Achtes Kapitel

Vor mir stand ein junger Mann, fast noch ein Knabe, ohne Perücke, in bescheidenem schwarzem Kamisol, blass, mit glänzenden Augen und spitzem Kinn und entwickelte mir utopistische Ideen von Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit, sprach von grossen Ereignissen, welche angeblich herannahten, von Welterschütterung und neuer Sintflut. Ich fragte ihn:

„Ihr seid Engländer?“

„Nein, ich bin Franzose und habe mich an Euch, als an meinen Landsmann, um Förderung gewandt.“

„Ja, ich kenne Eure Angelegenheit, sie wird geordnet werden, aber Eure Worte interessieren mich auf das lebhafteste; Ihr saget, dass diese Schwärmereien eine ganze Masse von Leuten beseelen, welche nicht nur um der eigenen Befreiung willen zu handeln bereit sind?“

„Wir werden die Welt befreien!“

„Befreien? Wovon befreien? Von mir zum Beispiel?“

„Von den Tyrannen!“ rief der Knabe, dessen Gesicht rot geworden war.

„Aber Vorurteile, Sitten, unsere Gefühle schliesslich, sind grausamere Tyrannen, als die gekrönten Häupter. Es heisst doch ganz mit Recht:

„Tyrannin ist die Liebe, herrscht über königliche Macht,

Den stolzen Simson selbst hat sie zu Fall gebracht . . .“

Ein Diener überreichte mir einen Zettel, auf dem mit Bleistift geschrieben stand:

„Freund, rettet Euch, der Herzog ist nach dem gestrigen Souper an den Blattern gestorben. Eure wütendsten Feinde haben die Macht in Händen. Im besten Falle droht Euch die Verbannung. Nützet die Zeit. Euer Freund.“

Ich sah den Jüngling an, der bereit war seine Rede fortzusetzen, und sagte:

„Euer Anliegen wird, meinen Worten entsprechend, erledigt werden,“ und beantwortete mit einem wohlwollenden Lächeln seine ehrerbietige, wenn auch würdige Verbeugung. Als ich allein geblieben war, sah ich durch das Fenster lange in den feinen Regen hinaus, der in eine Pfütze tröpfelte, dann klingelte ich nach meinen Kleidern.

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