ERSTE SZENE

(Daselbst, Schloßhof)

(Es treten auf Banquo, Fleance, [ein Diener] mit einer

Fackel voran.)

BANQUO
Wie spät, mein Sohn?

FLEANCE

Der Mond ging unter, schlagen hört ichs nicht.

BANQUO
Um zwölf Uhr geht er unter.

FLEANCE 's ist wohl später.

BANQUO
Da, nimm mein Schwert!—'s ist Sparsamkeit im Himmel,
Aus taten sie die Kerzen.—Nimm das auch!
Ein schwerer Schlaftrieb liegt wie Blei auf mir,
Und doch möcht ich nicht schlafen. Gnädge Mächte!
Hemmt in mir böses Denken, dem Natur
Im Schlummer Raum gibt.—Gib mein Schwert!

([Macbeth tritt auf und ein Diener mit einer
Fackel.])

Wer da?

(Macbeth tritt auf und ein Diener mit einer Fackel.)

MACBETH
Ein Freund.

BANQUO
Wie, Herr, noch auf? Der König ist zu Bett.
Er war ausnehmend froh und sandte noch
All Euren Hausbedienten reiche Gaben;
Doch Eure Frau soll dieser Demant grüßen
Als seine gütge Wirtin. Höchst zufrieden
Begab er sich zur Ruh.

MACBETH
Unvorbereitet,
Ward nur des Mangels Diener unser Wille,
Der sonst sich frei enthüllt'.

BANQUO
Alles war gut.—
Mir träumte jüngst von den drei
Zauberschwestern:
Euch haben sie was Wahres doch gesagt.

MACBETH
Ich denke nicht an sie;
Doch ließe sich gelegne Stunde finden,
So sprächen wir wohl einiges in der Sache,
Gewährtet Ihr die Zeit.

BANQUO
Wie's Euch beliebt.

MACBETH
Schließt Ihr Euch meinem Sinn an—wenn es ist,
Wirds Ehr Euch bringen.

BANQUO
Büß ich sie nicht ein,
Indem ich sie zu mehren streb, und bleibt
Mein Busen frei und meine Lehnspflicht rein,
Gern nehm ich Rat an.

MACBETH
Gute Nacht indes!

BANQUO
Dank, Herr, Euch ebenfalls!

(Banquo, Fleance [und Diener] ab.)

MACBETH
Sag deiner Herrin, wenn mein Trank bereit,
Soll sie die Glocke ziehn. Geh du zu Bett!

(Der Diener geht ab.)

Ist das ein Dolch, was ich vor mir erblicke,
Der Griff mir zugekehrt? Komm, laß dich packen!—
Ich faß dich nicht, und doch seh ich dich immer.
Bist du, Unglücksgebild, so fühlbar nicht
Der Hand, gleich wie dem Aug? Oder bist du nur
Ein Dolch der Einbildung, ein nichtig Blendwerk,
Das aus dem heiß gequälten Hirn erwächst?
Ich seh dich noch, so greifbar von Gestalt
Wie der, den jetzt ich zücke.
Du gehst mir vor den Weg, den ich will schreiten,
Und eben solche Waffe wollt ich brauchen.
Mein Auge ward der Narr der andern Sinne,
Oder mehr als alle wert.—Ich seh dich stets,
Und dir an Griff und Klinge Tropfen Bluts,
Was erst nicht war.—Es ist nicht wirklich da:
Es ist die blutige Arbeit, die mein Auge
So in die Lehr nimmt.—Auf der halben Erde
Scheint tot Natur jetzt, den verhangnen Schlaf
Quälen Versucherträume; Hexenkunst
Begeht den Dienst der bleichen Hekate,
Und dürrer Mord schreitet gespenstisch nun,
Durch seine Schildwacht aufgeschreckt, den Wolf,
Der ihm das Wachtwort heult, so diebschen Schrittes,
Wie wild entbrannt Tarquin, dem Ziel entgegen.
Du sichere und festgefugte Erde,
Hör meine Schritte nicht, wo sie auch wandeln,
Daß nicht ausschwatzen selber deine Steine
Mein Wohinaus, und von der Stunde nehmen
Den jetzgen stummen Graus, der so ihr ziemt.
Hier droh ich, er lebt dort;
Für heiße Tat zu kalt das müßge Wort!

(Die Glocke wird angeschlagen.)

Ich geh, und 's ist getan; die Glocke mahnt.
Hör sie nicht, Duncan, 's ist ein Grabgeläut,
Das dich zu Himmel oder Höll entbeut.

(Ab. [Er steigt hinauf.)

Share on Twitter Share on Facebook