e) Einiges über den russischen Mönch und seine Bedeutung

Meine Väter und Lehrer, was ist ein Mönch? In unseren Tagen wird das Wort in der aufgeklärten Welt von einigen mit Spott, von anderen sogar als Schimpfwort gebraucht. Und leider, es ist nur zu wahr, es gibt unter den Mönchen viele Müßiggänger, Tagediebe, Wollüstlinge und gewöhnliche Landstreicher. Auf diese weisen die gebildeten weltlichen Leute hin: „Ihr seid Faulenzer und unnütze Glieder der Gesellschaft,“ sagen sie, „ihr lebt von fremder Arbeit und seid schamlose Bettler!“ Indessen gibt es doch so viele unter den Mönchen, die fromm und demütig sind, die die Einsamkeit suchen, und die nach Stille und Gebet verlangt. Auf diese weist man nicht hin, sondern übergeht sie mit Schweigen. Wie sehr aber werden sie sich wundern, wenn ich sage, daß von den Gebeten dieser Demütigen und nach Einsamkeit und Stille sich Sehnenden die Rettung Rußlands ausgehen wird. Denn in Wahrheit werden sie sich in der Stille vorbereitet haben „auf den Tag und die Stunde, auf den Monat und auf das Jahr“. Das Vorbild Christi bewahren sie herrlich und unverfälscht in seiner göttlichen Reinheit und Wahrheit dort in ihrer Einsamkeit auf, so wie es uns von unseren alten Kirchenvätern, Aposteln und Märtyrern überliefert worden ist, und wenn es nötig werden wird, so werden sie es der weltlichen, zusammenstürzenden Wahrheit entgegenstellen. Das ist ein großer Gedanke. Im Osten wird dieses Licht aufgehen.

So denke ich über den Mönch, und sollte das wirklich falsch, sollte das wirklich anmaßend sein? Seht auf die Weltlichen und auf alle, die sich über das Gottesvolk erheben, ist in ihnen nicht die Wahrheit Gottes verloren gegangen? Sie haben die Wissenschaft und in der Wissenschaft nur das, was den Sinnen unterworfen ist. Die geistige Welt, die höhere erhabenere Hälfte des menschlichen Wesens, wird vollständig geleugnet und wird mit einer gewissen Genugtuung und sogar mit Haß ganz und gar abgeschafft. Besonders in letzterer Zeit hat die Welt die Freiheit proklamiert, aber was sehen wir in ihrer Freiheit? Nichts als Sklaverei und Selbstmord! Denn die Welt sagt: „Hast du Bedürfnisse, so befriedige sie, denn du hast dieselben Rechte wie die Reichen und Vornehmen. Fürchte dich nicht, sie zu befriedigen, sondern vermehre und steigere sie noch.“ Das ist die gegenwärtige Lehre der Welt. Darin sieht man jetzt die Freiheit. Und was ergibt sich aus diesem Recht auf die Vergrößerung der Bedürfnisse? Bei den Reichen die Isolierung und der geistige und seelische Selbstmord. Bei den Armen dagegen – Haß und Totschlag, denn die Ansprüche wurden ihnen allerdings gegeben, doch die Mittel zur Befriedigung der Bedürfnisse wurden ihnen nicht angewiesen. Man versichert, daß die Welt sich immer mehr vereinheitlichen und zu einer brüderlichen Gemeinschaft ausbilden werde dadurch, daß die Entfernung jetzt abgekürzt ist und der Gedanke durch die Luft vermittelt wird. Oh, glaubt nicht an diese Einheit der Menschen! Wenn man die Freiheit als Unbeschränktheit und schnelle Befriedigung seiner Wünsche auffaßt, so verdirbt man seine Natur, denn man ruft in sich eine Menge sinnloser und dummer Wünsche und Gewohnheiten hervor, und die alleralbernsten Einfälle. Man lebt nur, um sich gegenseitig zu beneiden, zur Befriedigung der Wollust und des Hochmuts. Diners, Ausfahrten, Equipagen, Auszeichnungen, Sklaven, Diener, Untergebene zu haben, wird zu einem so unumgänglichen Bedürfnis, daß man sogar sein Leben, seine Ehre, seine Menschenliebe opfert, nur um dieses Bedürfnis zu befriedigen, und man nimmt sich womöglich das Leben, wenn man das nicht mehr tun kann. Auch bei denjenigen, die nicht reich sind, sieht man dasselbe. Die Armen aber betäuben ihre unbefriedigten Wünsche und ihren Neid mit Branntwein. Es wird aber noch dahin kommen, daß diese sich, statt an Branntwein, an Blut betrinken werden. Jetzt frage ich euch: Ist denn solch ein Mensch frei? Ich kannte einen „Kämpfer für die Idee“, der mir selbst erzählte, daß er, als man ihm im Gefängnis den Tabak entzog, dermaßen durch diese Entbehrung gequält worden sei, daß er, wenn er gekonnt hätte, hingegangen wäre, um seine Idee „für Tabak“ zu verkaufen. Solch einer also „geht für die Menschheit kämpfen“. Wie weit geht er damit, und wozu ist er fähig? Vielleicht noch zu einer raschen Tat, denn Ausdauer wird er nie haben. Und ist das nicht merkwürdig, wie sie, statt in Freiheit zu kommen, in Sklaverei verfallen, und statt der Bruderliebe und der Einigung der Menschheit zu dienen, geraten sie im Gegenteil nur, wie in meiner Jugend mein geheimnisvoller Gast dies schon behauptete, in Vereinsamung und Isolierung. Daher stirbt in der Welt das Bewußtsein, daß man im Dienste der Menschheit steht, vollständig aus. Der Vorstellung von Brüderlichkeit und innerer Zusammengehörigkeit der Menschen begegnet man in Wahrheit nur mit Spott, denn wie sollen sie von ihren Gewohnheiten lassen? Wohin will so ein Unfreier mit all seinen unzähligen Bedürfnissen, die er sich selbst ausgedacht hat? Nur in die Isolierung führt es ihn! Und was hat er mit dem Ganzen zu schaffen? Erreicht haben sie damit nichts anderes, als daß sie an Besitz wohl reicher, an Freude aber ärmer geworden sind.

Etwas anderes ist es mit der Laufbahn des Mönches. Über den Gehorsam, über Fasten und Gebet lacht man, während gerade in ihnen der Weg zur wirklichen und wahrhaften Freiheit zu finden ist. Ich vernichte in mir die überflüssigen und unnötigen Bedürfnisse, meinen selbstherrlichen und stolzen Willen geißle ich und bezwinge ich durch Gehorsam, und erreiche mit Gottes Hilfe die Freiheit des Geistes und mit ihr die Geistesfreudigkeit! Wer von ihnen wird fähiger sein, einer großen Idee zu dienen – der isolierte Reiche oder der von jeglicher Tyrannei seiner Gewohnheiten und seines Besitzes Befreite? Dem Mönche macht man seine Vereinsamung zum Vorwurf: „Du rettest dich in das Kloster, vergißt aber dabei, brüderlich deinem Mitmenschen zu dienen.“ Sehen wir doch zu, wer mehr Bruderliebe betätigt. Die Isolierung ist nicht bei uns, sondern bei ihnen, nur sehen sie das nicht ein. Von uns aber sind (und das schon von alters her) diejenigen gekommen, die für das Volk gewirkt haben, warum sollte es auch jetzt nicht solche unter uns geben? Unsere demütigen Faster und großen Schweiger werden sich erheben und große Taten vollführen. Vom Volke wird Rußlands Rettung kommen. Das russische Kloster war von jeher mit dem Volke. Wenn das Volk abgesondert lebt, so leben auch wir in der Absonderung. Das Volk glaubt auf unsere Weise, und eine ungläubige Kraft, sei sie noch so aufrichtigen Herzens und genialen Geistes, kann bei uns in Rußland nichts erreichen. Behaltet das. Das Volk, wenn es dem Atheisten begegnet, wird ihn bewältigen und wird sich als einiges rechtgläubiges Rußland gegen ihn aufrichten. Bewahrt das Volk und bewahrt sein Herz, in der Stille erzieht es. Das wäre die Aufgabe unseres Mönches, denn sein Volk ist das Gottträger-Volk.

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