IV.

Ich kann gar nicht sagen, wie mein Herz sich zusammenkrampfte, als ich allein zurückblieb: es war mir, als hätte ich mir von meinem eigenen lebendigen Leibe plötzlich und unvermutet ein Stück Fleisch abgeschnitten! Was mich auf einmal so erbittert, und weshalb ich ihn so beleidigt hatte – so gewaltsam und absichtlich – das könnte ich auch jetzt nicht sagen, und damals hätte ich es natürlich auch nicht gekonnt. Und wie er erbleicht war! Wie aber, wenn dieses Erbleichen vielleicht nur der Ausdruck des aufrichtigsten und reinsten Gefühls und des tiefsten Schmerzes war und nicht des Zornes und des Beleidigtseins? Es hatte mir immer geschienen, daß da Minuten gewesen waren, in denen er mich sehr liebhatte. Warum, warum soll ich jetzt nicht daran glauben, um so mehr, als jetzt doch schon so vieles seine Erklärung gefunden hat?

Aber wütend geworden war ich und hinausgewiesen hatte ich ihn vielleicht wirklich nur infolge des plötzlichen Verdachtes, er könnte zu mir gekommen sein, um von mir zu erfahren, ob sich nicht noch andere Briefe unter den Papieren Andronikoffs bei Marja Iwanowna gefunden hatten. Daß er diese Briefe oder wenigstens einen dieser Briefe suchen mußte und tatsächlich suchte, das wußte ich. Aber wer kann es wissen, vielleicht täuschte ich mich gerade damals ungeheuer? Und wer weiß, ob ich ihn nicht selbst durch eben diesen Irrtum auf den Gedanken brachte, daß Marja Iwanowna möglicherweise das Gesuchte besäße?

Und schließlich noch eine Sonderbarkeit: wieder hatte er einen meiner Gedanken ausgesprochen (von den drei Leben), denselben, den ich bei Krafft geäußert hatte, und wiederum buchstäblich mit meinen Worten. Die Übereinstimmung der Worte war natürlich ein Zufall, aber immerhin, wie gut mußte er doch das Wesen meiner Natur kennen: welch ein Scharfblick, welch ein Ahnungsvermögen! Aber, wenn er das eine so gut verstand, warum verstand er dann das andere so gar nicht? Und sollte er sich denn wirklich nicht verstellt haben, und wirklich nicht fähig gewesen sein, zu erraten, daß ich nicht den Werssiloffschen Adel brauchte, daß es nicht meine Geburt war, die ich ihm nicht verzeihen konnte, sondern daß ich nur ihn brauchte, mich nur nach ihm mein ganzes Leben lang gesehnt habe, daß ich den ganzen Werssiloff, den ganzen Menschen, den Vater brauchte, und daß dieser Gedanke schon in mein Blut übergegangen war? Sollte ein so feiner Mensch wirklich so stumpf und roh sein können? Und wenn nicht, – ja, warum ärgerte er mich dann so, warum verstellte er sich?

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