Rolandt
geht mit Willanda, seinem Weib, in Baurs-Kleidern und singt:
Ach soll ich dir nit sagen
Von Janen, vnserm Sohn?
Der thut sich so hart klagen
Vnd will kurtzumb davon.
5
Er will nicht bey uns bleiben,
Sonder verdingen sich;
Will lernen lesen und schreiben:
Liebs Weib, wie düncket dich?
Willanda singt:
Er ist nun bey sein Jaren.
10
Wenn er nicht bleiben will,
1. Lecker, ‘scamp’, ‘rascal’.
So lass den lecker1 faren!
Er nützt dir sonst nit vil;
Dann er arbeit nit geren,
243
2. Leyrt, ‘loafs around.’
3. Feurent = feiernd, ‘doing no work.’
15
Sein kan ich wol emperen,
Biss er wider herkumb.
Jann Posset
geht ein, tregt sein Bündel an eim Spiesslein und spricht:
Hört, Vatter! ich will wandern,
Mag nicht mehr eur Knecht sein.
Darumb dingt euch ein andern!
20
Ich will in die Statt nein,
Mir schaffen einen Herren,
Der mir gibt einen lohn
Vnd mich thut etwas lehren.
Eur beeder ich gnug han.
Rollandt singt:
25
Du bist ein fauler Bengel,
Drumb bleib bei mir herauss!
Ich meint, du habst kein mengel
In deines Vatters hauss.
Kanst du aber nicht bleiben,
30
Solst du wissen von mir:
4. Dir . . . reiben, ‘tan your jacket.’
Ich will dir den Buckl reiben,4
Du solsts empfinden schir.
Jann singt:
Fürwar, alhie so bleib ich nicht,
Ir seit ein grober Baur,
35
Ir habt ein strenges Angesicht
5. Schellig, ‘crazy’, ‘savage.’
Und secht schellig5 vnd saur.
So ist die Mutter vngschaffen,
6. Zerlampet, probably a mistake for zerlumpet.
Zeiht gar zerlampet6 her,
Runtzlet gleich wie die Affen
40
Vnd brummt als wie ein Beer.
Willanda singt:
Ach du leichtfertiger Hudler,
Wolst mich so machen auss?
Du bist ein fauler sudler,
Pack dich balt auss meim hauss!
45
Mit dir mag ich nicht palgen;
7. Wend = wenn du.
Wend7 je nicht bleiben wilt,
So droll dich nauss an Galgen!
Deinthalb es mir gleich gilt.
(Jann will fortgehen, sein Vater ist zornig.)
Roland singt:
8. Vor = erst.
Wart, Lecker, thu vor8 hören!
50
Ich will dirs drencken ein
Vnd dich vor lernen ehren
Vatter und Mutter dein.
Das nimm zu einer zehrung mit!
Pack dich zum Teuffel heut!
55
Dann wenn du schon hie bleibest nit,
Hab ich dennoch gnug freundt.
(Er schlegt jn ab vnd gehn alle ab.)
Kummt Herr Emerich vnd sagt:
Ich bin fürwar ein alter Mann
Vnd gar vbel zu fuss.
Ein Knecht den will ich nemen an,
60
Der auff mich warten muss
Im hauss vnd auff der Gassen,
Dieweil die Haussfrau mein
Mich nicht allein will lassen
Also gehn auss vnd ein.
244
(Jann Posset geht ein.)
Herr Emerich singt:
65
Schau! dort kummt hergangen
Ein Knecht; den nimm ich an,
Will jn gehn balt empfangen.
(Er geht zu ihm vnd sagt:)
Was seit ir für ein Mann?
Ein Knecht den solt ich dingen,
70
Der thet warten auff mich.
9. Lassen zwingen, ‘accept the conditions.’
Will du dich lassen zwingen,9
Darff ich annemen dich.
Jann singt:
So wist! ich kumm geloffen rein
Von einem Dorf drey Meil,
75
Von Rolanden, dem Vater mein,
Bey dem ich ward ein weil,
Von dem ich nichts kund lehren,
Vnd kumm her in die Stadt.
Halt jr mich nun in ehren,
10. Finden . . . stat, ‘find our account,’ ‘get along.’
80
So finden wir beid stat.10
Auch will ich gern sein euer Knecht,
Wenn jr mich dingen wolt,
Wils euch auch als verrichten recht;
Iedoch jr mir auch solt
85
Als, was ich hab zu schaffen,
Schreiben auff einen Brieff;
Vnd dörfft mich auch drumb straffen,
Wenn ichs nich als wol triff.
Herr Emerich sagt:
Was soll ich dir lang schreiben?
90
Thu halt, was ich dich heiss!
So kanst du bey mir bleiben,
Wenn thu es thust mit fleiss.
Du must halt auff mich warten
Vnd all Handreichung than,
95
Mich führn in mein Garten
Vnd was ich dir zeig an.
Jann singt:
Weil ich vor nicht bin gwest alhie
Vnd gedient in der Stadt,
Den gebrauch auch erfahren nie,
100
Was es für Arbeit hat,
So last euch nicht schwer fallen für,
Zu machen mir ein Brieff,
Das ichs als hab geschribn bey mir
Vnd mich nicht vbergrieff.
105
Ich bin gar ein vergessner Mann;
Wenn man mir sagt zu vil,
Ich es fürwar nicht mercken kan.
Iedoch ich als thon will,
Was man mir wird auffschreiben.
110
Mein Herr, versuchts mit mir!
Herr Emerich singt:
Nun so thu bey mir bleiben!
Ich will dirs schreiben für.
So geh halt in die Stuben nein
Vnd foder ein Schreibzeug!
115
Denselben trag zu mir herein!
So beschreib ich dirs gleich,
Wastu hast zu schaffen bey mir.
Kummst du demselben nach,
So bin ich zu friden mit dir
120
Ietzund vnd mein lebtag.
245
Jann
neigt sich vnd geht ab. Kummt bald wieder, bringt ein Feurzeug und singt:
Alhie bring ich den Feurzeug euch,
Wie jr den habt begert.
Herr Emerich singt:
Ey nein, ich mein ein Schreibzeug,
Du hast nicht recht gehört.
125
Ein Schreibzeug bring mit Dinten,
Dass ich kan schreiben dir!
Gehe nein (du wirst ihn finden)
Vnd bring denselben mir!
Jann
geht wider ab, zeicht den Hut ab, kummt balt wider, bringt ein Krug vnd singt:
Ach, mein Herr, da habt jr den Krug,
130
Die weil jr trincken wölt,
Da trincket euch halt eben gnug,
So vil, als euch gefelt!
Emerich singt:
Wie bist du so vnbesunnen?
Du hast nicht gsuchet recht,
135
Sonst hest gnug Dinten gfunnen.
(Jann will gehen.)
Emerich singt:
Ey, hör noch eins, mein Knecht!
Wenn du die Dinten bringenthust,
So bring sie mir herein!
Dabey du mir auch bringen must,
140
Ein Federn tragen rein.
So will ich dir auffschreiben,
Wie ich mit dir hab gredt.
Jann sagt:
Ich will nicht lang aussbleiben,
Balt kommen an der stet.
(Er geht ab.)
Emerich, der alt, singt:
145
Dass ist ein rechter Knecht für mich
Vnd für die Frauen mein.
Für gar frumm ich jn zwar ansich,
Dort kummt er gleich herein.
Er thut die Dinten tragen,
150
Drumb hort mir alle zu,
Was der gut gsell wird sagen,
Wenn ich jtzt schreiben thu.
Jann
geht ein, tregt ein Schreibzeug in der Hand vnd in der andern ein lange Hannenfedern vnd singt:
Secht da, Herr, diesen Schreibzeug,
Den schicket euch die Frau.
155
Auch schicket sie die Federn euch.
Emerich singt:
11. Dilldap, ‘simpleton.’
Du grober Dilldap,11 schau!
Was soll doch diese Federn mir?
Man kan nit schreiben mit.
Der Federn bass geziemet dir.
(Er steckt Jannen die Federn auff.)
Jann sagt:
160
Ach, mein Herr, zürnet nit!
246
Herr Emerich sagt:
So geh balt wider neinwartz du
Vnd bring ein Federn mir!
So richt ich dir dein bstallung zu;
Auch hol mir ein Papir!
165
So kan ich darauff schreiben,
Was du must richten auss.
Jann geht ab vnd singt:
Ich will nicht lang aussbleiben,
Sonder balt kommen rauss.
(Jann geht balt wider ein, bringt ein Schreibfedern vnnd ein Glass mit Bier vnd singt:)
Hort, Herr! jtzt kumm ich wider rein,
170
Bring ein Feder mit mir.
Eur Frau hat mir auch erst gschencket ein
Dieses frisch Glass mit Bier.
Dass solt jr von mir haben,
Wenn es euch schmecken thut,
175
Eur Hertz damit zu laben,
Vnd haben ein guten muth.
Herr Emerich sagt:
Du must ein seltzamer Vogl sein,
Ich schick dich nach Papir,
So bringstu mir zu trincken rein.
180
Geh nein! heiss geben dir
Ein Papir, drauff zu schreiben
Vnd thu der Sachen recht!
Sonst kanst nicht bey mir bleiben,
Du Eilenspigelsknecht!