2.

Die allgemeinste Formel, die jeder Religion und Moral zu Grunde liegt, heisst: "Thue das und das, lass das und das - so wirst du glücklich! Im andern Falle…" Jede Moral, jede Religion ist dieser Imperativ, - ich nenne ihn die grosse Erbsünde der Vernunft, die unsterbliche Unvernunft. In meinem Munde verwandelt sich jene Formel in ihre Umkehrung - erstes Beispiel meiner "Umwerthung aller Werthe": ein wohlgerathener Mensch, ein "Glücklicher", muss gewisse Handlungen thun und scheut sich instinktiv vor anderen Handlungen, er trägt die Ordnung, die er physiologisch darstellt, in seine Beziehungen zu Menschen und Dingen hinein. In Formel: seine Tugend ist die Folge seines Glücks… Langes Leben, eine reiche Nachkommenschaft ist nicht der Lohn der Tugend, die Tugend ist vielmehr selbst jene Verlangsamung des Stoffwechsels, die, unter Anderem, auch ein langes Leben, eine reiche Nachkommenschaft, kurz den Cornarismus im Gefolge hat. - Die Kirche und die Moral sagen: "ein Geschlecht, ein Volk wird durch Laster und Luxus zu Grunde gerichtet." Meine wiederhergestellte Vernunft sagt: wenn ein Volk zu Grunde geht, physiologisch degenerirt, so folgen daraus Laster und Luxus (das heisst das Bedürfniss nach immer stärkeren und häufigeren Reizen, wie sie jede erschöpfte Natur kennt). Dieser junge Mann wird frühzeitig blass und welk. Seine Freunde sagen: daran ist die und die Krankheit schuld. Ich sage: dass er krank wurde, dass er der Krankheit nicht widerstand, war bereits die Folge eines verarmten Lebens, einer hereditären Erschöpfung. Der Zeitungsleser sagt: diese Partei richtet sich mit einem solchen Fehler zu Grunde. Meine höhere Politik sagt: eine Partei, die solche Fehler macht, ist am Ende - sie hat ihre Instinkt-Sicherheit nicht mehr. Jeder Fehler in jedem Sinne ist die Folge von Instinkt-Entartung, von Disgregation des Willens: man definirt beinahe damit das Schlechte. Alles Gute ist Instinkt - und, folglich, leicht, nothwendig, frei. Die Mühsal ist ein Einwand, der Gott ist typisch vom Helden unterschieden (in meiner Sprache: die leichten Füsse das erste Attribut der Göttlichkeit).

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