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Felix ist im Gymnasium und vom Vater angewiesen, Fritzens Hausaufgaben zu überwachen. Der Älteste fühlt sich gewaltig. Glücklich vor allem macht ihn der Umstand, daß er mit dem Vater in engere Fühlung kommt. Fritz ist in der Schule unruhig und vorlaut, mancher unter den Lehrern nimmt ihm das übel und beauftragt den Musterschüler Felix, auf den Bruder bessernd einzuwirken. Felix erzählt alles dem Vater wieder und tut noch aus Eigenem manches an Befürchtungen oder düsteren Prophezeiungen hinzu. Das gibt viel Aufregung. Einmal schlägt der Vater Fritz mit dem Rohrstock über den Handrücken, daß aus einem kleinen Hautriß Blut tropft. Felix steht mit glitzernden Augen dabei. Er hat dem Jüngeren die Strafe verschafft. Fritz ist so maßlos entsetzt über den Bluttropfen, daß er nicht einmal weint — er starrt nur auf die kleine Wunde. Der Vater ist längst aus dem Zimmer, da kommt Max zurück. Der geht jeder Prügelszene aus dem Wege, sein ewig schlechtes Gewissen läßt ihn immer fürchten, es könnte auch für ihn was abfallen. Fritz stürzt auf ihn zu: „Der Lix hat wieder gepetzt, und da hat er mich blutig geschlagen, mit dem Stock, da!“ Der Kleine ist so außer sich, daß Max alle Schadenfreude vergißt und ihn zu trösten beginnt. Er zieht ihn in einen Winkel und schwört ihm zischelnd, sie wollten es dem Ältesten gemeinsam besorgen. Gründlich. Fritzl läßt das Weinen und sie schießen giftige Blicke auf Felix. Dem wird übel zumut. Er weiß, daß auch Max ihn nicht mehr liebt, seit er, auf des Vaters Geheiß, mit ihm Mathematik treibt. Felix hat sich verleiten lassen, dem Vater ein Wort über Maxens Faulheit zu sagen, es setzte einen Jagdhieb. — Nun hat er beide Brüder zu Feinden. Wird ihn der Vater schützen können?

Die beiden Jüngeren tuscheln noch immer. Dann geht es los: „Haschilipani, Maschitzki, Baribatzki, Baribatzki“, immer lauter, immer wilder, gehässiger. Felix fühlt, wie sie ihn belauern, daß sie ihn herausfordern wollen; er wehrt sich verzweifelt gegen die blinde Wut, die ihn packen will, sucht ruhig und unbeteiligt zu erscheinen. Umsonst. Die unsinnige Lautreihe tut auch diesmal ihre Wirkung. Schon duckt er den Kopf, hält sich die Ohren zu, will davonrennen, stößt dabei an Max, der sich ihm geschickt in den Weg gestellt hat, und sie raufen erbittert. Fritz schießt geschäftig aus dem Zimmer, um sich eine Waffe zu suchen. Im Vorhaus gerät er an den großen Werkzeugkasten, durchwühlt ihn rasch und bekommt eine messerscharfe englische Schneidezange in die Finger. Die faßt er mit beiden Händen und jagt ins Bubenzimmer zurück. Die beiden haben ausgerauft. Max sitzt in einem Winkel und reibt sich einen Kratzer an der Wange mit Speichel ein, Felix lehnt mit dem Rücken zum Zimmer an der Fensterbrüstung und starrt verbissen hinaus. Fritz schleicht ihn an, unhörbar, haßerfüllt, die Zange in beiden Händen. Jetzt ist er knapp hinter ihm, holt tief Atem, schnappt mit aller Kraft zu —.

Felix tut einen Schrei, der nichts Menschliches mehr hat. Der Vater fährt ins Zimmer, bereit, gewaltig einzugreifen. Da sieht er den Ältesten, beide Hände krampfhaft auf die Kehrseite gepreßt, Mund und Augen weit aufgerissen, als hätte ihm der erste Wehschrei allen Atem genommen. Fritz vor ihm, die Zange krampfhaft vor sich; zwischen den Schneidbacken steckt ein Stück Tuch und ein Fetzchen blutgetüpfeltes Weißzeug; der Knirps hat weit mehr Triumph als Schreck im Gesicht. Aus dem Winkel schielt Max, wie der Geist alles Bösen. — Da wird einen Augenblick lang Fritz wieder zum Stutzerle, den Vater freut die wehrhafte Rachsucht des Kleinen, dem Schleicher Felix gönnt er die derbe Lektion. Was Recht, was Unrecht! Ist er nicht Herr über seine Kinder? Er lacht laut auf und geht. Hinter ihm toben Max und Fritz ihre Siegesfreude aus, vorsichtshalber stumm, mit Blicken, Gebärden und Grimassen. Felix ist vernichtet.

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