IX

Was ihn zu diesem Schritte veranlaßte, ist zweifelhaft. Möglich, daß ihn der 1126 erfolgte Regierungsantritt des Königs Alfonso VII. Raimundez von Kastilien dazu bewog. Dieser war den Juden freundlich gesonnen. Seitdem er gar den edlen Jehuda Hanassi ibn Esra mit einem hohen Staatsamte betraut hatte (1129), wurde Kastilien für die Juden geradezu ein Asyl. Die Zeit, in der Jehuda Halevi nach Toledo kam, würde nach dieser Auffassung um 1130 anzusetzen sein, was mit seinen übrigen Lebensverhältnissen in Einklang stehen würde. Jehuda Halevi ließ sich in Toledo als Arzt nieder und entfaltete bald eine große Tätigkeit. Zu groß für ihn. Er fühlte sich nach kurzer Zeit als ein Knecht seines Berufes. Zudem empfand er die Nichtigkeit seines Wissens und Könnens, klagte über die Wertlosigkeit seiner Kunst und über die Dummheit der Leute, die zu jeder möglichen und unmöglichen Stunde zu ihm gelaufen kamen, um Heilung zu verlangen, und brutal wurden, wenn er nicht heilen konnte. Trotzdem war er ein besserer Arzt, als er selber glaubte. Die natürliche Behandlung, die er anwandte, indem er das Hauptgewicht auf die Hygiene, auf Luft und Licht, Essen und Trinken, Bewegung und Ruhe, Schlafen und Wachen legte, verschaffte ihm viel Vertrauen. Und wenn ihm die angestrengte Tätigkeit auch lästig war, so hat sie ihm doch aller Wahrscheinlichkeit nach das gebracht, was ihm immer gefehlt hatte, die materielle Sorglosigkeit. Als er einige Jahre später nach dem Süden zurückkehrt, ist er ein unabhängiger Mann.

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