Südafrika wird von den Bantu, den Buschleuten und den Hottentotten, wahrscheinlich einer Mischung zwischen letzteren und Hamiten, eingenommen.
Die Buschleute (Abb. 388) führen ein umherschweifendes Leben, betreiben daher weder Ackerbau noch Viehzucht, sondern suchen sich ihre spärliche Nahrung durch Jagen und Sammeln von Erzeugnissen der Pflanzenwelt. In früheren Zeiten, als die Jagdgründe noch reich bestellt waren, wurde die tierische Nahrung von ihnen bevorzugt; mit Pfeil und Bogen erlegten sie das Wild. Heutzutage aber, wo der Wildreichtum bedeutend nachgelassen hat, beschränken sie sich auf das Ausgraben von Knollen und Wurzeln mittels des Grabstockes. Die Speisen werden, da man vielfach keine Gefäße besitzt, meist nur geröstet und halb roh hinuntergeschlungen. Sehr schwierig hält es mit der Beschaffung von Wasser zur heißen Jahreszeit. Solange man solches zur Verfügung hat, bewahrt man es in Straußeneierschalen auf. Fehlt es, so nimmt man zu Saugbrunnen seine Zuflucht. Man treibt ein Loch in den harten Boden, senkt einen mit einem Filter aus Gras versehenen Rohrhalm hinein und bemüht sich, das sich ganz spärlich aus dem Grundwasser einfindende Naß durch Ansaugen heraufzubefördern und dann in Straußeneierschalen zu sammeln. — Ihre Wohnungen entsprechen ihrem unsteten Leben. Was die Natur ihnen auf ihren Wanderungen gerade als Unterschlupf darbietet, wird dazu benutzt, so zum Beispiel Höhlen oder Felsenüberhänge. Sonst erfüllen denselben Zweck primitive Windschirme aus einem Paar zusammengebundener Büschel oder auch schon bienenkorbähnliche Hütten, die sie bei den sie umgebenden Stämmen kennen gelernt haben.
Die Kleidung der Buschleute besteht in einem Lendenschurz oder beim weiblichen Geschlecht in einem Gürtel, von dem vorn ein kleinerer, hinten ein größerer Schurz herabhängt. Ihr Schmuck ist sehr bescheiden, Halsketten von kleinen Scheibchen aus Straußeneierschalen. Besondere Sorgfalt verwenden die Buschleute auf ihre Gesichtsbemalung, die beide Geschlechter für die Tänze oder auch ohne besonderen Anlaß an sich vornehmen lassen, und zwar durch die Zauberdoktoren selbst; diese Bemalung hat religiösen Hintergrund.
Abb. 389. Zwei Ovambomädchen.
Von den künstlerischen Neigungen der Buschleute ist ihre Vorliebe für Musik zu erwähnen; ihr einziges Musikinstrument besteht allerdings nur in einem Bogen, dessen eines Ende zwischen die Zähne eingeklemmt wird, während die Hand die Sehne schlägt. Mehr Beachtung verdient ihre Zeichenkunst, deren Spuren man, über ganz Südafrika zerstreut, an den Felsen und in den Höhlen antrifft. Sie äußert sich nach zwei Richtungen: einmal als richtige Felsenmalerei, zum anderen als eingeritzte Zeichnungen. Gegenstand dieser Darstellungen sind meistens Tiere und Menschen, im allgemeinen Jagdszenen, die durch ihre Naturwahrheit Staunen erregen müssen. Diese Malereien und Gravierungen stammen bereits von früheren Generationen her; wenn diese Kunst heutzutage nur noch wenig oder gar nicht mehr von den Buschleuten geübt wird, so liegt dies einmal daran, daß sie unter ganz unglücklichen Lebensbedingungen ihr Dasein fristen, sodann aber daran, daß sie sich jetzt in einem Gebiete aufhalten, wo es keine Felsen und keine Höhlen gibt, nämlich in der Wüste, so daß sich ihnen also keine Gelegenheit mehr bietet, die ihnen innewohnende Fertigkeit im Malen zu betätigen. Früher waren die Buschleute über ganz Südafrika verbreitet; sie wurden aber von den mehr und mehr vordringenden großen Völkern zurückgedrängt und ziemlich ausgerottet. Augenblicklich gehen sie ihrem Untergange mit Riesenschritten entgegen.
Phot. Britische Südafrika-Gesellschaft.
Abb. 390. Ein Kaffernkral.
Ein ornamentierter Fries am niederen Eingang zeigt an, daß hier eine Persönlichkeit von Rang wohnt.
Die Religion der Buschleute beruht in der Hauptsache auf einer Verquickung von Geisterglauben und Ahnenkult. Die Seelen Verstorbener, die man sich teils als freundlich, teils als feindlich gesinnt vorstellt und von denen man beständig das menschliche Leben in dem einen oder dem anderen Sinne beeinflußt glaubt, werden durch das übliche Darbringen von Opfern, durch Veranstaltung von Tänzen oder durch Zaubermittel, die die guten Geister festhalten, die bösen bannen sollen, verehrt. Zaubermittel, um Krankheiten oder Unheil abzuwenden oder auf der Jagd Glück zu bringen, sind sehr verbreitet. So zum Beispiel gilt es als wirksam gegen Rheumatismus, wenn man sich eine Schlange um den Hals wickelt; auf der Jagd glaubt man Erfolg zu haben, wenn man sich eine bestimmte streifenförmige Tatauierung auf dem Oberarm anbringen läßt; das Wild glaubt man bezaubern zu können, so daß es den Jäger nicht sieht, wenn man sich mit einer Jagdmedizin einreibt, die aus einem Stück vom Herzen und dem linken Ohr eines erlegten Exemplars der zu jagenden Tiergattung durch Verbrennen mit glühender Kohle hergestellt ist. Und manches Ähnliche. Auch auf Wahrsagen und Vorbedeutungen wird großer Wert gelegt. Um den Erfolg einer bevorstehenden Unternehmung, Reise, Jagd und so weiter, im voraus zu erfahren, wirft man ein Bündel Hölzchen in die Luft und schließt aus der Lage, die die einzelnen Stücke beim Herabfallen einnehmen, auf den Ausgang der Sache. — Ist jemand krank geworden, dann läßt man einen der vielen Zauberdoktoren kommen. Dieser erscheint phantastisch aufgeputzt und mit zahlreichen Amuletten behängt und verordnet entweder eine Medizin, die er selbst aus gekochten Kräutern und anderen Säften — hierbei spielt eine Abkochung der schweißigen Kleidungsstücke sowie des Urins des Zauberers eine wichtige Rolle — angefertigt hat, oder er bläst, tanzt, singt, beschwört und treibt den üblichen Hokuspokus. Zuletzt beugt er sich über den Kranken und bläst ihm den bösen Geist fort oder saugt ihn aus; zum Zeichen, daß er des Übeltäters Herr geworden ist, holt er ihn dann aus seinem Munde in Gestalt eines Steinchens, Stöckchens oder eines Hirsekorns hervor.
Abb. 391. Basutomädchen.
(Sammlung v. d. Goot.)
Die Tänze der Buschleute beziehen sich sämtlich auf das Geschlechtsleben der Tiere und ahmen ihre Bewegungen zur Brunstzeit in ziemlich drastischer Weise nach, so der Elandbullentanz, den wir noch weiter unten kennen lernen werden, der Duckerbocktanz, der Stachelschweintanz, der Pfautanz und anderes mehr. Allen diesen Tänzen kommt eine religiöse Bedeutung zu; anscheinend will man den Tieren, die man nachahmt, durch einen derartigen Tanz eine Ehrung erweisen. Bei diesen Tänzen sind beide Geschlechter beteiligt. Daneben gibt es aber noch andere, an denen nur Männer in Tätigkeit treten, Weiber aber gänzlich ausgeschlossen zu sein scheinen. Passarge beobachtete zwei solcher Tänze, einen, der auf den Knien, und einen anderen, der unter heftigem Trampeln mit den Füßen ausgeführt wurde, und will ihnen eine noch tiefere religiöse Bedeutung als den schon erwähnten Tänzen beigelegt wissen, wenn er auch nichts Näheres über sie in Erfahrung bringen konnte. Im ganzen scheint das Tanzen eine wahre Leidenschaft der Buschleute zu sein. Besonders in schönen Mondscheinnächten artet es in wirkliche Raserei und Liebesbrunst aus, zumal nach einem reichlich genossenen Mahle. Vor allem sind es die jungen Männer, die sich beim Anblick des weiblichen Geschlechtes ganz berauschen und ihre wilde Leidenschaft durch Springen, Stampfen und Gliederverrenken zum Ausdruck bringen.
Auch Kriegstänze und Scheinkämpfe mit Assagaien gehören zu den Belustigungen der Buschleute. Beliebt ist schließlich noch das Melonenspiel, wobei man eine ausgehöhlte und mit Steinchen angefüllte Melone mit dem Finger, der in ein entsprechendes Loch in der Frucht hineinpaßt, in die Luft wirbelt und mit dem Finger wieder auffängt.
Bei der Geburt eines Kindes dürfen männliche Personen nicht zugegen sein. Das Neugeborene wird mit Gras abgerieben. Falls die Mutter mit Nahrungssorgen zu kämpfen hat, wird das Kind für gewöhnlich lebendig begraben; wenn sie aber einigermaßen zu leben hat und das vorhergehende Kind sich bereits so weit entwickelt hat, daß es sich selbst Wurzeln und Knollen ausgraben, also der Mutter zu seinem Lebensunterhalt entbehren kann, dann wird das Neugeborene aufgezogen. Eine besondere Pflege kann ihm trotzdem nicht zuteil werden; daher gehen viele Kinder der Buschleute zugrunde. — Nach der Geburt erfolgt die Namengebung durch die Eltern in Gegenwart der nächsten Angehörigen; hat man gerade ein Stück Wild erbeutet, so wird ein Festschmaus mit Tanz veranstaltet. Die Söhne erhalten zumeist den Namen des älteren Bruders des Vaters oder des Großvaters, die Töchter den der älteren Schwester der Mutter oder der Großmutter. — Die Kinder werden frühzeitig zur Selbständigkeit erzogen; man lehrt sie die für ihre Ernährung wichtigen Pflanzen und Tiere kennen und unterweist sie in den Sammel- und Fangmethoden, im Aufspüren des Wildes sowie in der Anfertigung der Hausgeräte und Waffen.
Die Knaben werden bei Eintritt der Männlichkeit von einem älteren Manne in die Geheimnisse des Geschlechtslebens eingeweiht; im besonderen erhalten sie Unterricht in den religiösen Tänzen. Diese Unterweisungen der Jünglinge finden draußen auf dem Felde zur kalten Jahreszeit statt, wo sie unter Aufsicht in einer großen Hütte untergebracht werden, kein Feuer anzünden und Wasser nur in beschränktem Maße trinken, auch nur von Wurzeln und Früchten leben dürfen. Alles das soll zur Abhärtung und Stählung des Körpers dienen. Nach Abschluß dieser Zeit werden die Knaben zu Männern geweiht, indem der Lehrer seinen Schülern auf die Stirn und zwischen die Schulterblätter Tatauierungen einschneidet und die Wunden mit Holzkohlenpulver einreibt. Hierauf dürfen die Jünglinge heiraten und an den Versammlungen und Tänzen der Erwachsenen teilnehmen. Eine Beschneidung findet nicht statt.
Bei den Mädchen wird der Eintritt der Reife ebenfalls gefeiert, aber eine Unterweisung geht der Zeremonie nicht voraus. Die Sitte schreibt dabei ebenfalls gewisse Tänze vor. Ein solcher Tanz des Aikwestammes ist der Elandbullentanz, den Passarge folgendermaßen schildert. Das zum erstenmal menstruierende junge Mädchen liegt auf der Erde, die älteren Weiber stehen um dasselbe herum, singen, klatschen in die Hände und klappern mit Eisenstücken. Die verheirateten jungen Frauen aber ziehen im Gänsemarsch, mit den Füßen den Takt dazu stampfend, um das Mädchen herum; dabei haben sie ihr Gesäß entblößt, wackeln und kokettieren mit demselben und stoßen die Arme rhythmisch nach unten. Nach einer Weile nähert sich ihnen mit langsamem Schritte ein Buschmann, der ein Fell mit Hörnern der Elandantilope auf dem Kopf trägt und ähnliche stampfende Bewegungen wie die Frauen ausführt. Er stellt den Bullen dar, die Weiber die Kühe. Zunächst läuft der Mann mehrere Male um sie herum, schließlich springt er in die Reihe hinter eine Frau und zieht sie an sich. Die Bewegungen des Bullen und der Kühe lassen deutlich erkennen, daß es sich hierbei um eine Szene aus dem Liebesleben dieser Tiere handeln soll.
Bei der Auswahl seiner Lebensgefährtin sieht sich der junge Buschmann unter den Mädchen einer anderen Sippe um; als Vermittlerin pflegt ihm seine Schwester zu dienen. Hat er die ihm Zusagende gefunden, dann sucht er sich die Gunst der Eltern durch Geschenke zu erwerben. Früher bestanden diese in einem ganzen Stück Wild oder wenigstens in einem großen Teil eines solchen; heutzutage, wo der Wildreichtum sehr zurückgegangen ist, genügen auch kleinere Geschenke. Mit der Erlegung dieses Brautpreises ist die Ehe geschlossen, die dann noch durch einen Hochzeitschmaus gefeiert zu werden pflegt. Gelegentlich ist es dabei Sitte, daß der neue Ehemann, wenn die eingeladenen Nachbarn sich über ihn lustig machen, sein junges Weib ergreift, worauf jene mit ihren Grabstöcken auf ihn eindringen, so daß sich ein regelrechtes Gefecht entwickelt; steht der Bräutigam dabei seinen Mann, so wird der Kampf eingestellt und die Frau ihm überlassen. Der Ehemann tritt in deren Sippe über.
Von der ihnen erlaubten Vielweiberei machen die Buschleute (Abb. 388) oft Gebrauch, und drei bis vier Weiber sind keine Seltenheit. Recht häufig heiratet der Mann nach der Reihe die Schwestern seiner Frau oder ihre Cousinen. Im allgemeinen steht die Sittlichkeit bei den Buschleuten auf verhältnismäßig hoher Stufe.
Phot. Underwood & Underwood.
Abb. 392. Zulumädchen beim Tragen von Lasten,
die unter Umständen sehr schwer sind. Die vorangehenden erst zwölf- bis dreizehnjährigen Mädchen pflegen auf weite Strecken vierzig bis fünfzig Pfund auf dem Kopfe zu tragen.
Bei der Nachricht von dem Tode eines Buschmannes erhebt sich lautes Schreien und Jammern unter den Weibern des Dorfes. Die Leiche, der der Kopf mit rotem Ocker und Salbe eingerieben worden ist, wird ans Feuer gestellt, nach Angabe anderer Autoren auch direkt durchgeräuchert. Die Beerdigung erfolgt möglichst schnell. Der Tote wird in einer Grube in hockender Stellung (mit über der Brust gekreuzten Armen), das Gesicht nach Osten gewandt, zusammen mit seinen Waffen, Hausgeräten und mit etwas Nahrung beigesetzt; sodann wird seine Hütte zerstört oder auch verbrannt, deren Überreste in die Grube auf die Leiche geworfen und das Ganze mit Erde zugeschaufelt. Zum Schutz gegen die wilden Tiere, vielleicht auch um ein Hervorkommen des Geistes des Verstorbenen zu verhindern, wird eine Steinpackung oder eine Steinsetzung über dem Grabe aufgeführt; ein jeder, der vorübergeht und das Grab als ein solches erkennt, wirft einen neuen Stein darauf. Die Grabstätte wird von den Angehörigen möglichst schnell verlassen und für ein bis zwei Jahre gemieden; selbst fremde Buschleute, die auf ihrem Zuge an einem solchen Grabe vorbeikommen, hüten sich, in seiner Nähe zu schlafen. Anscheinend bestehen unter den Buschleuten auch Vorstellungen von einem Weiterleben nach dem Tode. So begegnet man der Ansicht, daß diejenigen, die sich bei ihren Tänzen schwere Unsittlichkeiten hätten zuschulden kommen lassen, nach ihrem Tode an einen geheimnisvollen Ort unter das Wasser gebracht und hier in Tiere verwandelt würden, die für ihre Ausschreitungen beständige Pein erlitten. — Wie in ihren Sitten und Gebräuchen überhaupt, so sind die Buschleute im besonderen auch in denen, die sich auf die Begräbnisfeierlichkeiten beziehen, von den umwohnenden Hottentotten sowie den Bantu verschiedentlich beeinflußt worden.
Eine zweite Sondergruppe innerhalb der südafrikanischen Völker bilden die Hottentotten. Man hat sie früher als Verwandte der Buschleute aufgefaßt, und dies mit einer gewissen Berechtigung, insofern es sich bei einer Gegenüberstellung mit den dunkelhäutigen Bantu bei beiden um „hellfarbige Südafrikaner“ handelt und sie auch sonst manches Gemeinsame in ihrem äußeren Verhalten darbieten. Indessen war es der Sprachwissenschaft vorbehalten, Klarheit über die Stellung der Hottentotten innerhalb des afrikanischen Völkerkreises zu schaffen. Meinhof, der beste Kenner afrikanischer Sprachen, hat nämlich gezeigt, daß ihre Grammatik eine ganz auffällige Übereinstimmung mit den grammatikalischen Regeln der hamitischen Sprachen aufweist und daß auf der anderen Seite die Schnalzlaute, die ihre Sprache mit den Dialekten der Buschleute gemeinsam hat, von diesen nur entlehnt sind. Da nun die Hottentotten trotz mancherlei Ähnlichkeit mit den Buschleuten in ihrem Äußeren auf der anderen Seite auch wieder Eigenschaften aufweisen, die sie den Hamiten nähern, wie die höhere Statur und die größere Hellfarbigkeit, so liegt unter Berücksichtigung der sprachlichen Gründe die Wahrscheinlichkeit sehr nahe, daß es sich bei ihnen um frühzeitig weit nach dem Süden verschlagene und von ihren Stammesangehörigen vollständig abgeschnittene Stämme hamitischer Völker handeln mag, die durch starke Vermischung mit den in der Überzahl vorhanden gewesenen Buschleuten der meisten ihrer ursprünglichen Rasseneigenschaften verlustig gingen, jedoch ihre geistigen Eigenschaften, im besonderen ihre entwickeltere Sprache, ihre verfeinerte Grammatik und vorgeschrittenere Religion, sowie manche ihrer Gewohnheiten bis auf die Neuzeit retteten.
Die Hottentotten sind heutzutage auf Deutsch-Südwestafrika, im besonderen Groß-Namaland, beschränkt; ihre wichtigsten Stämme sind die Zwartboi, Bondelzwart (so benannt nach dem Bündel schwarzer Streifen über den Augen), die Veldschoendrager, die Witboi, Simon Kopper- und die Fransmann-Hottentotten. Im Gegensatz zu den Buschleuten sind sie durchweg Viehzüchter geblieben, wie es ihre hamitischen Vorfahren vor langen Zeiträumen schon waren. Bekannt sind ihre blutigen Kämpfe mit der deutschen Regierung, durch die sie ziemlich aufgerieben worden sind. Infolge der seit langem unter ihnen wirkenden Mission haben sie das meiste Ursprüngliche bereits abgestreift und europäische Sitten angenommen; ein Teil von ihnen ist Mischehen mit den vor den Deutschen hier sehr verbreitet gewesenen Buren eingegangen. Im großen und ganzen ähneln sie in körperlicher Hinsicht den Buschleuten, unterscheiden sich aber von ihnen vor allem durch ihre bedeutendere Größe sowie durch feinere Gesichtszüge. Ein einheitlicher Typus läßt sich für die Hottentotten nicht aufstellen.
Ihre Wohnungen sind halbkuglige niedere Hütten (sogenannte Pontoks), die aus einem Gestell kreisförmig in den Boden gesteckter und oben kuppelförmig miteinander verbundener dünner Zweige hergestellt sind und mit Fellen oder Matten bedeckt werden. — Jetzt kleiden sich die Hottentotten schon meistens nach europäischer Art. Ihre frühere Tracht war ganz aus Leder beziehungsweise Fellen angefertigt, sie bestand in einem solchen Hüftschurz, einem großen Fellmantel, Karoß genannt, und einer Kopfbedeckung aus Pelz. — Ihre Waffen sind Bogen und Pfeile, Speere und Wurfstöcke; neuerdings auch Schießgewehre.
Mit Erl. der Mariannhiller Mission, Vertretung Würzburg.
Abb. 393. Basutokrieger in Kriegstracht.
Die Basuto galten früher für sehr gefürchtet im Kriegshandwerk, dem ein jeder Mann obliegen mußte; jetzt haben sie friedlichere Sitten angenommen.
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Die ursprüngliche Religion der Hottentotten (heutzutage sind sie Christen) scheint auf Ahnenverehrung und Geisterglauben beruht zu haben. Die Geister der Verstorbenen wurden von ihnen als böse Dämonen angesehen; daher war man auch bestrebt, durch Zusammenbinden der Leiche sie an der Wiederkehr zu hindern. Der Ahnenkult kam in der Gewohnheit zum Ausdruck, daß die an Gräbern Vorübergehenden diesen eine Gabe darbrachten, entweder einen Stein oder Reisig, einen Blumenzweig, ein Scheit Holz oder ein Büschel wohlriechender Kräuter darauf legten und gleichzeitig den Verstorbenen um Gesundheit, viel Kinder und viel Kleinvieh anflehten. — Unglücksfälle und Krankheiten werden dem Einflusse böser Geister zugeschrieben, gegen die man sich durch Amulette und Beschwörungen durch einen Zauberer zu schützen sucht.
Die Hottentotten sind heutzutage faule und zur Genußsucht geneigte Menschen; sie verstehen sich darauf, aus Honig ein berauschendes, stark mussierendes Getränk herzustellen, dem sie eifrig zusprechen. Besondere Freude haben sie an Musik und Tanz. Ihr beliebtestes Musikinstrument ist die Riedflöte, eine Art Schalmei, die aus einem fußlangen Ried hergestellt wird; die verschiedenen Töne werden durch Auf- und Niederschieben eines Stempels erzeugt. Die Männer bilden einen Kreis und die Weiber darum einen anderen; sie bewegen sich darauf in entgegengesetzter Richtung unter Verbiegungen des Oberkörpers, die Weiber kehren ihre hintere Körperpartie hervor und führen unter Händeklatschen und Musik groteske Sprünge und Bewegungen aus. — Eine recht sonderbare Art von Selbstbefriedigung betreiben die jungen Mädchen der Hottentotten (sowie der Buschleute), indem sie von frühester Jugend an beginnen, ihre ohnehin schon verhältnismäßig stark entwickelten kleinen Schamlippen zu ziehen und zu zerren (sogar unter Benutzung kleiner Gewichte), bis sie eine ansehnliche Größe (Hottentottenschürze) erreichen.
Aus „Kolonie und Heimat“.
Abb. 394. Hererofrau.
Nach der Geburt eines Kindes wird ein Feuer angezündet, an dem aber so lange weder gekocht noch gebraten werden darf, bis der Nabelstrang abgefallen ist, sonst würde dem Kinde ein Unglück begegnen. Der Mann darf der Niederkunft seiner Frau, die von älteren Frauen unterstützt wird, nicht beiwohnen. Nach der Geburt wird dem Vater das Kind vor die Hütte gebracht; man legt es auf die Erde, und er hebt es auf zum Zeichen, daß er es als das seine anerkennt. Bei der Geburt eines männlichen Nachkommen herrscht große Freude; sie erhöht die Eltern in der Achtung der Dorfbewohner. Je nach den Vermögensverhältnissen schlachtet der Vater zwei bis drei Ochsen und gibt den Nachbarn ein Fest; bei der Geburt eines Mädchens begnügt er sich mit einer Ziege. Werden Zwillinge geboren, dann ist die Freude weniger groß, zumal wenn beide weiblichen Geschlechts sind. Entweder wird der eine Zwilling in einer verlassenen Tierhöhle ausgesetzt, die man mit Steinen oder Erde zubaut, oder an einen der nächsten Bäume gehängt, wo er verhungern muß. — Das Neugeborene wird nicht gewaschen, sondern zunächst mit Kuhmist vom Kopf bis zu den Füßen eingerieben, darauf zum Trocknen in die Sonne gelegt, vom Mist gereinigt und sodann mit dem Saft einer Pflanze gewaschen, damit es gelenkig und ausdauernd im Laufen werde. Schließlich wird es, nachdem es noch einmal an der Luft getrocknet worden ist, mit Schaffett oder Butter eingerieben. — Die Hottentottenmütter stillen ihr Kind, lassen es gelegentlich nebenbei auch einen Zug aus der Tabakspfeife tun.
Phot. Britische Südafrika-Gesellschaft.
Abb. 395. Angonikrieger im Kriegsschmuck.
Die Angoni, der nördlichste Stamm der Zulu, bewohnen die nördliche Küste des Tanganjikasees. Sie waren früher unter den Nachbarvölkern sehr berüchtigt wegen ihrer barbarischen Streifzüge.
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Bis zum Eintritt der Reife gehen die Kinder nackt. Die Mädchen werden dann mit einem reichverzierten Karoß bekleidet, dessen Tragen sie fortan als heiratsfähig stempelt. Nach dieser Einkleidung müssen die Mädchen drei Tage lang in einem von fußhohen Stäben errichteten Kreis von etwa einem Meter Durchmesser mit untergeschlagenen Beinen dem Eingang der Hütte gegenüber sitzen, den gespitzten Mund dabei vorgestreckt halten und mit dem Kopfe herausfordernd nicken. Am dritten Tage wird eine junge fette Kuh geschlachtet und ein Schmaus veranstaltet, zu dem der nächste Anverwandte, gewöhnlich ihr ältester unverheirateter Vetter, mit den Nachbarn sich einfindet. Er stülpt ihr den Magen des Rindes über den Kopf und wünscht ihr dabei, so fruchtbar wie eine junge Kuh zu sein und recht viele Kinder zur Welt zu bringen. Die Freunde und Freundinnen schließen sich diesem Glückwunsche an und nehmen ebenfalls an dem Schmause teil, der mit Tanz, Gesang und Bezechtheit infolge allzu reichlichen Genusses von Honigbier endigt.
Mit Erl. der Mariannhiller Mission, Vertretung Würzburg.
Abb. 396. Zulugigerl.
Die Stellung der Frau und auch schon des Mädchens ist bei den Hottentotten eine verhältnismäßig angesehene. Eine besonders hohe Achtung genießt die älteste Tochter innerhalb der Familie; Beweis dafür ist unter anderem die für jeden Mann bindende Versicherung: „So wahr meine Schwester lebt.“ Es darf daher nicht wundernehmen, wenn wir hören, daß das Hottentottenmädchen seinen Lebensgefährten selbst wählt. Bei der Hochzeit geht es hoch her. Der Vater schlachtet ein Rind, es muß dies aber ein tragendes weibliches Tier sein, damit die Ehe auch fruchtbar werde. Auch unfruchtbare Weiber essen davon, um in gesegnete Umstände zu kommen. — Früher war Polygamie erlaubt, heutzutage hat das Christentum damit aufgeräumt.
Abb. 397. Zulumädchen (Natal).
Bei Krankheitsfällen versammeln sich die nächsten Angehörigen um den Kranken und beginnen durch Schreien, Heulen, Klatschen und Stampfen einen Heidenlärm zu machen. Nützt dies nichts und hat es den Anschein, daß es mit dem Kranken zu Ende gehe, dann rütteln und schütteln sie den Sterbenden unter lautem Geschrei und reden ihm mit schmeichelnden Worten zu, noch länger unter ihnen zu verweilen. Hat der Kranke unter solchem Lärm sein Leben ausgehaucht, so versucht man noch einmal, ihn auf dieselbe Weise zurückzurufen, und macht ihm gleichzeitig wegen seines Dahinscheidens schwere Vorwürfe. Hat auch dies keinen Erfolg mehr, dann nehmen das Wehklagen der Frauen und der Lärm noch zu. Früher schlachtete der Sohn des Verstorbenen, sobald es wieder ruhig geworden war, einen Bock und bestrich mit dessen Blute die Leiche. Darauf brachte man sie in Hockerstellung, das heißt man legte sie so, daß ihre Knie an den Bauch, die Ellbogen auf die Knie und die Arme über die Brust gekreuzt zu liegen kamen, band sie mit Lederriemen fest und wickelte sie in den Karoß, den der Verstorbene bei Lebzeiten getragen hatte, oder auch in Felle oder Matten. Heutzutage wird die Leiche einfach von den Weibern gewaschen und ausgestreckt in Felle eingenäht, darauf von drei bis vier Trägern nach dem Grabe außerhalb der Werft geschleppt; die Leiche darf die Hütte aber niemals durch die Tür, sondern nur durch ein zu diesem Zweck durch Wegnahme einer Matte hergestelltes Loch in der Wand verlassen. Die Beerdigung findet möglichst bald nach dem Tode statt. Alle Männer und Weiber, die während der Vorbereitungen sich vor der Hütte versammelt und in zwei Kreisen niedergehockt haben, rufen in einem fort Bo-Bo, das heißt Vater, und folgen sodann unter vielem Lärm in zwei ebenfalls nach Geschlechtern getrennten Gruppen der Leiche. Diese wird zusammen mit den Habseligkeiten des Verstorbenen ohne besondere Zeremonie in einer bald flacheren, bald tieferen Grube beerdigt. Auf das zugeschaufelte Grab wirft man aus den uns bereits bekannt gewordenen Gründen Steine; Vorübergehende pflegen einen neuen Stein hinzuzufügen, so daß schließlich unter Umständen große Haufen entstehen. Nach Beendigung dieser Zeremonie kehren alle Teilnehmer nach dem Dorfe zurück, wobei sie noch einmal den Verstorbenen laut mit Namen rufen; zu Hause setzen sie sich vor seiner Hütte in zwei Kreisen nieder und klagen stunden-, selbst tagelang. Früher gingen nach Beendigung dieser Klagen der Dorfälteste oder zwei alte Leute in beiden Kreisen herum und bespritzten alle Sitzenden mit ihrem Urin, holten sodann von dem Herde in der Hütte, die sie durch das für den Toten gebrochene Loch verließen, eine Handvoll Asche und bestreuten die draußen Sitzenden damit. Diese rieben sich zunächst mit der Asche ein, schrieen wiederum und beschmierten sich sodann noch mit Kuhmist, den die nächsten Anverwandten aus dem Viehkral herbeiholten. Offenbar sollten diese Handlungen zur Reinigung dienen, da allem, was mit den Körperausscheidungen zusammenhängt (Urin, Mist), eine besondere Zauberwirkung zugeschrieben wird. Am nächsten Tage packten die Bewohner des ganzen Dorfes ihre Habe zusammen, brachen ihre Häuser ab — das des Verstorbenen ließen sie stehen, nahmen auch nichts von ihm mit aus Furcht vor seinem Geiste — und zogen von dannen. Ehe man auseinander ging, schlachtete der Erbe noch ein Schaf zu einem Abschiedsschmaus. — Eigenartig sind die Trauerabzeichen bei den Hottentotten. Das Netz des von den Erben geschlachteten Tieres wurde dem Ehegatten oder, falls dieser tot war, dessen ältestem Sohn überlassen, der es zu einem Strick drehte und sich um den Hals band, wo es so lange hängen blieb, bis es von selbst abfiel. Auch Trauerfrisuren werden getragen, besonders von den ärmeren Leuten, die sich kein Schlachttier leisten können. Sie lassen sich das Haar so scheren, daß mitten auf dem Wirbel eine Platte und rund um den Kopf lauter schmale Streifen stehen bleiben. Sogar Körperverstümmlungen scheinen früher üblich gewesen zu sein; es wird berichtet, daß Freunde und Anverwandte sich ein Fingerglied gleichsam als Opfer für den Verstorbenen weghauen ließen und es ihm in das Grab nachwarfen; von anderer Seite wird wieder erzählt, daß nur die Witwe sich dieser Verstümmlung unterzogen habe, weil sie dadurch in den Augen der Hottentotten gleichsam wieder jungfräulich werde. Man konnte dann aus der Zahl der fehlenden ersten Fingerglieder an einer Frau sogleich erkennen, wie oft sie schon verheiratet gewesen war. — Daß die Hottentotten an ein Fortleben nach dem Tode glaubten, dafür dürfen wir den Beweis in ihren Begräbnisgebräuchen erblicken; aber wie sie sich dieses vorstellten, darüber fehlen uns nähere Angaben.
Phot. R. Thiele.
Abb. 398. Kaffernfrauen in Festtracht,
die ihre große Vorliebe für allerlei Schmuck verrät.
Mehrfach ist beobachtet worden, daß man alte Leute, die sich nicht mehr ernähren konnten und ihren Angehörigen zur Last fielen, einfach aussetzte und ihrem Schicksal, das heißt der Tötung durch wilde Tiere, überließ; sie ertrugen dies als etwas ganz Selbstverständliches.
Phot. Britische Südafrika-Gesellschaft.
Abb. 399. Eingeborener Schmied aus Rhodesia beim Anlegen von Fußringen.
Der Beruf eines Schmiedes gilt als besonders wichtig, da er die mannigfaltigen Messing- und Kupferzieraten anzufertigen hat, mit denen sich die Frauen so gern schmücken. Im Vordergrund erblickt man eine Zimba, ein Musikinstrument, das aus dünnen, auf einem Brett befestigten Stahlstreifen von verschiedener Länge besteht.
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GRÖSSERES BILD
Das dritte einheimische Rassenelement in Südafrika bilden die Bantuneger, die die östlichen Landstrecken vom großen Fischfluß an bis zum Tanganjikasee hinauf einnehmen. Sie sind offenbar von Norden her zu verschiedenen Zeiten hierhin vorgedrungen und haben selbst Ausläufer nach Westen in das Gebiet der Buschleute und Hottentotten geschickt, die Herero und Ovambo (Abb. 389).
Von den uns hier beschäftigenden südafrikanischen Bantu nehmen die größte Verbreitung die Kaffern ein mit ihren Unterstämmen der Xosa, Pondo, Tembu, Zulu, Swasi und anderen. Die wichtigste Gruppe hiervon sind zweifelsohne die Zulu, insofern sie den Europäern am meisten zu schaffen gemacht haben. Westlich von den Kaffern sitzen die ihnen stammverwandten Betschuanen, die weniger kriegerisch als sie sind, sondern sich mehr den Künsten des Friedens widmen. Auch sie zerfallen in eine Reihe Untervölker, deren wichtigstes die Basuto (Abb. 391) sind. Zu ihnen wiederum stehen in nahem verwandtschaftlichen Verhältnis die das Hochland zwischen Limpopo und Sambesi bewohnenden Baronga, Makalaka und Maschona. Die nördlichste Gruppe der südafrikanischen Bantu sind die Barotse und Mambunda, am Sambesibogen, sowie die berüchtigten Angoni (Abb. 395) am Tanganjikasee, der nördlichste Zweig der Zulu überhaupt, die bis heute ihre alten Stammessitten wohl noch am reinsten bewahrt haben dürften.
Abb. 400. Tochter eines Zuluhäuptlings.
Das Haar wird von den Zulu kegelförmig in die Höhe frisiert und mit einem Metallband unten zusammengehalten.
Die südafrikanischen Bantu, mit Ausnahme der Herero, betreiben durchweg Ackerbau, und zwar in der Form des Hackbaus. Sofern nicht die Europäer den Pflug eingeführt haben, ist sein Gebrauch ihnen unbekannt. Die wichtigsten Kulturpflanzen sind die Getreidearten, vor allem Hirse in drei verschiedenen Sorten, sowie Mais und auch Reis. Das Getreide wird in großen Mörsern zerquetscht oder auch auf steinernen Handmühlen zermahlen und zumeist in Breiform genossen. Neben Ackerbau wird auch Viehzucht betrieben, von dem einen Stamm mehr, von dem anderen weniger. Die Stelle der Lasttiere wird vielfach von Frauen und Mädchen vertreten (Abb. 392). Schließlich trägt auch die Jagd zum Lebensunterhalt der Bantu bei, wenngleich nur in beschränktem Maße. In der Auswahl der Speisen sind sie nicht wählerisch; an vielen Speisen, die uns geradezu Ekel erregen würden, empfinden sie Genuß. So sind geröstete Heuschrecken, Raupen, Würmer und Termiten wirkliche Delikatessen für die Neger; auch verfaultes Fleisch verzehren sie mit Vergnügen. Die Basuto waren früher Menschenfresser.
Phot. H. H. Johnston.
Abb. 401. Zulufrauen beim Frisieren,
wobei sie sich gegenseitig helfen. Bemerkenswert ist die Mannigfaltigkeit ihres Schmuckes und die charakteristische Narbenverzierung auf dem rechten Arm der einen Frau.
Die Hütten der südafrikanischen Bantuneger weisen verschiedene Formen auf. Am verbreitetsten ist die kegeldachförmige Rundhütte. Es werden Stangen im Kreise in die Erde gesteckt und über sie ein fertiges kegelförmiges, aus Matten hergestelltes Dach gesetzt. Zwischen den Stangen werden Ruten wie in einem Geflecht durchgeführt und die so entstehenden Wände mit Gras behängt. Eine andere Form ist die Bienenkorbhütte (Abb. 390). Auch hier werden Stangen kreisförmig in die Erde gestoßen, aber an ihrem oberen Ende zusammengebunden, dieses Gerüst wird darauf ebenfalls durch dazwischen geflochtene Ruten verstärkt und mit Gras bedeckt. Eine dritte Form endlich gleicht unserer fensterlosen Scheune. Zu ihrer Herstellung werden Pfähle in Rechteckform in die Erde gerammt und durch Querlatten zu einem Gitterwerk verbunden, das man mit Palmblattmatten bekleidet. Auf diesen Unterbau wird dann ein auf mehreren in der Mitte des Raumes stehenden Pfählen ruhendes Satteldach gebaut, das gleichfalls eine Bedeckung durch Matten erhält.
Die Kleidung der Bantu hängt von dem Grade ihrer Kultur beziehungsweise der Stärke des europäischen Einflusses ab. Unter den ursprünglichen Verhältnissen pflegen Männer und Frauen fast nackt zu gehen oder sich nur eine Hüftschnur oder einen Lendenschurz (Abb. 391 und 397) umzulegen; andere Stämme wieder tragen Hüfttücher aus Baumrindenstoff oder Felle. Eine Ausnahme macht die Kleidung der Hererofrauen (Abb. 394), die ganz einzig dasteht. Sie tragen außer einem Lendenschurz und einem langen Mantel aus dem gleichen Stoffe, der überdies mit eisernen Perlen in verschiedenen Mustern besetzt ist, noch eine Art Korsett, das aus einer Anzahl Riemen mit runden, durchbohrten Scheibchen aus Straußeneierschalen hergestellt ist, und eine durch aufrecht stehende Ohren und einen tief in den Nacken herabhängenden eisernen Perlenbehang gekennzeichneten Kopfputz aus Leder.
Die Vorliebe für Schmuck ist bei beiden Geschlechtern sehr verbreitet, und die Art, wie man sich ausputzt, sehr mannigfaltig (Abb. 393, 395 und 396). Die Männer legen großen Wert auf einen mächtigen Kopfputz in Gestalt bunter Federn oder Felle, desgleichen auf einen Körperbehang aus Fellen (Abb. 393 und 395), während die Weiber mehr Neigung für Perlenschmuck bekunden: dicke Schnüre beziehungsweise Wülste oder Behänge aus bunten aus Europa bezogenen Perlen, die in geschmackvollen Mustern angeordnet sind; an allen möglichen Körperstellen, von der Stirn herab bis zu den Füßen, wird solcher Schmuck angebracht (Abb. 397 und 398). Bei beiden Geschlechtern sind ferner eiserne oder kupferne Ringe um Arme und Beine sehr beliebt (Abb. 399). Eigenartig ist der Schmuck der Hererofrauen; sie tragen nämlich um die Unterschenkel eine Art Beinschienen aus Lederriemen mit aufgezogenen Eisenperlen. Große Sorgfalt verwenden die Frauen auf ihre Frisuren (Abb. 400 und 401); die Betschuanenfrauen reiben sich das Kopfhaar mit einer Mischung aus Fett und Glimmer ein, wodurch es ein schillerndes Aussehen erhält. Sehr verbreitet ist schließlich noch die Bemalung, die Tatauierung und das Anbringen von Narben; von sonstigen Verunstaltungen wäre das Durchbohren der Ohren, der Lippen sowie das Ausschlagen beziehungsweise Zuspitzen der Zähne und auch das Abschlagen des letzten Gliedes am kleinen Finger zu erwähnen.
Mit Erl. der Mariannhiller Mission, Vertretung Würzburg.
Abb. 402. Regendoktor der Zulu, der ein drohendes Hagelwetter aufhalten will.
Die religiösen Vorstellungen der Bantu beruhen ausschließlich auf dem Glauben an die Macht der Geister der Vorfahren, wie wir ihn bereits verschiedentlich bei anderen Naturvölkern kennen gelernt haben. Dieser Aberglaube beeinflußt alle Verhältnisse ihres Lebens, ihr ganzes Denken und Handeln von der Wiege bis zum Grabe. Ihre religiösen Übungen gehen demgemäß darauf aus, die Geister der Verstorbenen durch Opfer günstig zu stimmen. Die Vermittler zwischen Lebenden und Toten sind die Wahrsager, die eine fast unbegrenzte Macht besitzen und daher eine wichtige Rolle in allen Lebenslagen spielen. Diese Wahrsager bilden einen bestimmten Stand unter den Stämmen; sie sind gleichsam Staatsbeamte, die ihre Tätigkeit für das Wohl des Ganzen ausüben, insofern ihre Aufgabe darin besteht, die Verbrecher und Zauberer zu offenbaren, und erfreuen sich unter ihren Stammesgenossen ganz besonderer Achtung. Das Amt des Wahrsagens wird sowohl von Männern wie von Weibern ausgeübt. Auf eigene Hand kann es keiner übernehmen, wohl aber sich zu einem solchen melden oder in Vorschlag gebracht werden. Glauben die Angehörigen einer Person aus ihrem sonderbaren Verhalten (wie lebhaftem Träumen, Stimmenhören, Aufsuchen der Einsamkeit, Menschenscheu, Krämpfen, Zwiegesprächen mit Vögeln, launenhaftem Wesen, Nahrungsverweigerung und so weiter) entnehmen zu können, daß sie sich für einen Wahrsager eignen dürfte, so lassen sie den oder die Betreffende durch einen erfahrenen Wahrsager prüfen. „Hält dieser den Fall für aussichtsvoll, so verordnet er dem Lehrling eine Medizin zur Verstärkung aller der eben erwähnten und ähnlicher Erscheinungen. Hierauf setzt er ihm einen Federbusch auf das Haupt, und der Unterricht in der geheimen Wissenschaft beginnt. Unter der Kur, die hauptsächlich in Einreibungen und Einnahme von Medizinen besteht, verstärken sich die rätselhaften Symptome des Novizen immer mehr. Zuletzt springt dieser an Felswänden hinab, oder er wirft sich ins Wasser, oder er gefährdet auf andere Weise sein Leben, so daß seine Freunde ihn bewachen müssen, damit er nicht umkomme. Er beschwört nun Schlangen und windet sie um Hals und Brust. Magert bei alledem der Prüfling stark ab, so gilt dies als ein günstiges Zeichen für den Beruf; denn die Eingeborenen setzen nur wenig Vertrauen in einen fetten Wahrsager. Nach einiger Zeit erklärt der Novize, daß er die äußere Schale der Sünde abgestreift und sich zu einem Geiste entwickelt habe und daß die Geister der Vorfahren in dem ihnen eigenen pfeifenden Tone zu ihm sprächen. Zu seiner Beruhigung werden ihm nunmehr Zaubermittel um den Hals gehängt. Der Appetit kehrt wieder, die Träume werden ruhiger. Er gibt vor, im Schlafe hellzusehen, und befaßt sich mit dem Finden verlorener Sachen, so daß sein Lehrmeister es für an der Zeit hält, ihn vollständig in die Geheimnisse der Kunst einzuweihen.“ Ehe nun der angehende Wahrsager öffentlich anerkannt wird, muß er eine Probe ablegen. Fällt diese zu seinen Gunsten aus, dann wird er von den Ältesten des Stammes unter Zustimmung des Häuptlings gewählt. — In der Hauptsache scheint es sich bei den Wahrsagern um neuropathische oder hysterische Individuen zu handeln, denen indessen eine gewisse Gerissenheit nicht abgeht. Denn wenn ihre Kuren keinen Erfolg haben, dann entschuldigen sie sich damit, daß die betreffende Krankheit nicht zu ihrem besonderen Fach gehöre, und werfen den Angehörigen sogar vor, daß sie keinen anderen Doktor geholt haben.
Die Wahrsager pflegen als Abzeichen ihrer Würde mit einem Stück Ziegenhaut auf den Schultern (Abb. 403), das in zwei breiten Streifen über die Brust herabhängt, oder als Ersatz dafür mit dicken Schnüren oder Bändern aus Gras, Perlen, Sehnen und so weiter bekleidet zu sein; auf dem Kopf tragen sie eine oder mehrere Gallenblasen einer Ziege, wenn möglich von solchen Tieren, die für einen von ihnen erfolgreich durchgeführten Fall geschlachtet wurden — je größer ihre Anzahl ist, um so höher steht der Ruf des Wahrsagers —, und hängen zahlreiche Tierschwänze an ihren Gürtel; auch Schlangen tragen sie als Schmuck. Die weiblichen Künstler bemalen sich Gesicht, Brust, Arme und Beine mit weißer Farbe. Ist der Wahrsager zugleich Medizinmann, so trägt er um den Hals ein Band aus Bockshörnern, in deren Höhlung er seine Heilmittel aufbewahrt.
Die bei der Ausübung seines Handwerks zur Anwendung kommenden Methoden sind verschiedene. Zumeist werden Knochen oder Stöcke verwendet. Handelt es sich darum, festzustellen, ob eine verdächtige Person eines Verbrechens schuldig ist, so gibt der Wahrsager ihr eine Anzahl kleiner Knochen in die Hand; er selbst nimmt auch welche zu sich. Beide werfen sie sodann auf den Boden. Je nachdem die Knochen nebeneinander, gegeneinander, übereinander oder sonstwie fallen, gibt der Wahrsager sein Urteil ab. Handelt es sich darum, zu erfahren, wo ein ausfindig zu machender Zauberer wohnt oder wo verloren gegangene Sachen liegen und ähnliches mehr, so erschließt der Wahrsager die Antwort aus der Richtung, in der die Knochen zu liegen kommen. Wo Stöcke zum Wahrsagen benutzt werden, schleudert der Wahrsager sie hastig auf den Boden; bleiben sie flach am Boden liegen, so bedeutet dies für ihn Verneinung der Frage, springen sie aber auf den vermeinten Übeltäter zu, dann lautet die Antwort bejahend. Angeblich wird dem Wahrsager dieses alles von den Geistern im Schlafe offenbart. In Wirklichkeit aber weiß er auf ganz geschickte und scharfsinnige Weise unter Zuhilfenahme zahlreicher Auskunftsquellen bereits vorher auszukundschaften, wer in Frage kommen könnte oder wo sich ein vermißter Gegenstand befindet. Seine Hilfe wird bei allen möglichen Dingen angerufen, sei es, daß es sich darum handelt, ausfindig zu machen, wer ein Verbrechen begangen hat, wo ein gestohlener Gegenstand versteckt liegt, wo ein entlaufenes Stück Vieh sich aufhält, wo der Sitz eines Leidens bei einem Kranken ist, wer ihm die Krankheit angezaubert hat, oder daß die Witterung beeinflußt, also Regen herbeigezaubert, die Dürre gebannt, Blitz und Donner beschworen werden soll (Abb. 402), oder schließlich, daß man darauf ausgeht, anderen Schaden zuzufügen, zum Beispiel jemand Zaubermittel auf den Weg zu streuen, um ihm dadurch, wenn er diesen überschreitet, Verderben zu bringen und dergleichen. Wird ein Wahrsager zur Heilung einer Krankheit um Hilfe angerufen, so erscheint er mit einem Dutzend Medizinen bewaffnet (Säften aus Kräutern, Wurzeln, Rinde oder aus Galle, Haut, Knochen wilder Tiere, gestampften Kuheingeweiden, pulverisierten Affenzähnen und so weiter), um damit eine oft tagelang dauernde Kur an dem Leidenden vorzunehmen. Nach vielem Hokuspokus bringt der Wahrsager schließlich im günstigen Augenblick den Erreger der Krankheit, meistens eine Eidechse, die er vorher zu sich gesteckt hatte, zum Vorschein. Wenn die Geister der Vorfahren an der Entstehung des Leidens schuld sind, dann muß ihnen ein Opfer dargebracht werden, und wenn böse Leute es dem Betreffenden angezaubert haben, dann erfolgt eine Ausriechung des Schuldigen durch den Wahrsager (siehe die farbige Kunstbeilage). In beiden Fällen geht der Zeremonie ein allgemeiner Tanz voraus, von dem sich niemand ausschließt, weil er durch sein Fernbleiben vielleicht Verdacht erregen könnte. Der Lärm der Trommeln und Pauken wird immer lauter, und der Wahrsager gerät mehr und mehr in Verzückung und wirkliche Raserei; dadurch tritt er in Beziehung zu den Geistern. Bei dem nunmehr folgenden Opfer ist streng darauf zu achten, daß nicht das geringste Blut auf den Boden fällt; es wird sorgfältig in einer Opferschale gesammelt. Die Knochen und etwas vom Fett oder auch vom Mageninhalt werden den Vorfahren zu Ehren verbrannt, die sich an dem in die Lüfte steigenden Rauch begnügen müssen, während die Teilnehmer sich an dem übrigen Fleisch gütlich tun; natürlich erhält der Wahrsager und sein Anhang den Löwenanteil davon. Während der Rauch hochsteigt, fleht er die Geister um ihre Hilfe an. Soll ein Schuldiger ausfindig gemacht werden, so tritt der Wahrsager nach beendetem Tanz an eine jede Person heran und beriecht sie; glaubt er den Schuldigen gefunden zu haben, dann springt er über dessen Kopf hinweg oder zeigt auf ihn. Dadurch ist er „ausgerochen“ und der Strafe verfallen, die entweder in einer Geldbuße oder in Ausstoßung aus dem Stamm, in schweren Fällen auch im Tode besteht. Eine Beteuerung der Unschuld nützt nichts, höchstens kann der als schuldig Bezeichnete noch an das Urteil eines höheren Zauberers appellieren, der, falls er genügend Geld dafür erhalten hat, ihn freispricht.
Mit Erl. der Mariannhiller Mission, Vertretung Würzburg.
Abb. 403. Kaffrische Wahrsagerin
mit dem Ziegenfellskapulier auf dem Rücken. Der Fragesteller muß bei ihren Aussagen in die Hände klatschen.
Alle Bantu sind große Anhänger von Musik und Tanz (Abb. 405 und 407). Die Musikinstrumente sind keine musikalischen in unserem Sinne, insofern sie, mehr für das Taktmäßige der Tänze zugeschnitten, das rhythmische Element vor dem melodischen betonen. Die Tänze bestehen in einem taktmäßigen Gestampfe der Füße mit langsamer Vorwärtsbewegung im Kreise und entsprechenden Bewegungen der oberen Gliedmaßen, unter eintönigem Lärm des Tamtam, einer primitiven Flöte und des einsaitigen Musikbogens. Auch Schellen an den Füßen werden zur Steigerung der musikalischen Wirkung getragen (Abb. 405). Dabei werden die Schilde oder Stöcke wie Speere im Takt mit den Tanzbewegungen über dem Kopfe geschwungen. Die gleichmäßigen, kraftvollen und geschmeidigen Bewegungen der Tanzenden gewähren einen ästhetisch schönen Anblick. Die Basuto bevorzugen für ihre Tänze die Vollmondnächte und begehen auf solche Weise das Fest einer guten Ernte. Die Barotse tragen bei ihren Tänzen Masken (Abb. 407), denen aber keine religiöse Bedeutung zukommt. — Bei allen Festlichkeiten spielt der Biergenuß eine große Rolle. Männer, Frauen und Kinder pflegen dieses Genußmittel, das von dem weiblichen Geschlecht aus dem Kaffernkorn hergestellt wird (Abb. 387), oft in großen Mengen zu sich zu nehmen; wenn dann der Alkohol die Sinne benebelt hat, arten diese Tänze nicht selten in wilde Orgien aus.
Die Geburt eines Sohnes wird von den südafrikanischen Bantu nicht so freudig wie die eines Mädchens begrüßt, wohl weil letzteres als zukünftige Arbeitskraft einen wertvolleren Familienzuwachs bedeutet. Der Vater hält sich während der Entbindung außerhalb der Hütte auf. Die Boten, die ihm die Nachricht melden, prügeln ihn durch, wenn das Neugeborene ein Knabe ist an Stelle des sehnlich erwünschten Mädchens, begießen ihn aber mit Wasser, wenn sein Wunsch nach einer Tochter in Erfüllung gegangen ist, damit ihm die übergroße Freude nicht schade.
Das Neugeborene wird vielfach nicht gebadet, sondern am ganzen Körper mit Fett oder Öl abgerieben; bei den Awenda bekommt es Salz in den Mund gesteckt. Der Vater macht sogleich den Nachbarn von dem freudigen Ereignis Mitteilung mit den Worten „Wa-kanando“, das heißt „er ist für die Hacke“, womit er einen Sohn, oder „Wa-mpero“, das heißt „sie ist für die Mühle“, womit er eine Tochter bezeichnen will. Darauf kommen die Freundinnen der Frau und begrüßen sie mit „Samalale mukwai“, das heißt Glückwünsche. — Sehr besorgt ist man, böse Einflüsse von dem Kinde fernzuhalten. So stecken die Kaffern es mehrere Wochen lang täglich in den beißenden Rauch von schwelenden wohlriechenden Hölzern, um dadurch die Hexen zu verscheuchen, andere Stämme graben es bis an den Hals in die Erde ein. Sie legen dem Neugeborenen als gesundheitfördernd ein Amulett aus Ziegenriemen um den Hals und später ein solches aus dem Schweife eines Rindes. Kann das Kind auf allen vieren umherkriechen, dann schlachtet der Vater eine Ziege und befestigt deren Gallenblase um das Handgelenk des Kindes. — Wird eine Basutofrau zum erstenmal Mutter, dann legt sie ihren bisherigen Namen ab und nennt sich „Mutter des X“, nämlich ihres Erstgeborenen. Der Name des Vaters bleibt meistens von dieser Tatsache unberührt, kann sich aber auch in dem gleichen Sinne ändern. Spätere Kinder beeinflussen den Namen der Eltern nicht mehr.
Zwillinge werden im allgemeinen nicht mit Freuden begrüßt, ebensowenig betrauert, wenn einer von ihnen sterben sollte. Nach dem Aberglauben der Kaffern besitzt der eine von den Zwillingen die Natur eines wilden Tieres; er genießt daher auch nicht die Stammesrechte, auch wird bei seiner Hochzeit nicht getanzt. Die Basuto töten meistens den einen Zwilling, andere Stämme sogar beide. Man wirft das dem Tode geweihte Kind in ein Erdloch, schüttet trockenen Kuhmist darüber und läßt diesen durch Tiere festtreten, um die Stelle unkenntlich zu machen; die Zauberer gehen nämlich darauf aus, Kinderleichen wieder auszugraben, um sie als Medizin zu verwerten. Die Makalaka lassen den Wahrsager durch Wurfhölzer darüber entscheiden, welcher Zwilling aus der Welt zu schaffen ist, und setzen diesen in einem Topfe als Beute für die Hyänen aus. Ganz anders verhalten sich bei der Geburt von Zwillingen die Herero, die in ihren Gebräuchen, wie wir schon oben sahen, auch anderweitig von den Bantu abweichen. Von ihnen wird eine solche Geburt als ein ausnehmend großes Glück betrachtet, weswegen die Kinder sowohl wie ihr Vater besondere Rechte und Vorzüge genießen. Besondere Feierlichkeiten und Zeremonien werden unter Beteiligung aller Dorfbewohner vollzogen und die Eltern für heilig erklärt. — Die Bantumutter pflegt ihre Kinder stets selbst zu stillen und dies meistens mehrere Jahre hindurch. Sie trägt sie, in ein Tuch oder ein Fell eingehüllt, bei ihren Arbeiten immer mit sich herum, entweder auf dem Rücken oder auf ihrer linken Hüfte reitend.
Die Basuto lassen nach der Geburt eines Kindes den Wahrsager kommen und durch dessen Zauberwürfel zunächst sein Lebensschicksal vorausbestimmen, sodann ihm den Kopf bis auf einen kleinen Büschel rasieren, der auf dem Scheitel stehen bleibt. Als Honorar dafür erhält er einen Ziegenbock und reichlich Bier. Überall bei den Bantu werden die Geburt eines Kindes und die damit zusammenhängenden Zeremonien durch einen Festschmaus gefeiert.
Ein Medizinmann der Swasi,
wie er einen Zauberer „ausriecht“. Diese Leute sind sehr geschickt im Ausfindigmachen von Übeltätern und im Weissagen.
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GRÖSSERES BILD
Abb. 404. Eine Kaffernhochzeit.
Bei Eintritt der Reife müssen sowohl Knaben wie Mädchen sich bestimmten Vorschriften unterziehen. Bei den Kaffern ziehen sich die Knaben in einem bestimmten Alter für längere Zeit in eine Hütte in der Wildnis unter Aufsicht eines älteren Mannes zurück, malen sich weiß an und werden unter gewissen Feierlichkeiten beschnitten. Jeder Knabe hat die ihm abgeschnittene Vorhaut an irgendeiner Stelle heimlich zu vergraben, damit niemand mit ihr Sympathiezauber treiben kann. Sie haben sich auch gewissen Peinigungen zu unterziehen, so zum Beispiel stellen sie sich in einer Reihe auf und erhalten von den älteren Leuten, die vor ihnen tanzen, unter bestimmten Fragen Rutenschläge ausgeteilt, gegen die sie sich mit Sandalen, die sie in den Händen halten, zu schützen suchen, wenn auch nur in beschränktem Maße, so daß sie manche Wunde davontragen. Haben sie diese und andere Mutproben bestanden, dann gelten sie für Männer, und dies nicht nur in den Augen ihrer männlichen Genossen, sondern auch in denen der jungen Mädchen, die ohne einen solchen Beweis ihrer Tapferkeit keinen von ihnen ehelichen würden. Zum Zeichen, daß sie nun Männer geworden und der Obhut ihrer Mütter entwachsen sind, empfangen die Jünglinge diese, wenn sie sie abholen wollen, mit Stockschlägen. — Bei den Basuto findet eine ähnliche Absonderung der Knaben statt; der Platz, auf dem sie in Hütten untergebracht werden, wird ängstlich durch Dornengebüsch vor den Unberufenen behütet. Jeder Jüngling muß eine Beichte über sich ergehen lassen und wird für jedes Vergehen, das er eingesteht, mit Ruten gezüchtigt. Darauf hat er aus einem herumgehenden Topfe eine Zaubermedizin zu trinken, wodurch festgestellt werden soll, ob er die Wahrheit bekannt hat; wer gelogen hat, empfindet nach ihrem Genuß furchtbare Schmerzen und kann sogar sterben. Hieran schließt sich die Beschneidung und die Aufnahme unter die Erwachsenen. Damit sind aber auch wieder allerlei Peinigungen verbunden; man peitscht die Knaben, hält sie über Feuer und anderes mehr. Jeder Erwachsene hat nämlich das Recht, die jungen Leute mit Ruten zu schlagen, was sich mancher zunutze macht, um sein Mütchen an ihnen zu kühlen; aber auch gegenseitig dürfen sich die Jünglinge durchpeitschen. Nicht selten geschieht es, daß ihr Rücken tatsächlich blutig geschlagen wird, und sogar der eine oder der andere daran stirbt. Wenn später die Mütter ihre Kinder in Empfang nehmen wollen, sagt man ihnen, die Koma, das heißt die Mannbarkeitserklärung habe sie gefressen. Natürlich spielt sich der ganze Vorgang, wie anderwärts, unter großem Trommellärm, Gesang und Tanz ab, und ein Festessen darf nicht fehlen. Gegen Ende des ersten Monats erhalten die jungen Leute noch in der Götterlehre und den Stammesmysterien, sowie in der Verwaltung und Politik, auch im Tanzen Unterricht.
Die heranwachsenden Mädchen der Bantu haben gleichfalls, bevor sie als heiratsfähig in den Stamm aufgenommen werden, eine längere Abschließung und eine strenge Unterweisung über ihre Frauenpflichten durch eine Matrone durchzumachen. Bei den Betschuanen bemalen sie sich zum Zeichen dessen mit weißer Farbe und kleiden sich in eine Art phantastischen Kostüms, indem sie sich die Lenden, den Hals, die Schultern und selbst den Kopf mit Röhrichtstreifen behängen und sich dazu noch mit aufgereihten Kürbiskernen schmücken. Einem männlichen Wesen ist es streng verboten, sich solchen Mädchen, die sich durch ein eigentümliches Rasseln ihrer Kleidung schon auf weite Entfernung bemerkbar machen, zu nähern; wer es dennoch tut, muß gewärtigen, mit Stockhieben von ihnen empfangen zu werden. Von der Matrone werden die Kandidatinnen in die Geheimnisse des Geschlechtslebens und in die Pflichten der zukünftigen Hausfrau und Mutter eingeweiht. Nach Abschluß dieser ihrer Prüfungszeit, während deren sie hier und da auch besondere Peinigungen durchzumachen haben, legen die Mädchen ihre Röhrichtkleidung ab und werfen sie auf einen Haufen zusammen, den sie anzünden und mit lautem Toben und wüstem Singen zusammen mit ihren Müttern umtanzen. Die Bewegungen dieser Tänze sollen manchmal recht unanständig sein. Am anderen Morgen reinigen sich die Mädchen, bemalen sich mit rotem Ocker und Fett und reiben sich Fett und Glimmer ins Kopfhaar. Dadurch kennzeichnen sie sich als heiratsfähig. — In ziemlich ähnlicher Weise spielen sich die Pubertätsfeste bei den übrigen Stämmen ab. Bei den Makalaka tatauieren ältere Frauen außerdem die Mädchen; unter großen Schmerzen erhalten sie etwa viertausend kleine Hautschnitte, in die man darauf eine ätzende, durch Kohlenpulver geschwärzte Salbe reibt. Bei den Basuto muß ein Mädchen, das ein Kind geboren hat, bevor es die Komazeremonie durchmachte, ebenso ein Mann, der, ohne sich ihr unterzogen zu haben, schon ein Kind gezeugt hat, dies mit dem Tode büßen.
Phot. Britische Südafrika-Gesellschaft.
Abb. 405. Tänzer von Rhodesia.
Die ersten Schritte zur Verlobung werden meistens von den jungen Männern unternommen; nur bei den Kaffern kommt es manchmal vor, daß die Angehörigen des Mädchens die Angelegenheit in die Wege leiten. Man pflegt meistens durch Vermittler vorsichtig auszukundschaften, ob Aussicht auf Heirat besteht, natürlich unter Darbringung von Geschenken. Erst wenn die Bereitwilligkeit bekannt geworden ist, werden direkte Verhandlungen angeknüpft, die sich in erster Linie um die Festsetzung des Brautpreises drehen, wobei nach Möglichkeit geschachert wird. Mitunter werden sehr weitschweifige Zeremonien bei der Werbung beobachtet. Bei den Basuto macht der Vater des Jünglings dem Vater der von diesem Auserwählten einen Besuch — nebenbei bemerkt sind einzelne Stämme sehr förmlich bei ihrer Begrüßung (Abb. 406) —, spricht zunächst über gleichgültige Sachen und kommt dann mit seinem Anliegen heraus, das er in die Worte kleidet: „Ich bin gekommen, ein Hündchen von euch zu erbitten.“ Nach langer Pause und scheinbar langem Nachdenken erwidert der Angeredete: „Wir sind arm, wir haben kein Vieh; hast du Vieh?“ Darauf beginnt der Werbende über die schlechten Zeiten zu klagen und erreicht schließlich nach langem Feilschen eine Einigung über den Kaufpreis in Vieh, womit er seine Aufgabe erfüllt hat. Darauf wird ein zweiter Bote in den Kral des Mädchens entsandt, der sich mit den Worten einfindet: „Ich bin gekommen, um Schnupftabak zu erbitten.“ Die alten Frauen füllen ihm reichlich davon in eine Kalabasse und übersenden sie dem Bräutigam. Zu Hause wird von diesem die ganze Sippe versammelt, der Mann der ältesten Schwester des Bräutigams öffnet die Schnupftabaksdose, und jeder der Anwesenden nimmt daraus unter großer Feierlichkeit. Am nächsten Tage wird die Dose nebst Angeld an Kleinvieh in den Kral des Mädchens zurückgesandt; dieses umwickelt sie zierlich mit Perlengewinden und trägt sie, beständig oder doch bei feierlichen Anlässen, um den Hals. Damit will es andeuten, daß es fortan Braut ist. Erst wenn die junge Frau ihr erstes Kind geboren hat, legt sie die Dose ab, nimmt die Perlenschnüre herunter und legt diese ihrem Kinde um. Die Verlobung wird festlich gefeiert und mit viel Bier begossen. Den Rest des Brautpreises bringt der Bräutigam später persönlich, allerdings nicht auf einmal, sondern in Raten. Die Heimführung der Braut erfolgt aber erst, wenn alles bezahlt worden ist.
Phot. P. M. Clarke.
Abb. 406. Begrüßung bei den Barotse,
die bei ihnen sehr förmlich ausfällt. Man kniet nieder und küßt einander die Hände, wiegt den Körper von einer Seite zur andern und überhäuft sich mit Worten der Bewillkommnung.
Bei der Hochzeit der Bantu (Abb. 404) finden ganz verschiedene Zeremonien statt; sie dehnen sich bei den Awenda oft über einen Monat und länger aus. Ehe sie nicht abgeschlossen sind, dürfen Braut und Bräutigam nicht als Mann und Frau zusammenleben. — Ein Brauch, der sich bisher nicht hat ausrotten lassen, ist das Eheversprechen unter Kindern im zartesten Alter. — Die Vielehe ist unter den Bantu erlaubt und wird auch vom Gesetz anerkannt, erfährt aber meist durch die Armut des Bräutigams Einschränkung. Wo die Mittel dagegen vorhanden sind, kann sich der Ehemann so viel Frauen kaufen, als ihm beliebt. Der Brautpreis besteht, wie schon erwähnt, in Vieh. Die Weiber eines Mannes vertragen sich im allgemeinen gut miteinander, weil sie meistens eine eigene Hütte haben und eigene Wirtschaft führen. Der Mann haust zeitweilig in dem einen Haushalt, dann wieder in einem anderen; die Frauen sind jedoch verpflichtet, ihm täglich Speisen zu bereiten und sie ihm dorthin zu bringen, wo er sich gerade aufhält. Unter den Kaffernfrauen sollen Duelle nichts Seltenes sein und mit Händen, Füßen, Nägeln und Zähnen ausgefochten werden.
Ehescheidung kommt häufig vor und ist für gewöhnlich mit einer Rückgabe des Kaufpreises verbunden. Der Mann kann seine Frau ohne Gründe verstoßen, geht dann aber dieser Rückgabe verlustig. Ehebruch wird von den Angoni stets mit dem Tode geahndet; der Verführer wird in Gegenwart der ehebrecherischen Frau mit einer Keule erschlagen, sie selbst an einen Baum gebunden und mit einem Strick erdrosselt. Den Angehörigen der Schuldigen ist es verboten, diesen ein zeremonielles Begräbnis zu bereiten. — Die Awenda heiraten, wenn ihre Frau stirbt, deren Schwester oder nächste Verwandte; sind diese aber noch zu jung, um zu heiraten, dann muß der Vater eine entsprechende Vertreterin stellen, bis sie herangewachsen sind. Bei den Matabele nehmen die Brüder des Verstorbenen die Witwe zur Frau; bei den Maschona erben oft die Söhne des Vaters Witwen, ausgenommen die eigene Mutter.
Nach dem Bekanntwerden eines Todesfalles kommen die Verwandten sofort zusammen, und die Frauen heulen laut; bei den Barotse wird meistens durch Schießen ein großer Lärm gemacht. Der Tote wird in Felle oder Rindenstoffe, auch in wollene Decken eingehüllt und in hockender Stellung mit seinen Waffen und seinem persönlichen Besitz in der Erde beigesetzt. Verbrennung kommt unter den Bantustämmen nirgends vor, dagegen wird die Leiche vereinzelt im Busch ausgesetzt oder ins Wasser geworfen. In diesen Fällen handelt es sich aber nur um Sklaven, Stammesfremde oder um Leute, die keine Angehörigen mehr haben. Besondere Begräbnisstätten gibt es nicht; zumeist wird der Verstorbene in der Hütte selbst begraben und diese dann entweder gänzlich aufgegeben oder ruhig weiter bewohnt. Die Kaffern begraben ihre Häuptlinge im Kral. Die Awenda beten zu den Verstorbenen und versprechen, ihnen Bier zum Grabe zu bringen und für die Kinder zu sorgen. Bevor das Grab zugeschaufelt wird, schneidet der nächste Verwandte in die Decke, welche die Leiche umhüllt, ein Loch, gerade über dem Ohr, damit der Tote den großen Geist reden höre.
Bei den Basuto werden nach der Beerdigung die schon vorher abgeschnittenen Enden des Kuhfelles, in das man den Toten gehüllt hatte, zu kleinen Riemen zurechtgeschnitten und der Witwe zum Zeichen der Trauer als Band um die Stirn gebunden. Bei den Angoni legt die Witwe gleichfalls einen Trauerschmuck in Gestalt einer Binde um die Stirn an und trägt ihn ein halbes oder auch ein ganzes Jahr. Nach dieser Trauerzeit ruft sie ihre Verwandten und Bekannten zusammen, entledigt sich feierlich des Trauerabzeichens, verbrennt es über dem Feuer und schüttet die Asche in einen Fluß, in dessen Nähe die Handlung vor sich geht. Nachdem sie auch noch die Feuerstätte gereinigt hat, um das Andenken an den Verstorbenen damit gänzlich auszulöschen, kehren alle Teilnehmer in die Hütte zurück und halten zum Schluß ein festliches Gelage ab. Fortan darf die Witwe wieder heiraten.
Phot. P. M. Clarke.
Abb. 407. Ein Barotsetänzer.
Man pflegt hauptsächlich nach den Tönen der Serimba zu tanzen, einer Reihe von Kalabassen, in deren jeder eine Zunge aus Holz angebracht ist. Die Masken haben hier keine religiöse Bedeutung, sondern sollen nur die betreffende Person unkenntlich machen.
Phot. G. Grandidier.
Abb. 408. Häuser der Antanosy.
Im Vordergrunde sind Frauen beschäftigt, in einem Steinmörser Reis zu stampfen; hinter ihnen ein Kornspeicher, den man auf Pfähle gesetzt hat, um den Ratten den Zugang zu erschweren.