Dô die geste wâren alle dan gevarn, A.637
dô sprach zuo sîm gesinde Sigmundes barn:
‚wir suln ouch uns bereiten heim in unser lant.‘
liep was eß sînem wîbe, dô eß diu mære rehte ervant.
Si sprach zuozir manne: ‚wenne sul wir varn? B.
daß ich sô harte gâhe, daß heiße ich wol bewarn:
mir suln ê mîne bruoder teilen mit diu lant.‘
leit was eß Sîvride, dô erß an Kriemhilt ervant.
Die vürsten zuozim giengen und sprâchen alle drî: A.638
‚nu wißßet daß, hêr Sîvrit, daß iu immer sî
mit triuwen unser dienest bereit unz in den tôt.‘
dô neiger den hêrren, dô man imß sô wol erbôt.
‚Wir suln ouch mit iu teilen,‘ sprach Gîselher daß kint, A.639
‚lant unde bürge, die unser eigen sint:
swaß der wîten rîche uns ist undertân,
der sult ir teil vil guoten mit samt Kriemhilde hân.‘
Sun der Sigmundes zuo den vürsten sprach, A.640
dô er den guoten willen an den hêrren sach:
‚Got lâße iu iuwer erbe immer sælec sîn
und ouch die liute drinne; ja getuot diu liebe wine mîn
[S. 222]
‚Des teiles wol ze râte, den ir ir woldet geben: B.
dâ si sol tragen krône, und sul wir daß geleben,
si muoß werden rîcher, dan iemen lebender sî.
swaß ir sus gebietet, des bin ich iu dienstlîchen bî.‘
Dô sprach diu vrouwe Kriemhilt: ‚habet ir der erbe rât, A.641
umb Burgunden degene eß niht sô lîhte stât,
si müge ein künic gerne vüeren in sîn lant:
jâ sol si mit mir teilen mîner lieben bruoder hant.‘
Dô sprach der hêrre Gêrnôt: ‚nim dir, swen du wil. A.642
die gerne mit dir rîten, der vindestu hie vil.
ûß drîßec hundert recken nim dir tûsent man:
die sîn dîn heimgesinde.‘ Kriemhilt senden began
Nâch Hagenen von Troneje und nâch Ortwîn, A.643
ob die und ir mâge Kriemhilde wolden sîn.
do gewan dar umbe Hagene ein zornlîcheß leben:
er sprach: ‚jâ mag uns Gunther zer werlde niemen gegeben.
‚Ander ingesinde lât iu volgen mite, A.644
wan ir wol bekennet der Tronejære site:
wir müeßen bî den künegen hie ze hove bestân.
wir suln in langer dienen, den wir her gevolget hân.‘
Daß ließen si belîben und bereiten sich dan. A.645
ir edel ingesinde vrou Kriemhilt zir gewan,
zwô und drîßec meide und fünf hundert man;
Eckewart der grâve volgete Kriemhilde dan.
Urloup si dô nâmen, rîter unde kneht, A.646
meide unde vrouwen: daß was vil michel reht.
gescheiden küssende wurden si zehant:
si rûmten vrœlîchen des künic Guntheres lant.
[S. 224]
Do beleiten si ir mâge verre ûf den wegen. A.647
man hieß in allenthalben ir nahtselde legen,
swâ sis gerne nâmen, durch der künege lant.
boten wurden balde Sigemunde dan gesant,
Daß er wißßen solde und ouch vrou Sigelint, A.648
daß sîn sun komen wolde und vrou Uoten kint,
Kriemhilt diu vil schœne, von Wormeß über Rîn.
done kunden in diu mære nimmer lieber gesîn.
‚Wol mich,‘ sprach dô Sigemunt, ‚daß ich gelebet hân, A.649
daß diu schœne Kriemhilt sol hie gekrônet gân:
des müeßen wol getiuret sîn diu erbe mîn.
mîn sun Sîvrit sol hie selbe künic sîn.‘
Dô gap diu vrouwe Sigelint manegen samît rôt, A.650
silber und golt swære was ir botenbrôt.
si vreute sich der mære, diu si dô vernam.
alleß ir gesinde mit vlîße kleiden sich began.
Man seite, wer dâ kœme mit Sîvride in daß lant. A.651
dô hieß si gesidele rihten sâ zehant,
dar zuo er under krône vor vriunden solde gân.
dô riten in engegene des künic Sigmundes man.
Ist iemen baß enphangen, dêst mir unbekant, A.652
danne die helde in Sigmundes lant.
Siglint diu schœne Kriemhilde gegen reit
mit maneger schœnen vrouwen unde rîtern gemeit
In einer tageweide, dâ man die geste sach. A.653
die kunden und die vremden liten ungemach,
unze si kômen zeiner bürge wît,
diu was geheißen Santen, dâ si krône truogen sît.
[S. 226]
Mit lachendem munde Siglint und Sigmunt A.654
kusten Kriemhilde durch liebe manege stunt
und ouch Sîvriden: in was ir leit benomen.
alleß ir gesinde was in grôße willekomen.
Dô brâhte man die geste vür Sigmundes sal. A.655
die schœnen juncvrouwen huop man dâ ze tal
nider von den mœren. dâ was manec man,
der den schœnen wîben mit vlîße dienen began.
Swie grôß ir hôhzîte bî Rîne was bekant, B.
noch gap man hie den helden vil beßßer gewant,
denne si ie getrüegen noch bî allen ir tagen.
man mohte michel wunder von ir rîcheite sagen.
Dôs in ir grôßen êren sâßen und heten genuoc, A.656
waß goltvarwer gêren ir ingesinde truoc,
borten und edel gesteine verwieret wol dar în!
sus phlac vlîßeclîchen ir diu edel künegîn.
Dô sprach vor sînen vriunden der hêrre Sigmunt: A.657
‚allen mînen vriunden sol daß wesen kunt,
daß Sîvrit mîne krône hinnen vür sol tragen.‘
diu mære hôrten gerne die von Niderlanden sagen.
Er bevalch im sîne krône, gerihte unde lant: A.658
sît was er ir hêrre. die er ze rehte vant
und dar er rihten solde, daß wart alsô getân,
daß man sêre vorhte der schœnen Kriemhilde man.
In disen hôhen êren lebter, daß ist wâr, A.659
und rihte ouch under krône unz in daß zehende jâr,
daß diu schœne vrouwe einen sun gewan:
daß was des küneges mâgen nâch ir willen wol ergân.
[S. 228]
Den îlte man dô toufen und gab im einen namen, A.660
Gunther, nâch sînem œheim; des dorfte er sich niht schamen.
geriet er nâch den mâgen, er wurde ein küene man.
dô zôch man in mit vlîße: daß was von schulden getân.
In den selben zîten starp vrou Sigelint: A.661
dô nam den gwalt mit alle der edelen Uoten kint,
der sô rîcher vrouwen ob landen wol gezam.
daß klageten genuoge, dô si der tôt von in genam.
Nu hete ouch dort bî Rîne, sô wir hœren sagen, A.662
bî Gunther dem rîchen einen sun getragen
Prünhilt diu schœne in Burgunden lant.
durch des heldes liebe wart er Sîvrit genant.
Wie rehte vlîßeclîche man sîn hüeten hieß! B.
Gunther der edele im magezogen ließ,
dieß kunden lêren tugende, gewüehseß zeinem man.
hei, waß im ungelücke sît der vriunde an gewan!
Mære zallen zîten wart sô vil geseit, VI.663
wie rehte lobelîchen die recken vil gemeit
lebten zallen stunden in Sigmundes lant.
alsam tet ouch Gunther mit sînen mâgen ûß erkant.
Daß lant ze Niblunge Sîvride diende hie, 664
rîcher sîner mâge wart deheiner nie,
und Schilbunges recken und ir beider guot.
des truoc der vil küene deste hôher den muot.
Hort den aller meisten, den ie helt gewan, 665
âne dies ê phlâgen, hete der küene man,
den er vor eime berge mit sîner hende erstreit,
dar umbe er sluoc ze tôde manegen rîter gemeit.
[S. 230]
Er hete den wunsch der êren, und wær des niht geschehen, 666
sô müese man von schulden dem edelen recken jehen,
daß er wær der beste, der ie ûf ors gesaß.
man vorhte sîne sterke und tet vil billîchen daß.
[S. 232]