§ 57. Auflösung der Antinomie des Geschmacks.

Es ist keine Möglichkeit, den Widerstreit jener jedem Geschmacksurtheile 5 untergelegten Principien (welche nichts anders sind, als die oben in der Analytik vorgestellten zwei Eigenthümlichkeiten des Geschmacksurtheils) zu heben, als daß man zeigt: der Begriff, worauf man das Object in dieser Art Urtheile bezieht, werde in beiden Maximen der ästhetischen Urtheilskraft nicht in einerlei Sinn genommen; dieser zwiefache Sinn oder 10 Gesichtspunkt der Beurtheilung sei unserer transscendentalen Urtheilskraft nothwendig; aber auch der Schein in der Vermengung des einen mit dem andern, als natürliche Illusion, unvermeidlich.

Auf irgend einen Begriff muß sich das Geschmacksurtheil beziehen; denn sonst könnte es schlechterdings nicht auf nothwendige Gültigkeit für 15 235 jedermann Anspruch machen. Aber aus einem Begriffe darf es darum eben nicht erweislich sein, weil ein Begriff entweder bestimmbar, oder auch an sich unbestimmt und zugleich unbestimmbar sein kann. Von der erstern Art ist der Verstandesbegriff, der durch Prädicate der sinnlichen Anschauung, die ihm correspondiren kann, bestimmbar ist; von der zweiten 20 aber der transscendentale Vernunftbegriff von dem Übersinnlichen, was aller jener Anschauung zum Grunde liegt, der also weiter nicht theoretisch bestimmt werden kann.

Nun geht das Geschmacksurtheil auf Gegenstände der Sinne, aber nicht um einen Begriff derselben für den Verstand zu bestimmen; denn 25 es ist kein Erkenntnißurtheil. Es ist daher, als auf das Gefühl der Lust bezogene anschauliche einzelne Vorstellung, nur ein Privaturtheil: und sofern würde es seiner Gültigkeit nach auf das urtheilende Individuum allein beschränkt sein: der Gegenstand ist für mich ein Gegenstand des Wohlgefallens, für andre mag es sich anders verhalten; — ein jeder hat 30 seinen Geschmack.

Gleichwohl ist ohne Zweifel im Geschmacksurtheile eine erweiterte Beziehung der Vorstellung des Objects (zugleich auch des Subjects) enthalten, worauf wir eine Ausdehnung dieser Art Urtheile als nothwendig für jedermann gründen: welcher daher nothwendig irgend ein Begriff zum 35 Grunde liegen muß; aber ein Begriff, der sich gar nicht durch Anschauung 236 bestimmen, durch den sich nichts erkennen, mithin auch kein Beweis für das Geschmacksurtheil führen läßt. Ein dergleichen Begriff aber ist der bloße reine Vernunftbegriff von dem Übersinnlichen, was dem Gegenstande (und auch dem urtheilenden Subjecte) als Sinnenobjecte, mithin 5 als Erscheinung zum Grunde liegt. Denn nähme man eine solche Rücksicht nicht an, so wäre der Anspruch des Geschmacksurtheils auf allgemeine Gültigkeit nicht zu retten; wäre der Begriff, worauf es sich gründet, ein nur bloß verworrener Verstandesbegriff etwa von Vollkommenheit, dem man correspondirend die sinnliche Anschauung des Schönen beigeben 10 könnte: so würde es wenigstens an sich möglich sein, das Geschmacksurtheil auf Beweise zu gründen, welches der Thesis widerspricht.

Nun fällt aber aller Widerspruch weg, wenn ich sage: das Geschmacksurtheil gründet sich auf einem Begriffe (eines Grundes überhaupt von der subjectiven Zweckmäßigkeit der Natur für die Urtheilskraft), aus dem 15 aber nichts in Ansehung des Objects erkannt und bewiesen werden kann, weil er an sich unbestimmbar und zum Erkenntniß untauglich ist; es bekommt aber durch eben denselben doch zugleich Gültigkeit für jedermann (bei jedem zwar als einzelnes, die Anschauung unmittelbar begleitendes Urtheil): weil der Bestimmungsgrund desselben vielleicht im Begriffe von 20 demjenigen liegt, was als das übersinnliche Substrat der Menschheit angesehen 237 werden kann.

Es kommt bei der Auflösung einer Antinomie nur auf die Möglichkeit an, daß zwei einander dem Scheine nach widerstreitende Sätze einander in der That nicht widersprechen, sondern neben einander bestehen 25 können, wenn gleich die Erklärung der Möglichkeit ihres Begriffs unser Erkenntnißvermögen übersteigt. Daß dieser Schein auch natürlich und der menschlichen Vernunft unvermeidlich sei, imgleichen warum er es sei und bleibe, ob er gleich nach der Auflösung des Scheinwiderspruchs nicht betrügt, kann hieraus auch begreiflich gemacht werden. 30

Wir nehmen nämlich den Begriff, worauf die Allgemeingültigkeit eines Urtheils sich gründen muß, in beiden widerstreitenden Urtheilen in einerlei Bedeutung und sagen doch von ihm zwei entgegengesetzte Prädicate aus. In der Thesis sollte es daher heißen: Das Geschmacksurtheil gründet sich nicht auf bestimmten Begriffen; in der Antithesis aber: 35 Das Geschmacksurtheil gründet sich doch auf einem, obzwar unbestimmten, Begriffe (nämlich vom übersinnlichen Substrat der Erscheinungen); und alsdann wäre zwischen ihnen kein Widerstreit.

Mehr, als diesen Widerstreit in den Ansprüchen und Gegenansprüchen des Geschmacks zu heben, können wir nicht leisten. Ein bestimmtes objectives Princip des Geschmacks, wornach die Urtheile desselben geleitet, 5 238 geprüft und bewiesen werden könnten, zu geben, ist schlechterdings unmöglich; denn es wäre alsdann kein Geschmacksurtheil. Das subjective Princip, nämlich die unbestimmte Idee des Übersinnlichen in uns, kann nur als der einzige Schlüssel der Enträthselung dieses uns selbst seinen Quellen nach verborgenen Vermögens angezeigt, aber durch nichts weiter begreiflich 10 gemacht werden.

Der hier aufgestellten und ausgeglichenen Antinomie liegt der richtige Begriff des Geschmacks, nämlich als einer bloß reflectirenden ästhetischen Urtheilskraft, zum Grunde; und da wurden beide dem Scheine nach widerstreitende Grundsätze mit einander vereinigt, indem beide wahr 15 sein können, welches auch genug ist. Würde dagegen zum Bestimmungsgrunde des Geschmacks (wegen der Einzelnheit der Vorstellung, die dem Geschmacksurtheil zum Grunde liegt), wie von Einigen geschieht, die Annehmlichkeit, oder, wie Andere (wegen der Allgemeingültigkeit desselben) wollen, das Princip der Vollkommenheit angenommen und die Definition 20 des Geschmacks darnach eingerichtet: so entspringt daraus eine Antinomie, die schlechterdings nicht auszugleichen ist, als so, daß man zeigt, daß beide einander (aber nicht bloß contradictorisch) entgegenstehende Sätze falsch sind: welches dann beweiset, daß der Begriff, worauf ein jeder gegründet ist, sich selbst widerspreche. Man sieht also, daß 25 239 die Hebung der Antinomie der ästhetischen Urtheilskraft einen ähnlichen Gang nehme mit dem, welchen die Kritik in Auflösung der Antinomieen der reinen theoretischen Vernunft befolgte; und daß eben so hier und auch in der Kritik der praktischen Vernunft die Antinomieen wider Willen nöthigen, über das Sinnliche hinaus zu sehen und im Übersinnlichen den 30 Vereinigungspunkt aller unserer Vermögen a priori zu suchen: weil kein anderer Ausweg übrig bleibt, die Vernunft mit sich selbst einstimmig zu machen.

Anmerkung I.

Da wir in der Transscendental-Philosophie so oft Veranlassung finden, 35 Ideen von Verstandesbegriffen zu unterscheiden, so kann es von Nutzen sein, ihrem Unterschiede angemessene Kunstausdrücke einzuführen. Ich glaube, man werde nichts dawider haben, wenn ich einige in Vorschlag bringe. — Ideen in der allgemeinsten Bedeutung sind nach einem gewissen (subjectiven oder objectiven) Princip auf einen Gegenstand bezogene Vorstellungen, sofern sie doch nie eine Erkenntniß desselben werden 5 können. Sie sind entweder nach einem bloß subjectiven Princip der Übereinstimmung der Erkenntnißvermögen unter einander (der Einbildungskraft und des Verstandes) auf eine Anschauung bezogen: und heißen alsdann ästhetische; oder nach einem objectiven Princip auf einen Begriff bezogen, können aber doch nie eine Erkenntniß des Gegenstandes abgeben: 10 und heißen Vernunftideen; in welchem Falle der Begriff ein transscendenter Begriff ist, welcher vom Verstandesbegriffe, dem jederzeit eine 240 adäquat correspondirende Erfahrung untergelegt werden kann, und der darum immanent heißt, unterschieden ist.

Eine ästhetische Idee kann keine Erkenntniß werden, weil sie eine 15 Anschauung (der Einbildungskraft) ist, der niemals ein Begriff adäquat gefunden werden kann. Eine Vernunftidee kann nie Erkenntniß werden, weil sie einen Begriff (vom Übersinnlichen) enthält, dem niemals eine Anschauung angemessen gegeben werden kann.

Nun glaube ich, man könne die ästhetische Idee eine inexponible 20 Vorstellung der Einbildungskraft, die Vernunftidee aber einen indemonstrabeln Begriff der Vernunft nennen. Von beiden wird vorausgesetzt, daß sie nicht etwa gar grundlos, sondern (nach der obigen Erklärung einer Idee überhaupt) gewissen Principien der Erkenntnißvermögen, wozu sie gehören (jene den subjectiven, diese objectiven Principien), gemäß erzeugt 25 seien.

Verstandesbegriffe müssen als solche jederzeit demonstrabel sein (wenn unter demonstriren wie in der Anatomie bloß das Darstellen verstanden wird); d. i. der ihnen correspondirende Gegenstand muß jederzeit in der Anschauung (reinen oder empirischen) gegeben werden können: 30 denn dadurch allein können sie Erkenntnisse werden. Der Begriff der Größe kann in der Raumesanschauung a priori, z. B. einer geraden Linie u. s. w., gegeben werden; der Begriff der Ursache an der Undurchdringlichkeit, dem Stoße der Körper u. s. w. Mithin können beide durch eine empirische Anschauung belegt, d. i. der Gedanke davon an einem Beispiele 35 gewiesen (demonstrirt, aufgezeigt) werden; und dieses muß geschehen können: widrigenfalls man nicht gewiß ist, ob der Gedanke nicht leer, d. i. ohne alles Object sei.

Man bedient sich in der Logik der Ausdrücke des Demonstrabeln oder 241 Indemonstrabeln gemeiniglich nur in Ansehung der Sätze: da die ersteren besser durch die Benennung der nur mittelbar, die zweiten der unmittelbar-gewissen 5 Sätze könnten bezeichnet werden; denn die reine Philosophie hat auch Sätze von beiden Arten, wenn darunter beweisfähige und beweisunfähige wahre Sätze verstanden werden. Allein aus Gründen a priori kann sie als Philosophie zwar beweisen, aber nicht demonstriren; wenn man nicht ganz und gar von der Wortbedeutung abgehen will, nach 10 welcher demonstriren (ostendere, exhibere) so viel heißt, als (es sei im Beweisen oder auch bloß im Definiren) seinen Begriff zugleich in der Anschauung darstellen: welche, wenn sie Anschauung a priori ist, das Construiren desselben heißt, wenn sie aber auch empirisch ist, gleichwohl die Vorzeigung des Objects bleibt, durch welche dem Begriffe die objective 15 Realität gesichert wird. So sagt man von einem Anatomiker: er demonstrire das menschliche Auge, wenn er den Begriff, den er vorher discursiv vorgetragen hat, vermittelst der Zergliederung dieses Organs anschaulich macht.

Diesem zufolge ist der Vernunftbegriff vom übersinnlichen Substrat 20 aller Erscheinungen überhaupt, oder auch von dem, was unserer Willkür in Beziehung auf moralische Gesetze zum Grunde gelegt werden muß, nämlich von der transscendentalen Freiheit, schon der Species nach ein indemonstrabler Begriff und Vernunftidee, Tugend aber ist dies dem Grade nach: weil dem ersteren an sich gar nichts der Qualität nach in der 25 Erfahrung Correspondirendes gegeben werden kann, in der zweiten aber kein Erfahrungsproduct jener Causalität den Grad erreicht, den die Vernunftidee zur Regel vorschreibt.

So wie an einer Vernunftidee die Einbildungskraft mit ihren 242 Anschauungen den gegebenen Begriff nicht erreicht: so erreicht bei einer 30 ästhetischen Idee der Verstand durch seine Begriffe nie die ganze innere Anschauung der Einbildungskraft, welche sie mit einer gegebenen Vorstellung verbindet. Da nun eine Vorstellung der Einbildungskraft auf Begriffe bringen so viel heißt, als sie exponiren: so kann die ästhetische Idee eine inexponible Vorstellung derselben (in ihrem freien Spiele) 35 genannt werden. Ich werde von dieser Art Ideen in der Folge noch einiges auszuführen Gelegenheit haben; jetzt bemerke ich nur: daß beide Arten von Ideen, die Vernunftideen sowohl als die ästhetischen, ihre Principien haben müssen; und zwar beide in der Vernunft, jene in den objectiven, diese in den subjectiven Principien ihres Gebrauchs.

Man kann diesem zufolge Genie auch durch das Vermögen ästhetischer Ideen erklären: wodurch zugleich der Grund angezeigt wird, warum 5 in Producten des Genies die Natur (des Subjects), nicht ein überlegter Zweck der Kunst (der Hervorbringung des Schönen) die Regel giebt. Denn da das Schöne nicht nach Begriffen beurtheilt werden muß, sondern nach der zweckmäßigen Stimmung der Einbildungskraft zur Übereinstimmung mit dem Vermögen der Begriffe überhaupt: so kann nicht Regel und 10 Vorschrift, sondern nur das, was bloß Natur im Subjecte ist, aber nicht unter Regeln oder Begriffe gefaßt werden kann, d. i. das übersinnliche Substrat aller seiner Vermögen (welches kein Verstandesbegriff erreicht), folglich das, auf welches in Beziehung alle unsere Erkenntnißvermögen zusammenstimmend zu machen, der letzte durch das Intelligible unserer 15 Natur gegebene Zweck ist, jener ästhetischen, aber unbedingten Zweckmäßigkeit in der schönen Kunst, die jedermann gefallen zu müssen rechtmäßigen 243 Anspruch machen soll, zum subjectiven Richtmaße dienen. So ist es auch allein möglich, daß dieser, der man kein objectives Princip vorschreiben kann, ein subjectives und doch allgemeingültiges Princip 20 a priori zum Grunde liege.

Anmerkung II.

Folgende wichtige Bemerkung bietet sich hier von selbst dar: daß es nämlich dreierlei Arten der Antinomie der reinen Vernunft gebe, die aber alle darin übereinkommen, daß sie dieselbe zwingen, von der sonst 25 sehr natürlichen Voraussetzung, die Gegenstände der Sinne für die Dinge an sich selbst zu halten, abzugehen, sie vielmehr bloß für Erscheinungen gelten zu lassen und ihnen ein intelligibles Substrat (etwas Übersinnliches, wovon der Begriff nur Idee ist und keine eigentliche Erkenntniß zuläßt) unterzulegen. Ohne eine solche Antinomie würde die Vernunft 30 sich niemals zu Annehmung eines solchen das Feld ihrer Speculation so sehr verengenden Princips und zu Aufopferungen, wobei so viele sonst sehr schimmernde Hoffnungen gänzlich verschwinden müssen, entschließen können; denn selbst jetzt, da sich ihr zur Vergütung dieser Einbuße ein um desto größerer Gebrauch in praktischer Rücksicht eröffnet, scheint sie sich 35 nicht ohne Schmerz von jenen Hoffnungen trennen und von der alten Anhänglichkeit losmachen können.

Daß es drei Arten der Antinomie giebt, hat seinen Grund darin, daß es drei Erkenntnißvermögen: Verstand, Urtheilskraft und Vernunft, giebt, deren jedes (als oberes Erkenntnißvermögen) seine Principien a priori 5 haben muß; da denn die Vernunft, sofern sie über diese Principien selbst und ihren Gebrauch urtheilt, in Ansehung ihrer aller zu dem gegebenen 244 Bedingten unnachlaßlich das Unbedingte fordert, welches sich doch nie finden läßt, wenn man das Sinnliche als zu den Dingen an sich selbst gehörig betrachtet und ihm nicht vielmehr, als bloßer Erscheinung, etwas 10 Übersinnliches (das intelligible Substrat der Natur außer uns und in uns) als Sache an sich selbst unterlegt. Da giebt es dann 1) eine Antinomie der Vernunft in Ansehung des theoretischen Gebrauchs des Verstandes bis zum Unbedingten hinauf für das Erkenntnißvermögen; 2) eine Antinomie der Vernunft in Ansehung des ästhetischen Gebrauchs der Urtheilskraft 15 für das Gefühl der Lust und Unlust; 3) eine Antinomie in Ansehung des praktischen Gebrauchs der an sich selbst gesetzgebenden Vernunft für das Begehrungsvermögen: sofern alle diese Vermögen ihre obere Principien a priori haben und gemäß einer unumgänglichen Forderung der Vernunft nach diesen Principien auch unbedingt müssen 20 urtheilen und ihr Object bestimmen können.

In Ansehung zweier Antinomieen, der des theoretischen und der des praktischen Gebrauchs, jener obern Erkenntnißvermögen haben wir die Unvermeidlichkeit derselben, wenn dergleichen Urtheile nicht auf ein übersinnliches Substrat der gegebenen Objecte als Erscheinungen zurücksehen, 25 dagegen aber auch die Auflöslichkeit derselben, sobald das letztere geschieht, schon anderwärts gezeigt. Was nun die Antinomie im Gebrauch der Urtheilskraft gemäß der Forderung der Vernunft und deren hier gegebene Auflösung betrifft: so giebt es kein anderes Mittel, derselben auszuweichen, als entweder zu läugnen, daß dem ästhetischen Geschmacksurtheile 30 irgend ein Princip a priori zum Grunde liege, so daß aller Anspruch auf Nothwendigkeit allgemeiner Beistimmung grundloser, leerer Wahn sei, und ein Geschmacksurtheil nur sofern für richtig gehalten zu 245 werden verdiene, weil es sich trifft, daß viele in Ansehung desselben übereinkommen, und auch dieses eigentlich nicht um deswillen, weil man 35 hinter dieser Einstimmung ein Princip a priori vermuthet, sondern (wie im Gaumengeschmack) weil die Subjecte zufälliger Weise gleichförmig organisirt seien; oder man müßte annehmen, daß das Geschmacksurtheil eigentlich ein verstecktes Vernunfturtheil über die an einem Dinge und die Beziehung des Mannigfaltigen in ihm zu einem Zwecke entdeckte Vollkommenheit sei, mithin nur um der Verworrenheit willen, die dieser unserer Reflexion anhängt, ästhetisch genannt werde, ob es gleich im 5 Grunde teleologisch sei: in welchem Falle man die Auflösung der Antinomie durch transscendentale Ideen für unnöthig und nichtig erklären und so mit den Objecten der Sinne nicht als bloßen Erscheinungen, sondern auch als Dingen an sich selbst jene Geschmacksgesetze vereinigen könnte. Wie wenig aber die eine sowohl als die andere Ausflucht verschlage, ist 10 an mehrern Orten in der Exposition der Geschmacksurtheile gezeigt worden.

Räumt man aber unserer Deduction wenigstens so viel ein, daß sie auf dem rechten Wege geschehe, wenn gleich noch nicht in allen Stücken hell genug gemacht sei, so zeigen sich drei Ideen: erstlich des Übersinnlichen 15 überhaupt ohne weitere Bestimmung als Substrats der Natur; zweitens eben desselben, als Princips der subjectiven Zweckmäßigkeit der Natur für unser Erkenntnißvermögen; drittens eben desselben, als Princips der Zwecke der Freiheit und Princips der Übereinstimmung derselben mit jener im Sittlichen. 20

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