Australien.

Die Eingeborenen Australiens bieten in ihrem Äußeren ein im großen und ganzen einheitliches Bild dar, das sie deutlich sowohl von den Schwarzen Melanesiens als denen Afrikas unterscheidet, wenngleich zwischen einzelnen Stämmen manche Abweichungen nicht zu verkennen sind, was in erster Linie wohl mit der verschiedenen Lebensweise, im besonderen der Ernährung, sodann aber auch mit der verschiedenen ethnischen Mischung zusammenhängen dürfte. Sie sind eine Rasse von etwas über Mittelgröße; die Männer werden im Durchschnitt etwa hundertundsechzig bis hundertachtundsechzig Zentimeter hoch, jedoch kommen gelegentlich auch große Leute vor. Trotzdem sie im allgemeinen eine leidlich gut entwickelte Muskulatur besitzen, fallen die Australier doch durch ihre große Magerkeit auf, die nicht selten so hochgradig ist, daß man sozusagen die Knochen durch ihre Haut sehen kann. Fettansatz fehlt ihnen zumeist, wohl infolge ungenügender Ernährung. Dessenungeachtet ist ihr Körper auffällig geschmeidig und ziemlich leistungsfähig. Daneben gibt es aber auch Stämme von kräftiger, muskulöser Gestalt, und zwar dort, wo die Lebensbedingungen günstigere sind. Die samtweich sich anfühlende Haut der Australier wird für gewöhnlich als schwarz beschrieben, in Wirklichkeit aber ist ihre Farbe mehr ein Schokoladenbraun; es kommen aber alle möglichen Schattierungen vom dunkleren Schwarzbraun bis zum Braun des Milchkaffees vor. Vielfach wird eine dunklere Farbe durch Einreiben mit Ocker vorgetäuscht. Der Haarwuchs ist sehr üppig, selbst die Arme sind zumeist mit kurzen, gekräuselten Haaren dicht bedeckt, oft genug auch die ganze Körperoberfläche. Das Kopfhaar ist gewellt oder lockig, und fällt für gewöhnlich bis auf die Schultern herab. Seine Farbe ist ein glänzendes Schwarz mit einem Stich ins Braune oder Rotbraune; etwa vorkommende rötliche Haare rühren vom Färben her. Der Bart pflegt gut entwickelt zu sein. Der Schädel ist von langer, ziemlich hoher Form. Das Gesicht ist niedrig und breit, die Backenknochen stehen etwas vor, die niedrige, schmale Stirn dagegen tritt sehr zurück. Bemerkenswert sind die kräftig entwickelten Augenbrauenwülste, die große, ausdrucksvolle, tiefliegende Augen überschatten. Die Nase ist kurz und dick, besitzt einen gerade verlaufenden Rücken und dicke große Flügel; die Nasenwurzel ist durch eine scharfe Einsattlung von der Stirn abgesetzt. Diese eigenartige Gesichtsbildung verleiht den Australiern etwas ungemein Abstoßendes (Abb. 190 und 191).

Die geistigen und sittlichen Eigenschaften der Australier werden vielfach unterschätzt. Sie sollen nach dem Zeugnisse guter Kenner über leichte Auffassungsgabe, scharfes Denken, gutes Vermögen, die Dinge geistig zu verarbeiten, und ein vorzügliches Gedächtnis verfügen und sich durch persönlichen Mut, Standhaftigkeit, Entschlossenheit, Ausdauer, Selbstbeherrschung, Stolz, Zuneigung zu Familienmitgliedern und ein gewisses Gefühl der Stammeszugehörigkeit auszeichnen. Daneben weisen sie aber auch eine Reihe schlechter Eigenschaften auf, wie Habsucht, Gefühllosigkeit, Rachsucht, Undankbarkeit, Mißtrauen, Lügenhaftigkeit, Trägheit und große Unreinlichkeit. Seit der Entdeckung Australiens durch die Europäer und der Besitzergreifung der brauchbaren Landstrecken durch sie ist die eingeborene Bevölkerung in stetem Rückgange begriffen, zumal da die Kolonisatoren rücksichtslos gegen sie vorgegangen sind und epidemische Krankheiten verheerend auf sie eingewirkt haben.

Aus Straß, Naturgeschichte des Menschen.

Abb. 190. Australisches Mädchen.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 191. Australierin mit Schmucknarben.

Die bei den Eingeborenen als schön geltenden Narben werden ihnen in der Zeit des Wachstums beigebracht.


GRÖSSERES BILD

Die Australier leben zerstreut über das Land in kleinen Gruppen zusammen, in Horden von höchstens hundert Mitgliedern, die das Land durchstreifen und deren mehrere sich gewöhnlich zu einem Stamme, allerdings oft genug in ganz losem Zusammenhange aneinandergeschlossen haben. Jede Horde besitzt eine ziemliche Selbständigkeit und erledigt ihre eigenen Angelegenheiten; die Ordnung innerhalb der Gruppe liegt in den Händen älterer Männer, die sich durch große Klugheit, Gewandtheit, Mut und gewisse Zauberkräfte vor den anderen hervorgetan haben und darauf achten, daß die überkommenen Gebräuche streng weiter bewahrt und Übertreter bestraft werden. — Das gemeinsame Band, das die Horden eines Stammes umschlingt, pflegen in erster Linie die gemeinsame Sprache oder Mundart, ferner gemeinsame Gewohnheiten und Anschauungen sowie gegenseitige Heirat und Tauschverkehr zu sein. Der Grund dafür, daß es in Australien zu keiner Bildung größerer Verbände unter den Eingeborenen gekommen ist, liegt darin, daß die trockene, dürre Natur des Landes größere Menschenansammlungen nicht zu ernähren imstande ist. — In ihrer Nahrung sind die Australier nicht wählerisch; sie genießen alles, was sie auf ihren Streifzügen auf dem Lande und zu Wasser erbeuten, hauptsächlich Beuteltiere, wie zum Beispiel das Känguruh und Opossum, ferner Emue, Schlangen, Fische und so weiter, und was ihre Weiber mit Hand und Grabstock an Wurzeln, Früchten, Pilzen, Flechten und kleinem Getier wie Würmern, Larven, Insekten, Ameisen, Heuschrecken, Raupen aus dem Boden ausgraben oder auflesen. Mit großem Geschick verstehen sie sich darauf, der Fährte des Wildes nachzugehen, sich an dasselbe wie ein Raubtier heranzupirschen und aus unmittelbarer Nähe mittels Wurfspießes zu erlegen. Wenn der Wind ungünstig steht, beschmieren sich gewisse Stämme Südaustraliens mit Schlamm, um der Witterung vorzubeugen, oder, wenn es an Deckung fehlt, bedecken sie ihren Körper mit stark beblätterten Zweigen; bei der Jagd auf Wasservögel hüllen sie ihr Haupt in Schilf. Die Fische werden im seichten Wasser entweder mit der Hand direkt ergriffen oder mittels eines flachen Gegenstandes aufs Trockene geschleudert; in tieferen Gewässern benutzt man Schlepp- oder Stellnetze, auch Hürden und Dämme, sowie Fischspeere. — Kleinere Tiere, sowie Wurzeln und Knollen werden roh verzehrt, alles übrige in glühender Asche, auf heißen Steinen oder, wie wir es in Polynesien bereits kennen lernten, in erhitzten Erdgruben geröstet, beziehungsweise gargekocht. Das dazu erforderliche Feuer gewinnt man entweder durch Bohren, Quirlen oder Reiben. Menschenfresserei kam früher häufig vor, war aber wohl kaum allgemein verbreitet. Sie entsprang dem Bestreben, durch Verzehren von Herz und Nieren seines Feindes sich dessen gute Eigenschaften, in besonderem Mut anzueignen, sowie der Rachsucht, Leckerei und in Zeiten der Not auch dem Mangel an Fleisch. Im Innern des australischen Erdteils scheint man dieser Unsitte noch zu frönen; hier bestand auch früher Endokannibalismus, das heißt das Leichenverzehren von Angehörigen.

Aus: Weule, Leitfaden der Völkerkunde.

Abb. 192. Windschirm, den Australiern als Wohnung dienend.

Die Wohnungen der Australier sind, entsprechend ihrer umherschweifenden Lebensweise, die denkbar primitivsten. Zumeist sind sie nicht über einfache Windschirme oder Wetterdächer aus Rindenstücken oder Zweigen hinausgekommen (Abb. 192). In Nord- und Zentralaustralien sind dagegen wirkliche Hütten eine keineswegs seltene Erscheinung.

Obwohl das Klima, besonders im Süden, stellenweise recht rauh ist und häufig empfindliche Wetterstürze stattfinden, ist die Bekleidung des Australiers eine nur geringe. Man kann bei ihm mehr von einem Schmuck als von einer Bedeckung sprechen. Die Männer tragen meistens einen Rinden- oder Bastgürtel, ein winziges Band aus gedrehten Menschenhaaren oder ein Stückchen Perlschnur; in den Gegenden, wo das Klima einem schroffen Wechsel unterworfen ist, werden zum Schutze gegen Kälte und Regen kleine Mäntel aus Känguruh- oder Opossumfell oder Matten über den Rücken gehängt. In der gleichen Weise wie die Männer bekleiden sich die Frauen; charakteristisch für sie ist stellenweise ein Mantelsack aus Känguruhfell, in dem sie die Säugekinder mit sich schleppen. In manchen Gegenden aber gehen beide Geschlechter, zumal auf ihren Wanderungen, am liebsten splitternackt. Dagegen legt man allgemein auf reichliche Körperbedeckung bei den Festen und Tänzen Wert.

Phot. W. E. Roth.

Abb. 193. Weiber aus Nordqueensland,

die zum Gesang der Männer bei einer Festlichkeit mit ihren Händen den Takt schlagen.

Der eigentliche Schmuck besteht aus Schnüren aus Menschenhaar oder Pelzstückchen um den Hals oder Oberarm. Sehr beliebt ist in vielen Gegenden ein Putz aus den Schwänzen kleiner Tiere; nicht minder verbreitet sind Perlmuscheln, Tierzähne, Krebsschalen, Rohrstengel, geflochtene Grasreifen und ähnliches mehr. Besonders das männliche Geschlecht bevorzugt den Schmuck. Zum Verzieren des Körpers zählen auch die Hautbemalung in den Farben Schwarz, Weiß, Rot, auf die wir gelegentlich der Schilderung der verschiedenen Festlichkeiten noch zurückkommen, das Färben der Haarkrone mit Erde und das Erzeugen von Narbenwülsten auf Brust und Rücken; das letztere ist eine bei beiden Geschlechtern weit verbreitete Sitte (Abb. 191 und 193). Diese Narben, die aus Einritzungen der Haut mittels Steinmesser oder einfacher Steinsplitter hervorgehen, sind meistens quer verlaufende, reliefartig hervortretende Stränge, die nicht nur zur Verschönerung dienen, sondern auch Alters- und Rangabzeichen darstellen, sowie den Schmerz über den Tod eines Angehörigen andeuten sollen. Viele Stämme Australiens betreiben noch andere körperliche Verunstaltungen, die ähnliche Bedeutungen haben, wie das Durchbohren der Nasenscheidewand und Ausschlagen eines Vorderzahns (Abb. 204). Eine unter den australischen Stämmen sehr verbreitete, ganz sonderbare Unsitte ist das Aufschlitzen der männlichen Harnröhre (von den Zentralaustraliern mika genannt), deren Zweck uns unbekannt ist. Früher glaubte man in diesem operativen Eingriff eine antikonzeptionelle Präventivmaßregel erblicken zu dürfen, indessen sprechen verschiedene Gründe (relative Unwirksamkeit, Unwissenheit der Australier über die Bedeutung dieser Verstümmlung, Unkenntnis des Vorganges der Konzeption) gegen eine solche Auslegung. Neuerdings glaubt man, dieser seltsamen Prozedur homosexuelle Bedeutung beilegen zu sollen. Der Geschlechtstrieb der Australier ist ein ziemlich reger, zumal die Kinder in ganz frühen Jahren von den Eltern in die Geheimnisse des geschlechtlichen Lebens eingeweiht werden. Die Mädchen verlieren ihre Reinheit schon, sobald sich der Fortpflanzungstrieb einstellt, was bereits um das achte bis zwölfte Lebensjahr der Fall ist; sie geben sich dann etwas älteren Knaben preis. Das weibliche Geschlecht soll besonders wollüstig veranlagt sein. Trotzdem gehen die Australier nicht wahllos Verbindungen miteinander ein, sondern ihr Geschlechtstrieb scheint im großen und ganzen auf eine bestimmte Person gerichtet zu sein. Die strengen Vorschriften bei Eingehen der Ehe regeln außerdem den geschlechtlichen Verkehr. Nur gelegentlich der großen Korroborietänze, die vielfach unter obszönen Bewegungen getanzt werden, herrscht bei manchen Stämmen allgemeine geschlechtliche Vermischung.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 194. Australierin vor einem Steine,

der als der Sitz von Kindergeistern gilt.

Phot. Kerry & Co.

Abb. 195. Szene aus einer Borazeremonie (Ostaustralien).

Die einzuführenden Jünglinge müssen eine Anzahl Pantomimen mitmachen, die ihnen die Männer nachher erklären.

Die Tatsache, daß verschiedene Australierstämme nicht wissen, daß der Mensch aus dem Kohabitationsakte hervorgeht, sondern über seine Entstehung noch ganz primitive Auffassungen haben, gibt uns Anlaß, hierauf etwas näher einzugehen. Entsprechend den ursprünglichen Ansichten der Naturvölker, daß die Geister der Verstorbenen unter anderem in den Wäldern umherstreifen, in den Bäumen und Pflanzen Wohnung nehmen und sich wieder zu Menschen umwandeln können, glauben die Australier, daß ein Pflanzengeist bei der Entstehung eines neuen Menschen in ein Weib fährt und sich in ihm dazu ausbildet, daß es sich also bei der Geburt um eine Inkarnation, Wiederfleischwerdung eines Ahnen handelt. Sie halten daher auch eine Beteiligung des Vaters, das heißt den Geschlechtsverkehr für belanglos, höchstens meinen sie, daß dadurch die Geschlechtswege passierbar für den Austritt des Kindes gemacht werden. Die Arunta bilden sich zum Beispiel ein, daß in gewissen Steinen Kindergeister stecken, die sowohl durch Zauber wie durch eigene Macht in den Körper eines Weibes übergehen, und zwar durch den Nabel in der Größe eines kleinen Sandkornes, das aber bereits vollkommen gestaltete menschliche Wesen, Knaben oder Mädchen, vorstelle und Leben und Seele besitze. Auf einem solchen Steine befindet sich ein kleines rundes Loch, durch das die Geister vermutlich hinausgelangen (Abb. 194). Über ihm ist ein schwarzer Strich mit Holzkohle gezogen, und jedermann, der diese Stätte zufällig besucht, erneuert ihn. Dieser Strich trägt den gleichen Namen, wie der Streifen, den dieser Stamm über die Augen eines neugeborenen Kindes zur Abwendung von Krankheiten zeichnet. Wenn Frauen diesen Stein aufsuchen, so tun sie dies, um schwanger zu werden. Ein Mann, der die Kraft und den Willen dazu besitzt, kann die Frauen aus seiner Umgebung dazu bringen, daß sie Kinder bekommen, wenn sie zu diesem Steine gehen und einen Zauberspruch über ihn sprechen. Anderseits, wenn eine junge Frau an diesem Steine vorbei muß, aber keinen Nachwuchs mehr haben möchte, dann sucht sie den Geist des Steines über ihr Alter zu täuschen, indem sie sich als ein altes Weib gibt, ihr Gesicht in Falten zieht, sich vornüber bückt und an einem Stock geht, auch mit bebender Stimme, wie sie alte Frauen haben, ausruft: „Komm nicht zu mir, ich bin eine alte Frau“. Auf diese Weise hofft sie unbehelligt von den Kindergeistern gelassen zu werden. Interessant ist der Glaube, daß irrtümlicherweise auch in einen Mann ein solches Geisterkind hineingehen könne; in diesem Falle stirbt er, obgleich ein geschickter Medizinmann vielleicht imstande ist, ihn zu retten.

Phot. The Royal Colonial Institute.

Abb. 196. Baum mit Mustern,

die für die Borazeremonie eingeschnitten werden.

Wie bereits erwähnt, ist es der Ahnengeist, der die Kinderkeime (ratapa) außerhalb des Mutterleibes entstehen und bei passender Gelegenheit in sie hineintreten läßt. Als Wohnsitz solcher Kinderkeime gelten Bäume, Felsen, Steine, Wassertümpel und die Tschuringa oder das Schwirrholz. Letzteres ist ein flaches längliches Stück Holz oder ein Stein, die an einem Ende durchbohrt und mit einer Schnur versehen sind; wird das Tschuringa rasch und kräftig gedreht, dann gibt es einen sausenden Ton (wie unsere Waldteufel) von sich. Daß diesem Gerät, das übrigens bei den Zeremonien der Australier eine große Rolle spielt, wie wir noch sehen werden, der Wohnsitz eines ratapa zugeschrieben wird, kommt daher, daß nach dem Glauben der Australier die Bäume, aus denen es hergestellt wird, aus dem Körper eines von zwei Hunden zerrissenen geisterhaften Wesens, namens Murtamurta, gewachsen sind. Eine nähere Berührung mit den angeführten Gegenständen hat zur Folge, daß eine Frau guter Hoffnung wird. Badet eine Frau zum Beispiel am Proserpine River (Queensland), so gehen die Kinderkeime der Pandanuswurzel in sie über; hat sie bei einem anderen Stamm nach dem Genuß von Lalitjafrüchten Erbrechen, dann ist dies ein Anzeichen, daß der Lalitjakindeskeim durch ihre Hüften in sie eindrang, oder schlägt sie einen Gummibaum mit einem Beil, dann wird dadurch gleichfalls ein Kinderkeim frei. Diese Kinderkeime gehen nun keineswegs immer sogleich in Menschengestalt in den Leib des Weibes über, sondern auch in der eines Tieres, zum Beispiel eines Regenvogels (Mädchen) oder einer Schlange (Knaben) und anderes mehr, verwandeln sich aber im Mutterleib wieder in einen Menschen. Auch die Berührung einer Frau mit einem Tschuringaholz genügt, um sie in gute Hoffnung kommen zu lassen.

Während der Schwangerschaft ist die Australierin, wie wir es schon von der Melanesierin her kennen, bestimmten Speiseverboten unterworfen, jedoch scheinen diese nicht so umfangreich wie dort zu sein. Sie darf gewisse Fleischspeisen, hauptsächlich vom Ameisenigel, Känguruh, Opossum, Emu und Schlangen, bei anderen Stämmen überhaupt kein Fleisch genießen. Als Grund für diese Einschränkungen wird angegeben, daß entweder die Mutter eine schwere Krankheit davon bekomme, oder das Kind am Mutterleibe anwachse oder sterbe und so weiter. Meistens ist auch der Mann an diese Vorschriften gebunden. Bei den Urubunna geht er während dieser Zeit auch nicht auf die Jagd, denn der Geist des Tieres, von dessen Fleisch er aß, würde ihn begleiten, das Wild warnen und das Wurfgeschoß ablenken.

Phot. W. E. Roth.

Abb. 197. Fadenspiele aus Nordqueensland.

Sie stellen vor (linke Reihe von oben nach unten:) zwei Männer, die ein Tal hinabsteigen; zwei Ratten nebeneinander; vier in einer Reihe gehende Knaben, die sich die Hände reichen; einen laufenden Emu; eine Fledermaus; zwei ruhende Kakadu; (mittlere Reihe:) einen Kasuar; ein Krokodil; einen Mann, der auf einen Baum klettert; eine Schildkröte; (rechte Reihe:) eine Schildkröte; zwei weiße Kraniche; zwei mit Stöcken fechtende Frauen; eine fliegende Ente; zwei Fische; ein Känguruh.


GRÖSSERES BILD

Phot. Kerry & Co.

Abb. 198. Szene aus einer Borazeremonie.

Die Medizinmänner des Stammes führen eine Reihe von Handlungen, die nur in Kunstgriffen bestehen, aus, um die Knaben in dem Glauben, daß sie zaubern können, zu bestärken.

Über die Geburt der Australierin habe ich nichts Näheres in Erfahrung bringen können. Die Abnabelung wird mittels Muschel, Känguruhknochen, Stein oder Obsidianmesser vorgenommen und gibt verschiedentlich Anlaß zu bestimmten Zeremonien. Bei den Narrinjeri bewahrt der Vater die Nabelschnur sorgfältig in einem Bündel Federn auf. Übergibt er dieses Bündel dem Vater eines Kindes aus einem anderen Stamme, dann werden beide Kinder Ngia Ngiampe, das heißt sie dürfen, solange die Nabelschnur nicht wieder zurückgegeben ist, miteinander nicht nur nicht sprechen, sondern sich auch nicht berühren oder überhaupt nahekommen. Nach der Rückgabe des Büschels erlischt diese Vereinbarung. Über ihren Zweck sich näher auszulassen, würde zu weit führen. — Wirft bei den Westaustraliern die Mutter die Nabelschnur ins Wasser, dann wird der Sohn später ein guter Schwimmer. Die Kaitisch (Zentralaustralien) wickeln den Nabelstrang in Pelzstreifen und binden diese dem Kinde um den Hals. Die Warrunga, die ähnlich damit verfahren, überreichen sie, falls es sich um ein Mädchen handelt, das der Oheim mütterlicherseits verheiraten muß, später diesem, der sie eine Zeitlang in seinem Armband trägt und dem Vater des Kindes Waffen schenkt; er darf aber das Kind selbst nicht eher sehen, als bis es laufen kann. Sobald dieser Zeitpunkt gekommen ist, erhält er vom Vater Pelzstreifen übersandt, kommt ins Lager, sieht sich das Kind an und bringt dem Vater Geschenke mit. Den Nabelschnurrest legt er in einen hohlen Baum, dessen Ort er niemanden verrät. Bei den Kaitisch müssen der Vater und die Großeltern mütterlicherseits während der Entbindung im Busch sich aufhalten; bei der Rückkehr bringt der Großvater einen Strauß mit und berührt mit ihm das Haupt der Wöchnerin, die darauf ihr Kind in einem hölzernen Gefäß, das als Wiege dient, in die Höhe hebt und es der Großmutter reicht. Diese reibt das Kind an ihrem Magen herum und wirft es mehrere Male in die Höhe, dann umarmt sie es von rückwärts. Der Vater wärmt bei seiner Rückkehr einen Speer über dem Feuer und läßt ihn über dem Neugeborenen hin und her gleiten. Darauf zeichnet er dem Kinde einen schwarzen Kreis um die Augen und den Nabel und gibt es der Mutter zurück. — Die Namengebung findet bei einigen Stämmen sogleich nach der Geburt, bei anderen erst nach Wochen statt. Die Bewohner des unteren Murray halten es für unheilbringend, dem Kinde einen Namen zu geben, ehe es gehen kann. In noch anderen Gegenden erfolgt eine zweite Namengebung, zum Beispiel im Knabenalter. In Westaustralien tauscht man seinen Namen als Zeichen der Freundschaft aus. Bei den Muralug (Kap York) wird in Gegenwart aller Verwandten bei der Namengebung eine Festlichkeit veranstaltet, der Vater aber darf dabei nicht anwesend sein. Die Mutter hält das Kind über einen Karamubusch und fleht den Segen der Götter auf das Neugeborene herab.

Phot. Kerry & Co.

Abb. 199. Szene aus der Borazeremonie der Stämme Ostaustraliens.

Die Jünglinge werden mit bedecktem Kopf den Pfad von einem Teil des Borakreises zum anderen längs der eingegrabenen Zeichnungen geführt.


GRÖSSERES BILD

Zwillinge werden in Zentralaustralien sofort getötet, verkrüppelte Kinder entweder ebenfalls aus dem Wege geräumt oder aus Aberglauben am Leben gelassen und verehrt. Überhaupt ist in allen Teilen Australiens der Kindsmord sehr verbreitet, die englische Regierung vermag hiergegen wenig auszurichten. Oberländer sah am Murray ein Weib, das zehn bis elf ihrer Kinder getötet hatte. Der Grund für diese Grausamkeit liegt darin, daß man von einer größeren Anzahl Kinder, meistens bei mehr als zwei, nicht erbaut ist, weil sie bei der Erziehung unter den obwaltenden recht ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen Schwierigkeiten bereiten und auf den langen Märschen lästig fallen. Die getöteten Kinder wurden früher allgemein gegessen, und zwar beteiligten sich an dem Mahl nur die Frauen.

Phot. Kerry & Co.

Abb. 200. Szene aus einer Borazeremonie.

Die Männer gehen mit Speeren auf ein in den Sand gezeichnetes Känguruh los.

Abb. 201. Szene aus einer Einführungszeremonie des Warramungastammes.

Das Schweigegebot, das den Jünglingen bei dieser Zeremonie auferlegt wird, wird durch Berührung des Hauptes eines der alten Männer mittels eines beblätterten Zweiges gelöst.


GRÖSSERES BILD

Auch die Australierin säugt ihre Kinder lange Zeit, in der Regel vier bis fünf Jahre lang. Solvado beobachtete nicht selten, daß Knaben ihr Waffenspiel unterbrachen und zur Mutter eilten, die gerade einem jüngeren Kinde die Brust reichte und sie auch damit versorgte.

Bis zum Alter von etwa sieben Jahren wachsen die Knaben mit den Mädchen zusammen unter der Obhut der Mutter auf, dann werden sie getrennt; sie erhalten fortan Unterweisung in mancherlei Künsten. So eignen sie sich die Kenntnisse, die sie als Jäger brauchen, an, indem sie im Lande umherstreifen und die Beschaffenheit und den Aufenthaltsort von Tieren und Pflanzen, die als Nahrung dienen, kennen lernen; dadurch erwerben sie sich gleichzeitig eine staunenswerte Beobachtungsgabe. Sie werden ferner in dem Gebrauch der Waffen unterwiesen und erfahren das Nötigste von den Gebräuchen des Stammes. Alles dieses wird den Knaben gleichsam spielend beigebracht, nicht durch systematische Belehrung. Bei einigen Stämmen ist es Sitte, die Knaben, sobald sie das richtige Alter erreicht haben, aus dem Heimatdorfe fortzuschicken, um einige Monate unter den Leuten einer anderen Gruppe desselben Stammes oder auch von fremden Stämmen zuzubringen und hier ebenfalls Erfahrungen zu sammeln. Während dieses Aufenthaltes kümmern sich die Männer der Gruppe, bei welcher der Knabe untergebracht ist, um seine Erziehung; er lernt dadurch andere Orte und Gebräuche kennen, gewinnt neue Freunde und zieht manchen Vorteil für sein späteres Leben aus solcher „Pension“. Nach Ablauf dieser Zeit kehrt er in die Heimat zurück, wobei ihn ein paar Männer begleiten, die hier einige Tage lang bewirtet werden, und wird dann als Mann aufgenommen; dieses Ereignis wird für gewöhnlich durch irgend eine Zeremonie zum Ausdruck gebracht. Die Stammesgruppe, die sich in der geschilderten Weise für den Knaben verpflichtete, pflegt meistens einen ihrer eigenen Knaben zur Erziehung der Gruppe zu übergeben, aus welcher dieser Knabe stammt; es besteht also gleichsam ein Austausch der Kinder. Dieser beschränkt sich aber nicht nur auf bestimmte Gruppen, sondern der eine Knabe geht in diese, der andere in jene Gruppe zur Ausbildung. Es bahnt sich dadurch ein engeres Verhältnis zwischen den einzelnen Personen wie zwischen den verschiedenen Gruppen eines und auch eines fremden Stammes an.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 202. Tanzunterricht der Knaben für einen Korroborie.

Der alte Mann lehrt sie diesen Tanz. Er singt und schlägt den Takt dazu mit zwei Bumerangs.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 203. Zeremonialgegenstände der Australier.

An beiden Seiten sind Zauberstöcke dargestellt, mit denen die Eingeborenen glauben, durch „Zielen“ auf einen Menschen diesem Unheil bringen zu können; oben ist ein Halsschmuck der Leute des Adlerhabichtclans, unten ein Tschuringa und in der Mitte ein Halsband mit Quaste abgebildet.


GRÖSSERES BILD

Schon beim Heranwachsen zum Jüngling haben die Knaben sich bestimmten Speiseverboten zu unterziehen. Die verschiedenen Stämme besitzen ihre eigenen Bestimmungen darüber, aber es gelten immer die beliebtesten Speisen als verboten, zum Beispiel der Emu, der für die Australier eine große Delikatesse bedeutet, oder in den Küstengegenden der Dugong oder die Schildkröte; sonstige Gerichte, die anderwärts auf dieser Verbotstafel stehen, sind das Stachelschwein, der Wombat, Aale, Emueier und Honig. Je mehr sich der heranwachsende Jüngling dem Mannesalter nähert, um so mehr werden für ihn diese Speiseverbote eingeschränkt, ihm die beliebten Speisen also wieder freigegeben. Zu einem bestimmten Zeitpunkte entscheiden ein paar Männer darüber, ob er jetzt von einem bestimmten Verbot zu befreien ist, etwa von dem Verbot, Fleisch vom Beuteldachs (Bandikut) zu essen. Es wird dafür ein solches Tier eingefangen und gekocht; einer der Männer reibt dem Jünglinge das Fett über den Mund und gibt ihm von dem Fleisch zu essen; fortan ist es ihm gestattet von dieser Nahrung zu sich zu nehmen. In ähnlicher Weise werden die verschiedenen Speiseverbote nacheinander aufgehoben. Manche Stämme dehnen diesen Widerruf auf eine sehr lange Spanne Zeit aus; so kommt es schließlich soweit, daß ein Mann bereits alt und grau geworden ist, ehe er alle Speisen essen darf. Auch die Frauen müssen sich ähnlichen Vorschriften unterziehen und sich bestimmter Speisen bis zu einem gewissen Alter enthalten. Bei manchen Stämmen scheint das Erzeugen von Schmucknarben mit der Aufhebung dieser Verbote in Zusammenhang zu stehen; bei jedem Widerruf werden eine oder mehrere Narben beigebracht.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 204. Ausschlagen eines Schneidezahnes bei einem Mädchen des Kaitischstammes,

ein Brauch, der vielen australischen Stämmen eigen ist und bei Knaben oder Mädchen in einem gewissen Alter ausgeführt wird.

Wie unter den Melanesiern, so sind auch unter den Eingeborenen Nordqueenslands Fadenspiele sehr verbreitet. Es handelt sich hierbei darum, eine Schnur zwischen den Fingern zu allerlei Figuren — beliebt sind unter anderem Fische, Schildkröte, fliegender Fuchs, Kanu, Kokospalme — zu verstricken (Abb. 197).

Die Zeremonien, mit denen die Jünglinge in die geheimen Sitten ihres Stammes eingeführt werden, stimmen in ihren großen Zügen in fast ganz Ostaustralien (Viktoria, Neusüdwales und einem Teil von Queensland) miteinander überein, dagegen wechseln sie in ihren Einzelheiten sowie in ihrem Namen von Stamm zu Stamm. Der Einfachheit halber wollen wir sie kurz als Borazeremonien, dem bei einigen Stämmen von Neusüdwales üblichen und in die Wissenschaft eingeführten Namen, bezeichnen. Erst wenn ein Mann mehrere Boraversammlungen mitgemacht hat, gilt er für ein völlig eingeweihtes Mitglied des Stammes, indessen ist für ihn die erste Sitzung, bei der er als Knabe zugegen war, die bei weitem wichtigste.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 205. Teilnehmer einer Einführungszeremonie (Pflaumenbaumtotem) bei den Arunta.

Sie sind mit Streifen aus gelbem Ocker und Kohle bemalt und mit Daunen beklebt; die sitzende Person trägt einen hohen Kopfputz, der einen Pflaumenbaum darstellen soll.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 206. Schlußszene der Einführungszeremonie bei dem Aruntastamme.

Die Knaben müssen, ohne zu sprechen, längere Zeit im Sande liegen.

Besitzt eine Ortsgruppe einen oder zwei Knaben, die nach Ansicht der älteren Männer das erforderliche Alter für die erste Bora erreicht haben, so wird darüber in einer Sitzung ein Beschluß gefaßt und die Vorbereitungen für die erste Sitzung getroffen, die vielleicht erst nach Monaten zustande kommt. Es werden nun Boten ausgeschickt, um die benachbarten Gruppen davon zu benachrichtigen. Auf diesen Gängen führen die Boten gewöhnlich diesen oder jenen Gegenstand, je nach der bei den einzelnen Stämmen herrschenden Sitte, mit sich, bald einen Botenstock, ein kleines Stück Holz, das Kerben aufweist, bald ein Schwirrholz, oder einen Männergürtel, oder einen Strauß Federn. Unter Vorzeigung dieses Kennzeichens macht der Bote vor den alten Männern des Lagers Mitteilung über Zeit und Ort der nächsten Bora, ladet sie ein und fordert sie gleichzeitig auf, diejenigen Knaben mitzubringen, die ihrem Alter nach eingeführt werden können. Ein solcher Bote gilt stets für heilig und unverletzlich, selbst wenn er zu feindlich gesinnten Eingeborenen kommen sollte. Kurz vor dem festgesetzten Tage begibt sich die das Fest gebende Gruppe aufs Feld in die Nähe der Stelle, wo die Bora abgehalten werden soll. Die eingeweihten Männer beginnen dann den Erdboden für die Feier vorzubereiten. Der Plan hierzu fällt an den verschiedenen Orten verschieden aus, allgemein üblich ist jedoch eine Dreiteilung des Boragrundes. Man unterscheidet einen großen, kreisförmigen, sorgfältig gesäuberten und geglätteten Platz, der von einem niedrigen Erddamm umgeben ist, sodann einen oft vierhundert bis vierhundertfünfzig Meter langen Pfad, der von dem großen Kreis in den Busch führt und in einen kleinen gelichteten Kreis endet, der ebenfalls von einem niedrigen Damm umzäunt wird. Frauen dürfen nur den größeren Kreis aufsuchen, aber keine davon, überhaupt kein Uneingeweihter darf den Pfad erblicken; auf Übertretung steht Todesstrafe. Auf jeder Seite des Pfades werden nämlich verschiedene Zeichnungen auf dem Erdboden gemacht, entweder in Gestalt erhöhter Erdhügel oder von Umrißzeichnungen (Abb. 195), die mit einem Beil hergestellt werden und meistens verschiedene Tierarten, zum Beispiel Känguruhe, Emue, Schlangen und so weiter, manchmal auch geometrische Muster (Abb. 199) darstellen. Die Bäume zu beiden Seiten des Pfades werden mit Schnitzereien verziert (Abb. 196), entweder gleichfalls mit geometrischen Mustern oder mit Tieren. An einer Stelle des Pfades oder des kleineren Kreises findet sich oft ein Erdhügel aufgeworfen in Form einer menschlichen Gestalt, die ein mythisches Wesen darstellt. Dieses, von einigen Stämmen Baiame genannt, hat nach dem Aberglauben der Eingeborenen die Borazeremonien eingeführt und findet sich bei jeder Veranstaltung wieder ein, um zuzusehen, ob die Feier auch nach den alten Vorschriften durchgeführt wird.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 207. Szene eines Korroborietanzes des Aruntastammes.

Die sitzenden Leute singen und schlagen den Takt zu dem Tanz mit ihren Bumerangs. In der Laubhütte schmücken sich die Tänzer.


GRÖSSERES BILD

Rückt der Tag für die Zeremonie heran, so treffen die eingeladenen Gäste aus der Umgebung allmählich ein. Sobald sich eine Gruppe dem Borafeld nähert, sendet sie einen Boten voraus, der ihre Ankunft ankündigt. Man empfängt die Gäste mit großer Feierlichkeit, die teilweise in einem Tanze im großen Kreise besteht. Den Eingeweihten unter ihnen wird dann der Pfad gezeigt, ebenso der kleine Kreis und die Zeichnungen. Bei diesen Gelegenheiten, wo Männer aus verschiedenen Gegenden zusammenströmen, kommt es zum Austrag alter Kränkungen durch einen Kampf; aber wenn dann die Uneinigkeiten ausgeglichen sind, ist der Friede wieder hergestellt, und die Zeremonie geht vor sich, sobald der letzte Trupp der Eingeladenen eingetroffen ist.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 208. Mann mit Froschtotem.

Der hohe Kopfputz stellt einen heiligen Baum dar, und die Daunen an des Mannes Kopf und Körper seine Wurzeln.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 209. Schlußszene eines Korroborietanzes,

die der vorderste, ein übernatürliches Wesen darstellende Mann anführt.


GRÖSSERES BILD

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 210. Szene aus der Feuerzeremonie des Aruntastammes.

Die Knaben liegen auf der niedergebrannten Glut.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 211. Zeremonie des Wildkatzentotems des Aruntastammes.

Der aufrechte Gegenstand stellt den mythischen Vorfahren dar.

Es ist unmöglich, in Kürze alle Einzelheiten der Zeremonie (Abb. 195, 198 bis 200) zu beschreiben, die überdies bei den verschiedenen Stämmen anders ausfallen. Am ersten Abschnitt, der am großen Borakreis sich abspielt, beteiligen sich auch die alten Frauen; von den übrigen Vorgängen ist das weibliche Geschlecht ausgeschlossen. Die Knaben werden zu dem kleineren Ring geführt, die Zeichnungen an den Bäumen und die Figuren auf dem Erdboden ihnen von älteren Männern, die während der ganzen Zeit ihre Beschützer sind, gezeigt und erklärt (Abb. 199). Die Männer führen Zauberspiele und Pantomimen auf, welche die Knaben sich mitansehen müssen und von jenen erklärt werden. Bei dieser Gelegenheit erblicken die Knaben auch zum erstenmal ein Tschuringa oder Schwirrholz (Abb. 203), jenes Stück Holz von spitz-ovaler Form, das mit einer an seinem Ende befestigten Schnur schnell in Bewegung gesetzt wird und einen summenden Ton hervorbringt. Frauen bekommen dieses Gerät niemals zu Gesicht, die Knaben werden auch davor gewarnt, einer Frau gegenüber jemals von ihm zu sprechen, geschweige denn es einer solchen zu zeigen. Sollte ein weibliches Wesen aus Unachtsamkeit etwa ein Schwirrholz erblicken, so wird es getötet. Es wird den Frauen vorgeredet, daß der Ton, den das Schwirrholz verursacht, die Stimme eines übernatürlichen Wesens sei. Solange die Zeremonie der Bora vor sich geht, hört man ihn. Die Zeremonien bestehen zum großen Teil in Pantomimen, bei denen die Darsteller die Tätigkeit von Tieren nachahmen. Alle diese Vorgänge, sowie die Dinge, die den Novizen in dieser Zeit gezeigt werden, sind heilig und dürfen von den Frauen nicht gesehen werden. — Die Knaben haben meistens auch noch einen blutigen Eingriff an ihrem Gliede zu erdulden; es wird an ihnen die Beschneidung, das heißt die Abtrennung der Vorhaut vollzogen. Bei einigen Stämmen erfolgt nach einigen Wochen noch eine zweite Operation, das Bloßlegen (Aufschlitzen) der Harnröhre, die wir bereits oben (S. 154) erwähnten. Bei den Arunta wird mit dem bei diesen Eingriffen abfließenden Blute ein kleines Schwirrholz bestrichen, damit es später als Liebeszauber diene. Der Jüngling, der ein Mädchen zur Heirat geneigt machen will, läßt es dann schwirren. Bei anderen Stämmen gehört zu den Einweihungsfeierlichkeiten auch das Ausschlagen eines Vorderzahnes (Abb. 204), das Hochwerfen der Knaben in die Luft (Abb. 189), das Anbringen von Narben und eine Art von Feuerprobe. Während aller dieser Vorgänge werden die Knaben scharf beobachtet, ob sie sich dabei richtig benehmen; befolgt einer von ihnen nicht die Befehle seines Beschützers, so wird er umgebracht. Solange die Borazeremonie dauert, sind die Knaben und ihre Begleiter von den Frauen und Mädchen getrennt. Die Männer verbringen einen Teil des Tages mit der Beschaffung der Nahrung durch Jagd, die übrige Zeit gilt den Vorführungen. Am Schluß werden die Knaben den Frauen zugeführt, und öfters wird noch ein Fest veranstaltet, an dem sich auch diese beteiligen. Die Knaben aber leben noch eine Zeitlang, manchmal vier Monate, mit ihren Beschützern im Busch und werden von ihnen über alle Gesetze und Gebräuche des Stammes, sowie über die Notwendigkeit, diese zu befolgen und den älteren Männern zu gehorchen, unterwiesen. Während dieser Probezeit dürfen die Knaben keine Frauen sehen, noch von ihnen gesehen werden. Bei einigen Stämmen dauert dies so lange, bis sich für die Knaben Gelegenheit bietet der nächsten Bora beizuwohnen. Zur vollständigen Mannbarwerdung müssen die Jünglinge mehrere Boraversammlungen besuchen, bei deren jeder sie immer etwas Neues sehen, das ihnen vordem noch vorenthalten wurde.

Phot. W. E. Roth.

Abb. 212. Zaubergestalt von Nordqueensland,

die zur Vertreibung der Moskitos verbrannt wird.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 213. Szene aus der Adler-Habicht-Zeremonie des Aruntastammes bei den Einführungsfeierlichkeiten der Jünglinge.

Die beiden handelnden Personen stellen zwei dieser Vögel im Streite um ein Stück Fleisch dar.

Szene aus einem Korroborie,

einer Art dramatischer Pantomime und Tanz. Der am Boden liegende Eingeborene soll einen schlafenden Mann darstellen, während der auf ihn Zuschreitende zwischen den Zehen ein in Rinde gehülltes Pulver eines Zaubersteines hält, das er auf den Schlafenden fallen läßt, um ihn so zu töten.


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Die Feuerzeremonie oder Ingwurra (Abb. 210), um auf sie noch einmal etwas ausführlicher zurückzukommen, ist das letzte Stadium der Einweihungsfeierlichkeiten bei den Arunta und führt die Bevölkerung von weit und breit auf Einladung zusammen. Eigentlich ist sie eine Aufeinanderfolge verschiedener Akte. Die Feierlichkeiten werden wochenlang mit den üblichen Korrobories eingeleitet, an denen sich auch die Frauen beteiligen. Ein Korroborie, eine Art dramatischer Unterhaltung, ein pantomimischer Tanz (Abb. 202, 207, 209 und farbige Kunstbeilage), den ein Gesang begleitet, besteht gewöhnlich aus einem Zyklus von Vorführungen, von denen eine jede einen Abend ausfüllt, so daß das Ganze mehrere Abende hintereinander in Anspruch nimmt. Den Korrobories folgt als zweiter Akt die Ingwurrazeremonie. Jetzt trennen sich die Frauen von den Männern und bleiben auf dem Felde, während letztere mit Ausnahme einiger Tagesstunden, die sie der Jagd widmen, auf dem Festplatz leben und diese Zeit auf die Vorbereitung und Aufführung heiliger Zeremonien verwenden. Da wir weiter unten auf diese etwas ausführlicher zurückkommen, wollen wir hier nur erwähnen, daß sie die heiligen Mythen des Stammes versinnbildlichen und für die jungen Leute ein Mittel abgeben sollen, sie in den Glaubensauffassungen, die damit in Zusammenhang stehen, zu unterweisen. Diese Vorbereitungen erfordern eine geraume Zeit, obwohl jede Aufführung eigentlich nur wenige Minuten dauert. Wenn damit Monate vergangen sind, beginnen nun die wirklichen Zeremonien, die sich auf etwa zwei Wochen erstrecken. Täglich werden die jungen Leute, die aufgenommen werden sollen, auf die Jagd gesandt, deren Beute sie aber nicht für sich behalten dürfen, sondern an die älteren Männer abliefern müssen. Bevor sie des Abends zurückkehren, besorgen sich die Frauen Feuer, trockenes Gras und Reisig. Die Jünglinge versehen sich bei ihrer Ankunft aus dem Busch mit einer Anzahl beblätterter Zweige, stellen sich in einem dichten Viereck zusammen, laufen den sie erwartenden Frauen, die das Gras und das Holz angezündet haben und es auf die Eindringlinge zu werfen sich bemühen, entgegen, und suchen sich dagegen, so gut sie können, mit ihren Zweigen zu schützen. Nach einiger Zeit kehren sie auf den Festplatz zurück, bringen hier ihre Zweige unter und legen sich nieder; sie müssen so stundenlang ohne etwas zu sprechen verharren (Abb. 206). Nachdem sich dieser Vorgang mehrere Tage hindurch wiederholt hat und die heiligen Zeremonien inzwischen Tag und Nacht ihren Fortgang genommen haben, werden die Knaben auf zwei Tage in den Busch geschickt, um hier eine eingreifendere Feuerprobe durchzumachen. Die älteren Männer, denen die Novizen anvertraut sind, zünden aus Kloben und Ästen ein großes Feuer von etwa zwei bis drei Meter im Durchmesser an, bedecken die Glut, sobald das Feuer heruntergebrannt ist, mit Zweigen und fordern die Jünglinge auf, sich auf die Äste zu legen und hier vier bis fünf Minuten auszuhalten (Abb. 210). Trotzdem die auf die glühende Asche gelegten Sträucher die direkte Berührung mit ihr verhindern, so daß die jungen Leute sich nicht verbrennen können, erfordern die große Hitze und der Rauch doch einen großen Aufwand an Energie, um diese Probe durchzuführen. Sodann kehren die Jünglinge nach dem Lagerplatz zurück. Hier wird der Abend mit allerlei Neckereien zugebracht; die Frauen in dem Lager und die Männer auf dem Festplatze rufen einander Scherzworte zu und ziehen einander auf. Bei solcher Gelegenheit darf ein Mann auch seiner Schwiegermutter zurufen, mit der er sonst jeglichen Verkehr meiden muß. In fast ganz Australien nämlich bestehen zwischen beiden Parteien merkwürdige Sitten. Sieht ein Mann seine Schwiegermutter kommen, so muß er sich verstecken und sie vorüberlassen, damit sich beide auf keinen Fall zu Gesicht bekommen. Ist ein Verstecken unmöglich, so muß er nach rechts oder links mit abgewendetem Gesicht abbiegen, einen großen Bogen um sie machen und ihr auf jeden Fall ausweichen. Bei einzelnen Stämmen darf er sich mit ihr überhaupt in kein Gespräch einlassen. Vernachlässigt jemand diese Vorschriften, so kann er vom Häuptling in Strafe genommen werden.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 214. Zauberzeremonie behufs Vermehrung von Würmern.

Am nächsten Tage haben die jungen Leute die letzte Feuerzeremonie zu bestehen. Auch hierbei werden von den Frauen große Feuer angelegt und die glühende Asche mit grünen Zweigen bedeckt. Dieses Mal aber müssen die Jünglinge der Reihe nach in das Feuer hineintreten und mitten im dichten Rauch niederknien, wobei sie eine der Frauen an den Schultern noch herabdrückt. Damit schließt endlich die Ingwurrazeremonie. Wenn die Jünglinge alle verschiedenen Feuerproben bestanden haben, werden sie fortan als vollgültige Mitglieder des Stammes angesehen. Nachdem in den nächsten Tagen noch einige gewöhnliche Korrobories, an denen auch die Frauen sich beteiligen, abgehalten worden sind, ziehen die fremden Gruppen in ihr eigenes Dorf zurück.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 215. Zauberzeremonie, die bezweckt, Insekten zu veranlassen, daß sie Eier legen.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 216. Zeremonie behufs Vermehrung von Schlangen bei dem Urabunnastamme.


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Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 217. Totemzeremonie des Aruntastammes.

Die beiden aufgeputzten Männer stellen zwei Vorfahren des Stammes dar; der eine dieser Vorfahren steht in Verbindung mit der Sonne, der andere mit einem Baum, dessen Blüten zu einem bestimmten Tranke verwendet werden.

Die Zeremonien der Australier hängen eng mit ihrer Religion zusammen. Ihre religiösen Vorstellungen beruhen auf dem Glauben an überirdische, meist mythenhafte Wesen und auf Zauberei. Im allgemeinen werden gute und böse Geister unterschieden, darunter wiederum mächtigere und unbedeutendere. Leider ist es den Europäern bis jetzt nur in unvollkommenem Maße möglich gewesen, in das religiöse Leben und Denken der Australier einzudringen. Dazu kommt, daß unter ihnen selbst nur ganz verschwommene Begriffe von den Geistern und so weiter herrschen, so daß wir nur ein mangelhaftes Bild von ihrer Religion besitzen. Eine große Rolle spielt dabei das bekannte Totemwesen. Ein jeder Stamm zerfällt in eine Anzahl Gruppen (Clans oder Sippen), von denen jede in einem, zumeist genetischen Verhältnis zu irgend einem Gegenstand oder einer Erscheinung in der Natur zu stehen glaubt, zu seinem Totem. Dieses ist zumeist ein bestimmtes Tier oder eine Pflanze, die zu Nahrungszwecken dienen, aber auch eine Naturerscheinung. Dieses Totem, nach dem sich die Sippe auch benennt, wird von ihr verehrt. Die eine Gruppe steht, um ein paar Beispiele anzuführen, mit einem Känguruh, andere mit dem Opossum oder dem Emu oder einer Schlange, wieder andere mit einer Akazienart, einem Grassamen und ähnlichem, noch andere mit Regen, Wind, Feuer und so weiter in Zusammenhang (Abb. 205, 208, 211 und 213). Für gewöhnlich darf kein Mitglied einer Totemgruppe sein eigenes Totem verzehren, wenn es sich um ein Tier oder eine Pflanze handelt, oder es töten, wenn es das erstere betrifft, denn es ist ihm heilig, wohl aber ist ihm gestattet, das einer anderen Gruppe zu essen, beziehungsweise zu töten. Ferner besteht vielfach der Glaube, daß die Anhänger eines Totems bewirken können, daß dieses sich vermehrt oder zunimmt, also einem bestimmten Teile der Natur zu befehlen imstande sind. Ein Känguruhmann zum Beispiel kann das Känguruh zur starken Vermehrung zwingen, ein Regenmann Regen hervorrufen, ein Feuermann stets sein eigenes Feuer erzeugen, so daß er dazu keiner Vorrichtungen bedarf. Wohl gemerkt, diese Fähigkeit beschränkt sich immer nur auf das eigene Totem. Ein Mitglied des Känguruhtotems kann daher keinen Regen machen, und ein Mann des Regentotems nichts dazu tun, daß sich das Känguruh vermehre. In vielen Gegenden Australiens bestehen gewisse Zeremonien, die besonders zu dem Zwecke abgehalten werden, um das Totem zu vermehren. Jede Totemgruppe pflegt eine bestimmte Stelle zu besitzen, an der man diese Zeremonien vornimmt; meistens ist dies das Verbreitungszentrum des betreffenden Tieres oder der Hauptstandort der Pflanze. Ein paar Beispiele von solchen Zeremonien. Handelt es sich darum, die Vermehrung von Schlangen zu erwirken, so erscheint an dem betreffenden Totemplatz der mit rotem und gelbem Ocker angemalte und mit dem Waningakopfputz (das weitere über ihn siehe weiter unten) ausgerüstete Oberste der Schlangentotemgruppe, kniet vor den versammelten Mitgliedern nieder und streckt die Arme ganz lang aus, wobei er in jeder Hand einen angespitzten Knochen hält. Ein Mann, der zu seiner Rechten kniet, nimmt sich den Knochen aus der entsprechenden Hand, hebt an seinem Oberarm eine Hautfalte hoch und durchsticht sie mit diesem Knochen; dasselbe tut ein Mann, der zur Linken sich niedergelassen hat (Abb. 216). Der Oberste singt darauf, in der gleichen Stellung verharrend, ein Lied oder einen Zauberspruch, dessen Inhalt den Anwesenden heutzutage unverständlich erscheint, und die Zeremonie ist beendigt. Wenn daraufhin die Schlangen recht zahlreich geworden sind, bringen Männer, welche der betreffenden Gruppe nicht angehören, einige dieser Tiere dem Obersten mit den Worten: „Siehe, hier sind Schlangen“. Dieser nimmt etwas Schlangenfett, reibt sich damit die Arme ein und antwortet: „So esset alle“. Damit will er besagen, daß die Schlangen dank seiner Zeremonie so zahlreich geworden sind, daß jeder Stamm sie in genügender Menge zur Verfügung hat. — Um Würmer, eine Delikatesse für die Australier, zu vermehren, reibt ein Mann die Magengegend eines anderen mit einem heiligen Steine, der das Ei eines solchen Tieres darstellen soll (Abb. 214); oder singt die Insekten an, auf daß sie Eier legen (Abb. 215). Um Regenwetter herbeizuführen, wurde bei den Kurna an einem Wasserloch eine Grube ausgeworfen und über ihr eine Hütte errichtet. Nachdem sich in ihr alle Anwesenden, darunter auch Gäste, versammelt hatten, schnürte sich einer der älteren Männer ein Band fest um den linken Oberarm und öffnete mit einem spitzen Steine eine Blutader in der Gegend des Ellenbogengelenkes. Das ausströmende Blut ließ er über die am Boden dicht gedrängt Hockenden laufen, auf die mit Blut bespritzten Stellen streute er Vogeldaunen. Jetzt wurden einige vor Beginn der Zeremonie in die Wassergrube geworfene Steine herausgenommen und an einem entfernten Platz in das Astwerk eines der höchsten Bäume gelegt. Währenddessen zerrieben andere Männer Gipsspat zu feinem Pulver und streuten es auf die Oberfläche des Wassers. Schließlich stießen alle Anwesenden die Hütte mit dem Kopfe um. Das fließende Blut soll den vom Himmel strömenden Regen versinnbildlichen, die Daunen leichte, die Steine schwere Wolken; das Verstecken der Steine in den Baumgipfeln geschieht in der Absicht, daß sie der Regengeist sehe, und mit dem Niederreißen der Hütte soll angedeutet werden, daß der Geist in gleicher Weise die Wolken durchbohren möge. Um anderseits kühle Witterung zu bekommen, zünden geschmückte Männer hinter einem Windschirm ein Feuer an, lassen sich an ihm nieder und geben an, daß sie frieren und vor Kälte zittern. Hierdurch hoffen sie eine Abkühlung des Wetters herbeiführen zu können. Manche Stämme nehmen an, daß ein Mann sich in sein Totem verwandeln könne, wenn dieses ein Tier ist. Ein Totemtier verletzt nach der allgemeinen Annahme niemals seine menschlichen Verwandten; daher braucht zum Beispiel ein Anhänger des Schlangentotems nicht zu befürchten, von einer Schlange gebissen zu werden.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 218. Bodenzeichnungen für die Wollunquatotemzeremonie.

Diese Zeichnungen gelten den Eingeborenen als heilig und dürfen von Frauen nicht gesehen werden; in diesem Bilde stellen sie die Wanderungen des mythischen Vorfahren Wollunqua dar.


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Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 219. Warramungaleute im Schmuck für eine Zeremonie des Wollunquatotems.

Der Gegenstand über dem Kopf des einen Mannes ist aus Grasstengeln hergestellt und mit Schnur aus Menschenhaar umwickelt; er soll Wollunqua, eine mythische Schlange, darstellen.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 220. Schlußszene bei der Wollunquatotemzeremonie des Warramungastammes,

bei der den Aufführenden der Kopfputz abgenommen wird.


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Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 221. Szene aus der Wollunquatotemzeremonie des Warramungastammes.

Ein Mann streicht mit einem Zweige über die auf einem Erdhaufen dargestellte mythische Schlange Wollunqua; dies soll sie versöhnen.

Alle Mitglieder einer jeden Totemsippe halten sich für nahe Blutsverwandte; die Mitgliedschaft zu einer Gruppe wird durch die Erbfolge geregelt. In Gegenden (Ostaustralien), wo ein Kind dem Clan der Mutter angehört, erbt es das Totem der Mutter, in anderen wieder, wo es zur Gruppe des Vaters zählt, nimmt es dessen Totem an. Bei noch anderen Stämmen wird das Totem nicht vererbt, sondern auf andere Weise erworben. Wie wir schon hörten, ist jedes Totem an einen bestimmten Platz oder Gegenstand gebunden. Wird bei den Arunta zum Beispiel ein Kind geboren, so erhält es das Totem der Stelle, in dessen Nähe es angeblich von der Mutter empfangen wurde. Glaubt also eine Frau, daß sie ihr Kind bei einem bestimmten Baume oder einem Felsen empfangen habe, der mit dem Emu in Verbindung steht, so bekommt das Kind das Emutotem, ganz gleich welcher Sippe die Mutter angehört.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 222. Szene aus der Feuerzeremonie des Warramungastammes.

Das Totemwesen zeigt seine höchste Entwicklung in Zentralaustralien. Hier hat man auch die ganze Lehre tiefer durchdacht und sich ihren Ursprung zurechtgelegt. Vor Zeiten, bevor es noch einen Menschen gab, lebte in Australien eine Art übernatürlicher Wesen, die Totemahnen. Sie besaßen ganz erstaunliche Kräfte und auch die Fähigkeit, sowohl die Natur des Menschen wie die von Tieren oder Pflanzen in sich zu verkörpern. Alle diese Vorfahren, so meinen einige Stämme nun, ließen, während sie das Land durchzogen, an bestimmten Orten viele Kindergeister zurück, die, wie wir bereits vordem (S. 156) entwickelten, in die Frauen übergehen und dann als richtige Menschenkinder geboren werden. Nach dem Tode kehrt ihr Geist wieder zu seiner Ursprungsstätte, zum Beispiel in einen heiligen Stein oder Baum, mit denen er verbunden ist, zurück und wartet dort auf seine Wiederfleischwerdung. Jedes Stammesmitglied ist also die Wiedergeburt eines der Vorfahren. Die Stämme im Innern Australiens führen nun Zeremonien auf, die auf diese Totemvorfahren Bezug nehmen, indem sie dieselben zur Darstellung bringen (Abb. 217). Allgemein nimmt man an, daß diese Totemahnen die betreffenden Zeremonien der Sippe persönlich in der Weise, wie sie heute begangen werden, vordem eingeführt haben. Die bei den Einweihungsfeierlichkeiten der Jünglinge von uns erwähnten Zeremonien sind zum Teil solche, die mit dem Totemahnen in Zusammenhang stehen. Als Beispiel, wie es bei einer solchen zugeht, möge die Zeremonie des Schlangentotems der Warramunga gelten. Der Vorfahre dieses Totems soll ein mythisches Wesen Wollunqua gewesen sein, das eine solche Größe besaß, daß es, wenn es auf dem Schwanz gestanden hätte, mit seinem Kopf bis in den Himmel hineingereicht haben würde; jetzt liegt es in ein großes Wasserloch in einem einsamen Tal gebannt. Bei einer der darauf bezüglichen Zeremonien nun wird ein Erdhügel geformt und auf ihn die Gestalt einer Schlange gezeichnet (Abb. 221). Darauf gehen die Männer des Wollunquatotems (Abb. 219) um den Hügel herum, und einer von ihnen streicht mit einem Zweig über den Fuß des Hügels (Abb. 221); nachdem man darauf den größten Teil der Nacht gesungen und um den Hügel getanzt hat, greift man am frühen Morgen den Hügel mit Speeren, Bumerangs und Keulen an und zertrümmert ihn. Offenbar soll durch diese Zeremonie Wollunqua verhindert werden, sein Wasserloch zu verlassen. In dem übrigen Australien, wo kein Totemglauben herrscht — nur im Zentrum des Erdteiles treffen wir ihn im vollen Umfange an —, kommt den Zeremonien eine andere Bedeutung bei. Allerdings bilden ihren Hintergrund teilweise hier auch noch mythische Vorstellungen von Vorfahren — diese Legenden und Erzählungen von den Ahnen werden den Jünglingen also nicht nur erzählt, sondern auch dramatisch vorgeführt —, daneben aber auch wieder Geschichten über Tiere. In diesem Falle ahmen die darstellenden Männer die Handlungen der Tiere nach oder führen etwas um Zeichnungen, die Tiere wiedergeben, auf. So zum Beispiel laufen sie auf allen Vieren herum wie ein grasendes Känguruh und ähnliches. Allen diesen Vorführungen, wie den die Wanderungen des Totemahnen darstellenden Zeichnungen (Abb. 218 und 220) ist gemeinsam ihre Heiligkeit; daher dürfen sie weder von Frauen noch von Kindern gesehen werden.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 223. Szene aus der Feuerzeremonie des Warramungastammes.

Die Eingeborenen tanzen vor der Hütte, in der andere Männer sitzen und singen. Die Fackeln, die sie halten, werden später abgebrannt.

Außer den Zeremonien, die der Verehrung des Totems und der Verkörperung der heiligen Mythen dienen sollen, kennen verschiedene Stämme noch eine Reihe anderer Zeremonien, die ganz anderer Natur sind. Als Beispiel von solchen diene die Feuerzeremonie der Warramunga, die indessen mit der gelegentlich der Jünglingsweihen stattfindenden und oben geschilderten nicht identisch ist. Sie geht darauf hinaus, daß alle Beteiligten die zwischen ihnen bestehenden Streitigkeiten beilegen. Ein Augenzeuge schreibt, daß die Zeremonie an einem Abend damit einsetzte, daß, nachdem sich die Männer um einige kleinere Feuer gruppiert hatten, ein komisches Intermezzo sich abspielte. Einige sprangen zunächst auf, stürmten mit erhobenen Waffen wütend umher, schrien laut und gebärdeten sich ganz unsinnig; hierauf begann man mit Neckereien, einer machte über den anderen höhnische Bemerkungen, suchte ihn auch direkt zu beleidigen, nahm ihm seine Waffen fort und versteckte sie im Busch; die jüngeren Leute nahmen den älteren die Speisen weg, eine unter anderen Umständen ganz unerhörte Beleidigung — über alles amüsierten sich die Anwesenden köstlich. Darauf setzte der Tanz ein, an dem die Teilnehmer sich so grotesk wie möglich benahmen, auch die Frauen wirkten dabei mit, die vordem den Vorgängen nur von weitem zugesehen hatten. Diese Belustigungen dauerten bis gegen Mitternacht. Am nächsten Morgen bemalten sich die Männer mit Ocker und führten eine ganz drollige Pantomime auf; die Hände hinten am Kopfe haltend, tanzten sie zunächst in der Richtung des Lagers der Frauen zu, wenn sie sich ihm näherten, gingen sie bald auf den Händen, bald auf den Knien vorwärts (Abb. 222), kehrten aber vor dem Lager um und in das ihrige zurück. Hierauf zogen sich die Männer, einige alte Leute ausgenommen, in den Busch zurück und blieben hier eine Woche. Wichtig ist bei diesem Akte der Zeremonie, daß die jungen Männer die Frauen nicht sehen durften. Nach der Rückkehr der Männer aus dem Walde begannen die Vorbereitungen für die eigentliche Feuerzeremonie, die unter anderem in der Anfertigung mächtiger Fackeln aus Zweigen (Abb. 223) und in der Errichtung einer etwa sechs Meter hohen, mit rotem Ocker bemalten und an der Spitze mit einem Busch Zweige geschmückten Stange zwischen dem Männer- und Frauenlager bestanden. Die eigentliche Feuerzeremonie spielte sich nachts ab. Die sie darstellenden Männer bestrichen sich dazu von Kopf bis zu Fuß mit rotem Lehm und darüber mit einer dicken Schicht weißen Pfeifentons und nahmen die Fackeln in die Hand. Dann ging einer zum Angriff über, indem er mit seiner Fackel wie mit einem vorgestreckten Spieß in die Menschengruppe hineinstürmte, in der sich einer der Männer befand, mit dem er im letzten Jahre einen heftigen Streit gehabt hatte. Man wehrte hier den Angriff mit Keulen und Speeren ab. Damit war das Zeichen zu einem allgemeinen Durcheinander gegeben. Beide Parteien stürmten nun aufeinander los, die brennenden Fackeln sausten dabei auf Kopf und Rumpf nieder und die glühenden Kohlenreste stoben auseinander. Die Frauen standen klagend daneben und senkten brennende Zweige, um, wie sie behaupteten, dadurch zu verhindern, daß die Männer sich ernstlich verletzten. Die lodernde Glut, der mächtige Qualm, im Gegensatz dazu die weiß angestrichenen Körper, der mächtige Lärm, alles dieses machte den Eindruck einer recht wilden rohen Szene. Endlich wurden die Fackeln auf die Erde geschleudert und ihre Flammen gelöscht.

Phot. Kerry & Co.

Abb. 224. Eingeborener der Prince of Wales-Insel

mit einem Stabe, der ein Waninga trägt.

Bei der Beschreibung der Zeremonien erwähnten wir bereits verschiedentlich heilige Gegenstände, vor allem das Schwirrholz, das besonders bei den Jünglingsweihen eine wichtige Rolle spielt. Denn bei dieser Gelegenheit erfahren die Knaben zum ersten Male, daß jene geheimnisvollen Töne, die einem überirdischen Wesen zugeschrieben werden und oft genug ihnen großen Schrecken einflößten, durch diesen unscheinbaren Gegenstand hervorgerufen werden. Wir sprachen auch bereits von dem Tschuringa (Abb. 203), das dem eigentlichen Schwirrholz in der Form wohl gleicht, aber kein Loch für die Schnur besitzt, also nicht geschwungen werden kann. Der Name für diesen Gegenstand stammt aus der Aruntasprache und bedeutet „heilig“. Es ist oft mit eingeritzten Mustern schön verziert. Die Stämme von Mittel- und Westaustralien verwenden das Tschuringa nur bei ihren heiligen Handlungen, vor allem sind die Gebräuche, die damit im Zusammenhange stehen, bei den Arunta hoch entwickelt. Hier besitzt jede Person, Mann, Weib und Kind, sein eigenes Tschuringa, mit dem ein jedes verbunden ist; die Frauen und Kinder aber dürfen das ihrige nicht zu Gesicht bekommen. Alle Tschuringa, die einer Totemgruppe angehören, werden an einem besonderen Ort aufbewahrt. Dieser gilt ebenfalls für heilig; ein Jäger zum Beispiel würde auf der Jagd nach einem Känguruh, wenn er sich solchen Aufbewahrungsorten näherte, ihm nicht weiter nachstellen, sondern davon Abstand nehmen. Während der Zeremonien werden diese Tschuringa, die sonst wie ein großer Schatz ängstlich gehütet werden, hervorgeholt, betrachtet und befühlt; dabei sprechen die Eingeborenen nur im Flüsterton und betragen sich höchst feierlich. Aus Höflichkeit pflegt eine Totemgruppe einer anderen wohl ihr Tschuringa zu leihen, sie erhält es dann unter vielen feierlichen Zeremonien wieder zurück (Abb. 225).

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 225. Zurückbringen eines ausgeliehenen Tschuringa.

Ein anderer heiliger Gegenstand, auf den schon hingewiesen wurde, ist das Waninga. In seiner einfachsten Form besteht es aus zwei in der Mitte in Gestalt eines Kreuzes zusammengebundenen Stöcken, auf welches Haar- oder Pelzsträhnen webartig gewickelt sind. Bald wird es in der Hand (Abb. 224), bald auf dem Kopfe (Abb. 227) getragen. Im westlichen Australien weist dieser Gegenstand entwickeltere Formen auf. In dem in Abbildung 227 dargestellten Falle sind fünf kleine Waninga zu einem einzigen Ganzen zusammengefügt. Die Bedeutung des Waninga, das ebenso wie das Schwirrholz und das Tschuringa weder Frauen noch Kinder erblicken dürfen, ist eine dunkle. Bei manchen Zeremonien soll es nach Aussage der Eingeborenen das Totem darstellen, mit dem sie in Zusammenhang steht, also eine Ratte oder eine Schlange. In Westaustralien scheint das Waninga eine ähnliche Rolle wie die Masken Melanesiens und anderer Länder zu spielen. Solche kommen übrigens auch im äußersten Norden von Queensland vor, offenbar liegt hier ein Einfluß von Neuguinea her vor, mit dem Australien durch die Inseln der Torresstraße in Verbindung steht (Abb. 226).

Phot. W. E. Roth.

Abb. 226. Maskentänzer (Krokodiltanz)

bei einer Einführungszeremonie in Nordqueensland.

Phot. A. R. Brown.

Abb. 227. Eingeborener mit Waningahaarputz.

Wir schließen hieran eine Besprechung des Glaubens an Magie und Zauberei, durch den das Leben der Eingeborenen Australiens stark beeinflußt wird. Wird ein Mann in einem Kampfe durch einen Speer verwundet oder getötet, so kommt dies daher, daß der Speer verzaubert war; verfehlte ein Speer, der nach einem Känguruh geworfen wurde, sein Ziel, so war dabei ebenfalls Zauberei im Spiele. Um sich gegen solchen Zauber zu wehren, beziehungsweise ihm vorzubeugen, besitzen manche Stämme in Westaustralien kleine Zauberlieder oder Sprüche, die Männer und Frauen, wenn sie mit irgend einer Arbeit beschäftigt sind, singen. Ein Mann, der sich zum Beispiel Widerhaken an seinen Speer schnitzt, singt dann ein bestimmtes Lied, damit sie stark werden und nicht abbrechen; ein anderes Lied wieder, wenn er eine Speerschleuder anfertigt und so weiter. Ähnlich wie wir es bereits von den Melanesiern her kennen, werden Krankheit und Tod nicht auf natürliche Ursachen zurückgeführt, sondern als die Wirkung böser Zauberei gedeutet, die einer, der dem Betreffenden übel wollte, ihm zufügte. Mancherlei Zaubermittel gibt es, um bei einem anderen Krankheit oder sogar den Tod hervorzurufen. Am verbreitetsten ist das Verfahren des Zuspitzens, wie man es bezeichnen kann. Bei einzelnen Stämmen kann nur ein Zauberer es ausüben, bei anderen hingegen jedermann, sofern er nur den dazu erforderlichen Apparat besitzt. Es gibt von ihm zwar verschiedene Formen, indessen ist der wesentliche Teil daran stets ein Stück Knochen oder Holz, das an dem einen Ende zugespitzt ist; ihm wohnt der böse Zauber inne. Während der Mann nämlich den Stock oder Knochen zuspitzt, murmelt er Flüche, wie etwa: „Möge dein Herz auseinandergerissen werden“ oder: „Möge dein Rücken sich spalten und deine Rippen auseinandergezerrt werden“ und ähnliches mehr und legt dadurch den Zauber in den angespitzten Gegenstand hinein. Ebenso verschieden wie die Form des Werkzeuges ist auch seine Anwendung; sie beruht in der Hauptsache darauf, daß der Knochen oder Stein nach der Richtung der zu schädigenden Person gerichtet wird. Natürlich darf das Opfer von diesen Machenschaften nichts erfahren. Ein solcher Richtapparat, der von zwei Personen bedient wird, besteht aus einer langen gedrehten Schnur aus Menschenhaar, an deren einem Ende fünf kleine Richtknochen und an deren anderem ein solcher und ein paar Klauen von Adlerfalken an einem Stück Harz sitzen. Der vordere Mann hält bei seiner Anwendung die Richtknochen und der hintere die Vogelklauen, ersterer richtet die Knochen nach der Richtung, wo derjenige, dem er Schaden zufügen will, weilt, und stößt sie mit einem Ruck dorthin. Der böse Zauber nimmt dementsprechend diese Richtung und dringt in den Menschen, auf den es abgesehen ist, ein. Dieser erkrankt und bekommt heftige innere Schmerzen, die den Falkenklauen zugeschrieben werden, da diese, wie man annimmt, die inneren Organe umkrallen (Abb. 228 und 229).

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 228. Zauberhandlung, um einen Menschen zu töten,

indem der kniende Mann rechts mit einem Zauberknochen in die Richtung zeigt, in welcher der Gegner vermutet wird.

Eines ganz seltsamen Zauberbrauches müssen wir noch gedenken, der, sofern er wirklich auf Wahrheit beruht, vielleicht der Kraft der Suggestion zuzuschreiben ist. Gewisse Männer sollen die Macht besitzen, einen Mann oder eine Frau zu töten und ihre Opfer später wieder ins Leben zurückzurufen, aber nur noch auf ein paar Tage, so daß schließlich doch der Tod bei ihnen eintritt. Ein Mensch, der mit dieser Macht ausgestattet ist, kann sie entweder aus freiem Antriebe für sich allein gegen jemanden, dem er böse gesinnt ist, ausüben, oder sie in den Dienst einer Gruppe von Männern stellen, deren ausführendes Organ er somit wird. In solchem Falle vollzieht er die Todesstrafe an einer Person, über die die alten Männer sie verhängt haben. Zu diesem Zwecke reibt sich dieser Gewaltige, der bei den Arunta Kurdaitscha heißt, ganz und gar mit Holzkohle ein, schmückt sein Gesicht und sonstigen Körper mit weißen Daunen, zieht Schuhe aus Emufedern an, die mit Blut zusammengeklebt sind und Zauberwirkung besitzen sollen; er ist ferner mit Schild und Speer, sowie mit einem oder zwei Tschuringa ausgerüstet (Abb. 230). — Der Aberglauben, nach dem gewisse Männer eine solche seltsame Macht besitzen, ist über ganz Australien verbreitet. Auf diese Weise sucht man unbequeme Leute im geheimen ins Jenseits zu befördern. Es hält aber schwer herauszubekommen, in welcher Weise man dabei verfährt. Anscheinend ist dies bei den einzelnen Stämmen ganz verschieden. Bei den Diäri zum Beispiel braucht der Zauberer in einer faustgroßen Grube nur eine Mischung von Harz aus den Wurzeln des Eisenholzes und dem Kote des auserkorenen Opfers zu verbrennen; wenn dann dieses an der betreffenden Stelle vorbeigeht, muß es über kurz oder lang sterben. Energischer gehen diese Zauberer in anderen Gegenden vor. Sie sollen hier ihr Opfer durch einen Schlag auf den Kopf bewußtlos machen, ihm die Lenden aufschneiden, das Nierenfett entfernen und die Wunde schließlich mit Gras verstopfen. Der Mann kehrt zwar wieder zum Bewußtsein zurück, stirbt aber in ein paar Tagen. In westaustralischen Gegenden bedient man sich einer noch grausameren Methode. Der Mörder, beziehungsweise der Vollstrecker eines Urteils schleicht an sein Opfer heran, während es schläft, kneift ihm die Nasenlöcher leicht zusammen, damit es den Mund öffne, den er ihm sofort mit Sand verstopft. So geknebelt schleppt er den Mann eine kleine Strecke in den Busch hinein, nimmt ihn beim Kopfe, dreht diesen mit einem besonderen Kunstgriff schnell herum, so daß der Halswirbel ausgerenkt wird, und bringt den Kopf sofort wieder in seine natürliche Lage zurück. Man behauptet, daß, wenn ein Opfer diese Marter durchgemacht hat, es noch ein paar Tage in einem Dämmerzustand verharre, dann aber doch sterbe.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 229. Zauberhandlung, um einen Menschen zu töten.

Der Eingeborene rechts hält einen Zauberstock (siehe Abb. 203) in der Richtung des Gegners, der von dem bösen Zauber befallen werden soll, welcher bei Anfertigung des Zauberstockes über diesen gesprochen worden ist.

Die Zauberer genießen in Australien einen großen Ruf; sie vermögen nach Angabe der Eingeborenen, wie schon gesagt, Krankheiten und Tod zu bewirken, die Todesstunde des Menschen vorauszusagen, Schwerkranke aber auch wieder gesund zu machen und selbst Tote wieder ins Leben zurückzuführen. Bei der Heilung einer Krankheit gehen sie in der Weise vor, daß sie die Körperstelle, die sie für den Sitz des Leidens halten, zunächst reiben, drücken, anblasen, an ihr saugen und schließlich ein Stöckchen oder einen Stein hervorbringen, den sie angeblich aus dem Körper entfernt haben und als die Ursache der Krankheit bezeichnen.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 230. Ein Zauberer (Kurdaitscha)

in Schuhen aus Emufedern und mit solchen am Körper geschmückt an den Feind heranschleichend.

Neben den Einschränkungen, die das weit verbreitete Totemwesen bei den Heiraten der Australier auferlegt, gibt es noch weitere, die durch das bei ihnen herrschende klassifikatorische System, wie die Wissenschaft es nennt, bedingt werden. In Australien nämlich sind die Verwandtschaftsgrade von so großer Wichtigkeit, wie bei keinem anderen Volke der Erde, sie beherrschen und regeln ihr ganzes soziales Leben. Weil ein Stamm nur wenige hundert Mitglieder umfaßt und diese vielfach untereinander heiraten, so ist es für die damit vertrauten alten Leute eine ziemliche Leichtigkeit, Generationen hindurch das gegenseitige Verwandtschaftsverhältnis zweier Personen festzustellen. Diese Verwandtschaftsgrade aber werden von den Australiern nicht nach unseren Grundsätzen bestimmt und bezeichnet, sondern sie verwenden dazu ein ganz eigentümliches, uns in mancher Hinsicht unverständliches System, eben das sogenannte klassifikatorische. Sie besitzen nur eine kleine Anzahl Worte, und jedes derselben wenden sie auf eine große Anzahl Verwandtschaftsgrade an, auf eine größere Anzahl verschiedener Personen. Wie wir in unserem Sprachgebrauche zum Beispiel das Wort „Onkel“ für verschiedene Personen wie Vaters und Mutters Bruder, Ehegatten der Schwestern der Eltern und so weiter gebrauchen, so besitzt der Australier für bestimmte Verwandtschaftsgrade einen bestimmten Ausdruck, aber er wendet ihn auf eine ganze Reihe von Verwandten an, die derselben bestimmten Verwandtschaftsklasse angehören. So kennt er kein eigenes Wort für Vater (das heißt Erzeuger) in unserem Sinne, sondern er bezeichnet mit einem gemeinsamen Ausdruck nicht nur den wirklichen Vater, sondern auch den Bruder des Vaters, die Söhne des Bruders des Großvaters, die Ehegatten der Schwester der Mutter und eine ganze Reihe entfernter Verwandten mehr. In der gleichen Weise nennt er „Mutter“ nicht nur seine wirkliche Erzeugerin, sondern dehnt diese Bezeichnung auch auf die Schwestern der eigentlichen Mutter, die Frauen des Bruders des Vaters und andere mehr aus. Auf diese Weise erhält jeder Mensch eine große Anzahl Väter und Mütter. Dabei macht der Australier aber doch einen Unterschied zwischen seinem eigentlichen Vater, beziehungsweise seiner eigentlichen Mutter und anderen Männern wie Frauen, die die gleiche Bezeichnung führen, geradeso wie wir zwischen Vettern ersten, zweiten und dritten Grades unterscheiden, wenngleich wir diese alle auf die gleiche Weise so nennen. Ebenso unterscheidet er innerhalb jeder einzelnen Verwandtschaftsklasse, das heißt den Leuten, welche die gleiche Verwandtschaftsbezeichnung führen, zwischen näher und entfernter stehenden Verwandten. Wenngleich er daher allen Männern, die er mit „Vater“ anredet, die gleiche Ehrfurcht und Hochachtung schuldet, so macht er doch nach dem Grade der Verwandtschaft zwischen ihnen Unterschiede. Nach diesem Klassensystem ist also jeder Mann, jede Frau und jedes Kind, die mit einem Australier in gesellige Beziehung treten, für ihn verwandt, allerdings in verschiedenem Grade.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 231. Australier beim Tanz, bevor sie ihren Rachezug antreten.

Wenn ein Todesfall eintritt, so glauben die australischen Eingeborenen, daß er durch Zauberei hervorgerufen worden sei. Die Pflicht der Verwandten ist es dann, Rache zu üben, doch selten wird dabei Blut vergossen.


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Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 232. Rückkehr vom Rachezug,

bei der die Weiber die Schilde der Teilnehmer prüfen. Wenn einer hohl klingt, so steht sein Besitzer unter bösem Einfluß und wird sterben.

Dieses Verwandtschaftssystem beeinflußt nun das ganze soziale Leben des Australiers, vor allem seine Heiratsgesetze, denn er darf nur in eine bestimmte Verwandtschaftsklasse hineinheiraten.

Die unter den Australiern vorherrschende Eheform ist die Polygamie (im Durchschnitt zwei bis drei Frauen); Einehe kommt natürlich auch vor und währt unter Umständen auch zeitlebens. In der Regel leisten sich die älteren Männer mehr als eine Frau, denn ihre Zahl richtet sich danach, wieviele Frauen ein Mann zu ernähren imstande ist. Ihm liegt die Pflicht ob, seine Frau hinreichend mit tierischer Nahrung zu versorgen, während diese die pflanzliche beschaffen muß. Daher kann sich ein tüchtiger Jäger eher mehrere Frauen leisten. — Merkwürdige Eheverhältnisse herrschen in Zentralaustralien, wo achtzehn- bis fünfundzwanzigjährige Männer eine Ehegenossin besitzen, die dem Alter nach ihre Großmutter sein könnte, und wo die ältesten einflußreichsten Männer der Gemeinde die meisten Frauen aufweisen, und zwar unter ihnen gleichzeitig Greisinnen und im Backfischalter stehende Mädchen. Außerdem kommt in Australien noch die sogenannte Piraûruehe vor, das ist eine Art Gruppenehe. In ihr ist eine Anzahl Personen beiderlei Geschlechts zu einer Gemeinschaft vereinigt, deren männliche Mitglieder das Recht haben, mit einer größeren oder geringeren Anzahl der weiblichen Mitglieder Geschlechtsverkehr zu unterhalten. Das Weib, das die Piraûruehe eingeht, ist stets die rechtmäßige Gattin eines bestimmten Mannes und bleibt es auch während dieser Zeit, insofern er ihr seinen Schutz angedeihen läßt und ein Vorrecht hinsichtlich der ehelichen Beiwohnung vor den anderen Männern beanspruchen kann. Die Mitehemänner, deren Anzahl übrigens nicht groß zu sein pflegt, sind gewöhnlich ältere, einflußreiche Leute des Stammes. Stets aber werden auch bei dem Eingehen der Piraûruehe die Gesetze streng befolgt, welche Klassen und Verwandtschaftsgrade für die Heirat vorschreiben.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 233. Die Besucher eines befreundeten Lagers bei ihrer Ankunft,

bei der sie mit gewissen Formalitäten empfangen werden.

Die Ehe der Australier kommt durch Vereinbarung zustande. Zumeist werden zwei Frauen, die im richtigen Verwandtschaftsverhältnis zueinander stehen, zu den besonderen Schwiegermüttern ihrer beiderseitigen Söhne ernannt. Oft trifft man ein solches Abkommen bereits, wenn diese Frauen noch keine Kinder haben, oder auch gar, wenn sie selbst noch gar nicht verheiratet sind. Der Mann erhält dann bereits seine Spezialschwiegermutter vor der Geburt seiner Zukünftigen; schenkt diese Schwiegermutter einer Tochter das Leben, dann steht dem betreffenden Manne also das Recht zu, diese sich zur Frau zu fordern. Anderseits, wenn er eine Schwester besitzt und seine besondere Schwiegermutter einen Sohn, so muß er diese seine Schwester gegen die Frau, die er bekommt, eintauschen. Bekommt die Schwiegermutter aber mehrere Mädchen, dann hat der Bräutigam das Recht auf alle diese und heiratet sie der Reihe nach, sobald sie das heiratsfähige Alter erreicht haben. Mag er sie aber nicht sämtlich heiraten, dann kann er dieses Vorrecht aufgeben, meistens zugunsten eines jüngeren Bruders, der dann gewöhnlich die Mädchen zu Frauen nimmt, auf die der ältere Bruder Anspruch hatte. Für den Fall, daß die Spezialschwiegermutter nur Söhne gebären oder frühzeitig sterben sollte, trifft man eine Vereinbarung dahin, daß der mutmaßliche Schwiegersohn ein weiteres Anrecht auf die Töchter anderer Familien hat. Bei allen diesen Verlöbnissen müssen natürlich die bestehenden Heiratsgesetze innegehalten werden. Der eigenartigen Beschränkungen im Verkehr zwischen Schwiegermutter und Schwiegersohn gedachten wir bereits oben. Im allgemeinen läßt sich aber sagen, daß, wenn ein junger Mann etwa zwanzig Jahre alt ist, eine dauernde Vereinbarung über seine Zukünftige bereits getroffen sein wird. Nun kann es allerdings vorkommen, daß diese erst einige wenige Jahre alt ist, dann muß er eben warten, bis sie das heiratsfähige Alter erreicht hat, was bereits mit vierzehn Jahren der Fall sein kann. Während dieser Wartezeit stattet der Bräutigam dem Mädchen regelmäßig seine Besuche ab und bringt dem Vater passende Geschenke mit. Sobald nun nach Ansicht des Vaters und der Angehörigen das Mädchen alt genug geworden ist, um zu freien, wird sie dem versprochenen Manne übergeben. Eine besondere Festlichkeit findet bei den meisten Stämmen nicht statt; nachdem die weiblichen Angehörigen der Braut oder auch diese selbst für ein primitives Obdach gesorgt haben, erwartet der junge Mann unter ihm gegen Abend das Mädchen, das ihm von jenen zugeführt wird.

Phot. W. Saville Kent.

Abb. 234. Duell zwischen zwei Männern mittels Bumerang.

Phot. W. Saville Kent.

Abb. 235. Kriegstanz der Eingeborenen vom Kimberleydistrikt.

Er geht den Einzelkämpfen zwischen den beiden Parteien, die sich bekämpfen, voraus.


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Wenn ein Mann keine Gelegenheit hat, auf dem üblichen Wege eine Frau zu erhalten, bleibt er entweder Junggeselle oder er nimmt einem anderen seine Frau fort. Anderseits aber auch kommt es vor, daß eine Frau sich aus ihrem Gatten oder dem ihr versprochenen Mann nichts macht und ihm einen anderen vorzieht. Entführungen sind daher aus diesem oder jenem Grunde keine Seltenheit. In den Augen der Australier kommt es auf dasselbe heraus, ob ein Mann einem anderen das Mädchen, das ihm versprochen worden ist, oder seine wirkliche Frau entführt; in beiden Fällen handelt es sich um ein „Stehlen“, und dies erfordert Sühne. Der beleidigte Mann und seine Verwandten oder Freunde setzen den Flüchtlingen nach; holt man sie sogleich wieder ein, so wird die Frau dem Manne wieder zurückgegeben und erhält eine tüchtige Tracht Prügel, der Verführer aber muß sich hinstellen und sich von dem Beleidigten mit einer Anzahl Speere bewerfen lassen. Indessen ist diese Sache nicht so gefährlich, wie es auf den ersten Anblick erscheint, denn der Übeltäter erhält meistens einen Schild zur Abwehr und außerdem darf auf keine edleren Körperteile gezielt werden, sondern nur auf die Lenden, so daß im allgemeinen keine lebensgefährlichen Verletzungen entstehen. Wenn die Flüchtlinge aber ihren Verfolgern längere Zeit zu entweichen verstanden haben, darf der Verführer meist seinen Raub behalten, besonders wenn er ein tüchtiger Krieger ist oder einflußreiche Freunde ihn dabei unterstützen. Die Frau kommt aber stets schlecht weg, denn sie wird fast immer tüchtig verprügelt. Ganz anders aber gestalten sich die Folgen, wenn ein Mann eine Frau entführt hat, die er nach den bestehenden Heiratsgesetzen nicht heiraten durfte. In diesem Falle ist die Entführung nicht allein ein Vergehen gegen die Anverwandten der Frau, sondern auch gegen das Gesetz des Stammes. Während nämlich dann, wenn ein Mann eine Frau entführte, die mit ihm in dem richtigen Grade verwandt ist, seine Verwandten und Freunde sich für ihn verwenden und wenigstens dafür sorgen, daß ihm kein ernster Schaden zugefügt wird, nehmen sie im Falle der Blutschande, das heißt wenn die Entführte nicht im rechten Verwandtschaftsgrade zu ihm steht, gegen ihn energisch Partei. Sie bestrafen den Missetäter dafür gewöhnlich mit dem Tode oder trennen die Vereinten für immer, so daß sie niemals wie Mann und Frau zusammenleben können. Bei anderen Stämmen verfährt das Gesetz etwas weniger streng, insofern es, wenn die Entlaufenen sich genügend lange verstecken konnten, ihnen zwar gestattet, zusammenzuleben, aber der Fluch der Blutschande bleibt doch auf ihnen lasten.

Phot. W. E. Roth.

Abb. 236. Duell zwischen zwei Frauen mit einem Grabstock.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 237. Bestattungsbrauch bei den Warramunga.

Einige Tage nach der Bestattung untersuchen Verwandte des Toten bei Sonnenaufgang den auf einem Baum beigesetzten Leichnam in der Annahme, herausfinden zu können, wer den Tod durch Zauber verursachte. Die Eingeborenen glauben nämlich, daß der Geist des Mörders das Grab besucht und Spuren hinterläßt, an denen der Mörder zu erkennen ist.


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Ein Fortlaufen der Frau wird unter gewissen Umständen von der öffentlichen Meinung ohne weiteres gebilligt, wenn nämlich der Ehegatte nicht imstande ist, sie genügend mit Fleisch zu ernähren. Außer seiner Frau muß er auch seinem Schwiegervater reichlich von den Erträgen seiner Jagd abgeben, und zwar manchmal nicht nur dem wirklichen Schwiegervater allein, sondern auch allen denjenigen Verwandten des Mädchens, die zu ihm in dem gleichen Verwandtschaftsgrade stehen. Daher wird auch kein Kaufgeld für die Braut bezahlt, wie dies bei vielen anderen Völkern üblich ist, wohl aber muß der Mann dem Schwiegervater des öfteren Geschenke machen.

Eine ganz allgemein über Australien verbreitete Sitte ist das Verleihen der Frau, das wie die Heirat durch die Verwandtschaft geregelt wird. Ein Mann darf nämlich seine Ehefrau nur dem leihen, der mit ihm als „Bruder“ verwandt ist, das heißt der sie von Rechts wegen auch heiraten könnte. Ein Verheirateter, der ein anderes Lager ohne seine Frau besucht, erhält oft von einem Verwandten, bei dem er Aufenthalt nimmt, eine Frau geliehen. Natürlich wird diese Gefälligkeit bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit erwidert. — Außer dieser regelrechten Frauenverleihung, die sich teils nach bestimmten Gesetzen, teils ohne solche regelt, herrscht bei vielen australischen Stämmen noch die Sitte des zeitweiligen Austausches von Frauen, was mit besonderen Zeremonien verbunden ist. In solchen Fällen ist der Austausch und die dazu gehörige Genehmigung in Wirklichkeit eine Zauberzeremonie oder ein religiöser Akt, über dessen Bedeutung wir nichts Näheres wissen.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 238. Bestattungsbrauch bei den Warramunga: Schlußszene bei einem Begräbnis.

Die Männer stellen sich breitbeinig einer hinter dem andern auf, die Weiber kriechen zwischen ihren Beinen hindurch. Die letzte der Frauen trägt dabei den schön geschmückten Armknochen des Toten; sobald sie am Ende angelangt ist, entreißt man ihr denselben. Hierauf wird der Armknochen entzweigeschlagen und vergraben. Die Weiber fliehen, sobald sie das Krachen des Knochens hören, schreiend in ihr Lager zurück.

Die sittlichen Anschauungen der Australier sind in mancher Hinsicht recht lockere, wenngleich wir sagen müssen, daß die Weiber, was zum Beispiel die Bloßstellung ihrer Geschlechtsteile anbetrifft, sichtliches Schamgefühl bekunden. Keuschheit der jungen Mädchen ist aber ein unbekannter Begriff; sie verlieren, sobald sich der Fortpflanzungstrieb bei ihnen einstellt, ihre geschlechtliche Reinheit; im Alter von acht bis zehn Jahren pflegen sie sich den Knaben preiszugeben. — Der Geschlechtstrieb scheint bei beiden Geschlechtern stark entwickelt zu sein und artet nicht selten in ganz unzüchtige Handlungen aus. Bei den Borazeremonien ist es gang und gäbe, daß den Novizen ganz unzüchtige pantomimische Tänze vorgeführt werden, die ihnen angeblich zur Abschreckung dienen sollen.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 239. Bestattungsbrauch bei den Warramunga.

Die Weiber warten auf die Zeremonie des Durchkriechens (siehe Abb. 238). Die angemalte alte Frau im Vordergrund hält das Bündel mit dem Armknochen, eine andere hat in einer Mulde gekochte Schlangen für die alten Männer.

Den mutmaßlichen Zweck der Mikaoperation deuteten wir bereits an anderer Stelle an. Sie besteht in einer Bloßlegung der männlichen Harnröhre durch Aufschlitzen des Gliedes an seiner unteren Seite mittels eines zugespitzten Feuersteinmessers oder einer Muschel, neuerdings auch mittels Glassplitters und in einem Auseinanderzerren der Wundränder, beziehungsweise Verhindern ihres Zusammenheilens. Über die mögliche Entstehungsursache dieser Unsitte, die sich über fast zwei Drittel Nordwestaustraliens verbreitet findet, gehen die Ansichten sehr auseinander; Roth und nach ihm Klaatsch bringen Gründe für die Annahme bei, daß die so geschaffene Öffnung am Gliede gleichgeschlechtlichem Verkehr diene; jedoch dürfte dies wohl kaum der alleinige Grund sein, denn dagegen spricht meines Erachtens die große Verbreitung der Mikaoperation. Lumbholtz berichtet, daß in dem von ihm besuchten Gebiete nur etwa fünf von hundert Knaben von ihr bewahrt blieben. Auf der anderen Seite wieder steht fest, daß die Australier sehr zu widernatürlichem Geschlechtsverkehr hinneigen. Die Operation wird meistens in den Knaben- und Jünglingsjahren vorgenommen, jedoch werden ihr auch noch verheiratete Männer unterworfen.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 240. Einsammeln der Totenknochen bei den Warramunga,

wobei die Männer sie nicht mit den Händen berühren dürfen.

Vielfach begegnet man der Meinung, daß die Wilden in beständigen gegenseitigen Fehden lägen. Für andere Länder mag dies wohl teilweise zutreffen, nicht jedoch für Australien. Hier bilden Kriegszüge (Abb. 231 und 232) nur die Ausnahme. Zwar betrachtet der Australier jeden Fremden, den er antrifft, auch jeden Schwarzen für seinen persönlichen Feind und sucht sich seiner nach Möglichkeit zu entledigen, aber, da er meistens im Bereich seiner Heimat bleibt, so kommen derartige Zusammenstöße nur vereinzelt vor. Jede Ortsgruppe bewohnt ihr bestimmtes Gebiet, in dem sie umherzieht, Eroberungsgelüste kennt der Australier nicht, und das Land bietet Raum genug für die wenigen Horden. Somit bekommt er wenig Fremde zu Gesicht, es müßte denn sein, daß er, um Besuche zu machen, weite Märsche unternimmt (Abb. 233). Dagegen herrscht bei vielen Stämmen der Brauch, den Tod eines Angehörigen zu rächen. Wir hörten bereits oben, daß man den Tod einer Person einer Verzauberung zuschreibt und durch Vermutung den Urheber herauszubekommen sucht, wobei meistens ein Medizinmann hilfreiche Hand leistet. Kann man den Schuldigen nicht ermitteln oder hält man es aus irgend einem Grunde für rätlich, ihn öffentlich nicht zu töten, so verhängt man gleichfalls einen Zauber über ihn. Zu diesem Zweck senden die Arunta einen Schamanen unter Begleitung eines gewöhnlichen Mannes nach dem Orte, wo sich der vermeintliche Mörder aufhält, aus. Um seine Spuren zu verdecken, trägt er an seinen Füßen ganz weiche Schuhe, die aus durch Menschenblut zusammengeklebten Emufedern hergestellt und von einem taschenförmigen, aus Menschenhaar geknüpften Netz umspannt sind; außerdem umschließt er seinen Leib mit einem Zaubergürtel aus dem Haar eines toten Kriegers, bemalt sich Brust und Gesicht und schmückt sich den Kopf mit Federbüscheln und Blättern. Im Dunkel der Nacht sucht er das erkorene Opfer durch einen Speerstoß zu töten oder wenigstens durch Verwünschungen oder Verrichtungen mit zauberkräftigen Gegenständen Unheil und Tod über dasselbe zu verhängen. In anderen Fällen wieder wird ein Rachezug nach der Gegend hin unternommen, wo man den Täter anzutreffen hofft. Die Bluträcher, bei den Diäri zum Beispiel durch ein weißes Stirnband kenntlich, schleichen sich in die Nähe des Lagers, kundschaften aus, wo sich ihr Opfer befindet, beschmieren ihren Körper sodann mit weißer Farbe, um sich unkenntlich zu machen, und dringen um Mitternacht ins Lager. Meistens pflegt keiner der Eingeborenen im Augenblick Widerstand zu leisten, selbst die Weiber sind so eingeschüchtert, daß sie keinen Laut von sich zu geben wagen. Sobald der dem Tode Geweihte herausgefunden ist, muß er seine Hütte verlassen und wird dann draußen durch Speerwürfe getötet. Natürlich verschwören sich die so Überrumpelten nicht selten zu einem Vergeltungszug.

Phot. Dr. Hose.

Abb. 241. Höhlengrab in Nordwestaustralien.

Die an den Wänden angebrachten Figuren ohne Mund stellen wahrscheinlich überirdische Wesen dar.

Ganz sonderbare Zeremonien werden an den Teilnehmern eines solchen Zuges vorgenommen. Bei den Arunta stellt sich ein Bruder des Ermordeten aus den Haaren des Toten einen Gürtel her, klemmt ihn in seiner Achselhöhle fest, kniet vor jedem Krieger, der sich beteiligen will, nieder, legt sein Geschlechtsglied in dessen Hand und reibt es darin, alsdann nimmt er den Gürtel aus seiner Achselhöhle heraus und drückt ihn gegen den Bauch seines Partners. Dadurch soll dieser zum Kampfe gestärkt und gleichzeitig zur Teilnahme an ihm verpflichtet werden. Vor dem Ausrücken tanzen die Krieger um ihre Speere. Die Führer gehen während des Rachezuges an jeden Teilnehmer heran, geben ihm das eine Ende des Haargürtels in den Mund, während sie das andere an ihr Glied halten, wobei sie sich umarmen. Außerdem gehen dem Zusammenstoße mit dem Gegner manchmal Kriegstänze voraus (Abb. 231 und 235).

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 242. Beisetzen der gesammelten Knochen in einem Grabhügel bei den Warramunga.

In anderen Fällen nähern sich die Rächer frei und offen dem Lager der Gegner und setzen älteren Männern, die ihnen entgegengesandt werden, um den Grund ihres Besuches auszukundschaften, diesen auseinander. Letztere bemühen sich nun, sie umzustimmen und zu versöhnen. Gelingt ihnen dies aber nicht, so einigt man sich dahin, daß die Rächer entweder den Mann, um dessentwillen sie gekommen sind, oder einen seiner Verwandten töten. Gelegentlich bestimmen die älteren Leute auch, daß ein Mann, der aus irgendeinem Grunde unbeliebt ist, ausgeliefert und getötet werden soll. — Streitigkeiten werden im allgemeinen von vielen Stämmen zwischen den einzelnen Ortsgruppen in Zusammenkünften beigelegt, die in regelmäßigen Zeitabschnitten einberufen werden. Bei einer solchen Versammlung wird alles streng nach Sitte und Brauch geordnet, und die alten Leute halten streng auf die Befolgung der Vorschriften. Wenn zwei Männer verschiedener Parteien sich gegenseitig gekränkt haben, können sie ihren Streit durch ein Duell ausfechten, entweder mittels Bumerang oder Keule oder Steinmesser (Abb. 234). Im letzteren Falle stechen sie sich so lange in den Rücken, bis der eine oder der andere nachgibt oder die Freunde die Streitenden trennen; bei Anwendung von Fernwaffen (Bumerang, Speere) darf man sich mit dem Schild verteidigen. Außer diesen Duellen gibt es zur Schlichtung von Streitigkeiten noch Gottesurteile. Hat ein Mann zum Beispiel einem anderen seine Frau gestohlen oder sonst ihn in irgend einer Weise geschädigt, so wird er gezwungen, sich einer Strafe durch Gottesurteil zu unterwerfen. Bei einigen Stämmen muß er sich, ganz gleich ob er schuldig ist oder nicht, hinstellen und sich den Speeren der anderen aussetzen; manchmal darf er sich durch einen Schild dagegen schützen und entkommt dann unbeschadet; auch wenn er keinen Schild benutzen darf, gelingt es ihm häufig, den Speerwürfen auszuweichen. Bei anderen Stämmen muß er Bumerange auf sich werfen lassen, oder der Beleidigte stößt dem Übeltäter einen zackigen Speer in seine Lende. Bei allen diesen Gottesurteilen wird jedoch darauf gesehen, daß der Übeltäter nicht getötet wird. Sollte indessen ein solcher Fall eintreten, dann würde der Getötete wahrscheinlich von seinen Angehörigen gerächt werden.

Auch Frauen bringen ihre Streitigkeiten durch ein Duell zum Austrag, und zwar überall mit dem bekannten Grabstock (Abb. 236). Mit diesem gehen sie scharf aufeinander los und schlagen sich gegenseitig so lange, bis eine von ihnen genug hat oder bis sie getrennt werden.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 243. Trauernde Witwen mit abgeschnittenem Haupthaar und mit Kalk bemaltem Körper.

Sie trauern um ihren gemeinsamen Gatten in einer abseits vom Lager des betreffenden Stammes selbstgebauten Laubhütte, wo sie nicht eher miteinander sprechen dürfen, als bis die Trauerzeremonien beendet sind, was unter Umständen mehrere Monate dauern kann.


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Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 244. Sterbeszene bei den Warramunga.

Die Männer sitzen um den Sterbenden herum, während die Weiber laut um ihn klagen und den Männern winken, die aufspringen und sich mit Steinmessern Schnittwunden beibringen.

Die Beerdigungsgebräuche der australischen Eingeborenen wechseln von Stamm zu Stamm, weswegen wir sie hier nur in großen Zügen behandeln können. Zum Teil entledigt man sich der Toten, indem man sie in die Erde vergräbt, sie auf erhöhten Plattformen aussetzt oder in einen Baum legt, zum Teil werden sie konserviert, meistens durch Rauch, oder verbrannt, vielfach auch verzehrt. Einst war die Menschenfresserei eine über ganz Australien verbreitete Unsitte, bis die Ankunft der Weißen ihr vielfach den Garaus machte, indessen steht fest, daß man ihr noch jetzt weit und breit huldigt, selbst dort, wo die Schwarzen im Bereiche der Weißen hausen. Die hauptsächlichste Ursache für den Kannibalismus ist ohne Zweifel die Leckerei; nach dem Urteile von solchen, die gezwungen waren, kannibalischen Schmausereien beizuwohnen, soll Menschenfleisch ungefähr wie Schweinefleisch munden. Die meisten Stämme ziehen Kinderfleisch dem Fleisch von Erwachsenen vor, bei letzterem legen sie großen Wert darauf, daß es recht fett ist, verschmähen dagegen Personen, die zumeist infolge langer Krankheit abmagerten. Bei vielen Stämmen wird jede Person, die gestorben ist oder getötet wurde, verzehrt; einige verspeisen die ganze Leiche, andere begnügen sich, von ihr etwas Fleisch oder Fett zu essen. In manchen Gegenden Queenslands wurde ein Eingeborener, wenn er im Kampfe gefallen war, von seinen Angehörigen gekocht und gegessen, seine Haut getrocknet und als wertvolles Gut aufbewahrt; diese Behandlung der Leiche galt für die ehrenwerteste Form des Begräbnisses. In Viktoria malen sich alle Leute, die bei der Totenfeier von dem Fett der Leiche gegessen haben, mit roter Farbe einen Kreis um den Mund. Einen erschlagenen Feind verzehrte man wohl auch, aber nur diejenigen nahmen an dem Mahl teil, die ihn umgebracht hatten, nicht die Verwandten oder Freunde des Verstorbenen.

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 245. Trauersitte bei den Warramunga.

Ein Mann mit klaffender Wunde am Oberschenkel, die er sich zum Zeichen der Trauer beibrachte; um sie weit offen zu halten, hat er oberhalb und unterhalb Umschnürungen angebracht.

Die Bestattung des Toten wird hauptsächlich in solchen Gegenden ausgeübt, die völlig baumlos sind. Der Tote wird in große Rindenstreifen eingewickelt und der Kleinheit des Grabes wegen in Hockerstellung in einem röhren- oder schachtförmigen engen Erdloche beigesetzt. Einzelne Stämme begraben ihre Toten nicht sogleich, sondern trocknen sie erst aus. Zu diesem Zwecke setzen sie den Leichnam in einer Art Hütte, mit Stricken zusammengebunden, auf ein rostähnliches Holzgestell und unterhalten unter ihm längere Zeit hindurch ein schwaches, aber stark rauchendes Feuer. Wenn der Tote auf diese Weise ausgedörrt ist, wird er erst begraben oder in einem Baumgeäst ausgesetzt (Abb. 237). Gelegentlich kommt er aber nach der Austrocknung noch zu keiner Ruhe, sondern wird von den Angehörigen, denen die Trennung schwer fällt, in ihrer Hütte noch wochenlang aufbewahrt, auch wohl auf ihren Wanderungen von Lager zu Lager mitgeschleppt, bis er endlich seine Ruhestätte findet. In anderen Gegenden begräbt man wohl den Körper, behält sich aber einen Teil zurück (Abb. 238 und 239) und bewahrt ihn auf, so in Westaustralien und Viktoria die Knochen eines Beines oder Armes, bei den Kurnai eine Hand, die abgeschnitten, getrocknet und um den Hals getragen wird. Man glaubt nämlich, daß, wenn ein Feind sich dem Träger eines solchen Amulettes nähert, die tote Hand ihn ergreifen und kneifen würde, oder daß sie, in die Höhe gehalten und befragt, anzeigen würde, aus welcher Richtung der Feind zu erwarten steht. Die Stämme im Norden und Nordwesten des Festlandes haben fast nur das Baumbegräbnis; hier ist der Boden meistens felsig, so daß das Schaufeln eines Grabes auf große Schwierigkeiten stößt. Man bereitet in der Regel in etwa drei bis vier Meter Entfernung vom Erdboden in dem Geäst eines Baumes eine Plattform aus wagrecht gelegten Ästen und Buschwerk, auf das die Leiche zu liegen kommt. Infolge der großen Trockenheit der Luft werden diese Leichen vielfach zu Mumien. Die Knochen werden häufig später eingesammelt (Abbild. 240) und vergraben (Abb. 242). Im Kimberleydistrikt (Westaustralien) setzt man sie in einer Höhle bei, deren Wand reichen Figurenschmuck trägt (Abb. 241).

Aus: Spencer & Gillen, Central-Australia.

Abb. 246. Trauersitte bei den Australiern.

Um den Bann des Schweigens nach Ablauf der erforderlichen Trauerzeit von einigen Monaten zu beendigen, dem die mit dem Verstorbenen verwandten Frauen unterworfen sind, bringen sie einigen der männlichen Verwandten Geschenke an Nahrungsmitteln; sie beißen dann in die Finger jedes Mannes, wodurch sie von dem Banne erlöst sind.

Die Kundgebung der Trauer besteht bei den meisten Stämmen in Selbstquälereien und lauten Klagen (Abb. 244). Verschiedentlich ist mit der Trauer auch die Pflicht des Schweigens verknüpft (Abb. 243 und 246). In Zentralaustralien bringen sich die Männer, die zu dem Toten in verwandtschaftlichem Verhältnis stehen, mittels Steinmesser tiefe Schnittwunden am Oberschenkel bei (Abb. 245), so daß sie manchmal von Blut gleichsam triefen, die Weiber schneiden sich auch die Haare ab, während sie bei anderen Stämmen sich dieselben absengen, die Männer verfahren in der gleichen Weise mit ihrem Bart. Als Trauertracht ist allgemein das Bestreichen des Körpers mit Farbe Sitte. Im ganzen Binnenland bildet Weiß das Kennzeichen der Trauer, in den Küstengegenden dagegen Schwarz. Man bestreicht sich Kopf, Brust und Oberarme mit Kalk oder Asche. Der Anstrich wird von Zeit zu Zeit erneuert, solange die Trauerzeit anhält, etwa ein Jahr. Das Jammern der Angehörigen, im besonderen der Weiber, setzt ein, sobald der Sterbende den letzten Atemzug getan und dauert so lange, bis er, wenn auch nur seine provisorische Bestattung gefunden hat. Vielfach ist es auch Brauch, die Hütte, in der eine Person starb, niederzubrennen, selbst das ganze Lager zu verlassen, wenn ein Mensch gestorben ist. Man vermeidet überall, den Namen eines Verstorbenen auszusprechen, weil man glaubt, die Toten wünschten nicht genannt zu werden.

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