DIE UTOPIE

Es wäre ja keine Schande, eine menschenfreundliche Utopie geschrieben zu haben.

( Der Judenstaat. )

Als die Eisenbahnzeit über Europa kam, gab es Praktiker, welche den Bau gewisser Linien für töricht erklärten, „weil dort nicht einmal die Postkutsche genug Passagiere habe“. Man wußte damals die Wahrheit noch nicht, die uns heute als eine kindlich einfache vorkommt: daß nicht die Reisenden die Bahn hervorrufen, sondern umgekehrt die Bahn die Reisenden hervorruft, wobei freilich das schlummernde Bedürfnis vorausgesetzt werden muß.

( Der Judenstaat. )

Das liegt freilich in der Zukunft, wie die Entwicklung des Bahnverkehrs für die Menschen der dreißiger Jahre in der Zukunft lag. Die Eisenbahnen wurden dennoch gebaut. Man ist glücklicherweise über die Bedenken von Praktikern der Postkutsche hinweggegangen.

( Der Judenstaat. )

[pg 79] Schon scheint das Wort „unmöglich“ aus der Sprache der Technik verschwunden zu sein. Käme ein Mann des vorigen Jahrhunderts wieder, er fände unser ganzes Leben voll unbegreiflicher Zaubereien.

( Der Judenstaat. )

Was im Kleinen unzweckmäßig oder undurchführbar ist, muß es noch nicht im ganzen sein. Ein kleines Unternehmen kann unter denselben Bedingungen Verlust bringen, unter denen sich ein großes rentiert. Ein Bach ist nicht einmal mit Kähnen schiffbar; der Fluß, in den er sich ergießt, trägt stattliche eiserne Fahrzeuge.

Jeder Finanzminister rechnet in seinem Staatsvorschlage mit zukünftigen Ziffern und nicht nur mit solchen, die er aus dem Durchschnitt früherer Jahre oder aus anderen vergangenen und in anderen Staaten vorkommenden Erträgen konstruiert, sondern auch mit präzedenzlosen Ziffern, beispielsweise bei Einführung einer neuen Steuer. Man muß nie ein Budget angesehen haben, um das nicht zu wissen. Wird man darum einen Finanzgesetzentwurf für eine Utopie halten, selbst wenn man weiß, daß der Voranschlag nie ganz genau eingehalten werden kann?

( Der Judenstaat. )

Von unseren Gegnern wird behauptet, es gäbe unübersteigbare politische Hindernisse, aber das läßt sich auch vom kleinsten Hindernis sagen, wenn man keine Lust hat, es zu übersteigen.

(V. Kongreßrede.)

[pg 80] Traum ist von Tat nicht so verschieden, wie mancher glaubt. Alles Tun der Menschen war vorher Traum und wird später zum Traume.

( Altneuland. )

Wenn ihr aber nicht wollt, so ist und bleibt es ein Märchen.

( Altneuland. )

Nicht jeder, der gegen Windmühlen kämpft, ist ein Don Quixote.

( Buch d. N. )

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