DIE ASSIMILATION

Unter Assimilation verstehe ich wörtlich, was das Wort bedeutet: so ähnlich zu werden, daß man sich in nichts unterscheidet.

(Herzl vor der Londoner Fremdenkommission.)

Die Assimilierung, worunter ich nicht etwa nur Aeußerlichkeiten der Kleidung, gewisser Lebensgewohnheiten, Gebräuche und der Sprache, sondern ein Gleichwerden in Sinn und Art verstehe, die Assimilierung der Juden könnte überall nur durch die Mischehe erzielt werden.

( Der Judenstaat. )

Nun würde allerdings die staatsbildende Bewegung, die ich vorschlage, den israelitischen Franzosen ebensowenig schaden, wie den „Assimilierten“ anderer Länder. Nützen würde sie ihnen im Gegenteile, nützen! Denn sie wären in ihrer „chromatischen Funktion“, um Darwins Wort zu gebrauchen, nicht mehr gestört. Sie könnten sich ruhig assimilieren, weil der jetzige Antisemitismus für immer zum Stillstand gebracht wäre. Man würde es ihnen auch glauben, daß sie bis ins Innerste ihrer Seele assimiliert sind, wenn der neue Judenstaat mit seinen besseren Einrichtungen zur Wahrheit geworden ist, und sie dennoch bleiben, wo sie jetzt wohnen.

[pg 42] Sie glaubten vornehmer auszusehen, wenn sie sich nicht als Juden zu erkennen gaben. Aber gerade dadurch zeigten sie die Gesinnung von Bedienten und Freigelassenen. Und sie konnten sich noch über die Geringschätzung wundern, die ihnen zu teil wurde, da sie doch wahrlich keine Selbstachtung an den Tag gelegt hatten. Nachgekrochen waren sie den anderen, und es ereilte sie dafür die gerechte Strafe: sie wurden abgelehnt.

( Altneuland. )

. . . Die Leere und Nutzlosigkeit der Bestrebungen „zur Abwehr des Antisemitismus“. Mit Deklamationen auf dem Papier oder in geschlossenen Zirkeln ist da nicht das mindeste getan. Es wirkt sogar komisch. Immerhin mögen — neben Strebern und Einfältigen — auch sehr wackere Leute in solchen Hilfscomités sitzen. Sie gleichen den Hilfscomités nach und vor Ueberschwemmungen und richten auch ungefähr so viel aus.

(Nach Kellner , S. 137.)

Solange sie scheu und unaufrichtig von Partei zu Partei, von Nation zu Nation taumeln werden, nur um für das ein wenig Schutz zu erlangen, was sie für uneingestehbar halten, nämlich für ihr Judentum — so lange wird man sie nicht achten noch lieben, nicht einmal dulden. Wer sich für anderes ausgibt, als er offenbar ist, erregt Mißtrauen, und dieses dumpfe Gefühl setzt sich herabsteigend bei den Pöbelmassen in Gewalttaten um.

(Die entschwundenen Zeiten.)

[pg 43] An den Siegesfeiern dürfen sie nicht als Vollberechtigte teilnehmen, und die Niederlagen läßt man an ihnen aus, so hüben wie drüben. Sie sind, wie es auch ausgehe, die Geschlagenen.

(Die entschwundenen Zeiten.)

Share on Twitter Share on Facebook