Neapel, den 1. März.

Schon in Rom hatte man meinem eigensinnigen Einsiedlersinne, mehr als mir lieb war, eine gesellige Seite abgewonnen. Freilich scheint es ein wunderlich Beginnen, daß man in die Welt geht, um allein bleiben zu wollen. So hatte ich denn auch dem Fürsten von Waldeck nicht widerstehen können, der mich aufs freundlichste einlud und durch Rang und Einfluß mir Teilnahme an manchem Guten verschaffte. Kaum waren wir in Neapel angekommen, wo er sich schon eine Zeitlang aufhielt, als er uns einladen ließ, mit ihm eine Fahrt nach Pozzuoli und der anliegenden Gegend zu machen. Ich dachte heute schon auf den Vesuv, Tischbein aber nötigt mich zu jener Fahrt, die, an und für sich angenehm, bei dem schönsten Wetter in Gesellschaft eines so vollkommenen und unterrichteten Fürsten sehr viel Freude und Nutzen verspricht. Auch haben wir schon in Rom eine schöne Dame gesehen, nebst ihrem Gemahl von dem Fürsten unzertrennlich; diese soll gleichfalls von der Partie sein, und man hofft alles Erfreuliche.

Auch bin ich dieser edlen Gesellschaft durch frühere Unterhaltung genauer bekannt. Der Fürst nämlich fragte bei unserer ersten Bekanntschaft, womit ich mich jetzt beschäftige, und meine "Iphigenia" war mir so gegenwärtig, daß ich sie einen Abend umständlich genug erzählen konnte. Man ging drauf ein; aber ich glaubte doch zu merken, daß man etwas Lebhafteres, Wilderes von mir erwartet hatte.

Abends.

Von dem heutigen Tage wäre schwerlich Rechenschaft zu geben. Wer hat es nicht erfahren, daß die flüchtige Lesung eines Buchs, das ihn unwiderstehlich fortriß, auf sein ganzes Leben den größten Einfluß hatte und schon die Wirkung entschied, zu der Wiederlesen und ernstliches Betrachten kaum in der Folge mehr hinzutun konnte. So ging es mir einst mit "Sakontala", und geht es uns mit bedeutenden Menschen nicht gleicherweise? Eine Wasserfahrt bis Pozzuoli, leichte Landfahrten, heitere Spaziergänge durch die wundersamste Gegend von der Welt. Unterm reinsten Himmel der unsicherste Boden. Trümmern undenkbarer Wohlhäbigkeit, zerlästert und unerfreulich. Siedende Wasser, Schwefel aushauchende Grüfte, dem Pflanzenleben widerstrebende Schlackenberge, kahle, widerliche Räume und dann doch zuletzt eine immer üppige Vegetation, eingreifend, wo sie nur irgend vermag, sich über alles Ertötete erhebend, um Landseen und Bäche umher, ja, den herrlichsten Eichwald an den Wänden eines alten Kraters behauptend.

Und so wird man zwischen Natur—und Völkerereignissen hin und wider getrieben. Man wünscht zu denken und fühlt sich dazu zu ungeschickt. Indessen lebt der Lebendige lustig fort, woran wir es denn auch nicht fehlen ließen. Gebildete Personen, der Welt und ihrem Wesen angehörend, aber auch, durch ernstes Geschick gewarnt, zu Betrachtungen aufgelegt. Unbegrenzter Blick über Land, Meer und Himmel, zurückgerufen in die Nähe einer liebenswürdigen jungen Dame, Huldigung anzunehmen gewohnt und geneigt.

Unter allem diesem Taumel jedoch verfehlt' ich nicht, manches anzumerken. Zu künftiger Redaktion wird die an Ort und Stelle benutzte Karte und eine flüchtige Zeichnung von Tischbein die beste Hülfe geben; heute ist mir nicht möglich, auch nur das mindeste hinzuzufügen.

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