Neapel, Mittwoch, den 7. März 1787.

Und so hat mir diese Woche Tischbein redlich einen großen Teil der Kunstschätze von Neapel gezeigt und ausgelegt. Er, ein trefflicher Tierkenner und Zeichner, machte mich schon früher aufmerksam auf einen Pferdekopf von Erz im Palast Colombrano. Wir gingen heute dahin. Dieser Kunstrest steht gerade der Torfahrt gegenüber im Hofe in einer Nische über einem Brunnen und setzt in Erstaunen; was muß das Haupt erst mit den übrigen Gliedern, zu einem Ganzen verbunden, für Wirkung getan haben! Das Pferd im ganzen war viel größer als die auf der Markuskirche, auch läßt hier das Haupt, näher und einzeln beschaut, Charakter und Kraft nur desto deutlicher erkennen und bewundern. Der prächtige Stirnknochen, die schnaubende Nase, die aufmerkenden Ohren, die starre Mähne! Ein mächtig aufgeregtes, kräftiges Geschöpf.

Wir kehrten uns um, eine weibliche Statue zu bemerken, die über dem Torwege in einer Nische stand. Sie wird für die Nachbildung einer Tänzerin schon von Winckelmann gehalten, wie denn solche Künstlerinnen in lebendiger Bewegung auf das mannigfaltigste dasjenige vorstellen, was die bildenden Meister uns als erstarrte Nymphen und Göttinnen aufbewahren. Sie ist sehr leicht und schön, der Kopf war abgebrochen, ist aber gut wieder aufgesetzt, übrigens nichts daran versehrt, und verdiente wohl einen bessern Platz.

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