115. Goethe an Kestner und Lotten.

v. 9. Jul. 1776 aus Weimar.

Liebe Kinder. Ich hab so vielerley von Stund zu Stund das mich herumwirft, ehmahls warens meine eigne Gefühle, iezt sind neben denen, noch die Verworrenheiten andrer Menschen die ich tragen und zurecht legen muss. So viel nur: ich bleibe hier, und kann da wo ich, und wie ich bin meines Lebens geniessen, und einem der edelsten Menschen, in mancherley Zuständen förderlich und dienstlich seyn. Der Herzog mit dem ich nun schon an die 9 Monate in der wahrsten und innigsten Seelen Verbindung stehe, hat mich endlich auch an seine Geschäffte gebunden, aus unsrer Liebschafft ist eine Ehe entstanden, die Gott seegne.

Er hat mir Siz und Stimme in seinem Geheimen Rath, und den Titel als Geheimer Legationsrath geben, und wir hoffen das beste.

Viel gute liebe Menschen giebts noch hier mit deren Allgemeiner Zufriedenheit ich da bleibe, ob ich gleich manchem nicht so recht anstehe. Addio behaltet mich lieb. d. 9. Jul. 76 Weimar

Schreibt mir was von euern Kindern. Matthäi hat mir einen Brief bracht.

G.

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