17. Der Mensch denkt – Gott lenkt.

Aber es kam anders, als wir Alle gedacht und gerechnet.

Der Baron war ein trefflicher Reiter, und es machte ihm Vergnügen, besonders unbändige Pferde seinem Willen dienstbar zu machen. Die muthige Eugenie freute sich ebenfalls an solchen Siegen ihres Geliebten, dessen Aussehen dabei ungemein stolz und männlich wurde, und ihr Lob feuerte den Eifer des kühnen Reiters oft bis zur Tollkühnheit an. Mir zitterte das Herz, und ich begriff Eugenien nicht, deren Augen bei der Gefahr ihres Geliebten doppelt leuchteten, während mir das Herz erbebte.

Eines Tages jedoch kam eine erschreckende Nachricht. Der Baron war von einem jener wilden Pferde gestürzt und eine Strecke weit von demselben geschleift worden. Eine Kopfwunde und ein gefährlicher Beinbruch war die Folge des Unfalls.

Mir traten bei dieser Trauerkunde die heißen Thränen in die Augen, Eugenie aber sprach kein Wort, hatte keine Thräne; doch die Todtenblässe ihres Gesichtes zeigte den tiefen Aufruhr ihrer Seele.

»Schnell einen Wagen!« befahl Tante Ulrike, und bald flogen wir nach Schloß Senftenburg; Eugenie war noch immer stumm und bleich und thränenlos. Auch wir sprachen nichts, doch meine Thränen flossen unaufhaltsam, und auch die Tante trocknete ab und zu die Augen.

Als wir im Schlosse ankamen, hatten die Aerzte soeben die Verbände angelegt und brachten uns tröstliche Nachricht. Der Fußbruch war allerdings schlimm und bedenklich, die Kopfwunde jedoch nicht beunruhigend; Schonung und sorgliche Pflege würden sie bald heilen. Augenblicklich habe die Anstrengung des Verbandes alle Kräfte des Kranken erschöpft, er liege in einem fast bewußtlosen Zustande; doch sobald dieser sich in Schlaf verwandeln werde, sei nichts mehr zu fürchten. Zu ihm durfte augenblicklich niemand, auch Eugenie nicht, die mit weit geöffneten Augen den Bericht anhörte. Aber obwohl sie ihn nicht sehen konnte, so wollte Eugenie doch im Schlosse bleiben; sobald der Baron eingeschlafen, durfte sie zu ihm, so lange wollte sie warten, und wir natürlich mit ihr. Endlich nach langem Harren winkte der Arzt ihr zu und führte sie an das Lager des Schlummernden.

Bis dahin hatte sich das tapfere Mädchen aufrecht erhalten und dem Schmerz kein Uebergewicht gestattet; aber als jetzt der kräftig starke Mann so bleich und hülflos vor ihr lag, fast wie ein Todter, da zitterte ihre schlanke Gestalt leise, und auf die Tante gestützt eilte sie schnell wieder zum Zimmer hinaus. Hier brach sie schluchzend zusammen, und der Krampf ihres Herzens, der ihre Thränen bis jetzt zurück gehalten, löste sich endlich.

Sie weinte lange, und das war eine große Wohlthat für ihr armes Herz. Als sie endlich ruhiger geworden, sagte sie ernst und weich: »Tante, nun weiß ich erst, was er mir ist. Ich gehe nicht wieder von ihm fort, wer weiß, wie lange ich ihn noch habe. Mir gehört er, ich habe die heiligsten Rechte an ihm, ich muß ihn pflegen.«

Die Tante nickte still mit dem Kopfe, sie mußte das wohl erwartet haben, denn ihr Entschluß war schon gefaßt.

»Ich bleibe bei dir, mein Kind, anders geht es nicht!« sagte sie sanft. »Gretchen versieht mein Haus während meiner Abwesenheit und leistet uns dazwischen Gesellschaft, die übrige Zeit mag sie ihrer Marie widmen.«

Nun gab mir die Tante Anweisungen, was ich zu thun habe, welche Sachen ich ihnen durch Lisetten schicken, und welche Anordnungen ich treffen sollte. Mit schwerem Herzen kehrte ich allein nach Haus zurück und besorgte treulich, was die Tante mir aufgetragen. Dann eilte ich zu meiner Freundin Marie, welche schon von dem Unglück gehört und mich in großer Aufregung erwartete. Marie's Mutter ließ mich nicht wieder fort, als sie die Lage der Dinge gehört, und so war ich während dieser Leidenstage der Gast meiner liebsten Freunde. Daß dies für mich unaussprechlich trostreich war, könnt ihr euch wohl denken, meine lieben Leserinnen, denn gegen wen hätte ich mein banges, übervolles Herz freier aussprechen können, als gegen meine theure Marie und deren treffliche Mutter! Ich schlief mit Marie zusammen in deren Zimmer, das war unbeschreiblich gemüthlich, und unsere Gespräche beim Schlafengehen zogen sich oft sehr in die Länge. Immer wieder wünschten wir uns gute Nacht und beschlossen nun endlich zu schlafen, aber immer wieder fiel uns dann noch etwas gar zu Wichtiges ein, das die Andere erfahren mußte, und die Frage: »Marie, schläfst du schon? Gretchen, bist du noch wach?« war der stete Wiederbeginn neuer Erzählungen und Herzensergüsse.

Fast täglich fuhr ich nach Schloß Senftenburg, wohin des Barons Wagen mich führte, und Marie oder deren Mutter begleiteten mich häufig. Der Zustand des Kranken war in den ersten Tagen ein sehr beunruhigender gewesen, denn er fieberte heftig und schien viel Schmerzen zu leiden. Eugeniens Gegenwart hatte ihn zuerst etwas aufgeregt, aber nach einem leisen, kurzen Gespräch, das sie mit ihm führte, schien eine wunderbare Ruhe über ihn zu kommen, und das geliebte Mädchen durfte bei ihm bleiben, wie sie es gewünscht, und welche treue, sorgfältige Wärterin ward nun die verwöhnte Salondame! Die Tante konnte mir nicht genug erzählen, welche Veränderung mit Eugenien vorgegangen war. Aller Leichtsinn, alles oberflächliche, unbesonnene Wesen war stillem Ernst und gewissenhafter Pflichterfüllung gewichen. Nur auf kurze Stunden konnte man sie in den ersten bangen Tagen von dem Lager des Kranken entfernen, damit sie selbst der Ruhe pflege. Sie wachte fast eifersüchtig darüber, daß alles, was der Kranke genoß, nur durch ihre Hände ging, und mit der sorgfältigsten Pünktlichkeit beobachtete sie die Stunden, an denen die verschiedenen Arzneien gegeben und Umschläge gemacht wurden, oder sonstigen Anordnungen der Aerzte nachzukommen war.

Die Kopfwunde heilte schnell, und der Kranke konnte sich bald der Gesellschaft seiner Eugenie besser erfreuen, da der Arzt nun Beiden das Sprechen erlaubte, das in der ersten Zeit fast ganz verboten war. Bald konnte sie ihm auch vorlesen, ihm mit Musik die Zeit kürzen, und die Tante, welche die Sorge für das Hauswesen übernommen hatte, leistete Beiden treulich Gesellschaft. Kam auch ich hinzu, oder gar eins unserer Freunde, so versammelte sich ein heiterer Kreis um den theuren Kranken, dessen Augen mit rührender Dankbarkeit von Einem zum Andern schweiften, zuletzt aber immer mit wahrhafter Verehrung an seiner schönen Braut hafteten. Eugenie wurde dann zuweilen wieder das lustig neckische Kind mit den schelmischen Augen, aber im Ganzen war durch diese Leidenszeit ein stiller, weicher Ernst über sie gekommen, der mir oft die Thränen in das Auge trieb. Sie klagte nie, selbst nicht in den ersten Tagen der Angst, oft aber sah ich, wie ihr Blick inbrünstig gen Himmel gerichtet war, von dort hoffte und erwartete sie alles. Der Beinbruch heilte sehr langsam und schien den Aerzten große Sorge zu machen, da es ein Splitterbruch war, dessen völlige Heilung selten gelang.

»Arme Eugenie, einen Krüppel kannst du doch nicht heirathen!« sagte der Baron eines Tages mit Thränen im Auge. Eugenie überflog leises Zittern.

»Meinst du, dein Fuß müsse doch noch abgenommen werden?« fragte sie angstvoll.

»Das fürchte ich gerade nicht, da es bis jetzt nicht geschehen ist,« erwiderte der Baron. »Aber steif bleibt das Gelenk sicher, darüber will ich mich selbst nicht täuschen.«

»Hoffen wir doch lieber das Beste, Arthur!« entgegnete Eugenie sanft lächelnd. »Du hast so gute Aerzte, die Heilung gelingt gewiß.«

Der Baron schwieg, doch bemerkte Tante Ulrike, daß er seit diesem Gespräche oft unruhig war, und seine Augen mit sorgenvoller Angst auf Eugenien hafteten. Doch sprach er seine Besorgniß nicht wieder gegen sie aus und schien selbst zuversichtlicher seiner Heilung entgegen zu sehen.

Woche um Woche verging, der Verband des Fußes war erneuert worden, wieder vergingen einige Wochen, und jetzt sollte der Hauptverband abgenommen werden. Der Baron konnte seine Aufregung kaum bemeistern, er hatte ein langes Gespräch mit Tante Ulrike, und auch diese schien erregt; nur Eugenie erwartete ruhig die wichtige Stunde und war heiter und zuversichtlich. Den Tag zuvor kam sie mit der Tante nach der Stadt, wie sie in letzter Zeit öfters gethan; aber kaum waren einige Stunden vergangen, als die Tante einen Brief vom Baron erhielt mit einer Einlage an Eugenien. Der Verband war heute schon abgenommen worden.

Eugenie erbrach schnell die Zeilen und wurde bleich, dann setzte sie sich still an das Fenster und blickte gedankenvoll gen Himmel. Tante Ulrike stürzten die Thränen aus den Augen, als sie ihren Brief gelesen. Sie ging schnell zu Eugenien und schloß sie in ihre Arme.

»Gott legt dir Schweres auf, mein Kind!« sagte sie sanft. »Wo dein Glück so nahe vor dir lag, sendet er dir solch harte Prüfung. Der Baron hat dir doch mitgetheilt, wie es mit ihm steht?«

»Tante, ich wußte, daß es so kommen würde!« entgegnete Eugenie fest aber weich. »Ich habe gehört, daß die Aerzte nach dem Abnehmen des ersten Verbandes unter sich die traurige Gewißheit aussprachen, das Knie werde steif bleiben; ich habe also nichts anderes erwartet.«

»Du wußtest das, Kind, und warst doch die Ruhigste und Heiterste während dieser ganzen Zeit?« rief die Tante staunend. »Weißt du denn auch, was das sagen will, ein steifer Fuß?«

»O ja, Tante, ich weiß, daß viel Beschwerde und ein schleppender Gang und Krückstock damit zusammenhängt,« sagte Eugenie mit zitternder Stimme, und indem einige schwere Thränen über ihre Wangen liefen. »Aber ich weiß auch, daß ein solcher Mann doppelt seines Weibes bedarf.«

»Aber er entbindet dich deines Gelübdes, Eugenie,« sagte die Tante leise. »Du hast einem gesunden, kräftigen Manne dein Wort gegeben; dich als das Weib eines Krüppels zu sehen würde ihm ewig schmerzlich sein. Ueberlege es wohl, mein Kind, du bist jung und frisch und voll Ansprüche an das Leben, wird dir der gelähmte Gatte nicht bald unsäglich hinderlich sein? Wirst du nicht mit der Zeit die Fesseln gar zu drückend empfinden, welche dir durch seine Unbehülflichkeit angelegt werden? Du übernimmst doppelte Pflichten, und hast du sie einmal übernommen, so mußt du sie auch treu und willig erfüllen!«

»Ich danke dir für deine lieben Worte, Tante Ulrike,« sagte Eugenie mit ungewohnter Milde. »Es war deine Pflicht, mir das zu sagen, und meines Bräutigams Zartgefühl gebot ihm ebenfalls, mich bei der jetzigen traurigen Lage der Dinge meines Gelübdes zu entbinden. Aber da ihr nun gethan habt, was euer Gewissen euch lehrte, so laßt jetzt auch das meine ein Wörtchen mitsprechen. Sage ehrlich, Tante Ulrike, hältst du mich wirklich für so – nun welches Wort soll ich nur gebrauchen, um das genügend auszudrücken, was ich mir zu Schulden kommen ließe, verweigerte ich jetzt, die Gattin des edlen Mannes zu werden, der durch sein Mißgeschick ohnehin unglücklich genug geworden ist? Ich bin ein unsäglich oberflächliches, leichtsinniges Mädchen gewesen, dem nichts ernst und heilig schien, und das in ihrer Verzogenheit sicher grenzenlos anspruchsvoll und unliebenswürdig gewesen ist. Aber, meine liebe Tante, jetzt steht die alte Eugenie nicht mehr vor dir. Dir und Gretchen danke ich mehr, als ich je im Leben wieder vergelten kann! Ihr habt Beide viel von mir ertragen; aber wenn ich es euch auch nie zeigen mochte, tief im Herzen drin habe ich vom ersten Augenblicke an wohl empfunden, in welch' treue Hände mich der liebe Gott geführt hatte. Und was nun noch Verwerfliches und Thörichtes in meinem Herzen kämpfte, das haben die letzten Leidenstage vollends vertilgt. Arthur wird mit Gottes Hülfe ein braves Weib in seiner Eugenie erhalten. Glaubst du das, Tante?«

Ich konnte Tante Ulrike's Antwort nicht hören, denn den Kopf in mein Taschentuch gedrückt schluchzte ich bitterlich. Aber jetzt umschlossen mich Eugeniens Arme, und mit ihrem alten neckischen Tone zog sie mir das Tuch von den Augen.

»Nun ist doch meine kleine Gouvernante mit ihrem Zöglinge zufrieden, nicht wahr Gänseblümchen?« fragte sie schmeichelnd und blickte mit inniger Liebe in mein Gesicht. »Solche abscheulich lange Reden zu halten habe ich von meinem ehrpußlichen Backfischchen gelernt, habe ich es gut gemacht, Kleine?«

Daß ich statt aller Antwort an ihrem Halse hing und ihr liebe, süße Worte sagte, die ich jetzt freilich nicht recht mehr weiß, versteht sich wohl von selbst. Es war eine innige, unvergeßliche Stunde, welche unsere Herzen für das Leben an einander fesselte.

Ein ankommender Brief an Tante Ulrike lenkte unsere Gedanken bald auf etwas anderes. Die Tante und mein Papa hatten eine einzige bedeutend ältere Schwester, welche heftig erkrankt war und ihre Geschwister noch einmal zu sehen wünschte. Mein Papa schrieb der Tante, er werde in den nächsten Tagen der Bitte Folge leisten und hoffe, auch Tante Ulrike könne es möglich machen, nach F. zu der kranken Schwester zu kommen. Ein Werk der Barmherzigkeit werde es sein, könne Tante Ulrike bis zu dem Tode der alten einsamen Schwester bei derselben bleiben; die zunehmende Schwäche der Kranken scheine leider ihr nahes Ende zu bestätigen.

Die Tante war in großer Erregung; denn obwohl sie mit dieser etwas wunderlichen Schwester nie viel Verkehr gehabt hatte, so hing sie doch mit herzlicher Liebe an ihr und wünschte dringend zu ihr zu reisen. Andererseits aber hielten sie die Pflichten gegen ihre beiden Pflegetöchter zurück, denn wenn auch ich gern noch länger bei Marie's Eltern bleiben konnte, was sollte aus Eugenie werden, die doch weder allein in Senftenburg bleiben, noch gerade jetzt zu ihrer Mutter gehen konnte, ehe der Baron gesund war.

Eugenie stand gedankenvoll am Fenster und trommelte auf den Scheiben.

»Tante,« sagte sie plötzlich, »ist nicht der dir so befreundete Prediger Sommer der Geistliche unseres Kirchspiels?«

»Ja wohl, Kind, was willst du mit ihm?«

»Wo wohnt er, weißt du das?«

»Nun nicht weit von uns, in der Kronenstraße 12.«

»Danke!« Und sogleich verschwand Eugenie.

Wir blickten ihr verwundert nach und warteten begierig ihrer Rückkehr. Nach einiger Zeit trat sie etwas bleich wieder in das Zimmer, legte Hut und Shawl schnell ab und eilte in das Kabinet der Tante, wohin sich dieselbe zurück gezogen. Ich hörte sie lebhaft mit einander sprechen, ohne etwas Zusammenhängendes verstehen zu können, endlich aber kam Eugenie mit glänzenden Augen zu mir und fragte erröthend: »Gretchen, willst du morgen meine Brautjungfer sein, du und Marie?«

Ich fuhr erschrocken auf. »Morgen, Eugenie? Was meinst du denn?«

»Nun ja, morgen ist unsere Hochzeit, es fehlen mir nur die Zeugen dabei, alles andere ist möglich gemacht worden,« sagte Eugenie lächelnd. »Der Prediger Sommer ist ein braver Mann, er wird heute noch alles besorgen, was nöthig ist; meinen Taufschein habe ich zum Glück zufällig hier unter meinen Papieren, das war die Hauptschwierigkeit. Morgen ist Sonntag, da wird er uns früh ein für alle Mal verkündigen, und nach der Kirche traut er uns in Schloß Senftenburg. Bei Arthur bleiben muß ich, das geht nicht anders, und damit die Tante reisen kann, will ich schnell Arthurs Frau werden, dann darf Niemand etwas dagegen haben, daß ich allein bei ihm bleibe. Tante hat soeben ihre Einwilligung gegeben, mir fehlen nur noch meine Brautjungfern und für Arthur die Zeugen. Ich denke, Eduard und Dr. Hausmann werden uns gern diesen Dienst erzeigen, ich werde sehr liebenswürdige Briefchen an sie schreiben.«

»Aber der Baron, ist er denn damit einverstanden?« warf ich voll äußerster Ueberraschung ein.

»Er will mich ja gar nicht mehr zur Frau haben, ich muß mich ihm schon mit Gewalt aufdrängen und ihm die Sache über dem Kopfe fort nehmen!« lachte Eugenie schelmisch und flog hinaus.

Das war doch nun wieder ganz und gar im Style von Eugenien! Gut und brav und engelsgut, mehr als je zuvor, aber entschlossen, keck, amazonenhaft, wie sie all ihr Lebtag gewesen! Ich schüttelte bedenklich mein »ehrpußliches« Haupt, mit Eugenien zu sprechen, und eilte zu Tante Ulrike, mit dieser die Sache zu berathen. Zu meiner großen Verwunderung fand ich die Tante mit Eugeniens Entschluß ganz einverstanden und wurde sogleich mit allen möglichen Aufträgen beehrt, welche ich eilig und schleunig besorgen sollte. Sie selbst schrieb einige Briefe und kehrte dann nach Schloß Senftenburg zurück, dort Vorkehrungen für die morgende Feier zu treffen, begleitet von Pastor Sommer, welcher mit dem Prediger in Senftenburg gleich selbst alles in Ordnung bringen wollte, damit das junge Paar auch hier im Wohnorte des Barons in der Kirche aufgeboten wurde. Der Baron sollte absolut nichts vorher von alle dem wissen, da er sonst sicher aus Rücksicht für Eugenie seine Einwilligung nicht geben würde.

»Aber kehrt Eugenie heute denn nicht mit dir nach Senftenburg zurück? Und was soll der Baron davon denken?« fragte ich unruhig Tante Ulrike.

»Nein, sie will ihn erst im Brautkranze wieder sehen, ich soll ihm sagen, was ich will,« entgegnete die Tante lächelnd. »Mache nur jetzt und eile dich, sonst bist du am Ende eine Brautjungfer ohne Kranz für die Braut.«

Ich stürzte davon, so schnell ich konnte, aber ehe ich noch irgend etwas anderes besorgte, eilte ich zu meiner Marie, sie mußte erst alles erfahren, selbst auf die Gefahr hin, daß ich für Eugenien keinen frischen Myrthenkranz mehr bekäme.

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