Die schwarzen Brüder

Heinrich Zschokke

Eine abentheuerliche Geschichte
von
M. J. R.

Berlin und Frankfurt,
bei Johann Andreas Kunze.

An
Friedrich Behrends
in M***.

 

Mein Vetterchen,

Und fragen Sie tausendmal warum ich nichts bessers, nichts allgemeinnüzzigeres, als einen Roman geschrieben habe, so bekommen Sie doch immer eine und eben dieselbe Antwort, daß ich nämlich just einen Roman schreiben wollte, er mögte so abentheuerlich werden, als er es wolle. Zweitens, weil der größte Theil heutiger Leser nur nach dieser Waare am liebsten zu fragen gewohnt ist, und sie theils in Privatbibliotheken, theils in Lesezirkeln, theils in Lesebibliotheken aufnimmt. Drittens, weil doch auch ein Roman, wenn er nur irgends seinen Mann zu unterhalten weiß, seinen Nuzzen haben kann, aut negative aut positive.

Frage: wie so? — Antwort: weil er, erstlich, hin und wieder auf einen guten Akker ein gutes Saamenkorn streuen kann. Zum andern dient er wenigstens als ein Etwas wider die traurige Langeweile. Ein fetter Landrath vergißt vielleicht über das Lesen einen neuen Anschlag auf die Kasse seiner reichen Bauern, welchen er in langweiligen Minuten ausgegrübelt hatte. Eine verliebte Donna besinnt sich vielleicht in Rüksicht ihres Galans, der unmöglich ihr ehelicher Gemahl werden könnte, eines bessern. Ein runder, orthodoxer Beisizzer des hohen Sinedriums läßt vielleicht, vertieft in meine Plaudereien, einen braven freidenkenden Schriftsteller durchschlüpfen, dessen zum Druk bestimmtes Manuscript sehnlich nach einem vidi von der Hand des Zensors schmachtet. — Eine alte zänkische Tante sieht vielleicht einem liebenden Mädchen durch die Finger zu, und willigt von Herzen in Verlobung und Hochzeit, indem sie hoft, der arme Bräutgam werde mit Gottes Hülfe doch auch noch einmal ein Herr von Sorbenburg. — Ein junger Autor nimmt sich vielleicht beim Lesen meines Romans vor ein unsterblicheres Werk hervorzubringen, als das meinige ist. — Ein Rezensent erwirbt sich vielleicht, um die deutsche Litteratur ein unendliches Verdienst, wenn er meinen armen, abentheuerlichen Roman zum abentheuerlichsten Popanz, zum Vögelscheu und furchtbaren Merkzeichen für alle und jede macht, welche sichs einfallen lassen mögten ein Romänchen zu verfertigen. — —

O sehn Sie doch wie viel Vielleichts! wie einen großen Nuzzen mein Buch bewirken kann! — Doch der größte ist und bleibt, daß ich Gelegenheit habe Ihnen auch hier zu sagen, wie sehr Sie liebt, bewundert und achtet.

Der Verfasser.

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