§ 52. Von der Verbindung der schönen Künste in einem und demselben Producte.

Die Beredsamkeit kann mit einer malerischen Darstellung ihrer Subjecte 25 sowohl als Gegenstände in einem Schauspiele, die Poesie mit Musik im Gesange, dieser aber zugleich mit malerischer (theatralischer) Darstellung in einer Oper, das Spiel der Empfindungen in einer Musik mit dem Spiele der Gestalten im Tanz u. s. w. verbunden werden. Auch kann die Darstellung des Erhabenen, sofern sie zur schönen Kunst gehört, 30 in einem gereimten Trauerspiele, einem Lehrgedichte, einem Oratorium 214 sich mit der Schönheit vereinigen; und in diesen Verbindungen ist die schöne Kunst noch künstlicher: ob aber auch schöner (da sich so mannigfaltige verschiedene Arten des Wohlgefallens einander durchkreuzen), kann in einigen dieser Fälle bezweifelt werden. Doch in aller schönen 35 Kunst besteht das Wesentliche in der Form, welche für die Beobachtung und Beurtheilung zweckmäßig ist, wo die Lust zugleich Cultur ist und den Geist zu Ideen stimmt, mithin ihn mehrerer solcher Lust und Unterhaltung empfänglich macht; nicht in der Materie der Empfindung (dem Reize oder der Rührung), wo es bloß auf Genuß angelegt ist, welcher 5 nichts in der Idee zurückläßt, den Geist stumpf, den Gegenstand nach und nach anekelnd und das Gemüth durch das Bewußtsein seiner im Urtheile der Vernunft zweckwidrigen Stimmung mit sich selbst unzufrieden und launisch macht.

Wenn die schönen Künste nicht nahe oder fern mit moralischen Ideen 10 in Verbindung gebracht werden, die allein ein selbstständiges Wohlgefallen bei sich führen, so ist das letzere ihr endliches Schicksal. Sie dienen alsdann nur zur Zerstreuung, deren man immer desto mehr bedürftig wird, als man sich ihrer bedient, um die Unzufriedenheit des Gemüths mit sich selbst dadurch zu vertreiben, daß man sich immer noch unnützlicher und 15 mit sich selbst unzufriedener macht. Überhaupt sind die Schönheiten der Natur zu der ersteren Absicht am zuträglichsten, wenn man früh dazu 215 gewöhnt wird, sie zu beobachten, zu beurtheilen und zu bewundern.

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