Âventiure wie der Nibelunge hort ze Wormeß kam.

Dô diu edel Kriemhilt   alsô verwitwet wart A.1041

bî ir inme lande   der grâve Eckewart

beleip mit sînen mannen:   sîn triuwe im daß gebôt.

er diende sîner vrouwen   mit willen unz an sînen tôt.

Ze Wormeß bî dem münster   ein gezimber man ir slôß, A.1042

wît und vil michel,   rîch unde grôß,

dâ si mit ir gesinde   sît âne vreude saß.

si was ze kirchen gerne   und tet vil willeclîchen daß.

Dô man begruob ir vriedel,   wie selten si daß lie! 1043

mit trûrigem muote   si alle zît dar gie

und bat Got den rîchen   sîner sêle phlegen.

vil dicke wart beweinet   mit grôßen triuwen der degen.

Uote und ir gesinde   trôstens alle stunt; A.1044

dô was ir daß herze   sô grœßlîchen wunt,

eß kunde niht vervâhen,   swaß man ir trôstes bôt.

si het nâch ir vriunde   die aller grœßisten nôt,

Die nâch liebem manne   ie mê wîp gewan. A.1045

man moht ir michel tugende   kiesen wol dar an.

si klagete unz an ir ende,   die wîle werte ir lîp.

sît rach sich wol mit ellen   in grôßen triuwen daß wîp.

[S. 358]

Sus saß si nâch ir leide,   daß ist alwâr, 1046

nâch ir mannes tôde   unz in daß vierde jâr,

daß si ze Gunthere   nie kein wort gesprach,

und ouch ir vîent Hagenen   in der zîte nie gesach.

Dô sprach von Tronje Hagene:   ‚muget ir daß tragen an, A.1047

daß ir iuwer swester   ze vriunt möhtet hân?

sô kœm zuo disem lande   der Niblunge golt:

des möht ir vil gewinnen,   wurde uns diu küneginne holt.‘

‚Daß suln wir versuochen,‘   sprach der künic sân. A.1048

‚ich wil eß mîne bruoder   hin zir werben lân,

daß si mir daß vüegen,   daß si daß gerne sehe.‘

‚ine trouwes niht,‘ sprach Hagene,   ‚daß eß immer geschehe.‘

Dô hieß er Ortwînen   hin ze hove gân A.1049

und den marcgrâven Gêren.   dô daß was getân,

man brâhte ouch Gêrnôte   und Gîselher daß kint.

si versuohtens vriuntlîchen   an vrouwen Kriemhilde sint.

Dô sprach von Burgunden   der küene Gêrnôt: A.1050

‚vrouwe, ir klaget ze lange   den Sîvrides tôt.

iu wil der künic rihten,   daß ern niht hât erslagen.

man hœrt iuch zallen zîten   sô rehte grœßlîchen klagen.‘

Si sprach: ‚des zîht in nieman:   in sluoc Hagnen hant, A.1051

wâ man in verhouwen solde,   do er daß an mir ervant.

wie moht ich des getrouwen,   daß er im trüege haß?

ich hete wol behüetet,‘   sprach diu küneginne, ‚daß,

‚Daß ich vermeldet hête   sînen schœnen lîp. A.1052

sô ließe ich nu mîn weinen,   ich vil armeß wîp.

holt wird ich in nimmer,   die eß dâ hânt getân.‘

do begunde vlêgen Gîselher,   der vil wætlîche man.

[S. 360]

Si sprach: ‚ich muoß in grüeßen,   irn welts mich niht erlân: C.

des habt ir grôße sünde.   der künec hât mir getân

sô vil der herzen swære   gar âne mîne scholt:

mîn munt im giht der suone,   im wirt daß herze nimmer holt.‘

‚Dar nâch wirt eß beßßer,‘   sprâchen ir vriunde dô. C.

‚waß, ob er ir an verdienet,   daß si noch wirdet vrô.‘

‚er mac si wol ergetzen,‘   sprach Gêrnôt der helt.

dô sprach diu jâmers rîche:   ‚seht, nu tuon ich, swaß ir welt.

‚Ich wil den künic grüeßen.‘   dô si im des verjach, A.1053

mit sînen besten vriunden   man in vor ir sach.

dô getorste Hagene   vür si niht gegân:

wol weste er sîne schulde:   er hete ir leide getân.

Dô si verkiesen wolde   ûf Gunther den haß,A.1054

ob er si küssen solde,   eß zæme im deste baß.

wær ir von sîme râte   leide niht getân,

sô möhte er vrevellîche   dicke sîn zuo ir gegân.

Eß enwart nie suone   mit sô vil trehen mê 1055

gevüeget under vriunden.   ir tet ir schade vil wê;

si verkôs ûf si alle   wan ûf den einen man:

in hete erslagen niemen,   het eß Hagene niht getân.

Dar nâch vil unlange   dô truogen si daß an, 1056

daß diu vrouwe Kriemhilt   den grôßen hort gewan

von Niblunges lande   und vuorte in an den Rîn:

eß was ir morgengâbe,   er solde ir billîchen sîn.

Dar nâch vuor dô Gîselher   und ouch Gêrnôt.A.1057

ahtzec hundert mannen   Kriemhilt dô gebôt,

daß si in holen solden,   dâ er verborgen lac,

dâ sîn der degen Alberîch   mit sînen besten vriunden phlac.

[S. 362]

Dô man die von Rîne   nâch dem schatze komen sach, 1058

Albrîch der vil küene   zuo sînen vriunden sprach:

‚wir turren ir des hortes   vor gehaben niht,

sît sîn ze morgengâbe   diu edel küneginne giht.

‚Doch enwurdeß nimmer,‘   sprach Alberîch, ‚getân, 1059

niuwan daß wir übele   dâ verlorn hân

mit samet Sîvride   die guoten tarnhût:

wan die truoc alle zîte   der schœnen Kriemhilde trût.

‚Nu ist eß Sîvride   leider übel komen, 1060

daß uns die tarnkappen   der helt hete benomen

und daß im muose dienen   alleß ditze lant.‘

dô gie der kamerære,   dâ er die slüßßele vant.

Eß stuonden vor dem berge   Kriemhilde man 1061

und ouch ein teil ir mâge:   den schaz sie truogen dan

zuo dem sêwe   an diu schiffelîn.

den vuorte man ûf ünden   unz ze berge an den Rîn.

Ir muget von dem horte   wunder hœren sagen: A.1062

swaß zwelf kanzwegene   meist mohten tragen

in vier tagen und nahten   von dem berge dan;

ouch muos ir ieslîcher   des tages drîstunde gân.

Eß was ouch niht anders   wan gestein unde golt. A.1063

und ob man al die welte   hête versolt,

sîn wære minner niht   einer marke wert.

jâne hetes Hagene   âne schulde niht gegert.

Der wunsch lac dar under,   von golde ein rüetelîn. A.1064

der daß hete erkunnet,   der möhte meister sîn

wol in al der werlde   über ieslîchen man.

der Albrîches mâge   kom vil mit Gêrnôte dan.

[S. 364]

Dô sich der hêrre Gêrnôt   und Gîselher daß kint C.

des hortes underwunden,   do underwunden si sich sint

des landes und der burge   und maneges recken balt:

die muosen im sît dienen   bêdiu durch vorhte und ouch gewalt.

Dô si den hort behielten   in Guntheres lant, 1065

und sich diu küneginne   des alles underwant,

kamere unde türne   die wurden vol getragen;

man gehôrte nie daß wunder   von guote mêre gesagen.

Unde wær sîn tûsent stunt   noch alse vil gewesen, 1066

unde solde Sîvrit   gesunder sîn genesen,

bî im wære Kriemhilt   hemdeblôß bestân.

getriuwer wîbes künne   ein helt nie mêre gewan.

Dô si den hort nu hête,   dô brâhtes in daß lant, A.1067

vil unkunder recken;   jâ gap der vrouwen hant,

daß man sô grôßer milte   mêre nie gesach.

si phlac vil grôßer tugende;   des man der küneginne jach.

Den armen und den rîchen   begunde si nu geben, 1068

daß dô reite Hagene,   obe si solde leben

noch deheine wîle,   daß si sô manegen man

in ir dienst gewünne,   daß eß in leide müeste ergân.

Dô sprach künic Gunther:   ‚ir ist lîp unde guot: 1069

zwiu sol ich daß wenden,   daß si dâ mite tuot?

ja erwarb ich daß vil kûme,   daß si mir wart holt;

nu enruochen, war si teile   ir steine unde ir rôteß golt.‘

Hagene sprach zem künege:   ‚eß sold ein vrumer man 1070

deheineme wîbe   niht des hortes lân.

si bringet eß mit gâbe   noch unz ûf den tac,

deiß vil wol geriuwen   die küenen Burgunden mac.‘

[S. 366]

Dô sprach künic Gunther:   ‚ich swuor ir einen eit, 1071

daß ich ir getæte   nimmer mêre leit,

und wils vürbaß hüeten:   si ist diu swester mîn.‘

dô sprach aber Hagene:   ‚lât mich den schuldigen sîn.‘

Ir sumelîcher eide   wâren unbehuot. 1072

dô nâmen si der witewen   daß kreftige guot.

Hagene sich der slüßßele   aller underwant.

daß zurnde ir bruoder Gêrnôt,   dô er daß rehte bevant.

Dô sprach der hêrre Gîselher:   ‚Hagene hât getân 1073

vil leides mîner swester;   ich soldeß understân:

wær er niht mîn mâc,   eß gienge im an den lîp.

iteniuweß weinen   tete dô Sîvrides wîp.

Dô sprach der hêrre Gêrnôt:   ‚ê wir immer sîn A.1074

gemüet mit dem golde,   wir soldenß in den Rîn

alleß heißen senken,   deiß wurde nieman.‘

si gie vil klegelîche   vür Gîselher ir bruoder stân.

Si sprach: ‚lieber bruoder,   du solt gedenken mîn, 1075

lîbes unde guotes   soltu mîn voget sîn.‘

dô sprach er zuo der vrouwen:   ‚daß sol sîn getân,

als wir komen widere:   wir haben rîtennes wân.‘

Der künec und sîne mâgen   die rûmten daß lant, 1076

die aller besten drunder,   die man iender vant;

niuwan eine Hagene   beleip durch den haß,

den er truoc Kriemhilde,   und tet vil schedelîchen daß.

Ê der rîche künic   wider wære komen, 1077

die wîle hete Hagene   den schatz vil gar genomen:

er sancte in dâ ze Lôche   allen in den Rîn.

er wânde, er sold in nießen:   des enkunde dô niht gesîn.

[S. 368]

Ê daß von Troneje Hagene   den schatz alsô verbarc, 1078

dô heten siß gevestent   mit eiden alsô starc,

daß er verholen wære,   unz ir einer möhte leben:

so enkunden sis in selben   noch ander niemen gegeben.

Die vürsten kômen widere,   mit in vil manec man. 1079

Kriemhilt ir schaden grôßen   klagen dô began

mit vrouwen und mit meiden;   in was harte leit.

do gebârten die degene,   sam si im hêten widerseit.

Dô sprâchen si gemeine:   ‚er hât übele getân.‘ 1080

er entweich der vürsten zorne   alsô lange dan,

unz er gewan ir hulde:   si ließen in genesen;

doch enkunde im Kriemhilt   nimmer vînder sîn gewesen.

Mit iteniuwen leiden   beswæret was ir muot 1081

umb ir mannes ende   und dô si ir daß guot

Alsô gar benâmen.   dô gestuont ir klage

des lîbes nimmer mêre   unz an ir jungisten tage.

Nâch Sîvrides tôde,   daß ist al wâr, A.1082

si wonde in manegem sêre   driuzehen jâr,

daß si des recken tôdes   vergeßßen kunde niht.

si was im ie getriuwe;   des ir diu meiste menege giht.

Ein rîche vürsten abtei   stifte vrou Uote C.

nâch Dankrâtes tôde   von ir guote

mit starken rîchen urborn,   als eß noch hiute hât,

daß klôster dâ ze Lôrse,   des dinc vil hôhe an êren stât.

Dar zuo gab ouch Kriemhilt   sît ein michel teil C.

durch Sîvrides sêle   und umb aller sêlen heil,

golt und edel steine,   mit williger hant;

getriuwer wîp deheine   ist uns selten ê bekant.

[S. 370]

Sît daß diu vrouwe Kriemhilt   ûf Gunther verkôs C.

und doch von sînen schulden   den grôßen hort verlôs,

dô wart ir herzenleide   tûsent stunde mêr:

dô wære gerne dannen   diu vrouwe edel unde hêr.

Dô was der vrouwen Uoten   ein sedelhof bereit C.

ze Lôrse bî ir klôster   mit grôßer rîcheit:

dar zôch sich diu witewe   von ir kinden sît,

dâ noch diu vrouwe hêre   begraben in eime sarke lît.

Dô sprach diu küneginne:   ‚vil liebiu tohter mîn, C.

sît du hie niht maht belîben,   sô soltu bî mir sîn

ze Lôrse in mîme hûse   und solt dîn weinen lân.‘

Des antwurt ir Kriemhilt:   ‚wem ließe ich danne mînen man?‘

‚Den lâß et hie belîben,‘   sprach vrou Uote. C.

‚nune welle Got von himele,‘   sprach ab diu guote.

‚mîn vil liebiu muoter,   daß sol ich wol bewarn,

wand er muoß von hinnen   mit mir wærlîche varn.‘

Dô schuof diu jâmers rîche,   daß er wart ûf erhaben; C.

sîn edeleß gebeine   wart anderstunt begraben

ze Lôrse bî dem münster   vil werdeclîchen sît,

dâ der helt vil küene   in einem langen sarke lît.

In den selben zîten,   dâ Kriemhilt solde C.

varn mit ir muoter,   dar si doch wolde,

dô muoste si belîben,   als eß solde sîn.

daß unterstuonden mære,   vil verre komen über Rîn.

[S. 372]

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