4. Der Weg durch die Milchstraße.

Es ist schon erwähnt worden, daß der Weg der Erde und der Sonne von einer Seite der Milchstraße zur andern geht. Gegenwärtig geht die Richtung nicht ganz gerade jenem Teil der Milchstraße entgegen, der über uns liegt. Aber auch diese Richtung kann sich noch hinreichend ändern, um uns statt in den Nebel des Herkules, direkt in die Milchstraße hineinzuführen. Ja, wir könnten möglicherweise mitten durch sie hindurch gehen. In diesem scheinbaren Sternenwall gibt es nämlich breite Oeffnungen, durch die wir in die Unendlichkeit des Weltenraumes scheinbar hineinsehen können, in diese dunkle Nacht, die die sichtbaren Sternensysteme umgibt, und in diese dunkle Nacht hinein könnten wir in unserem Fluge entführt werden, wenn unser Sonnensystem durch eine dieser Oeffnungen hindurch kann. An einigen Stellen ist die Milchstraße förmlich mit solchen Oeffnungen durchsetzt, wie ein mit Sternen besäter Vorhang, durch den man mit einem Maschinengewehr geschossen hat. Photographien dieser Oeffnungen zeigen uns die Sterne in funkelnder Menge, rund um sie her glimmernd und glitzernd, während durch die Oeffnung hindurch nicht ein einziger Stern zu sehen ist. Und der Blick geht durch sie hindurch, wie durch ein Fenster, durch welches nicht der geringste Lichtfleck hineinfällt. Es ist, als blicke man aus einem hellen Raum durch eine offene Tür in die vollkommen schwarze, dunkle, sternen- und mondlose Nacht. Es ist der furchtbare, bodenlose Abgrund des Nichts, der unser Sternensystem umgibt, und in diesen Abgrund hinein, würden wir stürzen. Gesetzt den Fall, daß unser Sonnensystem wirklich durch einen dieser mächtigen Zwischenräume zwischen den Sternen der Milchstraße hindurchgeht, so könnten die Folgen dieses Ereignisses zweierlei sein. Wenn wirklich dieser kosmische Abgrund endlos und bodenlos ist, und wirklich jenseits nichts anderes liegt, als das Nichts selber, dann könnte möglicherweise die vereinte Anziehungskraft der ganzen Gesamtheit der Sterne genügen, um uns zurückzuhalten und zurückzubringen, so daß wir wieder mit unserer Sonne ein Teil jenes Systems würden, das wir zu verlassen versucht hatten. Wenn aber, wie von den meisten wohl angenommen wird, jenseits der großen Leere und des großen Nichts andere, für uns der großen Entfernung wegen unsichtbare Weltenalls liegen, dann würden wir zweifellos die Anziehungskraft jener Welten fühlen und ihnen Folge leisten müssen, und dann würde jene Welt die unsere werden.

In dem Sternenwall der Milchstraße gibt es breite Oeffnungen, die in die Unendlichkeit führen.

Wenn die Materie unzerstörbar und unvergänglich ist, und wenn die Zeit ohne Grenzen ist, dann kann dies alles geschehen. Die neuesten Forschungen über die Struktur der Atome hat die Erwägung wachgerufen, ob nicht auch das gesamte All nichts anderes ist, als ein Riesenatom, von welchem die Sonne und alle Planeten nichts anderes, als ganz kleine Teilchen sind und gerade so, wie die Atome des Radiums ihre Teilchen abstoßen, so müssen auch die Sterne, die das Weltall bilden, diesem entfliehen, wenn ihre Bewegung schnell genug dazu geworden ist, um andere Weltenalls aufzusuchen und sich mit ihnen zu anderen Weltkörpern zu verbinden. In all dem ist nichts Merkwürdiges, nichts, was wir nicht in unserem Mikrokosmos des Lebens analog finden könnten. Die Atome, die unseren Körper bilden, gehen ja auch Millionen von Veränderungen ein. Jetzt sind sie ein Teil unseres Ichs, dann ein Teil eines Pflänzchens oder eines Baumes; dann vielleicht Atome irgend eines Felsengesteines. Wind und Wasser anvertraut, können sie von Hemisphäre zu Hemisphäre vertragen werden und können rund um die Erde ziehen und in tausend Urformen und anderen Formen erscheinen; denn die Materie ist in ihrer Wesenheit ewig und unzerstörbar, wenn auch ihre Gestalt eine viel tausendfach veränderliche ist. Ganz auf dieselbe Weise können die das Weltall bildenden Sterne nicht nur ihren Platz, sondern auch ihre Form, ihre Gestalt und ihre Wesenheit ändern und aus den Splittern und Trümmern einer Welt kann eine oder können mehrere andere entstehen. Und das könnte auch eine Erklärung für die Bedeutung jenes mysteriösen Fluges sein, auf dem sich unser System gegenwärtig befindet. Die Entdeckung dieser Bewegung wäre dann nur der Anfang ihrer Erkenntnis.

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