodische Flotte stellte darauf sich bei Patara auf und hemmte hier die beabsichtigte Vereinigung der beiden asiatischen Flotten. Im Aegaeischen Meer ward die roemisch-rhodische Flotte bei Samos, nachdem sie durch die Entsendung der pergamenischen Schiffe in den Hellespont zur Unterstuetzung des dort eben anlangenden Landheers sich geschwaecht hatte, nun ihrerseits von der des Polyxenidas angegriffen, der jetzt neun Segel mehr zaehlte als der Gegner. Am 23. Dezember des unberichtigten Kalenders, nach dem berichtigten etwa Ende August 564 (190), kam es zur Schlacht am Vorgebirg Myonnesos zwischen Teos und Kolophon; die Roemer durchbrachen die feindliche Schlachtlinie und umzingelten den linken Fluegel gaenzlich, so dass 42 Schiffe von ihnen genommen wurden oder sanken. Viele Jahrhunderte nachher verkuendigte den Roemern die Inschrift in saturnischem Mass ueber dem Tempel der Seegeister, der zum Andenken dieses Sieges auf dem Marsfeld erbaut ward, wie vor den Augen des Koenigs Antiochos und seines ganzen Landheers die Flotte der Asiaten geschlagen worden und die Roemer also “den grossen Zwist schlichteten und die Koenige bezwangen”. Seitdem wagten die feindlichen Schiffe nicht mehr, sich auf der offenen See zu zeigen und versuchten nicht weiter, den Uebergang des roemischen Landheers zu erschweren.

Zur Fuehrung des Krieges auf dem asiatischen Kontinent war in Rom der Sieger von Zama ausersehen worden, der in der Tat den Oberbefehl fuehrte fuer den nominellen Hoechstkommandierenden, seinen geistig unbedeutenden und militaerisch unfaehigen Bruder Lucius Scipio. Die bisher in Unteritalien stehende Reserve ward nach Griechenland, das Heer des Glabrio nach Asien bestimmt; als es bekannt ward, wer dasselbe befehligen werde, meldeten sich freiwillig 5000 Veteranen aus dem Hannibalischen Krieg, um noch einmal unter ihrem geliebten Fuehrer zu fechten. Im roemischen Juli, nach der richtigen Zeit im Maerz fanden die Scipionen sich bei dem Heere ein, um den asiatischen Feldzug zu beginnen; allein man war unangenehm ueberrascht, als man statt dessen sich zunaechst in einen endlosen Kampf mit den verzweifelnden Aetolern verwickelt fand. Der Senat, der Flamininus’ grenzenlose Ruecksichten gegen die Hellenen uebertrieben fand, hatte den Aetolern die Wahl gelassen zwischen Zahlung einer voellig unerschwinglichen Kriegskontribution und unbedingter Ergebung, was sie aufs neue unter die Waffen getrieben hatte; es war nicht abzusehen, wann dieser Gebirgs- und Festungskrieg zu Ende gehen werde. Scipio beseitigte das unbequeme Hindernis durch Verabredung eines sechsmonatlichen Waffenstillstandes und trat darauf den Marsch nach Asien an. Da die eine feindliche Flotte in dem Aegaeischen Meere nur blockiert war und die zweite, die aus dem Suedmeer herankam, trotz des mit ihrer Fernhaltung beauftragten Geschwaders taeglich dort eintreffen konnte, schien es ratsam, den Landweg durch Makedonien und Thrakien einzuschlagen und ueber den Hellespont zu gehen; hier waren keine wesentlichen Hindernisse zu erwarten, da Koenig Philippos von Makedonien vollstaendig zuverlaessig, auch Koenig Prusias von Bithynien mit den Roemern in Buendnis war und die roemische Flotte leicht sich in der Meerenge festzusetzen vermochte. Der lange und muehselige Weg laengs der makedonischen und thrakischen Kueste ward ohne wesentlichen Verlust zurueckgelegt; Philippos sorgte teils fuer Zufuhr, teils fuer freundliche Aufnahme bei den thrakischen Wilden. Indes hatte man teils mit den Aetolern, teils auf dem Marsch soviel Zeit verloren, dass das Heer erst etwa um die Zeit der Schlacht von Myonnesos an dem Thrakischen Chersonesos anlangte. Aber Scipios wunderbares Glueck raeumte wie einst in Spanien und Afrika so jetzt in Asien alle Schwierigkeiten vor ihm aus dem Wege. Auf die Kunde von der Schlacht bei Myonnesos verlor Antiochos so vollstaendig den Kopf, dass er in Europa die starkbesetzte und verproviantierte Festung Lysimacheia von der Besatzung und der dem Wiederhersteller ihrer Stadt treu ergebenen Einwohnerschaft raeumen liess und dabei sogar vergass, die Besatzungen aus Aenos und Maroneia gleichfalls herauszuziehen, ja die reichen Magazine zu vernichten, am asiatischen Ufer aber der Landung der Roemer nicht den geringsten Widerstand entgegensetzte, sondern waehrend derselben sich in Sardes damit die Zeit vertrieb, auf das Schicksal zu schelten. Es ist kaum zweifelhaft, dass, wenn er nur bis zu dem nicht mehr fernen Ende des Sommers Lysimacheia haette verteidigen und sein grosses Heer an den Hellespont vorruecken lassen, Scipio genoetigt worden waere, auf dem europaeischen Ufer Winterquartier zu nehmen, in einer militaerisch wie politisch keineswegs gesicherten Lage.

Waehrend die Roemer, am asiatischen Ufer ausgeschifft, einige Tage stillstanden, um sich zu erholen und ihren durch religioese Pflichten zurueckgehaltenen Fuehrer zu erwarten, trafen in ihrem Lager Gesandte des Grosskoenigs ein, um ueber den Frieden zu unterhandeln. Antiochos bot die Haelfte der Kriegskosten und die Abtretung seiner europaeischen Besitzungen sowie der saemtlichen in Kleinasien zu Rom uebergetretenen griechischen Staedte; allein Scipio forderte Kriegskosten und die Aufgebung von ganz Kleinasien. Jene Bedingungen, erklaerte er, waeren annehmbar gewesen, wenn das Heer noch vor Lysimacheia oder auch diesseits des Hellespont staende; jetzt aber reichten sie nicht, wo das Ross schon den Zaum, ja den Reiter fuehle. Die Versuche des Grosskoenigs, von dem feindlichen Feldherrn in morgenlaendischer Art den Frieden durch Geldsummen zu erkaufen - er bot die Haelfte seiner Jahreseinkuenfte! -, scheiterten wie billig; fuer die unentgeltliche Rueckgabe seines in Gefangenschaft geratenen Sohnes gab der stolze Buerger dem Grosskoenig als Lohn den Freundesrat, auf jede Bedingung Frieden zu schliessen. In der Tat stand es nicht so; haette der Koenig sich zu entschliessen vermocht, den Krieg in die Laenge und in das innere Asien zurueckweichend den Feind sich nachzuziehen, so war ein guenstiger Ausgang noch keineswegs unmoeglich. Allein Antiochos, gereizt durch den vermutlich berechneten Uebermut des Gegners und fuer jede dauernde und konsequente Kriegfuehrung zu schlaff, eilte, seine ungeheure, aber ungleiche und undisziplinierte Heermasse je eher desto lieber dem Stoss der roemischen Legionen darzubieten. Im Tale des Hermos bei Magnesia am Sipylos unweit Smyrna trafen im Spaetherbst 564 (190) die roemischen Truppen auf den Feind. Er zaehlte nahe an 80000 Mann, darunter 12000 Reiter; die Roemer, die von Achaeern, Pergamenern und makedonischen Freiwilligen etwa 5000 Mann bei sich hatten, bei weitem nicht die Haelfte; allein sie waren des Sieges so gewiss, dass sie nicht einmal die Genesung ihres krank in Elaea zurueckgebliebenen Feldherrn abwarteten, an dessen Stelle Gnaeus Domitius das Kommando uebernahm. Um nur seine ungeheure Truppenzahl aufstellen zu koennen, bildete Antiochos zwei Treffen; im ersten stand die Masse der leichten Truppen, die Peltasten, Bogentraeger, Schleuderer, die berittenen Schuetzen der Myser, Daher und Elymaeer, die Araber auf ihren Dromedaren und die Sichelwagen; im zweiten hielt auf den beiden Fluegeln die schwere Kavallerie (die Kataphrakten, eine Art Kuerassiere), neben ihnen im Mitteltreffen das gallische und kappadokische Fussvolk und im Zentrum die makedonisch bewaffnete Phalanx, 16000 Mann stark, der Kern des Heeres, die aber auf dem engen Raum nicht Platz fand und sich in Doppelgliedern 32 Mann tief aufstellen musste. In dem Zwischenraum der beiden Treffen standen 54 Elefanten, zwischen die Haufen der Phalanx und der schweren Reiterei verteilt. Die Roemer stellten auf den linken Fluegel, wo der Fluss Deckung gab, nur wenige Schwadronen, die Masse der Reiterei und die saemtlichen Leichtbewaffneten kamen auf den rechten, den Eumenes fuehrte; die Legionen standen im Mitteltreffen. Eumenes begann die Schlacht damit, dass er seine Schuetzen und Schleuderer gegen die Sichelwagen schickte mit dem Befehl, auf die Bespannung zu halten; in kurzer Zeit waren nicht bloss diese zersprengt, sondern auch die naechststehenden Kamelreiter mit fortgerissen; schon geriet sogar im zweiten Treffen der dahinterstehende linke Fluegel der schweren Reiterei in Verwirrung. Nun warf sich Eumenes mit der ganzen roemischen Reiterei, die 3000 Pferde zaehlte, auf die Soeldnerinfanterie, die im zweiten Treffen zwischen der Phalanx und dem linken Fluegel der schweren Reiterei stand, und da diese wich, flohen auch die schon in Unordnung geratenen Kuerassiere. Die Phalanx, die eben die leichten Truppen durchgelassen hatte und sich fertig machte, gegen die roemischen Legionen vorzugehen, wurde durch den Angriff der Reiterei in der Flanke gehemmt und genoetigt, stehenzubleiben und nach beiden Seiten Front zu machen, wobei die tiefe Aufstellung ihr wohl zustatten kam. Waere die schwere asiatische Reiterei zur Hand gewesen, so haette die Schlacht wiederhergestellt werden koennen, aber der linke Fluegel war zersprengt, und der rechte, den Antiochos selber anfuehrte, hatte, die kleine, ihm gegenueberstehende roemische Reiterabteilung vor sich hertreibend, das roemische Lager erreicht, wo man des Angriffs sich mit grosser Muehe erwehrte. Darueber fehlten auf der Walstatt jetzt im entscheidenden Augenblick die Reiter. Die Roemer hueteten sich wohl, die Phalanx mit den Legionen anzugreifen, sondern sandten gegen sie die Schuetzen und Schleuderer, denen in der dichtgedraengten Masse kein Geschoss fehlging. Die Phalanx zog sich nichtsdestoweniger langsam und geordnet zurueck, bis die in den Zwischenraeumen stehenden Elefanten scheu wurden und die Glieder zerrissen. Damit loeste das ganze Heer sich auf in wilder Flucht; ein Versuch, das Lager zu halten, misslang und mehrte nur die Zahl der Toten und Gefangenen. Die Schaetzung des Verlustes des Antiochos auf 50000 Mann ist bei der grenzenlosen Verwirrung nicht unglaublich; den Roemern, deren Legionen gar nicht zum Schlagen gekommen waren, kostete der Sieg, der ihnen den dritten Weltteil ueberlieferte, 24 Reiter und 300 Fusssoldaten. Kleinasien unterwarf sich, selbst Ephesos, von wo der Admiral die Flotte eilig fluechten musste, und die Residenzstadt Sardes. Der Koenig bat um Frieden und ging ein auf die von den Roemern gestellten Bedingungen, die, wie gewoehnlich, keine anderen waren als die vor der Schlacht gebotenen, als namentlich die Abtretung Kleinasiens enthielten. Bis zu deren Ratifikation blieb das Heer in Kleinasien auf Kosten des Koenigs, was ihm auf nicht weniger als 3000 Talente (5 Mill. Taler) zu stehen kam. Antiochos selber nach seiner liederlichen Art verschmerzte bald den Verlust der Haelfte seines Reiches; es sieht ihm gleich, dass er den Roemern fuer die Abnahme der Muehe, ein allzugrosses Reich zu regieren, dankbar zu sein behauptete. Aber Asien war mit dem Tage. von Magnesia aus der Reihe der Grossstaaten gestrichen; und wohl niemals ist eine Grossmacht so rasch, so voellig und so schmaehlich zugrunde gegangen wie das Seleukidenreich unter diesem Antiochos dem Grossen. Er selbst ward bald darauf (567 187) in Elymais oberhalb des Persischen Meerbusens bei der Pluenderung des Beltempels, mit dessen Schaetzen er seine leeren Kassen zu fuellen gekommen war, von den erbitterten Einwohnern erschlagen.

Die roemische Regierung hatte, nachdem der Sieg erfochten war, die Angelegenheiten Kleinasiens und Griechenlands zu ordnen. Sollte hier die roemische Herrschaft auf fester Grundlage errichtet werden, so genuegte dazu keineswegs, dass Antiochos der Oberherrschaft in Vorderasien entsagt hatte. Die politischen Verhaeltnisse daselbst sind oben dargelegt worden. Die griechischen Freistaedte an der ionischen und aeolischen Kueste sowie das ihnen wesentlich gleichartige pergamenische Koenigreich waren allerdings die natuerlichen Traeger der neuen roemischen Obergewalt, die auch hier wesentlich auftrat als Schirmherr der stammverwandten Hellenen. Aber die Dynasten im inneren Kleinasien und an der Nordkueste des Schwarzen Meeres hatten den Koenigen von Asien laengst kaum noch ernstlich gehorcht, und der Vertrag mit Antiochos allein gab den Roemern keine Gewalt ueber das Binnenland. Es war unabweislich eine gewisse Grenze zu ziehen, innerhalb deren der roemische Einfluss fortan massgebend sein sollte. Dabei fiel vor allem ins Gewicht das Verhaeltnis der asiatischen Hellenen zu den seit einem Jahrhundert daselbst angesiedelten Kelten. Diese hatten die kleinasiatischen Landschaften foermlich unter sich verteilt und ein jeder der drei Gaue erhob in seinem Brandschatzungsgebiet die festgesetzten Tribute. Wohl hatte die Buergerschaft von Pergamon unter der kraeftigen Fuehrung ihrer dadurch zu erblichem Fuerstentum gelangten Vorsteher sich des unwuerdigen Joches entledigt, und die schoene Nachbluete der hellenischen Kunst, welche kuerzlich der Erde wieder entstiegen ist, ist erwachsen aus diesen letzten, von nationalem Buergersinn getragenen hellenischen Kriegen. Aber es war ein kraeftiger Gegenschlag, kein entscheidender Erfolg; wieder und wieder hatten die Pergamener ihren staedtischen Frieden gegen die Einfaelle der wilden Horden aus den oestlichen Gebirgen mit den Waffen zu vertreten gehabt, und die grosse Mehrzahl der uebrigen Griechenstaedte ist wahrscheinlich in der alten Abhaengigkeit verblieben ^4. Wenn Roms Schirmherrschaft ueber die Hellenen auch in Asien mehr als ein Name sein sollte, so musste dieser Tributpflichtigkeit ihrer neuen Klienten ein Ziel gesetzt werden; und da die roemische Politik den Eigenbesitz und die damit verknuepfte stehende Besetzung des Landes zur Zeit in Asien noch viel mehr als auf der griechisch-makedonischen Halbinsel ablehnte, so blieb in der Tat nichts anderes uebrig, als bis zu der Grenze, welche Roms Machtgebiet gesteckt werden sollte, auch Roms Waffen zu tragen und bei den Kleinasiaten ueberhaupt, vor allem aber in den Keltengauen die neue Oberherrlichkeit mit der Tat einzusetzen.

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^4 Aus dem erwaehnten Dekret von Lampsakos geht mit ziemlicher Sicherheit hervor, dass die Lampsakener bei den Massalioten nicht bloss Verwendung in Rom erbaten, sondern auch Verwendung bei den Tolistoagiern (so heissen die sonst Tolistoboger genannten Kelten in dieser Urkunde und in der pergamenischen Inschrift CIG 3536, den aeltesten Denkmaelern, die sie erwaehnen). Danach sind wahrscheinlich die Lampsakener noch um die Zeit des Philippischen Krieges diesem Gau zinsbar gewesen (vgl. Liv. 38, 16).

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Dies hat der neue roemische Oberfeldherr Gnaeus Manlius Volso getan, der den Lucius Scipio in Kleinasien abloeste. Es ist ihm dies zum schweren Vorwurf gemacht worden; die der neuen Wendung der Politik abgeneigten Maenner im Senat vermissten bei dem Kriege den Zweck wie den Grund. Den ersteren Tadel gegen diesen Zug insbesondere zu erheben, ist nicht gerechtfertigt; derselbe war vielmehr, nachdem der roemische Staat sich in die hellenischen Verhaeltnisse, so, wie es geschehen war, eingemischt hatte, eine notwendige Konsequenz dieser Politik. Ob das hellenische Gesamtpatronat fuer Rom das richtige war, kann gewiss in Zweifel gezogen werden; aber von dem Standpunkt aus betrachtet, den Flamininus und die von ihm gefuehrte Majoritaet nun einmal genommen hatten, war die Niederwerfung der Galater in der Tat eine Pflicht der Klugheit wie der Ehre. Besser begruendet ist der Vorwurf, dass es zur Zeit an einem rechten Kriegsgrund gegen dieselben fehlte; denn eigentlich im Bunde mit Antiochos hatten sie nicht gestanden, sondern ihn nur nach ihrem Brauch in ihrem Lande Mietstruppen anwerben lassen. Aber dagegen fiel entscheidend ins Gewicht, dass die Sendung einer roemischen Truppenmacht nach Asien der roemischen Buergerschaft nur unter ganz ausserordentlichen Verhaeltnissen angesonnen werden konnte und, wenn einmal eine derartige Expedition notwendig war, alles dafuer sprach, sie sogleich und mit dem einmal in Asien stehenden siegreichen Heere auszufuehren. So wurde, ohne Zweifel unter dem Einfluss des Flamininus und seiner Gesinnungsgenossen im Senat, im Fruehjahr 565 (189) der Feldzug in das innere Kleinasien unternommen. Der Konsul brach von Ephesos auf, brandschatzte die Staedte und Fuersten am oberen Maeander und in Pamphylien ohne Mass und wandte sich darauf nordwaerts gegen die Kelten. Der westliche Kanton derselben, die Tolistoager, hatte sich auf den Berg Olympos, der mittlere, die Tectosagen, auf den Berg Magaba mit Hab und Gut zurueckgezogen, in der Hoffnung, dass sie sich hier wuerden verteidigen koennen, bis der Winter die Fremden zum Abzug zwaenge. Allein die Geschosse der roemischen Schleuderer und Schuetzen, die gegen die damit unbekannten Kelten so oft den Ausschlag gaben, fast wie in neuerer Zeit das Feuergewehr gegen die wilden Voelker, erzwangen die Hoehen, und die Kelten unterlagen in einer jener Schlachten, wie sie gar oft frueher und spaeter am Po und an der Seine geliefert worden sind, die aber hier so seltsam erscheint wie das ganze Auftreten des nordischen Stammes unter den griechischen und phrygischen Nationen. Die Zahl der Erschlagenen und mehr noch die der Gefangenen war an beiden Stellen ungeheuer. Was uebrig blieb, rettete sich ueber den Halys zu dem dritten keltischen Gau der Trocmer, welche der Konsul nicht angriff. Dieser Fluss war die Grenze, an welcher die damaligen Leiter der roemischen Politik beschlossen hatten innezuhalten. Phrygien, Bithynien, Paphlagonien sollten von Rom abhaengig werden; die weiter oestlich gelegenen Landschaften ueberliess man sich selber.

Die Regulierung der kleinasiatischen Verhaeltnisse erfolgte teils durch den Frieden mit Antiochos (565 189), teils durch die Festsetzungen einer roemischen Kommission, der der Konsul Volso vorstand. Ausser der Stellung von Geiseln, darunter seines juengeren gleichnamigen Sohnes, und einer nach dem Mass der Schaetze Asiens bemessenen Kriegskontribution von 15000 euboeischen Talenten (25½ Mill. Taler), davon der fuenfte Teil sogleich, der Rest in zwoelf Jahreszielern zu entrichten war, wurde Antiochos auferlegt die Abtretung seines gesamten europaeischen Laenderbesitzes und in Kleinasien aller seiner Besitzungen und Rechtsansprueche noerdlich vom Taurusgebirge und westlich von der Muendung des Kestros zwischen Aspendos und Perge in Pamphylien, so dass ihm in Vorderasien nichts blieb als das oestliche Pamphylien und Kilikien. Mit dem Patronat ueber die vorderasiatischen Koenigreiche und Herrschaften war es natuerlich vorbei. Asien oder, wie das Reich der Seleukiden von da an gewoehnlich und angemessener genannt wird, Syrien verlor das Recht, gegen die westlichen Staaten Angriffskriege zu fuehren und im Fall eines Verteidigungskrieges von ihnen beim Frieden Land zu gewinnen, das Recht, das Meer westlich von der Kalykadnosmuendung in Kilikien mit Kriegsschiffen zu befahren, ausser um Gesandte, Geiseln oder Tribut zu bringen, ueberhaupt Deckschiffe ueber zehn zu halten, ausser im Fall eines Verteidigungskrieges, und Kriegselefanten zu zaehmen, endlich das Recht, in den westlichen Staaten Werbungen zu veranstalten oder politische Fluechtlinge und Ausreisser daraus bei sich aufzunehmen. Die Kriegsschiffe, die er ueber die bestimmte Zahl besass, die Elefanten und die politischen Fluechtlinge, welche bei ihm sich befanden, lieferte er aus. Zur Entschaedigung erhielt der Grosskoenig den Titel eines Freundes der roemischen Buergergemeinde. Der Staat Syrien war hiermit zu Lande und auf dem Meer vollstaendig aus dem Westen verdraengt und fuer immer; es ist bezeichnend fuer die kraft- und zusammenhanglose Organisation des Seleukidenreichs, dass dasselbe allein unter allen von Rom ueberwundenen Grossstaaten nach der ersten Ueberwindung niemals eine zweite Entscheidung durch die Waffen begehrt hat.

Die beiden Armenien, bisher wenigstens dem Namen nach asiatische Satrapien, verwandelten sich, wenn nicht gerade in Gemaessheit des roemischen Friedensvertrages, doch unter dessen Einfluss in selbstaendige Koenigreiche und ihre Inhaber Artaxias und Zariadris wurden Gruender neuer Dynastien.

Koenig Ariarathes von Kappadokien kam, da sein Land ausserhalb der von den Roemern bezeichneten Grenze ihrer Klientel lag, mit einer Geldbusse von 600 Talenten (1 Mill. Taler) davon, die dann noch auf die Fuerbitte seines Schwiegersohnes Eumenes auf die Haelfte herabgesetzt ward.

Koenig Prusias von Bithynien behielt sein Gebiet, wie es war, ebenso die Kelten; doch mussten diese geloben, nicht ferner bewaffnete Haufen ueber die Grenze zu senden, und die schimpflichen Tribute der kleinasiatischen Staedte hatten ein Ende. Die asiatischen Griechen ermangelten nicht, diese allerdings allgemein und nachhaltig empfundene Wohltat mit goldenen Kraenzen und den transzendentalsten Lobreden zu vergelten.

In Vorderasien war die Besitzregulierung nicht ohne Schwierigkeit, zumal da hier die dynastische Politik des Eumenes mit der der griechischen Hansa kollidierte; endlich gelang es, sich in folgender Art zu verstaendigen. Allen griechischen Staedten, die am Tage der Schlacht von Magnesia frei und den Roemern beigetreten waren, wurde ihre Freiheit bestaetigt und sie alle mit Ausnahme der bisher dem Eumenes zinspflichtigen der Tributzahlung an die verschiedenen Dynasten fuer die Zukunft enthoben. So wurden namentlich frei die Staedte Dardanos und Ilion, die alten Stammgenossen der Roemer von Aeneas’ Zeiten her, ferner Kyme, Smyrna, Klazomenae, Erythrae, Chios, Kolophon, Miletos und andere altberuehmte Namen. Phokaea, das gegen die Kapitulation von den roemischen Flottensoldaten gepluendert worden war, erhielt zum Ersatz dafuer, obwohl es nicht unter die im Vertrag bezeichnete Kategorie fiel, ausnahmsweise gleichfalls seine Mark zurueck und die Freiheit. Den meisten Staedten der griechisch-asiatischen Hansa wurden ueberdies Gebietserweiterungen und andere Vorteile zuteil. Am besten ward natuerlich Rhodos bedacht, das Lykien mit Ausschluss von Telmissos und den groesseren Teil von Karien suedlich vom Maeander empfing; ausserdem garantierte Antiochos in seinem Reiche den Rhodiern ihr Eigentum und ihre Forderungen sowie die bisher genossene Zollfreiheit.

Alles uebrige, also bei weitem der groesste Teil der Beute, fiel an die Attaliden, deren alte Treue gegen Rom sowie die von Eumenes in diesem Kriege bestandene Drangsal und sein persoenliches Verdienst um den Ausfall der entscheidenden Schlacht von Rom so belohnt ward, wie nie ein Koenig seinen Verbuendeten gelohnt hat. Eumenes empfing in Europa den Chersonesos mit Lysimacheia; in Asien ausser Mysien, das er schon besass, die Provinzen Phrygien am Hellespont, Lydien mit Ephesos und Sardes, den noerdlichen Streif von Karien bis zum Maeander mit Tralles und Magnesia, Grossphrygien und Lykaonien nebst einem Stueck von Kilikien, die milysche Landschaft zwischen Phrygien und Lykien und als Hafenplatz am suedlichen Meer die lykische Stadt Telmissos; ueber Pamphylien ward spaeter zwischen Eumenes und Antiochos gestritten, inwieweit es dies- oder jenseits der gesteckten Grenze liege und also jenem oder diesem zukomme. Ausserdem erhielt er die Schutzherrschaft und das Zinsrecht ueber diejenigen griechischen Staedte, die nicht unbeschraenkt die Freiheit empfingen; doch wurde auch hier bestimmt, dass den Staedten ihre Freibriefe bleiben und die Abgabe nicht erhoeht werden solle. Ferner musste Antiochos sich anheischig machen, die 350 Talente (600000 Taler), die er dem Vater Attalos schuldig geworden war, dem Eumenes zu entrichten, ebenso ihn mit 127 Talenten (218000 Taler) fuer die rueckstaendigen Getreidelieferungen zu entschaedigen. Endlich erhielt Eumenes die koeniglichen Forsten und die von Antiochos abgelieferten Elefanten, nicht aber die Kriegsschiffe, die verbrannt wurden; eine Seemacht litten die Roemer nicht neben sich. Hierdurch war das Reich der Attaliden in Osteuropa und Asien das geworden, was Numidien in Afrika war, ein von Rom abhaengiger maechtiger Staat mit absoluter Verfassung, bestimmt und faehig, sowohl Makedonien als Syrien in Schranken zu halten, ohne anders als in ausserordentlichen Faellen roemischer Unterstuetzung zu beduerfen. Mit dieser durch die roemische Politik gebotenen Schoepfung hatte man die durch republikanische und nationale Sympathie und Eitelkeit gebotene Befreiung der asiatischen Griechen soweit moeglich vereinigt. Um die Angelegenheiten des ferneren Ostens jenseits des Tauros und Halys war man fest entschlossen, sich nicht zu bekuemmern; es zeigen dies sehr deutlich die Bedingungen des Friedens mit Antiochos und noch entschiedener die bestimmte Weigerung des Senats, der Stadt Soloi in Kilikien die von den Rhodiern fuer sie erbetene Freiheit zu gewaehren. Ebenso getreu blieb man dem festgestellten Grundsatz, keine unmittelbaren ueberseeischen Besitzungen zu erwerben. Nachdem die roemische Flotte noch eine Expedition nach Kreta gemacht und die Freigebung der dorthin in die Sklaverei verkauften Roemer durchgesetzt hatte, verliessen Flotte und Landheer im Nachsommer 566 (188) Asien, wobei das Landheer, das wieder durch Thrakien zog, durch die Nachlaessigkeit des Feldherrn unterwegs von den Ueberfaellen der Wilden viel zu leiden hatte. Die Roemer brachten nichts heim aus dem Osten als Ehre und Gold, die in dieser Zeit sich schon beide in der praktischen Form der Dankadresse, dem goldenen Kranze, zusammenzufinden pflegten.

Auch das europaeische Griechenland war von diesem asiatischen Krieg erschuettert worden und bedurfte neuer Ordnung. Die Aetoler, die immer noch nicht gelernt hatten, sich in ihre Nichtigkeit zu finden, hatten nach dem im Fruehling 564 (190) mit Scipio abgeschlossenen Waffenstillstand nicht bloss durch ihre kephallenischen Korsaren den Verkehr zwischen Italien und Griechenland schwierig und unsicher gemacht, sondern vielleicht noch waehrend des Waffenstillstandes, getaeuscht durch falsche Nachrichten ueber den Stand der Dinge in Asien, die Tollheit begangen, den Amynander wieder auf seinen athamanischen Thron zu setzen und mit Philippos in den von diesem besetzten aetolischen und thessalischen Grenzlandschaften sich herumzuschlagen, wobei der Koenig mehrere Nachteile erlitt. Es versteht sich, dass hiernach Rom ihre Bitte um Frieden mit der Landung des Konsuls Marcus Fulvius Nobilior beantwortete. Er traf im Fruehling 565 (189) bei den Legionen ein und nahm nach fuenfzehntaegiger Belagerung durch eine fuer die Besatzung ehrenvolle Kapitulation Ambrakia, waehrend zugleich die Makedonier, die Illyrier, die Epeiroten, die Akarnanen und Achaeer ueber die Aetoler herfielen. Von eigentlichem Widerstand konnte nicht die Rede sein; auf die wiederholten Friedensgesuche der Aetoler standen denn auch die Roemer vom Kriege ab und gewaehrten Bedingungen, welche solchen erbaermlichen und tueckischen Gegnern gegenueber billig genannt werden muessen. Die Aetoler verloren alle Staedte und Gebiete, die in den Haenden ihrer Gegner waren, namentlich Ambrakia, welches infolge einer gegen Marcus Fulvius in Rom gesponnenen Intrige spaeter frei und selbstaendig ward, ferner Oinia, das den Akarnanen gegeben wurde; ebenso traten sie Kephallenia ab. Sie verloren das Recht, Krieg und Frieden zu schliessen und wurden in dieser Hinsicht von den auswaertigen Beziehungen Roms abhaengig; endlich zahlten sie eine starke Geldsumme. Kephallenia setzte sich auf eigene Hand gegen diesen Vertrag und fuegte sich erst, als Marcus Fulvius auf der Insel landete; ja die Einwohner von Same, die befuerchteten, aus ihrer wohlgelegenen Stadt durch eine roemische Kolonie ausgetrieben zu werden, fielen nach der ersten Unterwerfung wieder ab und hielten eine viermonatliche Belagerung aus, worauf die Stadt endlich genommen und die Einwohner saemtlich in die Sklaverei verkauft wurden.

Rom blieb auch hier dabei, sich grundsaetzlich auf Italien und die italischen Inseln zu beschraenken. Es nahm von der Beute nichts fuer sich als die beiden Inseln Kephallenia und Zakynthos, welche den Besitz von Kerkyra und anderen Seestationen am Adriatischen Meer wuenschenswert ergaenzten. Der uebrige Laendererwerb kam an die Verbuendeten Roms; indes die beiden bedeutendsten derselben, Philippos und die Achaeer, waren keineswegs befriedigt durch den ihnen an der Beute gegoennten Anteil. Philippos fuehlte sich nicht ohne Grund verletzt. Er durfte sagen, dass in dem letzten Krieg die eigentlichen Schwierigkeiten, die nicht in dem Feinde, sondern in der Entfernung und der Unsicherheit der Verbindungen lagen, wesentlich durch seinen loyalen Beistand ueberwunden waren. Der Senat erkannte dies auch an, indem er ihm den noch rueckstaendigen Tribut erliess und seine Geiseln ihm zuruecksandte; allein Gebietserweiterungen, wie er sie gehofft, empfing er nicht. Er erhielt das magnetische Gebiet mit Demetrias, das er den Aetolern abgenommen hatte; ausserdem blieben tatsaechlich in seinen Haenden die dolopische und athamanische Landschaft und ein Teil von Thessalien, aus denen gleichfalls die Aetoler von ihm vertrieben worden waren. In Thrakien blieb zwar das Binnenland in makedonischer Klientel, aber ueber die Kuestenstaedte und die Inseln Thasos und Lemnos, die faktisch in Philipps Haenden waren, ward nichts bestimmt, der Chersonesos sogar ausdruecklich an Eumenes gegeben; und es war nicht schwer zu erkennen, dass Eumenes nur deshalb auch Besitzungen in Europa empfing, um nicht bloss Asien, sondern auch Makedonien im Notfall niederzuhalten. Die Erbitterung des stolzen und in vieler Hinsicht ritterlichen Mannes ist natuerlich; allein es war nicht Schikane, was die Roemer bestimmte, sondern eine unabweisliche politische Notwendigkeit. Makedonien buesste dafuer, dass es einmal eine Macht ersten Ranges gewesen war und mit Rom auf gleichem Fuss Krieg gefuehrt hatte: man hatte hier, und hier mit viel besserem Grund als gegen Karthago, sich vorzusehen, dass die alte Machtstellung nicht wiederkehre.

Anders stand es mit den Achaeern. Sie hatten im Laufe des Krieges gegen Antiochos ihren lange genaehrten Wunsch befriedigt, den Peloponnes ganz in ihre Eidgenossenschaft zu bringen, indem zuerst Sparta, dann, nach der Vertreibung der Asiaten aus Griechenland, auch Elis und Messene mehr oder weniger gezwungen beigetreten waren. Die Roemer hatten dies geschehen lassen und es sogar geduldet, dass man dabei mit absichtlicher Ruecksichtslosigkeit gegen Rom verfuhr. Flamininus hatte, als Messene erklaerte, sich den Roemern zu unterwerfen, aber nicht in die Eidgenossenschaft eintreten zu wollen und diese darauf Gewalt brauchte, zwar nicht unterlassen, den Achaeern zu Gemuete zu fuehren, dass solche Sonderverfuegungen ueber einen Teil der Beute an sich unrecht und in dem Verhaeltnis der Achaeer zu den Roemern mehr als unpassend seien, aber denn doch in seiner sehr unpolitischen Nachgiebigkeit gegen die Hellenen im wesentlichen den Achaeern ihren Willen getan. Allein damit hatte die Sache kein Ende. Die Achaeer, von ihrer zwerghaften Vergroesserungssucht gepeinigt, liessen die Stadt Pleuron in Aetolien, die sie waehrend des Krieges besetzt hatten, nicht fahren, machten sie vielmehr zum unfreiwilligen Mitgliede ihrer Eidgenossenschaft; sie kauften Zakynthos von dem Statthalter des letzten Besitzers Amynander und haetten gern noch Aegina dazu gehabt. Nur widerwillig gaben sie jene Insel an Rom heraus und hoerten sehr unmutig Flamininus’ guten Ratschlag, sich mit ihrem Peloponnes zu begnuegen. Sie glaubten es sich schuldig zu sein, die Unabhaengigkeit ihres Staates um so mehr zur Schau zu tragen, je weniger daran war; man sprach von Kriegsrecht, von der treuen Beihilfe der Achaeer in den Kriegen der Roemer; man fragte die roemischen Gesandten auf der achaeischen Tagsatzung, warum Rom sich um Messene bekuemmere, da Achaia ja nicht nach Capua frage, und der hochherzige Patriot, der also gesprochen, wurde beklatscht und war der Stimmen bei den Wahlen sicher. Das alles wuerde sehr recht und sehr erhaben gewesen sein, wenn es nicht noch viel laecherlicher gewesen waere. Es lag wohl eine tiefe Gerechtigkeit und ein noch tieferer Jammer darin, dass Rom, so ernstlich es die Freiheit der Hellenen zu gruenden und den Dank der Hellenen zu verdienen bemueht war, dennoch ihnen nichts gab als die Anarchie und nichts erntete als den Undank. Es lagen auch den hellenischen Antipathien gegen die Schutzmacht sicher sehr edle Gefuehle zugrunde, und die persoenliche Bravheit einzelner tonangebender Maenner ist ausser Zweifel. Aber darum bleibt dieser achaeische Patriotismus nicht minder eine Torheit und eine wahre historische Fratze. Bei all jenem Ehrgeiz und all jener nationalen Empfindlichkeit geht durch die ganze Nation vom ersten bis zum letzten Mann das gruendlichste Gefuehl der Ohnmacht. Stets horcht jeder nach Rom, der liberale Mann nicht weniger wie der servile; man dankt dem Himmel, wenn das gefuerchtete Dekret ausbleibt; man mault, wenn der Senat zu verstehen gibt, dass man wohl tun werde, freiwillig nachzugeben, um es nicht gezwungen zu tun; man tut, was man muss womoeglich in einer fuer die Roemer verletzenden Weise, “um die Formen zu retten”; man berichtet, erlaeutert, verschiebt, weicht aus, und wenn das endlich alles nicht mehr gehen will, so wird mit einem patriotischen Seufzer nachgegeben. Das Treiben haette Anspruch wo nicht auf Billigung doch auf Nachsicht, wenn die Fuehrer zum Kampf entschlossen gewesen waeren und den Untergang der Nation der Knechtschaft vorgezogen haetten; aber weder Philopoemen noch Lykortas dachten an einen solchen politischen Selbstmord - man wollte womoeglich frei sein, aber denn doch vor allem leben. Zu allem diesem aber sind es niemals die Roemer, die die gefuerchtete roemische Intervention in die inneren Angelegenheiten Griechenlands hervorrufen, sondern stets die Griechen selbst, die wie die Knaben den Stock, den sie fuerchten, selber einer ueber den andern bringen. Der von dem gelehrten Poebel hellenischer und nachhellenischer Zeit bis zum Ekel wiederholte Vorwurf, dass die Roemer bestrebt gewesen waeren, inneren Zwist in Griechenland zu stiften, ist eine der tollsten Abgeschmacktheiten, welche politisierende Philologen nur je ausgesonnen haben. Nicht die Roemer trugen den Hader nach Griechenland - wahrlich Eulen nach Athen -, sondern die Griechen ihre Zwistigkeiten nach Rom. Namentlich die Achaeer, die ueber ihren Arrondierungsgeluesten gaenzlich uebersahen, wie sehr zu ihrem eigenen Besten es gewesen, dass Flamininus die aetolisch gesinnten Staedte nicht der Eidgenossenschaft einverleibt hatte, erwarben in Lakedaemon und Messene sich eine wahre Hydra inneren Zwistes. Unaufhoerlich baten und flehten Mitglieder dieser Gemeinden in Rom, sie aus der verhassten Gemeinschaft zu loesen, darunter charakteristisch genug selbst diejenigen, die die Rueckkehr in die Heimat den Achaeern verdankten. Unaufhoerlich ward von dem Achaeischen Bunde in Sparta und Messene regeneriert und restauriert: die wuetendsten Emigrierten von dort bestimmten die Massregeln der Tagsatzung. Vier Jahre nach dem nominellen Eintritt Spartas in die Eidgenossenschaft kam es sogar zum offenen Kriege und zu einer bis zum Wahnsinn vollstaendigen Restauration, wobei die saemtlichen von Nabis mit dem Buergerrecht beschenkten Sklaven wieder in die Knechtschaft verkauft und aus dem Erloes ein Saeulengang in der Achaeerstadt Megalopolis gebaut, ferner die alten Gueterverhaeltnisse in Sparta wiederhergestellt, die Lykurgischen Gesetze durch die achaeischen ersetzt, die Mauern niedergerissen wurden (566 188). Ueber alle diese Wirtschaft ward dann zuletzt von allen Seiten der roemische Senat zum Schiedsspruch aufgefordert - eine Belaestigung, die die gerechte Strafe fuer die befolgte sentimentale Politik war. Weit entfernt, sich zu viel in diese Angelegenheiten zu mischen, ertrug der Senat nicht bloss die Nadelstiche der achaeischen Gesinnungstuechtigkeit mit musterhafter Indifferenz, sondern liess selbst die aergsten Dinge mit straeflicher Gleichgueltigkeit geschehen. Man freute sich herzlich in Achaia, als nach jener Restauration die Nachricht von Rom einlief, dass der Senat darueber zwar gescholten, aber nichts kassiert habe. Fuer die Lakedaemonier geschah von Rom aus nichts, als dass der Senat, empoert ueber den von den Achaeern verfuegten Justizmord von beilaeufig sechzig bis achtzig Spartanern, der Tagsatzung die Kriminaljustiz ueber die Spartaner nahm - freilich ein empoerender Eingriff in die inneren Angelegenheiten eines unabhaengigen Staates! Die roemischen Staatsmaenner kuemmerten sich so wenig wie moeglich um diese Suendflut in der Nussschale, wie am besten die vielfachen Klagen beweisen ueber die oberflaechlichen, widersprechenden und unklaren Entscheidungen des Senats; freilich, wie sollte er klar antworten, wenn auf einmal vier Parteien aus Sparta zugleich im Senat gegeneinander redeten! Dazu kam der persoenliche Eindruck, den die meisten dieser peloponnesischen Staatsmaenner in Rom machten; selbst Flamininus schuettelte den Kopf, als ihm einer derselben heute etwas vortanzte und den andern Tag ihn von Staatsgeschaeften unterhielt. Es kam so weit, dass dem Senat zuletzt die Geduld voellig ausging und er die Peloponnesier dahin beschied, dass er sie nicht mehr bescheiden werde und sie machen koennten, was sie wollten (572 182). Begreiflich ist dies, aber nicht recht; wie die Roemer einmal standen, hatten sie die sittliche und politische Verpflichtung, hier mit Ernst und Konsequenz einen leidlichen Zustand herzustellen. Jener Achaeer Kallikrates, der im Jahre 575 (179) an den Senat ging, um ihn ueber die Zustaende im Peloponnes aufzuklaeren und eine folgerechte und gehaltene Intervention zu fordern, mag als Mensch noch etwas weniger getaugt haben als sein Landsmann Philopoemen, der jene Patriotenpolitik wesentlich begruendet hat; aber er hatte recht.

So umfasste die Klientel der roemischen Gemeinde jetzt die saemtlichen Staaten von dem oestlichen zu dem westlichen Ende des Mittelmeeres; nirgend bestand ein Staat, den man der Muehe wert gehalten haette zu fuerchten. Aber noch lebte ein Mann, dem Rom diese seltene Ehre erwies: der heimatlose Karthager, der erst den ganzen Westen, alsdann den ganzen Osten gegen Rom in Waffen gebracht hatte und der vielleicht nur gescheitert war, dort an der ehrlosen Aristokraten-, hier an der kopflosen Hofpolitik. Antiochos hatte sich im Frieden verpflichten muessen, den Hannibal auszuliefern; allein derselbe war zuerst nach Kreta, dann nach Bithynien entronnen ^5 und lebte jetzt am Hof des Koenigs Prusias, beschaeftigt, diesen in seinen Kriegen gegen Eumenes zu unterstuetzen und wie immer siegreich zu Wasser und zu Lande. Es wird behauptet, dass er auch den Prusias zum Kriege gegen Rom habe reizen wollen; eine Torheit, die so, wie sie erzaehlt wird, sehr wenig glaublich klingt. Gewisser ist es, dass zwar der roemische Senat es unter seiner Wuerde hielt, den Greis in seinem letzten Asyl aufjagen zu lassen - denn die Ueberlieferung, die auch den Senat beschuldigt, scheint keinen Glauben zu verdienen -, dass aber Flamininus, der in seiner unruhigen Eitelkeit nach neuen Zielen fuer grosse Taten suchte, auf seine eigene Hand es unternahm, wie die Griechen von ihren Ketten, so Rom von Hannibal zu befreien und gegen den groessten Mann seiner Zeit den Dolch zwar nicht zu fuehren, was nicht diplomatisch ist, aber ihn zu schleifen und zu richten. Prusias, der jaemmerlichste unter den Jammerprinzen Asiens, machte sich ein Vergnuegen daraus, dem roemischen Gesandten die kleine Gefaelligkeit zu erweisen, die derselbe mit halben Worten erbat, und da Hannibal sein Haus von Moerdern umstellt sah, nahm er Gift. Er war seit langem gefasst darauf, fuegt ein Roemer hinzu, denn er kannte die Roemer und das Wort der Koenige. Sein Todesjahr ist nicht gewiss; wahrscheinlich starb er in der zweiten Haelfte des Jahres 571 (183), siebenundsechzig Jahre alt. Als er geboren ward, stritt Rom mit zweifelhaftem Erfolg um den Besitz von Sizilien; er hatte gerade genug gelebt, um den Westen vollstaendig unterworfen zu sehen, um noch selber seine letzte Roemerschlacht gegen die Schiffe seiner roemisch gewordenen Vaterstadt zu schlagen, um dann zuschauen zu muessen, wie Rom auch den Osten ueberwand gleichwie der Sturm das fuehrerlose Schiff, und zu fuehlen, dass er allein imstande war, es zu lenken. Es konnte ihm keine Hoffnung weiter fehlschlagen, als er starb; aber redlich hatte er in fuenfzigjaehrigem Kampfe den Knabenschwur gehalten.

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^5 Dass er auch nach Armenien gekommen sei und auf Bitten des Koenigs Artaxias die Stadt Artaxata am Araxes erbaut habe (Strab. 11 p. 528; Plut. Luc. 31), ist sicher Erfindung; aber es ist bezeichnend, wie Hannibal, fast wie Alexander, mit den orientalischen Fabeln verwachsen ist.

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Um dieselbe Zeit, wahrscheinlich in demselben Jahre, starb auch der Mann, den die Roemer seinen Ueberwinder zu nennen pflegten, Publius Scipio. Ihn hatte das Glueck mit allen den Erfolgen ueberschuettet, die seinem Gegner versagt blieben, mit Erfolgen, die ihm gehoerten und nicht gehoerten. Spanien, Afrika, Asien hatte er zum Reiche gebracht und Rom, das er als die erste Gemeinde Italiens gefunden, war bei seinem Tode die Gebieterin der zivilisierten Welt. Er selbst hatte der Siegestitel so viele, dass deren ueberblieben fuer seinen Bruder und seinen Vetter ^6. Und doch verzehrte auch ihn durch seine letzten Jahre bitterer Gram, und er starb, wenig ueber fuenfzig Jahre alt, in freiwilliger Verbannung, mit dem Befehl an die Seinigen, seine Leiche nicht in der Vaterstadt beizusetzen, fuer die er gelebt hatte und in der seine Ahnen ruhten. Es ist nicht genau bekannt, was ihn aus der Stadt trieb. Die Anschuldigungen wegen Bestechung und unterschlagener Gelder, die gegen ihn und mehr noch gegen seinen Bruder Lucius gerichtet wurden, waren ohne Zweifel nichtige Verleumdungen, die solche Verbitterung nicht hinreichend erklaeren; obwohl es charakteristisch fuer den Mann ist, dass er seine Rechnungsbuecher, statt sich einfach aus ihnen zu rechtfertigen, im Angesicht des Volks und der Anklaeger zerriss und die Roemer aufforderte, ihn zum Tempel des Jupiter zu begleiten und den Jahrestag seines Sieges bei Zama zu feiern. Das Volk liess den Anklaeger stehen und folgte dem Scipio auf das Kapitol; aber es war dies der letzte schoene Tag des hohen Mannes. Sein stolzer Sinn, seine Meinung, ein anderer und besserer zu sein als die uebrigen Menschen, seine sehr entschiedene Familienpolitik, die namentlich in seinem Bruder Lucius den widerwaertigen Strohmann eines Helden grosszog, verletzten viele und nicht ohne Grund. Wie der echte Stolz das Herz beschirmt, so legt es die Hoffart jedem Schlag und jedem Nadelstich bloss und zerfrisst auch den urspruenglichen Hochsinn. Ueberall aber gehoert es zur Eigentuemlichkeit solcher, aus echtem Gold und schimmerndem Flitter seltsam gemischter Naturen, wie Scipio eine war, dass sie des Glueckes und des Glanzes der Jugend beduerfen, um ihren Zauber zu ueben, und dass, wenn dieser Zauber zu schwinden anfaengt, unter allen am schmerzlichsten der Zauberer selbst erwacht.

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^6 Africanus, Asiagenus, Hispallus.

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