Eine Urtheilskraft, die dialektisch sein soll, muß zuvörderst vernünftelnd 5 sein; d. i. die Urtheile derselben müssen auf Allgemeinheit und zwar a priori Anspruch machen[22]: denn in solcher Urtheile Entgegensetzung besteht die Dialektik. Daher ist die Unvereinbarkeit ästhetischer Sinnesurtheile (über das Angenehme und Unangenehme) nicht dialektisch. Auch der Widerstreit der Geschmacksurtheile, sofern sich ein jeder bloß auf seinen 10 eignen Geschmack beruft, macht keine Dialektik des Geschmacks aus: weil 232 niemand sein Urtheil zur allgemeinen Regel zu machen gedenkt. Es bleibt also kein Begriff von einer Dialektik übrig, welche den Geschmack angehen könnte, als der einer Dialektik der Kritik des Geschmacks (nicht des Geschmacks selbst) in Ansehung ihrer Principien: da nämlich über den 15 Grund der Möglichkeit der Geschmacksurtheile überhaupt einander widerstreitende Begriffe natürlicher und unvermeidlicher Weise auftreten. Transscendentale Kritik des Geschmacks wird also nur sofern einen Theil enthalten, der den Namen einer Dialektik der ästhetischen Urtheilskraft führen kann, wenn sich eine Antinomie der Principien dieses Vermögens findet, 20 welche die Gesetzmäßigkeit desselben, mithin auch seine innere Möglichkeit zweifelhaft macht.