7.

Moral für Psychologen. - Keine Colportage-Psychologie treiben! Nie beobachten, um zu beobachten! Das giebt eine falsche Optik, ein Schielen, etwas Erzwungenes und Übertreibendes. Erleben als Erleben-Wollen - das geräth nicht. Man darf nicht im Erlebniss nach sich hinblicken, jeder Blick wird da zum "bösen Blick". Ein geborner Psycholog hütet sich aus Instinkt, zu sehn, um zu sehn; dasselbe gilt vom gebornen Maler. Er arbeitet nie "nach der Natur", - er überlässt seinem Instinkte, seiner camera obscura das Durchsieben und Ausdrücken des "Falls", der "Natur", des "Erlebten"… Das Allgemeine erst kommt ihm zum Bewusstsein, der Schluss, das Ergebniss: er kennt jenes willkürliche Abstrahiren vom einzelnen Falle nicht. - Was wird daraus, wenn man es anders macht? Zum Beispiel nach Art der Pariser romanciers gross und klein Colportage-Psychologie treibt? Das lauert gleichsam der Wirklichkeit auf, das bringt jeden Abend eine Handvoll Curiositäten mit nach Hause… Aber man sehe nur, was zuletzt herauskommt - ein Haufen von Klecksen, ein Mosaik besten Falls, in jedem Falle etwas Zusammen-Addirtes, Unruhiges, Farbenschreiendes. Das Schlimmste darin erreichen die Goncourt: sie setzen nicht drei Sätze zusammen, die nicht dem Auge, dem Psychologen-Auge einfach weh thun. - Die Natur, künstlerisch abgeschätzt, ist kein Modell. Sie übertreibt, sie verzerrt, sie lässt Lücken. Die Natur ist der Zufall. Das Studium "nach der Natur" scheint mir ein schlechtes Zeichen: es verräth Unterwerfung, Schwäche, Fatalismus, - dies Im-Staube-Liegen vor petits faits ist eines ganzen Künstlers unwürdig. Sehen, was ist - das gehört einer andern Gattung von Geistern. zu, den antiartistischen, den Thatsächlichen. Man muss wissen, wer man ist…

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