ICH REISTE VORÜBER

—Ich reiste vorüber im Morgenrot:

Lautlos ein Hof noch im Lichte ruht,

Und wie die Scheiben brennen in Blut,

Loht auf in der Seele erloschene Glut:—

  In Frühjahrsstunden

  Dort war ich gebunden

  Von lächelnden Lippen und feinen Händen,

  Und das Lächeln mußte in Tränen enden.

Lang, bis der Hof meinem Blicke entschwand,

Schaut' ich hinüber, unverwandt.

Alles Vergangne erglänzte rein,

Alles Vergessne ward wieder mein:—

  Gedanken wandern

  Nun auch zu andern

  Frühlingstagen, und Wonnen und Fehle

  Wogen vor und zurück in der Seele.

Freudvoll damals und freudvoll nun,

Schmerzen damals und Schmerzen nun.

Sonne im Tau: wie das funkelt und weint—

Tränen und Lächeln verklärt und vereint.

  Wenn Erinnerungswellen

  Flutend erst schwellen

  Über die Seele und ebben dann wieder,

  Grünt sie und sprengt die Knospen der Lieder.

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