Ich hatte mich davon überzeugt, wie wenig ein Frauenkleid vor Zufällen schützt, deshalb war ich zuallererst darauf bedacht das meinige loszuwerden. Nachdem ich es sorgsam im Gebüsch an der Heerstrasse versteckt hatte, begann ich, als wäre ich bis aufs Hemd ausgeraubt worden, laut um Hilfe zu rufen, bis ein vorüberfahrender Bauer mich zu sich nach Hause mitnahm und mir ein Paar alte Hosen und ein ahgetragenes Kamisol schenkte. Beim Bauern traf ich einen Kaufmann aus Venedig, der gerührt von meiner Lage und, glaub ich, auch von meinem Äusseren, mir vorschlug ihn nach Venedig zu begleiten, um Verkäufer in seinem Laden zu werden. Obgleich ich nicht die Absicht hatte mich lange mit diesem Gewerbe zu befassen, ging ich doch auf seinen Vorschlag ein, in welchem ich eine Möglichkeit erblickte nach Venedig zu kommen, wohin es mich zog, wie einen echten Grafen Gozzi. Die Reise bot ausser den unbekannten Städten nichts Interessantes, denn Vivarini reiste bescheiden, ja geizig, und liess mich zudem keinen Schritt weit von sich. Das alles machte den Entschluss in mir reifen ihn bei der ersten Gelegenheit zu verlassen. In Venedig kam noch das Gezänk einer alten Haushälterin, schlechtes Abendessen und das tagelange Herumstehen vor den Ladentischen des halbdunkelen Warenlagers dazu. Schliesslich erklärte ich dem Signor, dass ich ihn verlasse, er murmelte etwas von Undankbarkeit der heutigen Jugend, aber eigentlich war mein Abgang ihm ziemlich gleichgültig. Ich hatte schon vorher mit dem Gondoliere Rudolfino verabredet, dass ich, als sein Gehilfe, zu ihm in Dienst treten werde. Ich vertauschte das ruhige, aber langweilige Leben bei Vivarini gegen das armselige eines Ruderknechtes, das jedoch mehr Möglichkeiten zu unerwarteten Begegnungen bot. Und in der Tat verhüllte so manches Mal die dunkele Nacht oder der Vorhang des „Felze“ das Glück des jungen Gondoliere und der Dame, die sich von ihm rudern liess, aber es gab nicht einen einzigen Fall, der irgendwelche ernstere Folgen nach sich gezogen hätte.