Freie Übersetzung.

Ich lebte mit meinem Manne in Unfrieden. Manchen Tag schlug er mich fünf mal. In meiner schweren Not gab ich meinem Manne auf Anraten der Weiber Kätzchen und Hündchen ein, die ich vorher durch Rösten zubereitete.10 Im Zorn legte er (einmal) auch sein Gewehr gegen mich an, um mich zu töten. Ich sah mich genötigt, ihn bei Gericht anzuzeigen. Während die Klage anhängig war, behandelte er mich so schlecht, dass ich einige sieben bis achtmal seinetwegen aus dem Hause flüchten musste. Alles Zureden und Bitten blieb vergeblich, bis ich nicht wieder auf Anraten der Weiber mein Heil bei Gericht suchte. Von da ab rührte er mich nicht ein einzigmal mehr an. Ferner haben mich die Weiber auch mit einem Zauber bekannt gemacht, den ich in Anwendung brachte. Ich holte nämlich von drei Mühlen Mehl, welches als Staub in der Malkammer zu Boden fällt, Sprühwasser von den Mühlrädern und Fette, mit welcher die Mühlradachsen eingefettet werden, verbuk diese Sachen in Kuchen und gab sie meinem Manne zu essen, damit er meinen Kindern günstiger geneigt sein möge.10 Die Kinder konnte er eben nicht ausstehen. So legte er einmal auf zwei irdene Backstürze Glutkohlen, um zwischen den Stürzen das eine Kind zu verbrennen, das andere Kind aber wollte er unter die Schweine in den Saustall werfen, damit es die Schweine zerreissen. Dieser Vorfall trug sich gerade am St. Niklastage zu. Das angegebene Mittel, welches mir die Weiber anzuwenden angeraten, half wirklich und mein Mann wurde mir und meinen Kindern wohlgesinnt, nur lebte er leider nur noch kurze Zeit. Bald darauf starb er. Eigentlich war er von Natur kein gar so bös gearteter Mensch, doch er unterhielt mit seiner leiblichen Schwägerin11 ein ehebrecherisches Verhältnis, und sie war es, die ihn zu den Gewalttätigkeiten aufstachelte. Als ich auch seinem ehebrecherischem Leben auf die Spur kam, wollte ich aus Verzweiflung mich und meine beiden Kinder im Orljava-Flusse12 ersäufen, doch redeten mir die Weiber nachdrücklichst davon ab, indem sie mir besagtes Mittel zu versuchen anrieten. »Lass die Selbstmordgedanken,13 versuch eher die Wirkung unseres Mittels,« sagten sie, und wie bemerkt, befolgte ich ihren Rat. Nach dem Ableben meines Mannes war ich noch zwei Monate wie geistgestört. Das haben mir seine Buhlinnen mit ihren Zaubereien angetan. Ich zog von einer heilkundigen Kräutlerin14 zur andern, um Heilung zu finden. Als ich endlich wieder zur Gesundheit gekommen, waren aber auch schon alle meine ärmlichen Habseligkeiten draufgegangen.

1 Der grösste Teil davon entzieht sich der Wiedergabe in einem allgemein zugänglichen Buche. Mit der Publikation begann ich jedoch bereits im III. Band der Anthropophyteia S. 165–168 zur Beantwortung der Umfrage William Godelücks über den Liebezauber der Völker.

2 Das fehlende Wort ist mir in meiner eigenen Handschrift unleserlich geworden.

3 Ob meine Übersetzung des Wortes richtig ist, sei dahingestellt. In Wörterbüchern findet es sich ebenso wenig als ćufur, die Lachtaube.

4 Für unsere »Äpfel« sagt der Serbe in diesem Fall »jaja«, Eier.

5 Die Bäuerin schrieb čšeniče, weil sie für die Unterscheidung der Laute ć und č in der Schrift kein Verständnis hat, obgleich sie in der Aussprache genau unterscheidet. Die Umstellung ćšeniće für šćeniće, dieses für šteniće ist beachtenswert, weil eine, wenigstens für unsere Zunge, beschwerlichere Aussprache, die ältere, leichtere verdrängt.

6 Mikolu für: Nikolu. Mikolaja sagen gewöhnlich die altgläubigen Serben, Mikola die Katholiken. Ich fürchte, die Herren Buchstabenphilologen werden sich vergeblich den Kopf zerbrechen, um lautphysiologisch die Wandlung des n in m hier zu erklären. Die Sache ist ganz einfach, der Bauer wagt es nicht, den Heiligen Nikolaus, Nikola zu nennen, weil in der dortigen Mundart niko (für nitko) »Niemand« bedeutet, und es doch einer Ehrverletzung gleichkäme, einen Heiligen so anzusprechen. Darum lieber Mikola, anknüpfend an den Namen Mihajlo, Mikajlo, Miko (Michael).

7 Die Partikel hat die Schreiberin nur aus Unachtsamkeit ausgelassen.

8 Lehnwort aus dem Deutschen: probieren. Der Slave sagt sonst: pokušati. Eine vernünftige Nötigung für die Aufnahme des Fremdwortes ist nicht erfindlich.

9 švaljerke geht auf das französische Wort (le) Chevalier, der Ritter, Kavalier, Liebhaber zurück. Das Wort ist wahrscheinlich auf literarischem Wege ins Volk gedrungen. Daneben gebraucht dasselbe Volk in Slavonien für »Buhlin« die slav. Ausdrücke: milosnica (Liebespenderin), inoća (»die Andere«, »die Fremde«, die Kebsin); bludnica, kurva und »frajla« (= Fräulein) oder auch »frajmadl« (Freimädl, Freudenmädchen) bezeichnen eine Verlorene.

10 Liebezaubermittel. Vrgl. ähnliche Mittel bei Krauss: Sitte und Brauch der Südslaven. Wien 1885. S. 167.

11 Die Bäuerin ist über den Greuel der Blutschande entsetzt gewesen, weil sie glaubte — das ist allgemeiner Volkglaube — dadurch falle der schreckliche Fluch der Ausrottung auf sie und ihre Kinder, als den Angehörigen des Verfluchten.

12 Die Orljava entspringt als schmales Bächlein im Kamenskogebirge an den Hängen des Papuk beim Dörfchen Orlovo (Adlerhorst), fliesst an Vilićselo, Brestovac, Požega, Blacko, Pleternica, Suljkovci vorbei und strömt als ansehnlicher Fluss an Kapela und Orjovac bei Kobaš in die Save ein.

13 Selbstmorde sind häufig unter den südslavischen Bauern. Pflanzengifte Belladonna und Stechapfel (datura stramonium) und das Mineral Arsenik sind sehr gewöhnlich. Sich erhenken ist nicht so üblich, als sich ersäufen. Giftmischer bedienen sich aber am liebsten Leichengiftes, weil dieses am schwersten nachzuweisen ist.

14 Über solche Frauen vrgl. Krauss: Medizinische Zaubersprüche aus Slavonien usw. in den Mitt. der Wiener Anthrop. Gesellschaft. 1887 und Dr. Alex. Mitrović, Mein Besuch bei einer Zauberfrau in Norddalmatien; Anthropophyteia IV. S. 227–236.

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