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Die Mutter Gottes zu Kevlaar

Trägt heut ihr bestes Kleid;

Heut hat sie viel zu schaffen,

Es kommen viel kranke Leut.

Die kranken Leute bringen

Ihr dar, als Opferspend,

Aus Wachs gebildete Glieder,

Viel wächserne Füß und Händ.

Und wer eine Wachshand opfert,

Dem heilt an der Hand die Wund;

Und wer einen Wachsfuß opfert,

Dem wird der Fuß gesund.

Nach Kevlaar ging mancher auf Krücken,

Der jetzo tanzt auf dem Seil,

Gar mancher spielt jetzt die Bratsche,

Dem dort kein Finger war heil.

Die Mutter nahm ein Wachslicht,

Und bildete draus ein Herz.

"Bring das der Mutter Gottes,

Dann heilt sie deinen Schmerz."

Der Sohn nahm seufzend das Wachsherz,

Ging seufzend zum Heiligenbild;

Die Träne quillt aus dem Auge,

Das Wort aus dem Herzen quillt:

"Du Hochgebenedeite,

Du reine Gottesmagd,

Du Königin des Himmels,

Dir sei mein Leid geklagt!

"Ich wohnte mit meiner Mutter

Zu Köllen in der Stadt,

Der Stadt, die viele hundert

Kapellen und Kirchen hat.

"Und neben uns wohnte Gretchen,

Doch die ist tot jetzund —

Marie, dir bring ich ein Wachsherz,

Heil du meine Herzenswund.

"Heil du mein krankes Herze —

Ich will auch spät und früh

Inbrünstiglich beten und singen:

Gelobt seist du, Marie!"

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