ZWEITE SZENE

(Daselbst, ein anderes Zimmer)

(Lady Macbeth tritt auf mit einem Diener.)

LADY MACBETH
Ist Banquo fort vom Hof?

DIENER
Ja, Herrin, doch er kommt zurück heut abend.

LADY MACBETH
Dem König meld, ich lasse ihn ersuchen
Um wenge Augenblicke.

DIENER
Ich gehorche.

(Er geht ab.)

LADY MACBETH
Nichts ist gewonnen, alles ist dahin,
Stehn wir am Ziel mit unzufriednem Sinn:
Viel sichrer, das zu sein, was wir zerstört,
Als daß Zerstörung schwankend Glück gewährt.

(Macbeth tritt auf.)

Nun, teurer Freund, was bist du so allein
Und wählst nur trübe Bilder zu Gefährten?
Gedanken hegend, die doch tot sein sollten,
Wie jen', an die sie denken. Was unheilbar,
Vergessen sei's! Geschehn ist, was geschehn.

MACBETH
Verwundet ward die Schlange, nicht getötet;
Sie heilt und bleibt dieselb, indes ihr Zahn
Wie sonst gefährdet unsre arme Bosheit.
Doch ehe soll der Dinge Bau zertrümmern,
Die beiden Welten schaudern, eh wir länger
In Angst verzehren unser Mahl und schlafen
In der Bedrängnis solcher grausen Träume,
Die uns allnächtlich schütteln. Lieber bei
Dem Toten sein, den, Frieden uns zu schaffen,
Zum Frieden wir gesandt, als auf der Folter
Der Seel in ruheloser Qual zu zucken.
Duncan ging in sein Grab,
Sanft schläft er nach des Lebens Fieberschauern.
Sein Ärgstes tat Verrat: nicht Gift noch Dolch,
Einheimsche Bosheit, fremder Anfall, nichts
Kann ferner ihn berühren.

LADY MACBETH
O laß gut sein,
Mein liebster Mann, nun glätte deine Miene,
Sei froh und munter heut mit deinen Gästen!

MACBETH
Das will ich, Liebe, und sei's bitte auch!
Vor allem wend auf Banquo deine Sorgfalt
Und schenk ihm Auszeichnung mit Wort und Blick.
Unsicher noch sind wir genötigt, so
Zu baden unsre Würd in Schmeichelströmen;
Daß unser Antlitz Larve wird des Herzens,
Verbergend, was es ist.

LADY MACBETH
Du mußt das lassen!

MACBETH
Oh, von Skorpionen voll ist mein Gemüt!
Du weißt, Geliebte, Banquo lebt und Fleance.

LADY MACBETH
Doch gilt nicht ewig ihres Lebens Lehnsbrief.

MACBETH
Ja, das ist Trost: man kann noch an sie kommen;
Drum sei du fröhlich! Eh die Fledermaus
Geendet ihren klösterlichen Flug,
Eh, auf den Ruf der dunkeln Hekate,
Der hornbeschwingte Käfer, schläfrig summend,
Die nächtge Schlummerglocke hat geläutet,
Ist eine Tat geschehn furchtbarer Art.

LADY MACBETH
Was hast du vor?

MACBETH
Unschuldig bleibe, Kind, und wisse nichts,
Bis du der Tat kannst Beifall rufen. Komm
Mit deiner dunklen Binde, Nacht, verschließe
Des mitleidvollen Tages zartes Auge,
Streich durch mit unsichtbarer, blutger Hand
Und reiß in Stücke jenen großen Lehnsbrief,
Der meine Wangen bleicht!—Das Licht wird trübe,
Die Kräh erhebt den Flug zum dunstigen Wald;
Zum Schlaf duckt sich des Tages gute Welt,
Indes schwarz Nachtzeug seine Beut anfällt.
Du staunst mich an? Still!—Sündentsproßne Werke
Erlangen nur durch Sünden Kraft und Stärke.
So bitte, geh mit mir!

(Sie gehn ab.)

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