Die boten lâßen rîten: wir suln iu tuon bekant, A.1230
wie diu küneginne gevuor durch diu lant
oder wâ von ir schieden Gîselher und Gêrnôt.
sie heten ir gedienet, als in ir triuwe daß gebôt.
Unz an die Tuonouwe ze Vergen si dô riten. A.1231
si begunden urloubes die küneginne biten,
wan si wider wolden rîten an den Rîn.
done mohteß âne weinen von guoten vriunden niht gesîn.
Gîselher der snelle sprach zer swester sîn: 1232
‚swenne daß du, vrouwe, bedürfen welles mîn,
ob dir iht gewerre, daß tuo mir bekant:
sô rîte ich dir ze dieneste in daß Etzelen lant.‘
Die ir mâge wâren, kustes an den munt. A.1233
vil minneclîchen scheiden sach man an der stunt
die snellen Burgunden von Rüedegêres man.
dô vuort diu küneginne vil manege meit wol getân,
Hundert und viere: die truogen rîchiu kleit A.1234
von gemâlt rîchen phellen. vil der schilte breit
vuort man bî der vrouwen nâhen ûf den wegen.
dô nam ouch urloup Volkêr, der vil zierlîche degen.
[S. 418]
Dô si über Tuonouwe kômen in Beier lant, A.1235
dô sagte man diu mære, dâ wæren vür gerant
vil unkunder geste. dâ noch ein klôster stât
und dâ daß In mit vlußße in die Tuonouwe gât,
In der stat ze Paßßouwe saß ein bischof. A.1236
herberge wurden lære und ouch des vürsten hof:
si îlten gein den gesten ûf in Beier lant,
dâ der bischof Pilgerîn die schœnen Kriemhilde vant.
Den recken von dem lande was dô niht ze leit, A.1237
dô si ir volgen sâhen sô manege schœne meit.
dâ trûte man mit ougen der edelen rîter kint.
guote herberge gab man den gesten allen sint.
Dâ ze Pledelinge schuof man in gemach. C.
daß volc man allenthalben zuozin rîten sach.
man gap in willeclîche, des si bedorften dâ:
si nâmenß wol mit êren; als tet man sider anderswâ.
Der bischof mit der niftel ze Paßßouwe reit. A.1238
dô daß den burgæren von der stat wart geseit,
daß dô kœme Kriemhilt, des vürsten swester kint:
diu wart wol enphangen von den koufliuten sint.
Daß si belîben solden, der bischof het des wân. A.1239
dô sprach der hêrre Eckewart: ‚daß ist ungetân.
wir müeßen varn nidere in Rüedegêres lant:
uns wartent vil der degene: eß ist in allen wol bekant.‘
Diu mære nu wol wesse diu schœne Gotelint: A.1240
si bereite sich mit vlîße und ir vil edel kint.
ir het enboten Rüedegêr, daß in daß dûhte guot,
daß si der küneginne dâ mit trôste den muot,
[S. 420]
Daß si ir rite engegene und alle sîne man A.1241
ûf zuo der Ense. dô daß wart getân,
dô sach man allenthalben die wege unmüeßec stên:
si begunden gegen den gesten beide rîten unde gên.
Nu was diu küneginne ze Everdingen komen. 1242
gnuoge ûß Beier lande solden hân genomen
den roub ûf der strâßen nâch ir gewoneheit:
sô heten si den gesten dâ getân vil lîhte leit.
Daß hete wol understanden der edel Rüedegêr: 1243
er vuorte tûsent rîter unde dannoch mêr.
dô was ouch komen Gotelint, Rüedegêres wîp:
mit ir kom hêrlîche vil maneges küenen recken lîp.
Dô si über die Trûne kômen bî Ense ûf daß velt, 1244
dô sach man ûf gespannen hütten und gezelt,
dâ die geste solden die nahtselde hân.
diu kost diu was den recken dâ von Rüedegêr getân.
Gotelint diu schœne die herberge lie 1245
hinder ir belîben. ûf den wegen gie
mit klingenden zoumen manec pfert wol getân.
der antphanc wart vil schœne: liep was eß Rüedegêr getân.
Die in ze beiden sîten kômen ûf den wegen, 1246
die riten lobelîche: der was vil manec degen.
si phlâgen rîterschefte: daß sach vil manec meit.
eß was den schœnen vrouwen der rîter dienest niht leit.
Dô zuo den gesten kômen die Rüedegêres man, 1247
vil der trunzûne sach man ze berge gân
von der recken hende mit rîterlîchen siten.
dô wart wol ze prîse vor den vrouwen geriten.
[S. 422]
Daß ließen si belîben. dô gruoßte manec man 1248
vil güetlîche ein ander. dô vuorten si von dan
die schœnen Gotelinde, dâ si Kriemhilt sach.
die vrouwen dienen kunden, die heten kleinen gemach.
Der vogt von Bechelâren ze sîme wîbe reit. 1249
der edelen marcgrâvinne was daß niht ze leit,
daß er sô wol gesunder von Rîne was komen.
ir was ein teil ir swære mit grôßen vreuden benomen.
Dô sin hete enphangen, er ließ si ûf daß gras 1250
erbeißen mit den vrouwen, swaß ir dâ mit ir was.
dâ wart vil unmüeßec manec edel man:
den vrouwen wart dô dienest mit grôßem vlîße getân.
Dô sach diu vrouwe Kriemhilt die markgrâvinne stên 1251
mit dem ir gesinde: si lie niht nâher gên:
daß phert mit dem zoume zucken si began
und bat sich snelleclîchen von dem satele heben dan.
Den bischof sach man wîsen sîner swester kint, A.1252
in und Eckewarten, zuo Gotelinde sint.
dâ wart vil michel wîchen an der selben stunt.
dô kuste diu ellende an der marcgrâvinne munt.
Dô sprach vil minneclîchen daß Rüedegêres wîp: 1253
‚nu wol mich, liebe vrouwe, deich iuwern schœnen lîp
hân in disme lande mit ougen mîn gesehen:
mir enkunde an disen zîten nimmer lieber geschehen.‘
‚Nu lôn iu Got,‘ sprach Kriemhilt, ‚vil edele Gotelint. 1254
sol ich gesunt belîben mit Botlunges kint,
eß mac iu komen ze liebe, daß ir mich habt gesehen.‘
in beiden was unkunde, daß sider muose geschehen.
[S. 424]
Mit zühten zuo ein ander gie vil manec meit. 1255
dô wâren in die recken mit dienste vil bereit.
si sâßen nâch dem gruoße nider ûf den klê.
si gewannen maneger künde, die in vil vremde wâren ê.
Man hieß den vrouwen schenken. eß was wol mitter tac; 1256
daß edel ingesinde dâ niht lenger lac.
si riten, dâ si vunden manege hütten breit:
dâ was den edelen gesten vil michel dienest bereit.
Die naht si heten ruowe unz an den morgen vruo. 1257
die von Bechelâren bereiten sich dar zuo,
wie si behalten solden vil manegen werden gast.
wol hete gehandelt Rüedegêr, daß in dâ wênec iht gebrast.
Diu venster an den mûren sach man offen stân; 1258
diu burc ze Bechelâren diu was ûf getân.
dô riten dar in die geste, die man vil gerne sach.
den hieß der wirt vil edele schaffen guoten gemach.
Diu Rüedegêres tohter mit ir gesinde gie, 1259
dâ si die küneginne vil minneclîch enphie.
dâ was ouch ir muoter, des marcgrâven wîp;
mit liebe wart gegrüeßet vil maneger juncvrouwen lîp.
Si viengen sich behanden unde giengen dan 1260
in einen palas wîten: der was vil wol getân,
dâ diu Tuonouwe under hine vlôß.
si sâßen gên dem lufte und heten kurzwîle grôß.
Wes si dâ mêre phlâgen, desn kan ich niht gesagen. A.1261
daß in sô übel zogete, daß hôrte man dô klagen
die Kriemhilde recken: wand eß was in leit.
hei, waß dô guoter recken mit in von Bechlâren reit!
[S. 426]
Vil minneclîchen dienest Rüedegêr in bôt. 1262
dô gap diu küneginne zwelf armbouge rôt
der Gotlinde tohter und alsô guot gewant,
daß si niht beßßers brâhte in daß Etzelen lant.
Swie ir genomen wære der Niblunge golt, 1263
alle, die si gesâhen, die mahte si ir holt
noch mit dem kleinen guote, daß si dâ mohte hân.
des wirtes ingesinde dem wart grôßiu gâbe getân.
Dâ wider bôt dô êre diu vrouwe Gotlint 1264
den gesten von dem Rîne sô güetlîche sint,
daß man der vremden harte wênec vant,
sine trüegen ir gesteine oder ir hêrlîch gewant.
Dô si enbißßen wâren und daß si solden dan, 1265
von der hûsvrouwen wart geboten an
getriuwelîcher dienest daß Etzelen wîp.
dô wart ouch vil getriutet der schœnen juncvrouwen lîp.
Si sprach zer küneginne: ‚swenne iuch nu dunket guot, 1266
ich weiß wol, daß eß gerne mîn lieber vater tuot,
daß er mich zuo ziu sendet in der Hiunen lant.‘
daßs ir getriuwe wære, wie wol daß Kriemhilt ervant!
Diu ros bereitet wâren vür Bechlâren komen: 1267
dô het diu edel künegin urloup nu genomen
von Rüedegêres wîbe und der tohter sîn;
dô schiet ouch sich mit gruoße vil manec schœne magedîn.
Ein ander si vil selten gesâhen nâch den tagen. 1268
ûßer Medelicke ûf handen wart getragen
manec goltvaß rîche, dar inne brâht man wîn
den gesten zuo der strâße: si muosen willekomen sîn.
[S. 428]
Ein wirt was dâ geseßßen, Astolt genant: 1269
der wîsete si die strâße in daß Ôsterlant
gegen Mûtâren die Tuonouwe nider.
dâ wart vil wol gedienet der rîchen küneginne sider.
Der bischof vriuntlîche von sîner nifteln schiet. A.1270
daß si sich wol gehabete, wie vaste er ir daß riet,
und daß si ir êre koufte, als Helche het getân.
hei, waß si grôßer êren sît dâ zen Hiunen gewan!
Zuo der Treisem brâhte man die geste dan. 1271
ir phlâgen vlîßeclîchen die Rüedegêres man,
unz daß die Hiunen riten über lant!
dô wart der küneginne vil michel êre bekant.
Bî der Treisem hête der künec ûß Hiunen lant A.1272
eine burc wîte, diu was wol bekant,
geheißen Treisenmûre: vrou Helke saß dâ ê
und phlac sô grôßer tugende, daß wætlîch nimmer mêr ergê,
Eßen tæte danne Kriemhilt, diu alsô kunde geben. A.1273
si mohte nâch ir leide daß liep wol geleben,
daß ir ouch jâhen êre die Etzelen man,
der si sît grôßen vollen bî den helden gewan.
Etzelen hêrschaft was wîten erkant, XII.1274
daß man ze allen zîten in sîme hove vant
die küenesten recken, von den ie wart vernomen
under kristen unde heiden: die wâren mit im alle komen.
Bî im was alle zîte, daß wætlîch mêr ergê, 1275
kristenlîcher orden und ouch der heiden ê.
in swie getânem lebene sich ieslîcher truoc,
daß schuof des küneges milte, daß man in allen gap genuoc.
[S. 430]