Doktor Überbein

Klaus Heinrich verlebte drei Knabenjahre gemeinsam mit Altersgenossen aus dem Hof- und Landadel der Monarchie in einem Internat, einer Art erlauchten Konvikts, das Hausminister von Knobelsdorff seinethalben auf Jagdschloß »Fasanerie« begründet und eingerichtet hatte.

Seit hundert Jahren im Kronbesitz, gab Schloß »Fasanerie« dem ersten Aufenthaltspunkt einer von der Residenz gen Nordwesten führenden Staatsbahnlinie seinen Namen und hatte ihn seinerseits von einem unweit in Wiese und Busch gelegenen »zahmen« Fasanengehege, das die Liebhaberei eines früheren Landesherrn gewesen war. Das Schloß, ein einstöckiges, kastenartiges Landhaus mit einem von Blitzableitern überragten Schindeldach, stand mit Remise und Stallgebäude hart am Saume ausgebreiteter Nadelwaldungen. Eine Reihe bejahrter Linden in Front, blickte es über ein weites, in fernem, blauendem Bogen vom Walde umgrenztes und von Pfaden durchkreuztes Wiesengelände hin, auf dem sich gewalzte Spielplätze und Hürden zum Hindernisreiten abzeichneten. Dem Schlosse schräg gegenüber war ein Wirtshaus, ein Bier- und Kaffeegarten mit hohen Bäumen gelegen, den ein bedächtiger Mann namens Stavenüter in Pacht hatte, und der an Sommersonntagen von Ausflüglern, besonders Radfahrern, aus der Hauptstadt bevölkert war. Den Zöglingen der »Fasanerie« war der Besuch des Wirtsgartens nur unter Aufsicht eines Lehrers erlaubt.

Es waren ihrer fünf außer Klaus Heinrich: ein Trümmerhauff, ein Gumplach, ein Platow, ein Prenzlau und ein Wehrzahn. Sie wurden in der Gegend »die Fasanen« genannt. Ein ziemlich ausgedienter Landauer aus dem Hofbestande, ein Gig, ein Schlitten und einige Reitpferde standen ihnen zur Verfügung, und wenn zur Winterszeit ein Teil der Wiesen überschwemmt und gefroren war, so bot sich Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen. Es gab einen Koch, zwei Kammermädchen, einen Kutscher und zwei Lakaien auf Schloß »Fasanerie«, von denen der eine zur Not gleichfalls zu fahren verstand.

Gymnasialprofessor Kürtchen, ein kleiner, mißtrauischer und reizbarer Junggeselle von komödiantischen Formen und einer altfränkischen Ritterlichkeit, leitete das Konvikt. Er trug einen gestutzten, ergrauten Schnurrbart, eine Goldbrille vor seinen unruhigen braunen Augen und im Freien stets einen in den Nacken gerückten Zylinderhut. Er ging mit vorgestrecktem Unterleib, indem er seine kleinen Fäuste nach Art eines Dauerläufers zu beiden Seiten seines Bäuchleins hielt. Er behandelte Klaus Heinrich mit einem selbstgefälligen Takt, war aber voller Verdacht gegen den Adelshochmut seiner übrigen Zöglinge und geriet in die Wut eines Katers, wenn er Geringschätzung seines Bürgertums witterte. Auf Spaziergängen liebte er es, wenn Leute in der Nähe waren, stehenzubleiben, seine Schüler in dichter Gruppe um sich zu versammeln und ihnen, mit dem Stock im Sande zeichnend, irgend etwas zu demonstrieren. Frau Amelung, eine stark nach Hoffmannstropfen duftende Hauptmannsfrau, welche die Schlüssel der Anstalt führte, nannte er »gnädige Dame« und wußte sich etwas mit dieser Art Kenntnis des feinen Tones.

Ein noch jugendlicher Hilfslehrer mit Doktorgrad stand dem Professor Kürtchen zur Seite – ein aufgeräumter, tätigkeitsfroher und redegewandt schwadronierender, dabei schwärmerisch gesinnter Mensch, der Klaus Heinrichs Denkart und Selbstempfindung vielleicht mehr, als gut war, beeinflußte. Auch ein Turnmeister namens Zotte war genommen worden. Nebenbei bemerkt hieß der Hilfslehrer Überbein, mit Vornamen Raoul. Was sonst an Lehrern noch nötig war, kam jeden Tag mit der Eisenbahn aus der Hauptstadt.

Klaus Heinrich bemerkte mit Einverständnis, daß in sachlicher Beziehung die Ansprüche, die man an ihn stellte, sich rasch verminderten. Schulrat Dröges faltiger Zeigefinger haftete nicht mehr an den Zeilen, er hatte das seine getan; und während der Unterrichtsstunden sowohl wie bei Korrektur der schriftlichen Arbeiten nahm Professor Kürtchen ausgiebig Gelegenheit, seinen Takt zu erweisen. Ganz kurze Zeit nach Begründung des Internates bat er eines Tages – es war nach dem Gabelfrühstück in dem hochfenstrigen Speisesaal zu ebener Erde – Klaus Heinrich zu sich hinauf in sein Studierzimmer und äußerte wörtlich: »Es ist gegen das allgemeine Interesse, daß Großherzogliche Hoheit während unserer gemeinsamen wissenschaftlichen Übungen zur Beantwortung von Fragen herangezogen werden, die Ihnen im Augenblick unwillkommen sind. Andererseits ist es wünschenswert, daß Großherzogliche Hoheit sich stets durch Handerheben zur Antwort melden. Ich bitte Großherzogliche Hoheit daher, zu meiner Orientierung, bei unwillkommenen Fragen den Arm in ganzer Länge auszustrecken, bei solchen aber, zu deren Lösung aufgefordert zu werden Ihnen angenehm wäre, ihn nur halbwegs und im rechten Winkel zu erheben.« Was Doktor Überbein betraf, so erfüllte er den Schulsaal mit einer schallenden Gesprächigkeit, deren Frohsinn das Gegenständliche unter sich ließ, ohne es aus den Augen zu lassen. Er hatte mit Klaus Heinrich keinerlei Vereinbarung getroffen, sondern befragte ihn, wann es ihm einfiel, mit freier Freundlichkeit, ohne daß eine Verlegenheit daraus entstand. Und Klaus Heinrichs wenig sachdienliche Antworten schienen Doktor Überbein zu entzücken, ihn zu einer heiteren Begeisterung hinzureißen. »Ohoho!« rief er und legte lachend den Kopf hintüber … »O Klaus Heinrich! O Prinzenblut! O Eure Ahnungslosigkeit! Des Lebens rauhe Problematik fand Sie unvorbereitet! Nun denn, mir umgetriebenem Manne steht es an, sie zu entwirren.« Und er gab selbst die Antwort; rief keinen anderen mehr auf, wenn Klaus Heinrich falsch geantwortet hatte. – Die Unterrichtsweise der übrigen Lehrer trug einen anspruchslos vortragenden Charakter. Und Turnlehrer Zotte hatte von hoher Stelle die Weisung, die körperlichen Exerzitien mit aller Rücksicht auf Klaus Heinrichs linke Hand zu leiten – so zwar, daß nicht einmal des Prinzen eigene oder der anderen Knaben Aufmerksamkeit unnötigerweise auf den kleinen Fehler gelenkt werde. Die Leibesübungen beschränkten sich also auf Laufspiele, und in der Reitstunde, die gleichfalls Herr Zotte erteilte, war alle Verwegenheit ausgeschlossen.

Klaus Heinrichs Verhältnis zu den fünf Kameraden war nicht innig zu nennen, es wollte zu eigentlicher Vertrautheit nicht gedeihen. Er stand für sich, war niemals einer von ihnen, ging schlechterdings in ihrer Anzahl nicht auf. Sie waren fünf, und er war einer; der Prinz, die Fünfe und die Lehrer, das war die Anstalt. – Mehreres stand einer unbefangenen Freundschaft entgegen. Die Fünf waren Klaus Heinrichs wegen da, sie waren zur Gefährtschaft mit ihm befohlen, sie wurden in der Stunde nicht mehr gefragt, wenn er falsch geantwortet hatte, sie hatten sich bei Ritt und Spiel seiner Körperbeschaffenheit anzupassen. Sie fanden sich auf den Vorzug der Lebensgemeinschaft mit ihm bis zum Überdruß hingewiesen. Ein paar von ihnen, die jungen von Gumplach, von Platow und von Wehrzahn, minderbegüterte Landjunker, standen die ganze Zeit unter dem Einfluß des beglückten Stolzes, den ihre Eltern an den Tag gelegt hatten, als die Einladung des Hausministeriums ihnen zugegangen war, der Glückwünsche, die man ihnen von allen Seiten dargebracht hatte. Graf Prenzlau andererseits, jener Dicke, Rothaarige, Sommersprossige mit der atemlosen Sprechweise und dem Vornamen Bogumil, war ein Sproß der reichsten und adligsten Grundbesitzerfamilie des Landes, verwöhnt und voll Selbstgefühl. Er wußte genau, daß die Seinen die Aufforderung des Barons von Knobelsdorff nicht wohl hatten ausschlagen können, daß sie ihnen aber durchaus keine Himmelsgnade bedeutet hatte, und daß er, Graf Bogumil, auf den Gütern seines Vaters weit besser und standesgemäßer hätte leben können als auf Schloß »Fasanerie«. Er fand die Reitpferde schlecht, den Landauer schäbig, den Gig in der Bauart veraltet; er murrte heimlich über das Essen. Dagobert Graf Trümmerhauff, ein windhundähnlicher und feiner Knabe, dessen Rede ein Säuseln war, hielt zu ihm in allen Stücken.

Sie hatten ein Wort miteinander, das voll von dem Ausdruck ihres mäkligen und aristokratischen Wesens war, und das sie mit einer schneidenden Kehlstimme gern und häufig verwandten: »Schweinerei«. Es war eine Schweinerei, sich lose Kragen ans Hemd zu knüpfen. Es war eine Schweinerei, im gewöhnlichen Sakko-Anzug Lawn-Tennis zu spielen. Aber Klaus Heinrich fühlte sich nicht zur Pflege dieses Wortes geboren. Er hatte bisher überhaupt nicht gewußt, daß es Hemden mit angenähten Kragen gab, und daß man so viele Anzüge auf einmal besitzen könne wie Bogumil Prenzlau. Er hätte gern »Schweinerei« gesagt, aber ihm fiel ein, daß er zur selben Stunde gestopfte Strümpfe trug. Er fand sich unelegant neben Prenzlau und plump im Vergleich mit Trümmerhauff. Trümmerhauff war edel wie ein Tier. Er hatte eine lange, spitze Nase mit messerscharfem Rücken und weiten, vibrierenden, dünnwandigen Nüstern, bläuliche Adern an seinen zarten Schläfen und winzige Ohren ohne Läppchen. Aus seinen weiten farbigen Manschetten, die mit goldenen Kettenknöpfen geschlossen waren, kamen erlesene Damenhände mit gewölbten Nägeln hervor, und das Gelenk der einen war mit einem goldenen Armband geschmückt. Er säuselte mit halbgeschlossenen Augen … Nein, es war klar, daß Klaus Heinrich mit Trümmerhauff an Vornehmheit nicht wetteifern konnte. Seine rechte Hand war ziemlich breit, er hatte Backenknochen wie alles Volk, und geradezu stämmig kam er sich vor an Dagoberts Seite. Wohl möglich, daß Albrecht es besser verstanden hätte, mit den Fasanen »Schweinerei« zu sagen. Er seinerseits war kein Aristokrat, war keiner, deutliche Tatsachen sprachen dagegen. Wie war es mit seinem Namen? Klaus Heinrich, so hießen die Schustersöhne im Land, und Herrn Stavenüters Kinder dort drüben, die die Finger zum Schneuzen gebrauchten, wurden wie er, wie seine Eltern, sein Bruder genannt. Aber die Adligen hießen Bogumil und Dagobert … Klaus Heinrich stand einzeln und allein unter den Fünfen.

Er schloß dennoch eine Freundschaft auf Schloß »Fasanerie«, und es war die mit Doktor Überbein, dem Hilfslehrer. Raoul Überbein war kein schöner Mann. Er hatte einen roten Bart und eine grünlich-weiße Gesichtsfarbe zu wasserblauen Augen, spärliches rotes Haar und überaus häßliche, abstehende und nach oben spitz zulaufende Ohren. Aber seine Hände waren klein und zart. Er benutzte ausschließlich weiße Krawatten, was seiner Erscheinung etwas Festliches verlieh, obgleich seine Garderobe dürftig war. Er trug im Freien einen Lodenmantel und beim Reiten – denn Doktor Überbein ritt, und zwar vortrefflich – einen strapazierten Gehrock, dessen Schöße er mit Sicherheitsnadeln umlegte, enge, geknöpfte Hosen und einen neuen Hut.

Worin bestand der Zauber, den er auf Klaus Heinrich ausübte? Dieser Zauber war mehrfach zusammengesetzt. Man lebte noch nicht lange miteinander, als unter den »Fasanen« das Gerücht in Umlauf kam, der Hilfslehrer habe vor Jahr und Tag mit genauer Not ein Kind aus einem Moor oder Sumpf gezogen und befinde sich im Besitz der Rettungsmedaille. Das war ein Eindruck. Später erfuhr man noch mehr aus Doktor Überbeins Leben, und auch Klaus Heinrich erfuhr davon. Es hieß, er sei dunkler Herkunft, sei vaterlos. Seine Mutter sei eine Schauspielerin gewesen, die ihn gegen Entgelt von armen Leuten an Kindes Statt habe annehmen lassen, und ehemals habe er Hunger gelitten, woher die grünliche Färbung seines Gesichtes rühre. Das waren Dinge, die sich der Einsicht, ja dem Nachdenken verschlossen, wilde, unzugängliche Dinge, auf welche übrigens Doktor Überbein zuweilen selber anspielte, zum Beispiel, wenn die adeligen Knaben, denen sein dunkler Ursprung im Sinne saß, sich etwa anmaßend und unziemlich gegen ihn betrugen. »Nesthäkchen und Muttersöhnchen!« sagte er dann in lautem Unmut. »Ich lasse mir lange genug den Wind um die Nase wehen, um Bescheidenheit von euch Herrchen verlangen zu dürfen!« – Auch dies, daß Doktor Überbein sich den Wind hatte um die Nase wehen lassen, verfehlte nicht seine Wirkung auf Klaus Heinrich. Aber das eigentlich Reizvolle an des Doktors Person war die Art seines direkten Verhaltens gegen Klaus Heinrich, der Ton, in dem er vom ersten Tage an mit ihm verkehrte, und der ihn von allen anderen Menschen strikt unterschied. Er wußte nichts von der steifen Verschlossenheit der Lakaien, von Madames bleichem Entsetzen, von Schulrat Dröges sachlichen Verbeugungen oder von Professor Kürtchens selbstgefälliger Rücksichtnahme; er wußte gar nichts von dem fremden, frommen und dennoch zudringlichen Wesen, mit dem die Leute draußen auf Klaus Heinrich blickten. Während der ersten Tage nach Zusammentritt des Konviktes verhielt er sich schweigsam, beschränkte sich auf Beobachtung. Dann aber näherte er sich dem Prinzen mit einem lächelnden und lauten Freimut, einer frischen, väterlichen Kameradschaftlichkeit, wie Klaus Heinrich sie niemals gekannt hatte. Sie verstörte ihn anfangs, er blickte erschreckt in des Doktors grünliches Gesicht. Aber diese Verwirrung wirkte auf jenen nicht zurück, schüchterte ihn keineswegs ein; sie bestärkte ihn in seiner herzlich schwadronierenden Unbefangenheit, und nicht lange, so war Klaus Heinrich erwärmt und gewonnen. Denn in Doktor Überbeins Art lag nichts Gemeines, nichts Niederreißendes, nicht einmal etwas Absichtliches und Erzieherisches. Es lag darin die Überlegenheit eines Mannes, der sich den Wind hatte um die Nase wehen lassen, und zugleich eine zarte und freie Huldigung für Klaus Heinrichs anderes Sein und Wesen; Liebe und Anerkennung lag darin, nebst dem fröhlichen Antrag eines Bündnisses zwischen ihren beiden Wesensarten. Er nannte ihn ein paarmal »Hoheit«, dann einfach »Prinz«, dann ganz einfach »Klaus Heinrich«. Und dabei blieb es.

Sie hielten die Tete, der Doktor auf seinem breiten Schecken links von Klaus Heinrich auf seinem gutgesinnten Fuchs, wenn die »Fasanen« spazieren ritten – trabten im Schnee oder Blätterfall, durch Frühjahrsschmelze oder Sommersbrüten den Waldessaum entlang, über Land, durch die Dörfer, und Doktor Überbein erzählte von seinem Leben. Raoul Überbein, wie das klang, nicht wahr? Geschmackvoll war wesentlich anders! Ja, Überbein war der Name seiner Adoptiveltern gewesen, armer, alternder Leutchen aus der unteren Bankbeamtensphäre, und er führte ihn nach Recht und Spruch. Aber daß er Raoul genannt werde, darin hatte die einzige Bestimmung und Vorschrift seiner Frau Mutter bestanden, als sie die Abfindungssumme nebst seiner fatalen kleinen Person den Leutchen eingehändigt hatte – eine sentimentale Bestimmung offenbar, eine Bestimmung der Pietät. Sehr möglich wenigstens, daß sein rechter und eigentlicher Vater Raoul geheißen hatte, und hoffentlich hatte sein Nachname in schönem Einklang damit gestanden. Übrigens war es eine ziemlich leichtsinnige Handlungsweise seiner Pflegeeltern gewesen, ein Kind anzunehmen, denn »ein gewisser« Schmalhans war Küchenmeister gewesen bei Überbeins, und wahrscheinlich hatten sie nur aus einer dringenden Notlage nach der Abfindungssumme gegriffen. Nur die dürftigste Schulausbildung war dem Knaben zuteil geworden, aber er hatte sich die Freiheit genommen, zu zeigen, wer er war, hatte sich ein bißchen hervorgetan, und da er gern Lehrer werden wollte, so waren ihm aus einem öffentlichen Fonds die Mittel zur Seminarausbildung bewilligt worden. Nun, er hatte das Seminar absolviert, nicht ohne Auszeichnung übrigens, denn es war ihm drauf angekommen, und dann hatte man ihn als Volksschullehrer angestellt, mit einem kolossalen Gehalt, wovon er noch hie und da aus Erkenntlichkeit seine ehrlichen Pflegeeltern unterstützt hatte, bis sie beinahe gleichzeitig gestorben waren. Wohl ihnen! Da hatte er gestanden, allein in der Welt, ein Malheur von Geburt und arm wie ein Spatz und von Gott begabt mit einer grünlichen Fratze nebst Hundsohren, um sich einzuschmeicheln. Freundliche Bedingungen, nicht wahr? Aber solche Bedingungen, das waren die guten Bedingungen – ein für allemal, so verhielt es sich. Eine elende Jugend, Einsamkeit und Ausgeschlossenheit vom Glücke, von der Bummelei des Glücks, ein ausschließliches und strenges Auf-die-Leistung-Gestelltsein – man setzte kein Fett an dabei, man ward innerlich sehnig, man kannte kein Behagen und überflügelte diesen und jenen. Welche Begünstigung der Fähigkeiten, wenn man kalt und klar auf sie angewiesen war! Welch Vorteil vor denen, die »es nicht nötig«, in dem Grade »nicht nötig hatten«! Vor den Leuten, die sich des Morgens eine Zigarre anzündeten … Zu jener Zeit, am Krankenbett eines seiner ungewaschenen kleinen Schüler, in einer Stube, wo es nicht gerade nach Frühlingsblüten roch, hatte Raoul Überbein die Bekanntschaft eines jungen Mannes gemacht – etliche Jahre älter als er, aber in ähnlicher Lage und ebenfalls ein Malheur von Geburt, insofern er ein Jude war. Klaus Heinrich kannte ihn – doch man konnte sagen, daß er ihn bei intimer Gelegenheit kennengelernt hatte. Sammet war sein Name, medicinae doctor; er war durch Zufall auf der Grimmburg zugegen gewesen, als Klaus Heinrich geboren wurde, und hatte sich ein paar Jahre danach in der Hauptstadt als Kinderarzt aufgetan. Nun, das war Überbeins Freund, war es heute noch, und damals hatten sie manches gute Gespräch über Schicksal und Strammheit miteinander gehabt. Verdammt noch mal, sie hatten sich den Wind um die Nase wehen lassen, einer wie der andere. Überbein angehend, so dachte er mit ernster Freude an die Zeit zurück, da er Volksschullehrer gewesen war. Seine Tätigkeit hatte sich nicht ganz und gar auf das Klassenzimmer beschränkt, er hatte sich den Spaß gemacht, sich auch persönlich und menschlich ein bißchen um seine kleinen Strolche zu kümmern, ihnen in ihr Heim, ihr zuweilen nicht sehr idyllisches Familienleben nachzugehen, und dabei verfehlte man nicht, allerlei Einblicke zu tun. Wahrhaftig, wenn er vordem des Lebens schmallippiges Antlitz noch nicht gekannt hatte, so hatte er damals Gelegenheit gehabt, hineinzusehen. Übrigens hatte er nicht aufgehört, für sich selbst zu arbeiten, hatte fetten Bürgerkindern Privatstunden erteilt und sich den Leibgurt enger gezogen, um sich Bücher kaufen zu können – hatte die langen, stillen und freien Nächte benutzt, um zu studieren. Und eines Tages hatte er mit außerordentlicher Genehmigung die Staatsprüfung abgelegt, hatte nebenbei promoviert und war zur Lateinschule übergegangen. Eigentlich hatte es ihm leid getan, seine kleinen Strolche zu verlassen; aber so war sein Weg gewesen. Und dann hatte es sich gefügt, daß man ihn zum Hilfslehrer auf Schloß »Fasanerie« erkoren hatte, wiewohl er doch ein Malheur von Geburt war …

So erzählte Doktor Überbein, und Klaus Heinrich wurde von Freundschaft erfüllt, während er ihm zuhörte. Er teilte seine Geringschätzung derer, die »es nicht nötig hatten« und sich des Morgens eine Zigarre anzündeten, Furcht und Freude bewegten ihn bei dem, was Überbein in seiner lustig bramarbasierenden Art über den »Wind«, die »Einblicke« und über des Lebens schmallippiges Antlitz verlauten ließ, und mit einer persönlichen Teilnahme verfolgte er seine glücklose und tapfere Laufbahn von der Abfindungssumme bis zur Anstellung als Gymnasiallehrer. Ihm war, als sei er auf irgendeine allgemeine Weise befähigt, sich an einem Gespräch über Schicksal und Strammheit zu beteiligen. Er fühlte eine Weichheit, das Erlebnis seiner eigenen fünfzehn Jahre geriet in Bewegung, ein Drang nach eigener Mitteilung und Hingabe kam ihn an, und er versuchte, auch seinerseits von sich zu erzählen. Aber das Merkwürdige war, daß Doktor Überbein dem Einhalt tat, sich solcher Absicht aufs entschiedenste widersetzte. »Nein, nein, Klaus Heinrich,« sagte er, »halt und Punktum. Nur keine Unmittelbarkeiten, wenn ich bitten darf! Nicht, als ob ich nicht wüßte, daß Sie mir allerlei zu erzählen hätten … Ich habe es gewußt, als ich Ihnen einen halben Tag lang zugeschaut hatte. Aber Sie mißverstehen mich völlig, wenn Sie glauben, daß ich Sie dazu verleiten möchte, an meinem Halse zu weinen. Erstens würden Sie es über kurz oder lang bereuen. Aber zweitens kommen Ihnen die Freuden des traulichen Geständnisses überhaupt nicht zu … Sehen Sie, ich darf schwatzen. Was bin ich? Ein Hilfslehrer. Kein ganz alltäglicher meinetwegen, aber doch nichts darüber hinaus. Ein sehr bestimmbares Einzelwesen. Aber Sie? Was sind Sie? Das ist schwieriger … Sagen wir: ein Inbegriff, eine Art Ideal. Ein Gefäß. Eine sinnbildliche Existenz, Klaus Heinrich, und damit eine formale Existenz. Aber Form und Unmittelbarkeit – wissen Sie noch nicht, daß sich das ausschließt? Es schließt sich aus. Sie haben kein Recht auf unmittelbare Vertraulichkeit, und wenn Sie's versuchten damit, so würden Sie selber erfahren, daß sie Ihnen nicht taugt, würden sie als unzulänglich und abgeschmackt erfinden. Ich muß Sie zur Haltung ermahnen, Klaus Heinrich …«

Klaus Heinrich salutierte lächelnd mit der Reitpeitsche. Und lächelnd ritten sie weiter.

Ein andermal sagte Doktor Überbein beiläufig: »Die Popularität ist keine sehr gründliche, aber eine großartige und umfassende Art der Vertraulichkeit.« Mehr sagte er nicht hierüber.

Zuweilen im Sommer, in der großen Unterrichtspause am Vormittag, saßen sie miteinander in dem leeren Wirtsgarten – promenierten in irgendwelchem Gespräch über das Wiesenland, auf dem die »Fasanen« sich tummelten, und improvisierten einen Aufenthalt mit Limonade in Herrn Stavenüters Anwesen. Herr Stavenüter wischte freudig den rohen Tisch und brachte persönlich die Limonade. Man mußte den Glaskugelpfropfen durch den Flaschenhals stoßen. »Reine Ware!« sagte Herr Stavenüter. »Das Bekömmlichste von allem. Kein Gesudel, Großherzogliche Hoheit und Sie, Herr Doktor, sondern gezuckerte Natursäfte und mit dem besten Gewissen zu empfehlen!« Dann hieß er seine Kinder singen, dem Besuch zu Ehren. Sie waren zu dritt, zwei Mädchen und ein Knabe, und konnten dreistimmig singen. Sie standen in einiger Entfernung unter dem grünen Blätterdach der Kastanienbäume und sangen Volkslieder, indem sie sich mit den Fingern schneuzten. Einmal sangen sie ein Lied mit dem Anfang: »Menschen, Menschen sind wir alle«, und Doktor Überbein gab durch Zwischenbemerkungen sein Mißfallen an dieser Nummer des Programms zu erkennen. »Ein faules Lied«, sagte er und beugte sich seitwärts zu Klaus Heinrich. »So recht ein ordinäres Lied. Ein bequemes Lied, Klaus Heinrich, es muß Ihnen nicht sehr zusagen.« Später, als die Kinder nicht mehr sangen, kam er nochmals auf dieses Lied zurück und bezeichnete es geradezu als »schlampig«. »Wir sind alle, alle Menschen,« wiederholte er – »Gott erbarme sich, ja, zweifelsohne. Aber vielleicht darf man demgegenüber daran erinnern, daß die Bemerkenswerteren unter uns immerhin die sein mögen, die Veranlassung geben, diese Wahrheit besonders zu betonen … Sehen Sie,« sagte er, indem er sich zurücklehnte, ein Bein über das andere schlug und seinen roten Bart von unten, von der Kehle aus streichelte, »sehen Sie, Klaus Heinrich, ein Mann von etwelchem geistigen Bedürfnis wird sich nicht enthalten können, in dieser platten Welt das Außerordentliche zu suchen und es zu lieben, wo und wie es irgend erscheint – er muß sich ärgern an solchem schlampigen Lied, an solcher schafsgemütlichen Wegleugnung des Sonderfalles, des hohen und des elenden und desjenigen, der beides zugleich ist … Rede ich fürs Haus? Unsinn! Ich bin nur ein Hilfslehrer. Aber Gott mag wissen, was mir im Blute spukt – ich finde keine Genugtuung darin, zu betonen, daß wir im Grunde alle nur Hilfslehrer sind. Ich liebe das Ungewöhnliche in jeder Gestalt und in jedem Sinne, ich liebe die mit der Würde der Ausnahme im Herzen, die Gezeichneten, die als Fremdlinge Kenntlichen, all die, bei deren Anblick das Volk dumme Gesichter macht – ich wünsche ihnen die Liebe zu ihrem Schicksal, und ich wünsche nicht, daß sie sich's mit der liederlichen und lauwarmen Wahrheit bequem machen, die wir da eben dreistimmig zu hören bekommen haben … Warum bin ich Ihr Lehrer geworden, Klaus Heinrich? Ich bin ein Zigeuner, ein strebsamer meinetwegen, aber doch ein geborener Zigeuner. Meine Vorbestimmtheit zum Fürstenknecht ist nicht sonderlich einleuchtend. Warum bin ich mit aufrichtigem Vergnügen dem Rufe gefolgt, als er an mich erging, in Ansehung meiner Strebsamkeit, und obwohl ich doch ein Malheur von Geburt bin? Weil ich in Ihrer Daseinsform, Klaus Heinrich, die sichtbarste, ausdrücklichste, bestgehütete Form des Außerordentlichen auf Erden sehe. Ich bin Ihr Lehrer geworden, weil ich Ihr Schicksal in Ihnen lebendig erhalten möchte. Abgeschlossenheit, Etikette, Verpflichtung, Strammheit, Haltung, Form – wer darin lebt, sollte kein Recht auf Verachtung haben? Er sollte sich auf Menschlichkeit und Gemütlichkeit verweisen lassen? Nein, kommen Sie, wir wollen gehen, Klaus Heinrich, wenn es Ihnen angenehm ist. Es sind taktlose Bälge, diese kleinen Stavenüters.« – Klaus Heinrich lachte; er schenkte den Kindern ein wenig von seinem Taschengeld, und sie gingen.

»Ja, ja,« sagte Doktor Überbein auf einem gemeinschaftlichen Waldspaziergang zu Klaus Heinrich – es hatte sich einiger Abstand zwischen ihnen und den fünf »Fasanen« hergestellt –, »heutzutage muß das Verehrungsbedürfnis des Geistes sich bescheiden. Wo ist Größe? Ja, prosit! Aber von aller eigentlichen Größe und Sendung abgesehen, so gibt es immer noch das, was ich Hoheit nenne, erlesene und schwermütig isolierte Lebensformen, denen man sich gefälligst mit der zartesten Teilnahme zu nahen hat. Übrigens ist die Größe stark, sie trägt Kanonenstiefel, sie hat die Ritterdienste des Geistes nicht nötig. Aber die Hoheit ist rührend – sie ist, hol' mich der Teufel, das Rührendste, was es auf Erden gibt.«

Einigemal im Jahr fuhr die »Fasanerie« in die Residenz, um den Aufführungen klassischer Opern und Dramen im großherzoglichen Hoftheater beizuwohnen; besonders Klaus Heinrichs Geburtstag wurde mit solchem Theaterbesuch begangen. Er saß dann in ruhiger Haltung auf seinem geschweiften Armstuhl an der Plüschbrüstung einer rot ausgeschlagenen Proszeniums-Hofloge, deren Dach auf den Köpfen zweier weiblicher Skulpturen mit gekreuzten Händen und leeren, strengen Gesichtern ruhte, und sah seinen Kollegen, den Prinzen, zu, deren Schicksal sich auf der Bühne erfüllte, während er zugleich den Operngläsern standhielt, die sich von Zeit zu Zeit, auch während des Spiels, aus dem Publikum auf ihn richteten. Professor Kürtchen saß zu seiner Linken und Doktor Überbein mit den »Fasanen« in einer Nebenloge. Einst hörte man so die »Zauberflöte«, und auf dem Heimweg nach Station »Fasanerie«, in dem Abteil erster Klasse, brachte Doktor Überbein das ganze Konvikt zum Lachen, indem er nachahmte, wie Sänger sprechen, wenn ihre Rolle sie nötigt, in den Prosadialog überzugehen. »Er ist ein Prinz!« sagte er salbungsvoll und entgegnete sich selbst in einem ziehenden und singenden Pastorenton: »Er ist mehr als das; er ist ein Mensch!« Selbst Professor Kürtchen amüsierte sich so sehr, daß er meckerte. Aber am nächsten Tage, gelegentlich einer Privatrepetition in Klaus Heinrichs Bücherzimmer mit dem runden Mahagonitisch, der geweißten Decke und dem griechischen Torso auf dem Kachelofen, wiederholte Doktor Überbein seine Parodie und sagte dann: »Großer Gott, das war einmal neu zu seiner Zeit, war eine Botschaft, eine verblüffende Wahrheit!… Es gibt Paradoxe, die so lange auf dem Kopfe gestanden haben, daß man sie auf die Füße stellen muß, um wieder etwas leidlich Verwegenes daraus zu machen. ›Er ist ein Mensch … Er ist mehr als das‹ – das ist nachgerade kühner, es ist schöner, es ist sogar wahrer … Das Umgekehrte ist bloße Humanität; aber ich bin von Herzen nicht sehr für Humanität, ich rede mit dem größten Vergnügen wegwerfend davon. Man muß in irgendeinem Sinne zu denen gehören, von welchen das Volk spricht: ›Es sind schließlich auch Menschen‹ – oder man ist langweilig wie ein Hilfslehrer. Ich kann den allgemeinen, gemütlichen Ausgleich von Konflikten und Distanzen nicht aufrichtig wünschen, Gott helfe mir, so bin ich veranlagt, und die Figur des principe uomo ist mir, deutlich gesagt, ein Greuel. Ich hoffe nicht, daß sie Ihnen sonderlich zusagt, Klaus Heinrich?… Sehen Sie, es hat zu allen Zeiten Fürsten und Außerordentliche gegeben, die ihr Dasein der Ausnahme mit Leichtigkeit führten, einfältig unbewußt ihrer Würde oder sie derb verleugnend und fähig, mit den Bürgern in Hemdärmeln Kegel zu schieben, ohne eine qualvolle Verzerrung ihres Innersten zu erfahren. Aber sie sind wenig beträchtlich, wie zuletzt alles unbeträchtlich ist, was des Geistes ermangelt. Denn der Geist, Klaus Heinrich, der Geist ist der Hofmeister, der unerbittlich auf Würde dringt, ja die Würde erst eigentlich schafft, er ist der Erzfeind und vornehme Gegner aller humanen Gemütlichkeit. ›Mehr als das?‹ Nein! Repräsentieren, für viele stehen, indem man sich darstellt, der erhöhte und zuchtvolle Ausdruck einer Menge sein – Repräsentieren ist selbstverständlich mehr und höher als Einfachsein, Klaus Heinrich –, darum nennt man Sie Hoheit …«

So räsonnierte Doktor Überbein, laut, herzlich und wortgewandt, und was er sagte, beeinflußte Klaus Heinrichs Denkart und Selbstempfindung vielleicht mehr als gut war. Der Prinz war damals fünfzehn, sechzehn Jahre alt und also recht wohl fähig, solcherlei Ideen – wenn auch nicht wirklich aufzufassen, doch nach ihrem Wesensgehalt gleichsam aufzusaugen. Das Entscheidende war, daß Doktor Überbeins Lehren und Expektorationen durch seine Persönlichkeit so ungemein unterstützt wurden. Wenn Schulrat Dröge, der sich gegen die Lakaien verneigte, Klaus Heinrich an seinen »hohen Beruf« gemahnt hatte, so war das nicht mehr als eine übernommene Redensart gewesen, mit dem Zweck, seinen sachlichen Forderungen Nachdruck zu verleihen, und eigentlich ohne inneren Sinn. Aber wenn Doktor Überbein, der ein Malheur von Geburt war, wie er sagte, und ein grünliches Gesicht hatte, weil er ehemals Hunger gelitten, wenn dieser Mann, der ein Kind aus einem Moor oder Sumpf gezogen, Einblicke getan und sich in jeder Weise den Wind hatte um die Nase wehen lassen, wenn er, der sich nicht nur nicht vor den Lakaien verbeugte, sondern sie gelegentlich sogar mit schallender Stimme anschrie, und der Klaus Heinrich selbst am dritten Tage, ohne um Erlaubnis zu fragen, ganz unumwunden bei Vornamen genannt hatte – wenn er mit einem väterlichen Lächeln erklärte, daß Klaus Heinrich »auf der Menschheit Höhen wandle« (diese Wendung gebrauchte er gern), so war das etwas Freies und neu Empfundenes, was sozusagen Widerklang in der Tiefe hatte. Lauschte Klaus Heinrich den lauten und aufgeräumten Erzählungen des Doktors von seinem Leben, von »des Lebens schmallippigem Antlitz«, so war ihm zumute wie ehemals, wenn er mit Ditlind, seiner Schwester, gestöbert hatte; und daß der, welcher so zu erzählen wußte, daß dieser »umgetriebene Mann«, wie er sich selber nannte, sich nicht fremd und fromm gegen ihn verhielt wie die anderen, sondern ihn, unbeschadet einer freien und freudigen Huldigung, als Kameraden im Schicksal und in der Strammheit behandelte, das erwärmte Klaus Heinrichs Herz zu unaussprechlicher Dankbarkeit und machte den Zauber aus, der ihn dem Hilfslehrer auf immer verband …

Kurz nach seinem sechzehnten Geburtstag (Albrecht, der Erbgroßherzog, befand sich schon damals seiner Gesundheit wegen im Süden) ward der Prinz gemeinsam mit den fünf »Fasanen« in der Hofkirche eingesegnet – der »Eilbote« brachte den Bericht, ohne eine Sensation daraus zu machen. Oberkirchenratspräsident D. Wislizenus kontrapunktierte mit einem Bibelmotiv, das wiederum der Großherzog ausgewählt hatte, und Klaus Heinrich ward bei dieser Gelegenheit zum Leutnant ernannt, obgleich er von militärischen Angelegenheiten auch nicht das geringste verstand … Alle Sachlichkeit entwich mehr und mehr aus seinem Dasein. Und so war denn auch der zeremonielle Vorgang der Einsegnung ohne einschneidende Bedeutung, und der Prinz kehrte gleich danach ruhig nach Schloß »Fasanerie« zurück, um sein Leben im Kreise der Lehrer und Mitzöglinge ohne Veränderung fortzuführen.

Erst ein Jahr später verließ er sein altmodisch schlichtes Schülerzimmer mit dem Torso auf dem Kachelofen – das Konvikt löste sich auf, und während die fünf adeligen Genossen ins Kadettenkorps übertraten, nahm Klaus Heinrich wieder im Alten Schlosse Wohnung, um, einer Vereinbarung gemäß, die Herr von Knobelsdorff mit dem Großherzog getroffen hatte, ein Jahr lang die oberste Gymnasialklasse in der Residenz zu besuchen. Das war eine wohlerwogene und populäre Maßregel, die aber in sachlicher Hinsicht nicht vieles änderte. Professor Kürtchen war auf seinen Posten an der öffentlichen Lehranstalt zurückgekehrt, er unterrichtete Klaus Heinrich nach wie vor in mehreren Fächern und war in der Klasse noch eifriger als im Internat darauf bedacht, seinen Takt zu bekunden. Auch erwies sich, daß er von jener Übereinkunft, welche die beiden Arten des Prinzen, sich zur Antwort zu melden, betraf, die übrigen Lehrer in Kenntnis gesetzt hatte. Doktor Überbein angehend, der gleichfalls an das Gymnasium zurückgekehrt war, so war er in seiner ungewöhnlichen Laufbahn noch nicht so weit vorgerückt, um in der obersten Klasse zu unterrichten. Aber auf Klaus Heinrichs lebhaften, ja inständigen Wunsch, den er dem Großherzog ohne direkte Anrede und sozusagen auf dem Dienstwege, durch den wohlwollenden Herrn von Knobelsdorff, unterbreitet hatte, war der Hilfslehrer zum Repetenten und Leiter der häuslichen Studien bestellt worden, kam täglich aufs Schloß, schrie die Lakaien an und hatte auch jetzt Gelegenheit, mit seinen burschikosen und schwärmerischen Reden auf den Prinzen zu wirken.

Vielleicht war es zu einem Teil diesem fortdauernden Einfluß zuzuschreiben, wenn Klaus Heinrichs Beziehungen zu den jungen Leuten, mit denen er die zerschnitzte Schulbank teilte, noch lockerer und entfernter blieben als sein Verhältnis zu den Fünfen auf Schloß »Fasanerie«, und wenn so der populäre Zweck dieses Jahres verfehlt wurde. Die Pausen, die zur Sommers- und Winterszeit von allen Schülern auf dem geräumigen, mit Fliesen ausgelegten Vorhofe verbracht wurden, boten Gelegenheit zur Pflege der Kameradschaft. Allein diese Pausen, der großen Menge zur Erholung bestimmt, brachten für Klaus Heinrich erst die eigentliche, seinem Leben eigentümliche Anstrengung mit sich. Er war selbstverständlich, wenigstens im ersten Viertel des Jahres, auf dem Schulhof der Gegenstand allgemeinen Schauens – nichts Leichtes für ihn, in Ansehung der Tatsache, daß hier die Umgebung ihm jede äußere Erhöhung und Stütze versagte und er sich auf demselben Pflaster mit denen zu bewegen hatte, die einig gegen ihn waren, um zu schauen. Die kleinen Jungen, voll kindlicher Verantwortungslosigkeit, verharrten ganz nahe in selbstvergessenen Stellungen und gafften, indes die größeren mit erweiterten Augen um ihn schweiften und von der Seite oder von unten blickten … Das ließ im Laufe der Zeit wohl ein wenig nach, aber auch dann – mochte nun wer immer schuld daran sein, Klaus Heinrich oder die Menge – auch später wollte die Kameradschaft so rechte Fortschritte nicht machen. Man sah den Prinzen zur Rechten des Direktors oder des Lehrers, welcher die Aufsicht führte, gefolgt und umstrichen von Neugierigen, auf dem Hofe hin und her spazieren. Man sah ihn auch wohl am Standort seiner Klasse mit seinen Mitschülern plaudern. Ein liebenswürdiger Anblick! Er lehnte dort halb sitzend an dem schrägen Vorsprung der glasierten Ziegelmauer, die Füße gekreuzt, die linke Hand weit hinten in die Hüfte gestemmt, die fünfzehn Insassen der Oberprima in losem Halbkreise vor sich. Es waren nur fünfzehn dieses Jahr, denn die letzten Versetzungen waren unter dem Gesichtspunkte vorgenommen worden, daß keine Elemente in die Selekta vorrückten, die ihrer Herkunft oder Persönlichkeit nach ungeeignet waren, mit Klaus Heinrich ein Jahr lang auf du und du zu stehen. Denn das Du war Vorschrift. Klaus Heinrich sprach mit einem von ihnen, der ein wenig aus dem Halbkreise hervor ihm nahe getreten war und ihm unter kurzen, kleinen Verbeugungen antwortete. Beide lächelten; man lächelte stets, wenn man mit Klaus Heinrich sprach. Er fragte zum Beispiel: »Hast du den deutschen Aufsatz für nächsten Dienstag schon fertig?«

»Nein, Prinz Klaus Heinrich, noch nicht ganz, ich habe den Schluß noch nicht.«

»Es ist ein schwieriges Thema. Ich weiß noch gar nicht, was ich schreiben soll.«

»Oh, Sie werden … du wirst schon wissen!«

»Nein, es ist schwer. – Du hast ja eine Eins in der arithmetischen Klassenarbeit?«

»Ja, Prinz Klaus Heinrich, ich habe Glück gehabt.«

»Nein, das ist Verdienst. Ich werde nie etwas davon verstehen!«

Bewegung der Heiterkeit und des Beifalls im Halbkreise. Klaus Heinrich wandte sich an einen anderen Mitschüler, und der erste trat schnell zurück. Jedem war fühlbar, daß es sich bei alldem nicht um den Aufsatz noch um die arithmetische Arbeit handelte, sondern um das Gespräch als Vorgang und Handlung, um Haltung und Ton, das Vor- und Zurücktreten, die glückliche Abwicklung einer zarten, kühlen und über die Dinge erhabenen Angelegenheit. Vielleicht rührte von diesem Bewußtsein das Lächeln auf den Gesichtern her.

Zuweilen, wenn er den losen Halbkreis vor sich hatte, sagte Klaus Heinrich etwas wie: »Professor Nicolovius sieht fast wie ein Uhu aus.«

Dann war der Jubel groß unter den Kameraden. Sie spannten ab auf dies Zeichen, sie schlugen über die Stränge, sie machten »Ho, ho, ho!« im Chor ihrer soeben männlich gewordenen Stimmen, und einer erklärte bei solcher Gelegenheit, Klaus Heinrich sei ein »famoses Haus«. Aber Klaus Heinrich sagte nicht oft solche Dinge, sagte sie nur dann, wenn er das Lächeln auf den Gesichtern erlahmen und schal werden, einen Überdruß, ja, eine Ungeduld sich der Mienen bemächtigen sah, sagte sie zur Erfrischung und blickte halb neugierig, halb erschrocken in den kurzen Übermut, den er damit entfesselte.

Anselm Schickedanz war es nicht gewesen, der ihn ein »famoses Haus« genannt hatte, und doch hatte Klaus Heinrich gerade seinetwegen den Vergleich zwischen Professor Nicolovius und einem Uhu gezogen. Anselm Schickedanz hatte zwar ebenfalls gelacht über diesen freien Scherz, aber nicht eigentlich im beifälligen Sinne, sondern mit einer Betonung, welche ausdrückte: »Du lieber Gott!« Er war ein Brauner mit schmalen Hüften, der auf der ganzen Schule im Ruf eines verfluchten Kerles stand. Der Ton war vorzüglich dieses Jahr in der obersten Gymnasialklasse. Die Verpflichtung, die für alle darin lag, den Klassendienst zusammen mit Klaus Heinrich zu tun, war den jungen Leuten von verschiedenen Seiten hinlänglich zum Bewußtsein gebracht worden, und Klaus Heinrich war nicht derjenige, der sie veranlaßt hätte, diese Verpflichtung außer acht zu lassen. Aber daß Anselm Schickedanz ein verfluchter Kerl sei, das war ihm dennoch wiederholt zu Ohren gekommen, und wenn Klaus Heinrich ihn ansah, so war er mit einer Art Freudigkeit bereit, es aufs Hörensagen zu glauben, obgleich es ihm dunkel und verschlossen war, wie jener zu seinem Ruhm gelangt sein mochte. Unterderhand erkundigte er sich mehrmals, klopfte an wie von ungefähr und suchte bei einem oder dem anderen etwas über Schickedanzens Verfluchtheit in Erfahrung zu bringen. Er erfuhr nichts Bestimmtes. Aber die Antworten, gehässige und lobpreisende, erfüllten ihn mit der Ahnung einer tollen Liebenswürdigkeit, einer unerlaubt herrlichen Menschlichkeit, die hier für aller Augen vorhanden sei, außer für seine – und diese Ahnung war wie ein Schmerz. Jemand sagte in Hinsicht auf Anselm Schickedanz geradezu und verfiel unversehens in die verbotene Anrede: »Ja, Hoheit, den sollten Sie sehen, wenn Sie nicht dabei sind!«

Nie würde Klaus Heinrich ihn sehen, wenn er nicht dabei war, nie ihm nahe kommen, niemals ihn kennenlernen. Er betrachtete ihn verstohlen, wenn jener mit den anderen im Halbkreise vor ihm stand, lächelnd und zusammengenommen wie alle. Man nahm sich zusammen Klaus Heinrich gegenüber, sein eigenes Wesen war schuld daran, er wußte es wohl, und nie würde er sehen, wie Schickedanz war, sich benahm, wenn er sich behaglich gehen ließ. Das war wie Eifersucht, war wie ein leise brennendes Bedauern …

In diese Zeit fiel ein peinliches, ja anstößiges Vorkommnis, wovon dem großherzoglichen Paare nichts bekannt wurde, weil Doktor Überbein reinen Mund darüber hielt, und worüber auch sonst in der Residenz fast nichts verlautbarte, weil alle, die daran teil und schuld gehabt, offenbar aus einer Art Schamgefühl, später Stillschweigen darüber beobachteten. Gemeint sind die Ungehörigkeiten, die sich gelegentlich der Anwesenheit des Prinzen Klaus Heinrich bei dem diesjährigen Bürgerball ereigneten, und an denen hauptsächlich ein Fräulein Unschlitt, Tochter des vermögenden Seifensieders, beteiligt war.

Der Bürgerball war eine stehende Veranstaltung im gesellschaftlichen Leben der Hauptstadt, eine offizielle und dabei zwanglose Festlichkeit, die, von der Stadt gegeben, jeden Winter im Gasthof »Zum Bürgergarten«, einem großen, noch kürzlich erweiterten und erneuerten Etablissement in der südlichen Vorstadt, abgehalten wurde und den bürgerlichen Kreisen Gelegenheit bot, mit dem Hofe gesellige Fühlung zu gewinnen. Man wußte, daß Johann Albrecht III. dieser zivilen und wenig starren Veranstaltung, zu der er im schwarzen Leibrock erschien, um die Polonäse mit der Frau Bürgermeisterin zu eröffnen, niemals Geschmack abgewonnen hatte, und daß er sich möglichst früh davon zurückzuziehen pflegte. Desto angenehmer berührte es, daß sein zweiter Sohn, obwohl noch nicht verpflichtet dazu, schon dieses Jahr auf dem Balle erschien – und zwar, wie man erfuhr, auf sein eigenes dringliches Verlangen. Der Prinz hatte, so hörte man, Exzellenz von Knobelsdorff zum Übermittler seines sehnsüchtigen Wunsches an die Großherzogin gemacht, und diese wieder hatte ihm bei ihrem Gemahl die Erlaubnis erwirkt …

Das Fest nahm äußerlich durchaus den hergebrachten Verlauf. Die höchsten Herrschaften, Prinzessin Katharina in gefärbtem Seidenkleid und Kapotthütchen, begleitet von ihren rotköpfigen Kindern, Prinz Lambert nebst seiner hübschen Gemahlin, zuletzt Johann Albrecht und Dorothea mit dem Prinzen Klaus Heinrich fuhren am »Bürgergarten« vor, im Vestibüle begrüßt von Stadtverordneten, an deren Fräcken langbebänderte Rosetten hafteten. Mehrere Minister, Adjutanten in Zivil, zahlreiche Herren und Damen des Hofes, die Spitzen der Gesellschaft, auch Gutsbesitzer aus der Umgegend waren zugegen. Im großen, weißen Hauptsaal nahm das großherzogliche Paar zunächst eine Reihe von Vorstellungen entgegen und eröffnete dann zu den Klängen der Musik, die droben auf der geschweiften Empore einsetzte, Johann Albrecht mit der Bürgermeisterin, Dorothea mit dem Bürgermeister, im Umzuge den Ball. Hierauf, während die Polonäse sich in Rundtanz auflöste, das Vergnügen um sich griff, die Wangen sich erhitzten, erregte Beziehungen, süße, schmachtende, schmerzliche, überall in dem warmen Menschendunst des Festes sich herstellten, standen die höchsten Herrschaften, wie höchste Herrschaften bei solchen Gelegenheiten zu stehen pflegen: ausgeschlossen und gnädig lächelnd an der oberen Schmalseite des Saales unterhalb der Empore. Von Zeit zu Zeit zog Johann Albrecht einen Herrn von Ansehen, Dorothea eine Dame ins Gespräch. Die Angeredeten traten rasch und gesammelt herzu und zurück, sie hielten Abstand in halber Verbeugung und mit schiefem Kopfe, nickten, schüttelten, lachten in dieser Haltung zu den Fragen und Bemerkungen, die an sie ergingen, – antworteten eifervoll, ganz an den Augenblick hingegeben, mit jähen und zuvorkommenden Übergängen von inniger Heiterkeit zu tiefstem Ernst, mit einer Leidenschaftlichkeit des Wesens, die zweifellos ihrem Alltag fremd war, und offenbar in einem gesteigerten Zustande. Neugierige, noch hochatmend vom Tanze, standen im Halbkreise umher und schauten diesen sachlich wesenlosen Unterredungen mit einem sonderbar angestrengten Gesichtsausdruck zu, der dadurch zustande kam, daß sie mit emporgezogenen Brauen lächelten.

Viel Aufmerksamkeit war auf Klaus Heinrich gerichtet. Er hielt sich, zusammen mit zwei rotköpfigen Vettern, die schon dem Heere angehörten, heut aber ebenfalls das Bürgerkleid trugen, ein wenig im Rücken seiner Eltern, auf einem Beine ruhend, die linke Hand weit hinten in die Hüfte gestützt, dem Publikum sein rechtes Halbprofil zugewandt. Ein Reporter des »Eilboten«, der zum Feste abgeordnet war, machte sich in einem Winkel Notizen über ihn. Man sah, wie der Prinz mit der weiß behandschuhten Rechten seinen Lehrer grüßte, den Doktor Überbein, der mit seinem roten Bart und seinem grünlichen Gesicht das Spalier der Zuschauer entlang kam, und wie er ihm sogar ein großes Stück in den Saal entgegenging. Der Doktor, große Emailleknöpfe im Vorhemd, verbeugte sich zunächst, als Klaus Heinrich ihm die Hand reichte, begann aber dann sofort, in seiner freien und väterlichen Art auf ihn einzureden. Der Prinz schien abzuwehren, mit einem unruhigen Lachen übrigens. Aber dann verstand eine ganze Anzahl Personen, daß Doktor Überbein ausrief: »Nein, Unsinn, Klaus Heinrich – wozu haben Sie es gelernt?! Wozu hat Madame aus der Schweiz es Ihnen im zartesten Alter beigebracht?! Ich begreife nicht, warum Sie zu Balle gehen, wenn Sie nicht tanzen wollen?! Eins, zwei, drei, nun wird Bekanntschaft gemacht!« Und unter fortwährenden Witzreden stellte er dem Prinzen vier, fünf junge Mädchen vor, die er ohne weiteres aufgriff und an der Hand herbeiführte. Sie tauchten und stiegen wieder empor, eine nach der andern, in der schleifenden Wellenbewegung des Hofknickses, setzten die Zähne auf die Unterlippe und gaben sich Mühe. Klaus Heinrich stand mit zusammengezogenen Absätzen. Er sagte: »Ich freue mich … Ich freue mich sehr …«

Zu einer sagte er sogar: »Es ist ein lustiger Ball, nicht wahr, gnädiges Fräulein?«

»Ja, Großherzogliche Hoheit, wir haben viel Spaß –«, antwortete sie mit hoher, zwitschernder Stimme. Sie war ein hochgewachsenes, wenn auch etwas knochiges Bürgermädchen, in weißen Mull gekleidet, mit einer blonden, gewellten, unterpolsterten Scheitelfrisur über dem schönen Gesicht, einer goldenen Kette um den entblößten Hals, an dem die Schlüsselbeine stark hervortraten, und großen, weißen Händen in Halbhandschuhen. Sie fügte hinzu: »Jetzt kommt die Quadrille. Wollen Großherzogliche Hoheit nicht mittanzen?«

»Ich weiß nicht …« sagte er. »Ich weiß wirklich nicht …«

Er sah sich um. Wirklich kam geometrische Ordnung in das Getriebe des Saales. Linien zogen sich, Karrees bildeten sich, man trat an, man rief nach einem Gegenüber. Noch schwieg die Musik.

Klaus Heinrich erkundigte sich bei seinen Vettern. Ja, sie nahmen teil am Lancier, sie hielten ihre glücklichen Partnerinnen schon an den Händen.

Man sah, wie Klaus Heinrich von hinten an den roten Damastsessel seiner Mutter herantrat und lebhafte, gedämpfte Worte an sie richtete – sah, wie sie mit herrlicher Nackenwendung die Frage an ihren Gatten weitergab und wie der Großherzog nickte. Und dann erregte es einiges Lächeln, mit welchem jugendlichen Ungestüm der Prinz davonstürzte, um den Beginn des Reigens nicht zu versäumen.

Der Referent des »Eilboten«, das Notizbuch in der einen und das Krayon in der anderen Hand, spähte aus seinem Winkel mit seitwärts geneigtem Oberkörper durch den Saal, um festzustellen, wen der Prinz engagieren werde. Es war die Blonde, Hochgewachsene, mit den Schlüsselbeinen und den großen, weißen Händen, Fräulein Unschlitt, die Tochter des Seifensieders. Sie stand noch an der Stelle, wo Klaus Heinrich sie verlassen hatte.

»Sind Sie noch da?« sagte er atemlos … »Darf ich Sie auffordern? Kommen Sie!«

Die Karrees waren komplett. Sie irrten ein Weilchen umher und fanden keine Unterkunft. Ein Herr mit bebänderter Rosette eilte herbei, ergriff ein Paar junger Leute bei den Schultern und veranlaßte sie, ihren Platz unter dem Kronleuchter zu räumen, damit seine Großherzogliche Hoheit mit Fräulein Unschlitt antreten könne. Die Musik hatte gezögert, nun setzte sie ein, das Schreiten und Komplimentieren begann, und Klaus Heinrich drehte sich mit den andern.

Die Türen zu den Nebenräumen standen geöffnet. In einem von ihnen sah man das Büfett mit Blumenvasen, Punschterrinen und Schüsseln voll bunter Brötchen. Der Tanz zog sich bis dort hinein; zwei Vierecke machten ihre Pas im Büfettzimmer. In den anderen waren weiß gedeckte Tische aufgeschlagen, die noch leer standen.

Klaus Heinrich schritt vorwärts und rückwärts, er lächelte im Angesichte, streckte seine Hand aus und empfing Hände, empfing immer wieder die große weiße Hand seiner Partnerin, legte seinen rechten Arm um die weiche Mulltaille des Mädchens und drehte sich mit ihr auf dem Fleck, indem er die linke Hand, die ebenfalls einen kleinen Handschuh trug, in die Hüfte stemmte. Man sprach und lachte im Drehen und Schreiten. Er beging Fehler, erinnerte sich nicht, brachte Verwirrung in die Figuren und stand ratlos, wohin er gehöre. »Sie müssen mich zurechtweisen!« sagte er im Gewirr. »Ich störe ja alles! Geben Sie mir nur Rippenstöße!« Und man faßte allmählich Mut und wies ihn zurecht, kommandierte ihn lachend dahin und dorthin, legte sogar Hand an und schob ihn ein wenig, wenn es nötig war. Das schöne Mädchen mit den Schlüsselbeinen übernahm es hauptsächlich, ihn zu schieben.

Die Stimmung hob sich mit jeder Tour. Die Bewegungen wurden freier, die Zurufe kecker. Man fing an, mit den Füßen zu stampfen und schwang beim Vorwärts und Rückwärts, während man einander an den Händen hielt, die Arme wie Schaukeln. Auch Klaus Heinrich stampfte, zuerst nur andeutungsweise, dann aber kräftiger. Und was das Schaukeln der Arme betraf, so sorgte das schöne Mädchen dafür, wenn sie miteinander avancierten. Auch machte sie jedesmal, wenn sie ihm entgegentanzte, einen übertriebenen Kratzfuß vor ihm, was die Munterkeit sehr verstärkte.

Im Büfettzimmer herrschte ein Prusten und Kichern, daß alles neidisch hinübersah. Jemand war dort mitten im Tanz aus dem Karree entwischt, hatte im Sprung vom Büfett ein belegtes Brötchen stibitzt und kaute nun stolz beim Schlenkern und Stampfen, zum Gelächter der andern.

»Die sind frech!« sagte das schöne Mädchen. »Die mopsen sich nicht!« Und es ließ ihr keine Ruhe. Ehe man sich's versah, war sie ausgebrochen, war leicht und geschickt zwischen den Linien dahingeflogen, hatte dort drüben ein Brötchen erwischt und war zurück.

Klaus Heinrich war es, der am begeistertsten applaudierte. Es ging nicht gut mit seiner linken Hand, und so half er nach, indem er mit der rechten auf den Oberschenkel schlug und sich neigte vor Lachen. Dann ward er stiller und ein wenig bleich. Er kämpfte mit sich … Die Quadrille näherte sich ihrem Ende. Was er tun wollte, mußte er schleunig tun. Schon waren die Englischen Ketten an der Reihe.

Und als es fast schon zu spät war, da tat er, um was er gekämpft hatte. Er lief davon, lief hastig zwischen den Tanzenden hindurch, indem er mit halber Stimme um Entschuldigung bat, wenn er jemanden anstieß, erreichte das Büfett, ergriff ein Brötchen, stürzte zurück, fuhr gleitend in sein Karree hinein … Das war nicht alles. Er führte das Brötchen – es war mit Ei und Sardellen belegt – gegen die Lippen seiner Partnerin, des Mädchens mit den großen weißen Händen – sie beugte ein wenig die Knie, biß zu, biß, ohne die Hände zu brauchen, wohl die Hälfte ab … und zurückgeworfenen Kopfes schob er sich den Rest in den Mund!

Der Übermut des Vierecks löste sich auf in der Großen Kette, die eben begann. Rings um den Saal ging kreuzweise und verschlungen ein Händereichen und gewundenes Wandern. Es stockte, die Strömungen tauschten die Richtung, und noch einmal ging es herum, mit Lachen und Plaudern, mit Verirrungen, Verwirrungen und hastig geglätteten Tumulten.

Klaus Heinrich drückte die Hände, die er empfing, ohne zu wissen, wem sie gehörten. Er lächelte mit bewegter Brust. Sein glattgescheiteltes Haar hatte sich gelockert, und etwas davon fiel in die Stirn; sein Hemdeinsatz buckelte sich ein wenig aus der Weste hervor, und in seinem Gesicht, seinen erhitzten Augen war jene weiche, ja gerührte Begeisterung, die zuweilen der Ausdruck des Glückes ist. Mehrmals sagte er im Schreiten und Händereichen: »Wir haben viel Spaß gehabt! Wir haben viel Spaß gehabt!« Er begegnete seinen Vettern, und auch zu ihnen sagte er: »Wir haben so viel Spaß gehabt – wir da drüben!«

Dann gab es ein Händeklatschen und Wiedersehen: man war am Ziel; Klaus Heinrich stand wieder Aug' in Aug' vor dem schönen Mädchen mit den Schlüsselbeinen; und da der Takt wechselte, legte er abermals seinen Arm um ihre weiche Taille, und sie tanzten im Trubel.

Klaus Heinrich führte nicht gut und stieß nicht selten mit anderen Paaren zusammen, weil er die linke Hand in die Hüfte gestemmt hielt; aber er brachte seine Dame schlecht und recht bis zum Eingang des Büfettzimmers, wo sie haltmachten und sich mit Ananasbowle erfrischten, die von Aufwärtern dargereicht wurde. Gleich am Eingang saßen sie, auf zwei Samttaburetts, tranken und plauderten von der Quadrille, vom Bürgerball, von anderen geselligen Veranstaltungen, an denen das schöne Mädchen diesen Winter schon teilgenommen …

Um diese Zeit trat ein Herr des Gefolges, Major von Platow, Flügeladjutant des Großherzogs, vor Klaus Heinrich hin, verbeugte sich und bat um die Erlaubnis, melden zu dürfen, daß Ihre Königlichen Hoheiten nun aufbrächen. Er sei beauftragt … Aber Klaus Heinrich gab in so beweglicher Weise den Wunsch zu erkennen, noch bleiben zu dürfen, daß der Adjutant nicht auf seinem Auftrag bestehen mochte. Der Prinz tat Ausrufe eines fast empörten Bedauerns und war offenbar von dem Ansinnen, jetzt nach Hause zu fahren, aufs schmerzlichste berührt. »Wir haben so viel Spaß!« sagte er, stand auf und ergriff den Major sogar ein wenig am Arm. »Lieber Herr von Platow, bitte, verwenden Sie sich für mich! Sprechen Sie mit Exzellenz von Knobelsdorff, tun Sie, was Sie wollen – aber jetzt fahren, wo wir so viel Spaß miteinander haben –! Ich bin sicher, daß auch meine Vettern noch bleiben …« Der Major blickte das schöne Mädchen mit den großen weißen Händen an, die ihm zulächelte; auch er lächelte und versprach dann, sein möglichstes zu tun. Dieser kleine Auftritt ereignete sich, während schon im Entree des »Bürgergartens« der Großherzog und die Großherzogin sich von den Stadtverordneten verabschiedeten. Gleich darauf begann im ersten Stockwerk der Tanz aufs neue.

Das Fest war auf seiner Höhe. Alles Offizielle war abgetan, und man setzte die Gemütlichkeit in ihre Rechte ein. Die weiß gedeckten Tische in den Nebenräumen waren besetzt von Familien, die Bowle tranken und soupierten. Jugend strömte ab und zu, ließ sich erhitzt und unruhevoll auf den Rändern der Stühle nieder, um ein paar Bissen zu essen, ein Glas zu trinken und sich wieder ins Vergnügen zu stürzen. Im Erdgeschoß gab es eine altdeutsche Bierstube, die von gesetzteren Herren stark besucht war. Der große Tanzsaal und der Büfettraum wurden nun ganz von der tanzlustigen Jugend in Besitz gehalten. Der Büfettraum war von fünfzehn oder achtzehn jungen Leuten angefüllt, Töchtern und Söhnen der Stadt, darunter Klaus Heinrich. Es war eine Art Privatball dort. Man tanzte zu den Klängen der Musik, die aus dem Hauptsaal hereinscholl.

Vorübergehend wurde der Doktor Überbein hier gesehen, des Prinzen Studienlehrer, der eine kurze Unterredung mit seinem Schüler hatte. Man hörte ihn, die Taschenuhr in der Hand, des Herrn von Knobelsdorff erwähnen, hörte ihn sagen, daß er sich drunten in der Bierstube aufhalte und wiederkommen werde, den Prinzen abzuholen. Dann ging er. Die Uhr war halb elf.

Und während er unten saß und bei einem Kruge Bier mit Bekannten konversierte, eine Stunde nur noch, anderthalb, nicht mehr, trugen sich im Büfettraum die anstößigen Vorgänge zu, jene eigentlich unbegreiflichen Ausschreitungen, denen er dann, leider zu spät, ein Ende machte.

Die Bowle, die getrunken wurde, war leicht, sie enthielt mehr kohlensaures Wasser als Champagner, und wenn die jungen Leute das innere Gleichgewicht verloren hatten, so war eher der Tanzrausch daran schuld als der Geist des Weines. Aber bei des Prinzen Charakter und der gutbürgerlichen Herkunft der übrigen Gesellschaft genügte das nicht zur Erklärung dessen, was geschah. Hier wirkte, auf beiden Seiten, ein anderer, eigenartiger Rausch … Das Seltsame war, daß Klaus Heinrich die einzelnen Stadien dieses Rausches genau verfolgte und dennoch unfähig oder ohne Willen war, ihn abzuschütteln.

Er war glücklich. Er fühlte auf seinen Wangen dieselbe Hitze brennen, die er auf den Gesichtern der anderen sah, und sein Blick, verdunkelt von einer weichen Verwirrung, flog umher, umfaßte begeistert eine Gestalt nach der anderen und sagte: »Wir!« Auch sein Mund sagte es, sagte mit innerlich seliger Stimme lauter Sätzchen, in denen ein Wir enthalten war. »Wir wollen uns setzen, wir wollen wieder tanzen, wir wollen trinken, wir machen zwei Karrees aus …« Besonders zu dem Mädchen mit den Schlüsselbeinen sagte Klaus Heinrich Dinge mit »Wir«. Er hatte seiner linken Hand vollständig vergessen, sie hing hinab, er fühlte sich nicht gehemmt von ihr in der Freude und dachte nicht daran, sie zu verbergen. Manche sahen jetzt erst, wie es eigentlich damit stand und blickten neugierig oder mit einer unbewußten Grimasse auf den dünnen und zu kurzen Arm im Frackärmel, auf den kleinen, schon etwas schmutzigen, weißen Glacéhandschuh, der die Hand bekleidete. Aber da Klaus Heinrich so ganz außer Sorge darum war, so faßte man auch in dieser Beziehung Mut, und es kam vor, daß jemand beim Rund- oder Reigentanz unbekümmert die mißgebildete Hand ergriff …

Er zog sie nicht zurück. Er fühlte sich getragen, mehr noch, umhergeworfen von Wohlwollen, einem starken, ausgelassenen Wohlwollen, das wuchs, sich an sich selbst erhitzte, das immer rücksichtsloser auf ihn eindrang, sich immer derber und atemnäher seiner bemächtigte, ihn triumphierend auf die Schultern nahm. Was ging vor? Das war schwer zu bestimmen, schwer festzuhalten. Worte lagen in der Luft, abgerissene Rufe, unausgesprochen, aber ausgedrückt in den Mienen, der Haltung, in dem, was getan und gesagt ward. »Er soll nur einmal …!« »Herunter, herunter, herunter mit ihm …« »Angefaßt, immer angefaßt …!« Ein kleines Mädchen mit Stülpnase, das ihn bei der Damenwahl zum Galopp aufforderte, sagte ohne ersichtlichen Zusammenhang ganz deutlich »Ach was!«, als es sich anschickte, mit ihm davonzujagen.

Er sah eine Lust in aller Augen glimmen und sah, daß es ihre Lust war, ihn zu sich hinabzuziehen, ihn bei sich unten zu haben. In sein Glück, seinen Traum, mit ihnen, unter ihnen, einer von ihnen zu sein, drang es von Zeit zu Zeit wie eine kalte, stechende Wahrnehmung, daß er sich täuschte, daß das warme, herrliche »Wir« ihn trog, daß er dennoch nicht aufging in ihnen, sondern Mittelpunkt und Gegenstand blieb, doch anders als sonst, und im argen. Es waren Feinde gewissermaßen, er sah es an der Zerstörungslust ihrer Augen. Er hörte wie von fern, mit einem seltsam heißen Erschrecken, wie das schöne Mädchen mit den großen weißen Händen ihn einfach bei Namen rief – und er fühlte wohl, daß es in anderem Sinne geschah, als wenn Doktor Überbein ihn so nannte. Sie hatte Recht und Erlaubnis dazu, auf gewisse Weise, aber hütete denn niemand hier seine Würde, wenn er es nicht selber tat? Ihm war, als rissen sie an seinen Kleidern, und zuweilen brach es wild und höhnisch hervor aus dem Übermut. Ein langer, blonder, junger Mensch mit Zwicker, mit dem er beim Tanzen zusammenstieß, rief laut, daß es alle hörten: »Muß das sein?« Und es lag Bosheit darin, wie das schöne junge Mädchen, ihren Arm in seinem, sich mit ihm herumwirbelte, lange und mit bloßgelegten Zähnen, bis zum äußersten Schwindel. Er blickte, indes sie wirbelten, mit schwimmenden Augen auf die Schlüsselbeine, die sich, überspannt von der weißen, ein wenig körnigen Haut, an ihrem Halse abzeichneten …

Sie stürzten. Sie hatten es zu toll getrieben und fielen hin, als sie versuchten, den Wirbel zum Stehen zu bringen; und über sie stolperte ein zweites Paar, nicht ganz von selbst übrigens, gestoßen vielmehr von dem langen jungen Menschen mit Zwicker. Es gab ein Drunter und Drüber am Boden, und über sich im Zimmer hörte Klaus Heinrich den Chor, den er vom Schulhof kannte, wenn er zur Erfrischung einen freien Scherz versucht hatte, ein »Ho, ho, ho!«, nur böser hier und entzügelter …

Als kurz nach Mitternacht, mit einiger Verspätung leider, Doktor Überbein auf der Schwelle des Büfettzimmers erschien, bot sich ihm folgender Anblick. Sein junger Schüler saß allein auf dem grünen Plüschsofa an der linken Seitenwand, in derangiertem Frackanzug und auf allerlei Weise geschmückt. Eine Menge Blumen, die vorher in zwei chinesischen Vasen das Büfett geziert hatten, staken in dem Ausschnitt seiner Weste, zwischen den Knöpfen seines Hemdeinsatzes, ja selbst in seinem Stehkragen; um seinen Hals lag die goldene Kette, die dem Mädchen mit den Schlüsselbeinen gehörte, und auf seinem Kopf balancierte als Hut der flache, metallene Deckel einer Bowle. Er murmelte: »Was tun Sie … Was tun Sie …«, indes die Tanzgesellschaft, sich im Halbkreise an den Händen haltend, mit halb unterdrücktem Jubeln, Kichern, Prusten und Ho, ho, ho vor ihm nach rechts und links einen Reigen vollführte.

In Doktor Überbeins grünlichem Gesicht entstand unterhalb der Augen eine Röte, die sich völlig sonderbar und unwahrscheinlich ausnahm. »Schluß! Schluß!« rief er mit seiner schallenden Stimme, und in der plötzlich eingetretenen Stille, Bestürzung, Ernüchterung ging er mit langen Schritten auf den Prinzen zu, entfernte mit zwei, drei Griffen die Blumen, warf die Kette, den Deckel beiseite, verneigte sich dann und sagte mit ernster Miene: »Darf ich Großherzogliche Hoheit nun bitten …«

»Ich war ein Esel, ein Esel!« wiederholte er draußen.

Klaus Heinrich verließ in seiner Begleitung den Bürgerball.

Dies war das peinliche Vorkommnis, das in Klaus Heinrichs Schuljahr fiel. Wie gesagt, sprach keiner der Beteiligten davon – auch dem Prinzen gegenüber berührte Doktor Überbein es in Jahren nicht wieder –, und da niemand der Sache Worte lieh, so blieb sie körperlos und verschwamm, wenigstens scheinbar, sofort in Vergessen.

Der Bürgerball war im Januar gewesen. Fastnachtsdienstag, mit dem Hofball, und die große Cour im Alten Schloß, mit welcher die gesellige Jahreszeit sich endigte – regelmäßige Festlichkeiten, denen Klaus Heinrich noch fernblieb –, lagen zurück. Dann kam Ostern und mit ihm der Abschluß des Gymnasialjahrs: Klaus Heinrichs Maturitätsexamen, jene schöne Förmlichkeit, bei der auf seiten der Professoren die Frage: »Nicht wahr, Großherzogliche Hoheit?« so oftmals wiederkehrte, und bei welcher der Prinz seinen hervorragenden Platz in angenehmer Haltung ausfüllte. Das war kein tiefer Einschnitt; Klaus Heinrich verblieb noch in der Residenz. Aber nach Pfingsten rückte sein achtzehnter Geburtstag heran und zugleich ein Komplex von feierlichen Handlungen, mit denen ein ernster Wendepunkt seines Lebens begangen wurde und die ihm tagelang einen hohen und angespannten Dienst auferlegten.

Er ward volljährig, ward mündiggesprochen. Zum erstenmal wieder, seit seiner Taufe, war er Mittelpunkt jeder Aufmerksamkeit und Träger der Hauptrolle bei einer großen Zeremonie; aber während er sich damals still, verantwortungslos und duldend der Form hatte überlassen dürfen, die um ihn waltete, ihn trug, oblag es ihm heute, inmitten ihrer bindenden Vorschriften und streng geschwungenen Linien, umwallt von dem Faltenwurf ihrer bedeutenden Gebräuche, zu Wohlgefallen und Erhebung der Schauenden sich in Haltung und schöner Zucht doch mit scheinbarer Leichtigkeit darzustellen.

Übrigens ist nicht nur bildlicherweise von einem Faltenwurf die Rede, denn der Prinz trug einen Purpurmantel bei dieser Gelegenheit, ein verschossenes und theatralisches Garderobestück, das schon seinem Vater und Großvater bei ihrer Mündigsprechung gedient hatte und trotz tagelanger Lüftung nicht frei von Kampferduft war. Der Purpurmantel hatte ehemals zur Ordenstracht der Ritter vom Grimmburger Greifen gehört, war aber nun nicht anders mehr, denn als Zeremonienkleid für volljährig werdende Prinzen noch in Gebrauch. Albrecht, der Erbgroßherzog, hatte das Familienexemplar niemals getragen. Da sein Wiegenfest in den Winter fiel, verbrachte er es stets im Süden, an einem Ort mit warmer und trockener Luft, wohin er auch diesen Herbst sich wieder zu wenden gedachte, und da zur Zeit seines achtzehnten Geburtstages sein Befinden ihm nicht die Reise in die Heimat gestattet hatte, so hatte man sich beschieden, ihn in seiner Abwesenheit amtlich mündigzusprechen und auf den höfischen Festakt Verzicht zu leisten.

Was Klaus Heinrich betraf, so herrschte, besonders auch unter den Vertretern der Öffentlichkeit, nur eine Stimme, daß der Mantel ihn trefflich kleide, und er selbst empfand ihn, trotz der Behinderung, die er seinen Bewegungen auferlegte, als Wohltat, da er es ihm erleichterte, seine linke Hand zu verbergen. Zwischen dem Himmelbett und den bauchigen Schränken seines Schlafzimmers, das im zweiten Stockwerk gegen den Hof mit dem Rosenstock gelegen war, bereitete er sich zur Repräsentation, umständlich und genau, mit Hilfe des Kammerlakaien Neumann, eines stillen und akkuraten Menschen, der ihm kürzlich als Garderobier und persönlicher Diener zugeteilt worden war. Neumann war vom Friseurgewerbe ausgegangen und hauptsächlich in der Richtung seines ursprünglichen Berufes von jener leidenschaftlichen Gewissenhaftigkeit, jenem ungenügsamen Wissen um das Ideal erfüllt, aus welchem das höhere Können erwächst. Er barbierte nicht wie irgendeiner, er beruhigte sich nicht dabei, daß keine Bartstoppel stehenblieb; er barbierte so, daß jeder Schatten des Bartes, jede Erinnerung daran ausgetilgt wurde, und stellte, ohne die Haut zu verletzen, ihre vollkommene Weichheit und Glätte wieder her. Er beschnitt Klaus Heinrichs Haar genau rechtwinklig über den Ohren und ordnete es mit all dem Fleiß, den seiner Einsicht nach diese Vorbereitung zum zeremoniellen Auftreten erforderte. Er wußte den Scheitel zu ziehen, daß er über dem linken Auge ansetzte und schräg über den Kopf hin durch den Wirbel lief, damit dort oben weder Strähne noch Härchen sich erhöben; wußte das Haar auf der rechten Seite zu einem festen Hügel aus der Stirn zurückzubürsten, dem kein Hut oder Helm etwas anhaben konnte. Dann preßte Klaus Heinrich mit seinem Beistand sich sorgfältig in die Leibgrenadier-Leutnantsuniform, deren hoher, betreßter Kragen und fester Sitz eine beherrschte Haltung begünstigte, legte das zitronengelbe Seidenband, die flache goldene Kette des Hausordens an und begab sich hinunter in die Bildergalerie, wo die Mitglieder der engeren Familie und auswärtige Verwandte des großherzoglichen Paares harrten. Die Hofstaaten warteten im anstoßenden Rittersaal; und dort war es, wo Johann Albrecht selbst seinen Sohn mit dem roten Mantel bekleidete.

Herr von Bühl zu Bühl hatte einen Zug zusammengestellt, den zeremoniellen Zug, in welchem man sich vom Rittersaal in den Thronsaal begab – er hatte ihn nicht wenig Kopfzerbrechen gekostet. Die Zusammensetzung des Hofes erschwerte eine eindrucksvolle Anordnung, und namentlich beklagte Herr von Bühl sich über den Mangel an Oberhofämtern, der bei solchen Gelegenheiten aufs empfindlichste hervorträte. Neuerdings unterstand Herrn von Bühl auch der Marstall, und er fühlte sich seinen sämtlichen Ämtern gewachsen. Aber er fragte jedermann, woher er einen würdigen Vorantritt nehmen solle, da die obersten Chargen einzig und allein durch den Oberhofjägermeister von Stieglitz und den Intendanten der Großherzoglichen Schauspiele, einen fußleidenden General, vertreten seien.

Während er als Oberhofmarschall, Oberzeremonienmeister und Hausmarschall, in seinem gestickten Kleide und seinem braunen Toupet, mit Orden bedeckt wie ein Ballkönig und dem goldenen Zwicker auf der Nase, schwänzelnd und seinen hohen Stab vor sich hinsetzend hinter den Kadetten schritt, die als Pagen kostümiert, den Scheitel über dem linken Auge, den Zug eröffneten, überdachte er sorgenvoll, was hinter ihm kam. Ein paar Kammerherren – nicht viele, denn man brauchte ihrer noch am Ende des Zuges –, den Federhut unterm Arm und den Schlüssel an der hinteren Taillennaht, folgten ihm in seidenen Strümpfen auf dem Fuße. Herr von Stieglitz und die hinkende Schauspiel-Exzellenz schritten danach dem Prinzen Klaus Heinrich voraus, der, in seinem Mantel zwischen dem hohen Elternpaar, gefolgt von seinen Geschwistern Albrecht und Ditlind, den eigentlichen Kern des Zuges bildete. Im Rücken der höchsten Herrschaften hielt sich zunächst, mit spielenden Augenfältchen, der Hausminister und Konseilpräsident von Knobelsdorff. Eine kleine Gruppe von Adjutanten und Palastdamen schloß sich an. General Graf Schmettern und Major von Platow, ein Graf Trümmerhauff, Vetter des Hof-Finanzdirektors, als militärischer Begleiter des Erbgroßherzogs, und die Damen der Großherzogin unter der Führung der kurz atmenden Freifrau von Schulenburg-Tressen. Dann folgten, geleitet und gefolgt von Adjutanten, Kammerherren und Hofdamen, Prinzessin Katharina mit ihrer rotköpfigen Nachkommenschaft, Prinz Lambert mit seiner zierlichen Gemahlin und die auswärtigen Verwandten oder ihre Vertreter. Pagen beschlossen den Zug.

So ging es gemessenen Schrittes vom Rittersaal durch die Schönen Zimmer, den Saal der zwölf Monate und den Marmorsaal in den Thronsaal. Lakaien, rötlich-goldene Fangschnüre auf ihren braunen Galafräcken, standen paarweise und theatralisch an den geöffneten Flügeltüren. Durch die weiten Fenster fiel überall heiter und rücksichtslos die Junivormittagssonne herein.

Klaus Heinrich sah sich um bei diesem Ehrengange zwischen seinen Eltern durch die umschnörkelte Öde, den schadhaften Prunk der Repräsentationsräume, denen die Verklärung künstlichen Lichtes fehlte. Der helle Tag beschien fröhlich und nüchtern ihren Verfall. Die großen Lustres an ihren mit Stoff umkleideten Stangen ließen, für diesen Tag ihrer Hüllen entledigt, dichte Haine von flammenlosen Kerzen emporstarren; aber überall fehlten Prismen, waren Kristallgirlanden zerrissen in ihren Kronen, so daß sie einen angefressenen und zahnlückigen Eindruck machten. Der seidene, damastene Bezug der Staatsmöbel, die steif geschwungen, weitarmig und in eintöniger Anordnung an den Wänden paradierten, war fadenscheinig, die Vergoldung ihrer Gestelle abgestoßen; große blinde Flecken unterbrachen die Lichtfelder der hohen, von Wandkandelabern flankierten Spiegel, und der Faltensturz der Vorhänge, entfärbt zum Teil und verblichen an den gerafften Stellen, ließ da und dort den Tag durch Mottenlöcher scheinen. Mehrfach hatten sich die vergoldeten, versilberten Leisten der Tapetenfelder gelöst und standen verwahrlost ab von der Wand, ja, in dem Silbersaal der Schönen Zimmer, wo der Großherzog feierliche Gruppenempfänge vorzunehmen pflegte und in dessen Mitte ein Perlmuttertischchen mit silbernem, baumstumpfartigem Fuße stand, war einfach ein Stück des Silberstuckes vom Plafond heruntergefallen, und eine große, weiße, gipserne Lücke war nun dort oben zu sehen …

Aber warum schien es bei alledem, als ob diese Räume dennoch dem nüchternen, lachenden Tageslicht standhielten, ihm stolz und abweisend Widerpart boten? Klaus Heinrich betrachtete von der Seite seinen Vater … Der Zustand der Gemächer schien ihn nicht zu beirren. Von jeher kaum mittelgroß, war der Großherzog mit den Jahren fast klein geworden. Aber er schritt herrisch zurückgeworfenen Hauptes, das zitronengelbe Ordensband über der Generalsuniform, die er heute, obgleich er ohne militärische Neigungen war, angelegt hatte; unter der hohen und kahlen Stirn, den ergrauten Brauen blickten seine Augen, blau und matt umschattet, mit müdem Hochmut ins Weite, und von dem spitzgedrehten weißen Schnurrbärtchen liefen die beiden tief durch die altersgelbe Haut schürfenden Furchen mit einem verächtlichen Ausdruck in den Backenbart hinab … Nein, der klare Tag konnte den Sälen nichts anhaben; die Schadhaftigkeit tat ihrer Würde nicht nur keinen Abbruch, sondern erhöhte sie sogar gewissermaßen. In ihrer hohen Unbehaglichkeit, ihrer szenenmäßigen Symmetrie, ihrer seltsam dumpfigen Bühnen- oder Kirchenatmosphäre standen sie fremd und mit kaltem Verzicht der luftigen und warm durchsonnten Welt da draußen entgegen – strenge Stätten eines darstellerischen Kultes, an denen Klaus Heinrich heute zum erstenmal feierlichen Dienst tat …

Zwischen dem Lakaienpaar hindurch, das mit einem Ausdruck von Unerbittlichkeit die Lippen zusammenpreßte und die Augen schloß, hielt man Einzug in die weiß-goldene Weite des Thronsaales. Andächtige Übungen, ein Sinken und Wogen, Scharren, Beugen und Salutieren fing an und setzte sich fort durch den Saal, wie man an der Front der Festgäste vorüberzog. Es waren Diplomaten mit ihren Damen, Hof- und Landadel, das Offizierkorps der Residenz, die Minister, unter denen man die gezwungen zuversichtliche Miene des neuen Finanzministers Doktor Krippenreuther gewahrte, die Ritter des Großen Ordens vom Grimmburger Greifen, die Präsidenten des Landtags, allerlei Würdenträger. Aber hoch oben in der kleinen Loge, die an der Entreeseite über dem großen Spiegel gelegen war, bemerkte man die Vertreter der Presse, die emsig notierend einander über die Schultern blickten … Vor dem Thronbaldachin, einem ebenmäßig gerafften Sammetarrangement, von Straußenfedern gekrönt und mit Goldborten eingefaßt, die der Auffrischung bedurft hätten, teilte sich der Zug wie bei einer Polonäse, führte genau vorgeschriebene Evolutionen aus. Die Edelknaben, die Kammerherren schwenkten nach rechts und links, Herr von Bühl ging mit dem Throne zugekehrtem Antlitz und erhobenem Stabe rückwärts und blieb inmitten des Saales stehen. Das Großherzogliche Paar und seine Kinder stiegen die gerundeten, rot ausgeschlagenen Stufen hinan zu den weit ausladenden und vergoldeten Theaterstühlen, die dort oben standen. Die übrigen Mitglieder des Hauses ordneten sich mit den auswärtigen Hoheiten zu beiden Seiten des Thrones, hinter ihnen stellte sich das Gefolge, die Ehrendamen, die diensttuenden Kavaliere auf, und Pagen besetzten die Stufen. Auf einen Handwink Johann Albrechts eilte Herr von Knobelsdorff, der vorerst gegenüber dem Throne Posten gefaßt hatte, mit lächelnden Augen und in einer bestimmten Bogenlinie auf das mit Sammet behangene Tischchen zu, das seitwärts vor den Stufen stand, und begann an der Hand von mehreren Dokumenten mit den amtlichen Formalitäten.

Klaus Heinrich ward für mündig erklärt und damit für fähig und berechtigt, wenn die Not es erheischte, die Krone zu tragen. Aller Augen waren auf ihn gerichtet an dieser Stelle – und auf Albrechts, seines älteren Bruders, Königliche Hoheit, der neben ihm stand. Der Erbgroßherzog trug die Rittmeisteruniform des Husarenregimentes, dem er dem Namen nach angehörte. Aus seinem mit Silber betreßten Kragen ragte unmilitärisch weit der weiße Zivilstehkragen hervor, und darauf ruhte sein feiner, kluger und kränklicher Kopf mit dem langen Schädel und den schmalen Schläfen, dem strohblonden, noch formlosen Bart auf der Oberlippe und den blauen, einsam blickenden Augen, die den Tod gesehen hatten … Kein Reiterkopf eben, aber so schlank und unnahbar adelig, daß der Klaus Heinrichs mit seinen volkstümlichen Backenknochen fast plump dagegen erschien. Der Erbgroßherzog machte seinen kleinen Mund, während alle ihn ansahen, schob ein wenig seine kurze, gerundete Unterlippe empor, indem er leicht damit an der oberen sog.

Sämtliche Orden des Landes wurden dem volljährig gewordenen Prinzen verliehen, auch das Albrechtskreuz und der Große Orden vom Grimmburger Greifen, abgesehen vom Hausorden zur Beständigkeit, dessen Insignien er seit seinem zehnten Geburtstage besaß. Und dann fand große Gratulation statt, in Form einer Defiliercour, geleitet von dem schwänzelnden Herrn von Bühl – woran sich das Galafrühstück im Marmorsaal und im Saal der zwölf Monate schloß …

Während der nächsten Tage wurden die auswärtigen Fürstlichkeiten unterhalten. In Hollerbrunn ward ein Gartenfest abgehalten, mit Feuerwerk und Tanz für die höfische Jugend im Park. Feierliche Lustfahrten mit Pagen durch das sommerliche Land nach Monbrillant, nach Jägerpreis, nach der Ruine Haderstein wurden unternommen, und das Volk, dieser untersetzte Schlag mit den grübelnden Augen und den zu hoch sitzenden Wangenknochen, gratulierte, indem es an den Wegen stand und Lebehochs ausbrachte auf sich selbst und seine Repräsentanten. In der Residenz hing Klaus Heinrichs Photographie in den Fenstern der Kunsthändler, und der »Eilbote« brachte sogar gedruckt ein Bildnis von ihm, eine populäre und seltsam idealisierte Zeichnung, die den Prinzen im Purpurmantel darstellte. Aber dann kam nochmals ein großer Tag: Klaus Heinrichs formelle Einstellung ins Heer, in das Regiment der Leibgrenadiere, ward vorgenommen.

Das ging so zu. Das Regiment, dem die Ehre zuteil werden sollte, Klaus Heinrich zu seinen Offizieren zu zählen, war auf dem Albrechtsplatz in offenem Viereck aufgestellt. Viele Federbüsche wehten in der Mitte; die Prinzen des Hauses, die Generale waren anwesend. Das Publikum, schwärzlich gegen das bunte Tableau, staute sich hinter den Absperrungslinien. Photographische Apparate waren an mehreren Stellen auf den Ort der Handlung gerichtet. Die Großherzogin sah mit den Prinzessinnen und ihren Damen von den Fenstern des Alten Schlosses dem Schauspiele zu.

Klaus Heinrich, als Leutnant gekleidet, meldete sich zunächst in aller Form beim Großherzog im Schloß. Ernst, ohne an ein Lächeln zu denken, trat er vor seinen Vater hin, um ihm mit geschlossenen Beinen dienstlich kundzumachen, daß er zur Stelle sei. Der Großherzog dankte ihm kurz, gleichfalls ohne ein Lächeln, und begab sich dann auch seinerseits, gefolgt von seinen Adjutanten, in großer Uniform und mit flatterndem Federbusch, auf den Platz hinab. Klaus Heinrich trat vor die gesenkte Fahne, ein gesticktes, vergilbtes und halbzerfetztes Seidentuch, und leistete den Eid. Der Großherzog hielt in abgerissenen Sätzen und mit einer scharfen Kommandostimme, deren er sich eigens zu diesem Zwecke bediente, eine Ansprache, worin er seinen Sohn »Eure Großherzogliche Hoheit« anredete, und drückte dem Prinzen öffentlich die Hand. Der Oberst der Leibgrenadiere brachte mit rotem Gesicht ein Hoch auf den Großherzog aus, in das die Gäste, das Regiment und das Publikum einstimmten. Eine Parade schloß sich an, und das Ganze endigte mit einem militärischen Frühstück im Schloß.

Dieser schöne Akt auf dem Albrechtsplatze war ohne praktische Bedeutung, er trug seinen Wert in sich selbst. Klaus Heinrich trat nun keineswegs den Frontdienst an, sondern begab sich noch am selben Tage mit seinen Eltern und Geschwistern nach Hollerbrunn, um dort, in den kühlen, altfränkischen Zimmern am Fluß, zwischen den mauerähnlichen Hecken des Parks, den Sommer zu verbringen und dann, im Herbst, die Universität zu beziehen. Denn so entsprach es dem vorgezeichneten Plane seines Lebens: Im Herbst bezog er auf ein Jahr die Universität, nicht die der Residenz, sondern die zweite des Landes, und zwar in Begleitung Doktor Überbeins, seines Studienlehrers.

Die Berufung dieses jungen Gelehrten zum Mentor war wiederum auf einen besonderen, lebhaft vertretenen Wunsch des Prinzen zurückzuführen, und gerade was die Persönlichkeit des Gouverneurs und älteren Kameraden betraf, den Klaus Heinrich während dieses Jahres studentischer Freiheit an seiner Seite sehen sollte, so glaubte man an maßgebender Stelle seine ausgesprochene Willensmeinung berücksichtigen zu müssen. Gleichwohl sprach manches gegen diese Wahl; sie war unpopulär, wurde wenigstens in weiteren Kreisen laut oder leise mißbilligt.

Raoul Überbein war nicht beliebt in der Residenz. Seine Rettungsmedaille und seine ganze beängstigende Strebsamkeit in Ehren, aber dieser Mann war kein angenehmer Mitbürger, kein liebenswürdiger Kollege, kein einwandfreier Beamter. Die Wohlwollendsten sahen in ihm einen Sonderling von verbissener und unselig rastloser Gemütsart, der keinen Sonntag, keinen Feierabend, kein Ausspannen kannte und es nicht verstand, nach erfüllter Berufspflicht ein Mensch unter Menschen zu sein. Dieser natürliche Sohn einer Abenteurerin hatte sich mittellos aus den Tiefen der Gesellschaft, aus einer dunklen und aussichtslosen Jugend mit zäher Willenskraft zum Volksschullehrer, zum akademischen Würdenträger, zum Gymnasialdozenten emporgearbeitet, hatte es erlebt – »erreicht«, wie manche sagten –, daß er ins Fasaneriekonvikt als Lehrer eines großherzoglichen Prinzen berufen wurde; und dennoch gelangte er zu keiner Ruhe, keinem Genügen, keinem behaglichen Genuß des Lebens … Aber das Leben, wie irgendein guter Kopf ganz zutreffend im Hinblick auf Doktor Überbein bemerkte, das Leben geht in Beruf und Leistung nicht auf, es hat seine rein menschlichen Anforderungen und Pflichten, die außer acht zu lassen eine schwerere Sünde bedeutet als etwa eine gewisse Jovialität gegen sich und andere auf dem Gebiete der Arbeit, und eine harmonische Persönlichkeit darf jedenfalls nur genannt werden, wer jedem Teile, dem Beruf und der Menschlichkeit, dem Leben und der Leistung das seine zu geben versteht. Überbeins Mangel an kollegialem Empfinden mußte gegen ihn einnehmen. Er mied jede gesellige Gemeinschaft mit seinen Amtsgenossen, und sein freundschaftlicher Verkehr beschränkte sich auf die Person eines Herrn aus anderer wissenschaftlicher Sparte, eines Arztes und Kinderspezialisten mit dem unsympathischen Namen Sammet, der übrigens großen Zulauf hatte und mit dem Überbein vielleicht in gewissen Charakterzügen übereinstimmte. Aber höchst selten – und auch dann nur gleichsam aus Gnade – fand er sich etwa an dem Stammtisch ein, der die Gymnasiallehrer nach des Tages Müh und Last zu einem Glase Bier, einem Kartenspiel, einem zwanglosen Gedankenaustausch über öffentliche und persönliche Fragen um sich vereinigte – sondern er verbrachte seine Abende und, wie man von seiner Wirtin wußte, auch einen großen Teil der Nacht mit wissenschaftlicher Arbeit in seinem Studierzimmer –, während seine Gesichtsfarbe beständig grünlicher wurde und die Überspannung ihm in den Augen zu lesen war. Die Behörde hatte sich kurz nach seiner Rückkehr von Schloß Fasanerie veranlaßt gesehen, ihn zum Oberlehrer zu ernennen. Was wollte er noch werden? Direktor? Hochschulprofessor? Unterrichtsminister? Fest stand, daß sich in der Maß- und Friedlosigkeit seines Strebens Unbescheidenheit und Überheblichkeit verbarg – oder vielmehr nicht verbarg. Sein Gehaben, seine laute, scharf schwadronierende Redeweise ärgerte, reizte, erbitterte. Er wahrte gegen ältere und ihm übergeordnete Mitglieder des Lehrkörpers den Ton nicht, der ihm zukam. Er benahm sich väterlich gegen jedermann, vom Direktor bis zum geringsten Hilfslehrer, und seine Art, von sich selbst als von einem Manne zu reden, der »sich den Wind hatte um die Nase wehen lassen«, von »Schicksal und Strammheit« zu rodomontieren und dabei seine wohlwollende Geringschätzung all derer an den Tag zu legen, die »es nicht nötig hatten« und »sich des Morgens eine Zigarre anzündeten«, war zweifellos dünkelhaft. Seine Schüler hingen an ihm, er erzielte ausgezeichnete Ergebnisse mit ihnen, das traf zu. Aber im übrigen besaß der Doktor viele Feinde in der Stadt, mehr, als er sich träumen ließ, und das Bedenken, sein Einfluß auf den Prinzen möchte kein wünschenswerter sein, trat sogar in einem Teile der Presse zutage …

Jedenfalls erhielt Überbein Urlaub von der Lateinschule, besuchte zunächst allein, als Quartiermacher, das berühmte Studentenstädtchen, in dessen Mauern Klaus Heinrich das Jahr seiner Burschenherrlichkeit verbringen sollte, und wurde bei seiner Rückkehr von dem Minister des Großherzoglichen Hauses, Exzellenz von Knobelsdorff, in Audienz empfangen, um die üblichen Instruktionen entgegenzunehmen. Ihr Inhalt war, das nahezu wichtigste Ergebnis dieses Jahres habe darin zu bestehen, daß auf dem gemeinsamen Boden akademischer Ungebundenheit zwischen dem Fürstensohn und der studentischen Jugend eine kameradschaftliche Überlieferung geschaffen werde, und zwar aus allgemeinem dynastischen Interesse – feststehende Redewendungen, die von Herrn von Knobelsdorff ziemlich obenhin vorgebracht wurden, und die Doktor Überbein mit stummer Verbeugung entgegennahm, indem er seinen Mund mitsamt dem roten Bart ein wenig seitwärts zog. Dann erfolgte Klaus Heinrichs Abreise, mit seinem Mentor, einem Dogcart und einiger Dienerschaft, auf die Universität.

Ein schönes, vom Reize musischer Freiheit umwobenes Jahr in den Augen des Publikums und im Spiegel der öffentlichen Berichterstattung – doch ohne sachliches Schwergewicht in jeder Beziehung. Befürchtungen, die etwa dahin gegangen waren, Doktor Überbein möchte verfehlter- und mißverständlicherweise den Prinzen mit allzu schwerfälligen Ansprüchen in gegenständlich wissenschaftlicher Richtung behelligen, wurden zerstreut. Im Gegenteil wurde deutlich, daß der Doktor zwischen seiner eigenen ernsten und der hohen Daseinsform seines Schülers wohl zu unterscheiden wisse. Andererseits blieb es (gleichviel, ob durch Schuld des Mentors oder des Prinzen selbst) auch in bezug auf die Instruktion, auf Ungebundenheit und zwanglose Kameradschaft bei einer maßvollen und rein sinnbildlichen Andeutung, so daß als das Wesentliche und Eigentliche dieses Jahres weder das eine noch das andere, weder die Wissenschaft noch die Ungebundenheit gelten konnte. Das Wesentliche und Eigentliche war vielmehr, wie es schien, das Jahr an sich selbst, als Brauch und schöne Umständlichkeit, der sich Klaus Heinrich in angemessener Haltung unterzog, wie er sich den darstellerischen Übungen an seinem letzten Geburtstag unterzogen hatte – nur jetzt nicht mit einem Purpurmantel, sondern zuweilen mit einer farbigen Studentenmütze, einem sogenannten Stürmer angetan, in deren Schmuck ihn der »Eilbote« seinem Leserkreise alsbald im Bilde vorführte.

Was das Studium betraf, so vollzog sich die Immatrikulation ohne besondere Feierlichkeit, doch nicht ohne einen Hinweis auf die Ehre, welche der Hochschule durch Klaus Heinrichs Aufnahme zuteil werde; und die Vorlesungen, denen er beiwohnte, begannen mit dem Anruf: »Großherzogliche Hoheit!« Von der hübschen grünumwachsenen Villa, die das Hofmarschallamt seines Vaters ihm in einer vornehmen und nicht zu teuren Gartenstraße gemietet hatte, fuhr er, einen Diener hinter sich, vom Straßenpublikum bemerkt und begrüßt, auf seinem Dogcart zu den Vorlesungen, und er saß dort in dem Bewußtsein, daß alle diese Gegenständlichkeit für seinen hohen Beruf unwesentlich und unnötig sei, doch mit einer Miene höflicher Aufmerksamkeit. Liebenswürdige Anekdoten liefen um und erhoben die Herzen: wie der Prinz seine Teilnahme zu bekunden wisse. Gegen Ende eines Kollegiums über Naturkunde (denn Klaus Heinrich besuchte »des Überblicks wegen« auch solche Kollegien) hatte der Professor, zur Anschauung, eine Metallkugel mit Wasser gefüllt und angekündigt, das Wasser werde, zum Gefrieren gebracht, infolge der Ausdehnung die Metallhülle sprengen; das nächste Mal werde er die Bruchstücke vorzeigen. In diesem letzteren Punkte nun hatte er, wahrscheinlich aus Vergeßlichkeit, sein Wort nicht gehalten; man hatte im nächsten Kolleg die zersprungene Kugel nicht zu sehen bekommen. Da aber hatte Klaus Heinrich sich nach dem Ausfall des Experimentes erkundigt. Wie irgendeiner hatte er sich am Schluß der Vorlesung unter die Studenten gemischt, die den Professor interpellierend umstanden, und hatte an diesen in aller Schlichtheit die Worte gerichtet: »Ist die Bombe geplatzt?« – worauf der Professor zunächst ganz unfähig, sich zurechtzufinden, ihm schließlich in freudiger Überraschung, ja Bewegung, seinen Dank für das gütige Interesse zum Ausdruck gebracht hatte …

Klaus Heinrich war Gast einer Studentenkorporation – nur Gast, denn er durfte nicht fechten – und wohnte ein und das andere Mal, den Stürmer auf dem Kopf, ihren förmlichen Trinksitzungen bei. Aber da diejenigen, die über ihn wachten, wohl wußten, daß der abgespannte und blödselige Zustand, den der Genuß geistiger Getränke zur Folge hat, sich ganz und gar nicht mit seinem hohen Beruf vertrug, so durfte er auch nicht ernstlich trinken, und man war gehalten, auch in dieser Hinsicht Seiner Hoheit Rechnung zu tragen. Die rauhen Bräuche wurden auf ein sinniges Ungefähr beschränkt, der Verkehrston wurde vortrefflich wie einst in der obersten Gymnasialklasse, alte Lieder von frischer Poesie erklangen, und es waren im ganzen Gala- und Paradesitzungen, verklärte Abbilder ihrer Alltäglichkeit. Das »Du« war Vereinbarung zwischen Klaus Heinrich und den Korpsbrüdern, als Ausdruck und Grundlage zwangsloser Gemeinschaft. Aber die allgemeine Beobachtung war, daß es grundfalsch und gewaltsam klang, wie man es auch damit versuchte, und daß man jeden Augenblick, ohne es zu wollen, in die Anrede zurückfiel, in welcher Seiner Hoheit Erwähnung geschah.

Dies war die Wirkung seines Wesens, dieser freundlich und streng gefaßten, von keiner sachlichen Beteiligung jemals aufgelösten Haltung, die übrigens in dem Benehmen der Personen, mit denen der Prinz in Berührung kam, zuweilen ganz seltsame, ja komische Phänomene zeitigte. So zog er eines Abends, in einer Soiree, die einer seiner Professoren veranstaltete, einen Herrn ins Gespräch – einen korpulenten Mann schon vorgerückten Alters, Justizrat seinem Titel nach, der übrigens unbeschadet seiner gesellschaftlichen Geltung im Geruche eines großen Liederjahns und unzüchtigen alten Sünders stand. Das Gespräch, dessen Gegenstand gleichgültig ist und auch kaum festzustellen gewesen wäre, dauerte, da sich nicht gleich eine Ablösung fand, ziemlich lange. Und plötzlich, mitten in der Unterhaltung mit dem Prinzen, pfiff der Justizrat – flötete mit seinen dicken Lippen eine jener sinnlos trällernden Tonfolgen, wie man sie von sich gibt, wenn man in bedrängter Lage sorglose Unbefangenheit heucheln möchte, worauf er durch Räuspern und Husten die lächerliche Ungehörigkeit zu vertuschen suchte … Klaus Heinrich war solcher Erscheinungen gewohnt und ging mit zarter Nachsicht darüber hinweg. Er trat vielleicht in einen Laden, um auf eigene Faust irgendeinen Einkauf zu machen, und sein Eintritt hatte etwas wie eine kleine Panik zur Folge. Er tat seine Forderung, verlangte einen Knopf, dessen er bedurfte; aber das Ladenfräulein verstand ihn nicht, sie blickte verwirrt, ihre Geisteskräfte waren nur schwer auf den Knopf hinzulenken, waren ersichtlich von etwas anderem, Außer- und Übersachlichem auf das äußerste in Anspruch genommen – sie ließ mehreres hinfallen, warf in offenbarer Ratlosigkeit die Schachteln durcheinander, und Klaus Heinrich hatte Mühe, sie freundlich zu beschwichtigen.

So war, wie gesagt, seines Wesens Wirkung, und vielfach in der Stadt wurde es als Hochmut und tadelnswerte Menschenverachtung gedeutet. Andere freilich leugneten den Hochmut, und Doktor Überbein, mit dem man bei irgendeiner geselligen Gelegenheit darüber diskutierte, warf die Frage auf, ob – »jederlei Veranlassung zur Menschenverachtung bereitwillig zugegeben« – bei einer Entfernung von aller menschlichen Wirklichkeit, wie sie in diesem Falle bestehe, Verachtung eigentlich möglich sei. Ja, während man dies noch bedachte, stellte er in seiner unwidersprechlich schwadronierenden Weise die Behauptung hin, daß der Prinz die Menschen nicht nur nicht verachte, sondern sie sogar alle, auch die minderwertigsten, dermaßen respektiere, für voll nehme, ernst nehme, gut nehme, daß das arme überschätzte und überanstrengte Alltagsmenschenkind nur so schwitze …

Die Gesellschaft der Universitätsstadt hatte keine Zeit, sich hierüber schlüssig zu werden. Das Studienjahr war um, ehe man sich's versah, und Klaus Heinrich reiste ab, kehrte dem Programm seines Lebens gemäß in die väterliche Residenz zurück, um dort, trotz seines linken Armes, ein weiteres Jahr lang in vollem Ernst militärischen Dienst zu leisten. Er stand sechs Monate bei den Gardedragonern und befehligte die Herstellung von acht Schritt Distanz zu Lanzenübungen sowie die Bildung viereckiger Formationen, als ob es seine Sache gewesen wäre, wechselte dann die Waffe und trat, um auch in den Infanteriedienst Einblick zu tun, zu den Leibgrenadieren über. Er zog sogar auf die Schloßwache und kommandierte die Ablösung – ein Vorgang, dem viel Publikum beiwohnte. Er kam, den Stern auf der Brust, im Geschwindschritt aus der Wachtstube, stellte sich mit gezogenem Säbel an den Flügel der Kompanie und gab nicht ganz richtige Kommandos, was aber nicht schadete, da die braven Soldaten dennoch die richtigen Bewegungen ausführten. Auch saß er im Kasino an der Seite des Obersten beim Liebesmahl und verhinderte durch seine Anwesenheit, daß die Herren ihre Uniformkragen öffneten und sich nach Tische dem Glücksspiel überließen. Aber hierauf, nun zwanzigjährig, trat er eine »Bildungsreise« an – nicht mehr in Gesellschaft des Doktors Überbein, sondern in der eines militärischen Begleiters und Reisemarschalls, des Gardehauptmanns von Braunbart-Schellendorf, eines blonden Kavaliers, der bestimmt war, Klaus Heinrichs Adjutant zu bleiben, und dem durch diese Reise Gelegenheit gegeben wurde, Intimität und Einfluß zu gewinnen.

Klaus Heinrich sah nicht viel auf der Bildungsreise, die ihn weit herumführte und vom »Eilboten« eifrig verfolgt wurde. Er besuchte die Höfe, stellte sich den Souveränen vor, fuhr mit Herrn von Braunbart zu Galatafeln und erhielt bei seiner Abreise einen hohen Orden des Landes verliehen. Er nahm die Sehenswürdigkeiten in Augenschein, die Herr von Braunbart (der gleichfalls mehrere Orden erhielt) für ihn auswählte, und der »Eilbote« meldete von Zeit zu Zeit, daß der Prinz sich über ein Bild, ein Museum, ein Bauwerk gegen den führenden Direktor oder Konservator höchst anerkennend geäußert habe. Er reiste gesondert, geschützt und getragen von der ritterlichen Fürsorge des Herrn von Braunbart, der die Kasse führte, und dessen frommer Eifer verhütete, daß Klaus Heinrich am Ende der Fahrt auch nur imstande gewesen wäre, einen Koffer aufzugeben.

Zwei Worte, nicht mehr, mögen einem Zwischenspiel gewidmet sein, welches eine Großstadt des weiteren Vaterlandes zum Schauplatz hatte und durch Herrn von Braunbart mit aller gebotenen Sorgfalt in die Wege geleitet wurde. Herr von Braunbart besaß in dieser Stadt einen Kameraden, welcher, adelig, Rittmeister und Junggeselle, von seiner Seite mit einer jungen Dame aus der Theaterwelt, einer freundwilligen und dabei zuverlässigen Persönlichkeit, aufs engste verbunden war. Indem man, gemäß brieflicher Vereinbarung zwischen Herrn von Braunbart und seinem Kameraden, Klaus Heinrich mit dem Fräulein – und zwar in deren zweckdienlich ausgestattetem Heim – zusammenführte und die Bekanntschaft unter vier Augen sich hinlänglich vertiefen ließ, wurde auf gewissenhafte Art ein ausdrücklich vorgesehenes Bildungsziel der Reise erreicht, ohne daß es sich auch in diesem Falle für Klaus Heinrich um mehr als um eine beifällige Kenntnisnahme gehandelt hätte. Das verdiente Fräulein erhielt eine Erinnerungsgabe, und Herrn von Braunbarts Freund ward gelegentlich dekoriert. Nichts mehr hierüber. –

Klaus Heinrich bereiste auch die schönen Länder des Südens, inkognito, unter einem Decknamen von romanhaftem Adelsklang. Da saß er denn wohl, allein vielleicht auf eine Viertelstunde, gekleidet in ein Zivil von zurückhaltender Vornehmheit, unter anderen Fremden auf einer weißen Restaurationsterrasse über einem dunkelblauen See, und es mochte geschehen, daß man von einem anderen Tisch aus ihn beobachtete, ihn nach der Art Reisender einzuschätzen und gesellschaftlich unterzubringen versuchte. Was mochte er sein, dieser still und gefaßt blickende junge Mann? Man ging die bürgerlichen Sphären durch, paßte ihn versuchsweise in die kaufmännische, die militärische, die studentische ein. Aber es wollte nicht stimmen, nirgends so recht und ganz. – Man fühlte die Hoheit, aber niemand erriet sie.

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