IV. Freundschaft

Fein sänftlich, Freund, bin nicht von Erz;

Zürnst du noch lang, so bricht mein Herz.

Bist du nicht Arzt? Was willst du noch?

Unheilbar Weh, du heilst es doch!

Trink Milch und Wein von meinem Mund,

Um Wein und Milch mach’ mich gesund.

Mein ganzes Herz ist dir bestimmt:

Greif zu, eh es ein andrer nimmt!

„Sehnt sich deine Seele noch

Nach der Jugend Borden,

Da die dunkle Locke doch

Lang schon weiß geworden?

Soll das Leben für den Rest

Dich noch lachen lehren,

Da es reichlich dir entpreßt

Bitterste der Zähren?

Täglich gibst den Scheidebrief

Du der Welt im Schmerze,

Aber täglich widerrief

Ihn dein schwaches Herze.

Ob sie dir ins Antlitz spie

Und verwarf dein Minnen,

Stets durch neue Gaben sie

Willst du dir gewinnen.

Schon die weiße Taube küßt

Dir den müden Scheitel;

Fort der Rabe, und noch ist

Jugend dir nicht eitel?

Sag’, wer soll die arme Brust

Wieder dir verjüngen,

Wird die lang verwehte Lust

Noch einmal gelingen?

Wer soll wieder deinem Fuß

Güldne Kettlein geben,

Deine Hand zum Freudengruß

Auf die Zimbel heben?“ – –

– So fragt mancher, aber bloß,

Wer das Aug’ nie kannte,

Das vom Westen, sonnengroß,

Mir sein Leuchten sandte.

Diese Sonne wird mich nicht,

Nimmermehr versengen,

Wird als Schmuck ihr Strahlenlicht

Um den Hals mir hängen,

Auge, auch dem Vollmond nicht

Gleichst du, fühlt der Dichter:

Der verliert sein mattes Licht,

Du wirst immer lichter.

Hast mir auch zurückgebracht

Helle Jugendträume,

Die ich weit und fern gedacht

Längst in alle Räume.

Und weil so dein heller Strahl

Sprach ein neues „Werde!“

Kann ich lieben noch einmal

Diese schöne Erde.

Viele schon in meinem Herzen schufen

Sich ein Heim: – Du sollst der Beste sein;

Wird mein Herz dereinst die Freunde rufen,

Sein Berufener bist du allein.

Wenn ich über aller Sterne Schimmer

Dann das Herz erhebe zu dem Firn,

Find’ ich überm hohen Himmel immer

Höher noch und stolzer deine Stirn.

Dehnend dann, um deine Kraft zu fassen,

Dieses Herze weit und weiter dringt,

Bis es grenzenlos dahingelassen

Rauschend aus der Erdensphäre springt.

Staune nicht, ob meines Herzens Schoße,

Daß du ihn so tief, so groß empfandst:

Mich laß staunen, daß du dieses große,

Dieses Herze so erfüllen kannst.

Share on Twitter Share on Facebook