II

Im tollen Wahn hatt ich dich einst verlassen,

  Ich wollte gehn die ganze Welt zu Ende,

  Und wollte sehn, ob ich die Liebe fände,

  Um liebevoll die Liebe zu umfassen.

Die Liebe suchte ich auf allen Gassen,

  Vor jeder Türe streckt ich aus die Hände,

  Und bettelte um gringe Liebesspende —

  Doch lachend gab man mir nur kaltes Hassen.

Und immer irrte ich nach Liebe, immer

  Nach Liebe, doch die Liebe fand ich nimmer,

  Und kehrte um nach Hause, krank und trübe.

Doch da bist du entgegen mir gekommen,

  Und ach! was da in deinem Aug geschwommen,

  Das war die süße, langgesuchte Liebe.

An H.S.

Wie ich dein Büchlein hastig aufgeschlagen,

  Da grüßen mir entgegen viel vertraute,

  Viel goldne Bilder, die ich weiland schaute

  Im Knabentraum und in den Kindertagen.

Ich sehe wieder stolz gen Himmel ragen

  Den frommen Dom, den deutscher Glaube baute,

  Ich hör der Glocken und der Orgel Laute,

  Dazwischen klingts wie süße Liebesklagen.

Wohl seh ich auch, wie sie den Dom umklettern,

  Die flinken Zwerglein, die sich dort erfrechen

  Das hübsche Blum- und Schnitzwerk abzubrechen.

Doch mag man immerhin die Eich entblättern

  Und sie des grünen Schmuckes rings berauben —

  Kommt neuer Lenz, wird sie sich neu belauben.

Fresko-Sonette an Christian S.

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