5. Ein Mann, von innen und von außen besehen.

Der Tio Lucas war häßlicher als Picio. Er war es schon immer gewesen, und jetzt war er vierzig Jahre alt. Und doch hat wohl Gott wenige so sympathische und angenehme Männer in die Welt gesetzt. Von seiner Lebhaftigkeit, seinem Witz und seinem Verstande eingenommen, hatte ihn der verstorbene Bischof von seinen Eltern, die Hirten, aber nicht Seelen-, sondern leibhaftige Schafhirten waren, verlangt. Als Se. Hochwürden gestorben war und der junge Bursche das Seminar mit der Kaserne vertauscht hatte, zeichnete der General Caro ihn vor dem ganzen Heere aus, indem er ihn zu seiner vertrauten Ordonnanz machte. Als Tio Lucas endlich seine militärische Laufbahn aufgegeben, wurde es ihm ebenso leicht, das Herz der Seña Frasquita zu erobern, wie es ihm leicht geworden, die Achtung des Generals und des Prälaten zu erwerben. Die Navarresin, die zu jener Zeit zwanzig Frühlinge zählte und der Augapfel aller jungen Bursche von Estella, und darunter recht reiche, war, konnte den fortgesetzten Artigkeiten, den witzigen Einfallen, den Blicken des verliebten Affen und dem spöttischen, beständigen Lächeln voller Bosheit, aber auch voller Sanftmut jenes kecken, beredten, klugen, bereitwilligen, tapfern und witzigen Murcianers nicht widerstehen, und so verdrehte er ihr endlich den Kopf, und nicht allein der vielbegehrten Schönheit, sondern auch ihren Eltern.

Lucas war dazumal und bis zu dem Zeitpunkte, von dem wir jetzt sprechen, von kleiner Statur (wenigstens im Verhältnis zu seiner Frau), mit etwas hohen Schultern, sehr brünett, mit dünnem Bart, großer Nase, großen Ohren und blatternarbig. Dagegen war sein Mund regelmäßig und sein Gebiß unvergleichlich schön. Eigentlich konnte man sagen, daß nur die Schale rauh und häßlich an jenem Manne war; sobald man aber anfing, in das Innere einzudringen, so erschienen alle seine Vorzüge, und diese Vorzüge begannen mit den Zähnen, dann kam die Stimme, vibrierend, biegsam, anziehend, zuweilen männlich und ernst, süß und weich wenn er um etwas bat, und fast stets unwiderstehlich. Darauf kam das, was er mit jener Stimme sagte: Alles zur rechten Zeit, verständig, klug, überzeugend... Und zuletzt waren in der Seele des Tio Lucas Mut, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, gesunder Menschenverstand, Wunsch nach Wissen, sowie instinktive oder durch die Erfahrung gewonnene Kenntnisse vieler Dinge, eine tiefe Verachtung aller Narren, welcher gesellschaftlichen Kategorie sie auch angehören mochten, und ein Geist der Ironie, des Spottes, des Sarkasmus, welcher ihm in den Augen des Akademikers das Ansehen eines ungeschliffenen Don Francisko de Quevedo gab.

So war also der Tio Lucas von innen und von außen beschaffen.

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