IV.

Ob die Meynung, welche Sie mir über den Gegensatz der Recitation und des Gesanges, in Ihrem letzten Briefe äußern, die wahre und richtige sey, will ich nicht entscheiden; so viel aber kann ich sagen: daß sich die meinige selbst sehr dahin neigt.[227] Sobald ich mich in einer ruhigen Lage befinde, theile ich meine Gesinnungen kürzlich mit.

Heute komme ich mit einem kleinen Ansuchen und zwar folgendem:

Zu der, durch den Tod unseres Batsch, erledigten Stelle, bey dem neuen Botanischen Institut, im Fürstengarten, zu Jena, ist unter andern auch Herr Doctor Schwägrichen [228] aus Leipzig empfohlen. Von seiner litterarischen Laufbahn, so wie von seinen Reißen und andern Bemühungen, sind wir so ziemlich unterrichtet; nun möchte ich aber noch von Ihnen ein vertraulich Wort, über seine Person, sein Äußeres, seine Lebensweise und seinen academischen Vortrag vernehmen.

Es ist mir bey Besetzung dieser Stelle außer dem Wohl des Ganzen auch noch mein eigenes Verhältniß vor Augen, indem das Institut seit seiner Gründung geleitet worden und meine Neigung zu diesen Kenntnissen mir einen sittlichen mittheilenden und umgänglichen Mann wünschenswerth macht.

Nächstens auch ein Wort über die Oper.

Mich zu geneigtem Andenken empfehlend.

Weimar am 6 December 1802.

Goethe

[227] Rochlitz hatte die Ansicht ausgesprochen und weiter ausgeführt, daß in der alten Tragödie nur die lyrischen Stellen gesungen worden seien, wo der Chor am Dialog Theil nehme, sei alles vom Chorführer allein gesprochen. Veranlassung dazu gab ihm das Gerücht, in Weimar solle eine alte Tragödie aufgeführt werden. Diese Briefe scheint Goethe im Sinne zu haben, Werke XXVII. S. 120.

[228] Professor der Naturwissenschaften in Leipzig.

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