KAPITEL X. Die Hellenen in Italien. Seeherrschaft der Tusker und Karthager

Nicht auf einmal wird es hell in der Voelkergeschichte des Altertums; und auch hier beginnt der Tag im Osten. Waehrend die italische Halbinsel noch in tiefes Werdegrauen eingehuellt liegt, ist in den Landschaften am oestlichen Becken des Mittelmeers bereits eine nach allen Seiten hin reich entwickelte Kultur ans Licht getreten; und das Geschick der meisten Voelker, in den ersten Stadien der Entwicklung an einem ebenbuertigen Bruder zunaechst den Meister und Herrn zu finden, ist in hervorragendem Masse auch den Voelkern Italiens zuteil geworden. Indes lag es in den geographischen Verhaeltnissen der Halbinsel, dass eine solche Einwirkung nicht zu Lande stattfinden konnte. Von der Benutzung des schwierigen Landwegs zwischen Italien und Griechenland in aeltester Zeit findet sich nirgends eine Spur. In das transalpinische Land freilich mochten von Italien aus schon in unvordenklich ferner Zeit Handelsstrassen fuehren: die aelteste Bernsteinstrasse erreichte von der Ostsee aus das Mittelmeer an der Pomuendung - weshalb in der griechischen Sage das Delta des Po als Heimat des Bernsteins erscheint -, und an diese Strasse schloss sich eine andere quer durch die Halbinsel ueber den Apennin nach Pisa fuehrende an; aber Elemente der Zivilisation konnten von dort her den Italikern nicht zukommen. Es sind die seefahrenden Nationen des Ostens, die nach Italien gebracht haben, was ueberhaupt in frueher Zeit von auslaendischer Kultur dorthin gelangt ist.

Das aelteste Kulturvolk am Mittelmeergestade, die Aegypter, fuhren noch nicht ueber Meer und haben daher auch auf Italien nicht eingewirkt. Ebensowenig aber kann dies von den Phoenikern behauptet werden. Allerdings waren sie es, die von ihrer engen Heimat am aeusseren Ostrand des Mittelmeers aus zuerst unter allen bekannten Staemmen auf schwimmenden Haeusern in dasselbe, anfangs des Fisch- und Muschelfangs, bald auch des Handels wegen, sich hinauswagten, die zuerst den Seeverkehr eroeffneten und in unglaublich frueher Zeit das Mittelmeer bis zu seinem aeussersten westlichen Ende befuhren. Fast an allen Gestaden desselben erscheinen vor den hellenischen phoenikische Seestationen: wie in Hellas selbst, auf Kreta und Kypros, in Aegypten, Libyen und Spanien, so auch im italischen Westmeer. Um ganz Sizilien herum, erzaehlt Thukydides, hatten, ehe die Griechen dorthin kamen, oder wenigstens, ehe sie dort in groesserer Anzahl sich festsetzten, die Phoeniker auf den Landspitzen und Inselchen ihre Faktoreien gegruendet, des Handels wegen mit den Eingeborenen, nicht um Land zu gewinnen. Allein anders verhaelt es sich mit dem italischen Festland. Von phoenikischen Niederlassungen daselbst ist bis jetzt nur eine einzige mit einiger Sicherheit nachgewiesen worden, eine punische Faktorei bei Caere, deren Andenken sich bewahrt hat teils in der Benennung der kleinen Ortschaft an der caeritischen Kueste Punicum, teils in dem zweiten Namen der Stadt Caere selbst, Agylla, welcher nicht, wie man fabelt, von den Pelasgern herruehrt, sondern phoenikisch ist und die “Rundstadt” bezeichnet, wie eben vom Ufer aus gesehen Caere sich darstellt. Dass diese Station und was von aehnlichen Gruendungen es an den Kuesten Italiens noch sonst gegeben haben mag, auf jeden Fall weder bedeutend noch von langem Bestande gewesen ist, beweist ihr fast spurloses Verschwinden; aber es liegt auch nicht der mindeste Grund vor, sie fuer aelter zu halten als die gleichartigen hellenischen Ansiedlungen an denselben Gestaden. Ein unveraechtliches Anzeichen davon, dass wenigstens Latium die kanaanitischen Maenner erst durch Vermittlung der Hellenen kennengelernt hat, ist ihre latinische, der griechischen entlehnte Benennung der Poener. Vielmehr fuehren alle aeltesten Beziehungen der Italiker zu der Zivilisation des Ostens entschieden nach Griechenland; und es laesst sich das Entstehen der phoenikischen Faktorei bei Caere, ohne auf die vorhellenische Periode zurueckzugehen, sehr wohl aus den spaeteren wohlbekannten Beziehungen des caeritischen Handelsstaats zu Karthago erklaeren. In der Tat lag, wenn man sich erinnert, dass die aelteste Schiffahrt wesentlich Kuestenfahrt war und blieb, den Phoenikern kaum eine Landschaft am Mittelmeer so fern wie der italische Kontinent. Sie konnten ihn nur entweder von der griechischen Westkueste oder von Sizilien aus erreichen; und es ist sehr glaublich, dass die hellenische Seefahrt frueh genug aufbluehte, um den Phoenikern in der Befahrung der Adriatischen wie der Tyrrhenischen See zuvorzukommen. Urspruenglichen unmittelbaren Einfluss der Phoeniker auf die Italiker anzunehmen, ist deshalb kein Grund vorhanden; auf die spaeteren Beziehungen der phoenikischen Seeherrschaft im westlichen Mittelmeer zu den italischen Anwohnern der Tyrrhenischen See wird die Darstellung zurueckkommen.

Allem Anschein nach sind es also die hellenischen Schiffer gewesen, die zuerst unter den Anwohnern des oestlichen Beckens des Mittelmeers die italischen Kuesten befuhren. Von den wichtigen Fragen indes, aus welcher Gegend und zu welcher Zeit die griechischen Seefahrer dorthin gelangt sind, laesst nur die erstere sich mit einiger Sicherheit und Vollstaendigkeit beantworten. Es war das aeolische und ionische Gestade Kleinasiens, wo zuerst der hellenische Seeverkehr sich grossartig entfaltete und von wo aus den Griechen wie das Innere des Schwarzen Meeres so auch die italischen Kuesten sich erschlossen. Der Namen des Ionischen Meeres, welcher den Gewaessern zwischen Epirus und Sizilien geblieben ist, und der der Ionischen Bucht, mit welchem Namen die Griechen frueher das Adriatische Meer bezeichneten, haben das Andenken an die einstmalige Entdeckung der Sued- und Ostkueste Italiens durch ionische Seefahrer bewahrt. Die aelteste griechische Ansiedlung in Italien, Kyme, ist dem Namen wie der Sage nach eine Gruendung der gleichnamigen Stadt an der anatolischen Kueste. Nach glaubwuerdiger hellenischer Ueberlieferung waren es die kleinasiatischen Phokaeer, die zuerst von den Hellenen die entferntere Westsee befuhren. Bald folgten auf den von den Kleinasiaten gefundenen Wegen andere Griechen nach: Ionier von Naxos und von Chalkis auf Euboea, Achaeer, Lokrer, Rhodier, Korinther, Megarer, Messener, Spartaner. Wie nach der Entdeckung Amerikas die zivilisierten Nationen Europas wetteiferten, dorthin zu fahren und dort sich niederzulassen; wie die Solidaritaet der europaeischen Zivilisation den neuen Ansiedlern inmitten der Barbaren deutlicher zum Bewusstsein kam als in ihrer alten Heimat, so war auch die Schiffahrt nach dem Westen und die Ansiedelung im Westland kein Sondergut einer einzelnen Landschaft oder eines einzelnen Stammes der Griechen, sondern Gemeingut der hellenischen Nation; und wie sich zu Nordamerikas Schoepfung englische und franzoesische, hollaendische und deutsche Ansiedlungen gemischt und durchdrungen haben, so ist auch das griechische Sizilien und “Grossgriechenland” aus den verschiedenartigsten hellenischen Stammschaften oft ununterscheidbar zusammengeschmolzen. Doch lassen sich, ausser einigen mehr vereinzelt stehenden Ansiedlungen, wie die der Lokrer mit ihren Pflanzstaedten Hipponion und Medama und die erst gegen Ende dieser Periode gegruendete Niederlassung der Phokaeer Hyele (Velia, Elea) sind, im ganzen drei Hauptgruppen unterscheiden: die unter dem Namen der chalkidischen Staedte zusammengefasste urspruenglich ionische, zu der in Italien Kyme mit den uebrigen griechischen Niederlassungen am Vesuv und Rhegion, in Sizilien Zankle (spaeter Messana), Naxos, Katane, Leontini, Himera zaehlen; die achaeische, wozu Sybaris und die Mehrzahl der grossgriechischen Staedte sich rechneten, und die dorische, welcher Syrakus, Gela, Akragas, ueberhaupt die Mehrzahl der sizilischen Kolonien, dagegen in Italien nur Taras (Tarentum) und dessen Pflanzstadt Herakleia angehoeren. Im ganzen ueberwiegt in der Einwanderung die aeltere hellenische Schicht der Ionier und der vor der dorischen Einwanderung im Peloponnes ansaessigen Staemme; von den Dorern haben sich vorzugsweise nur die Gemeinden gemischter Bevoelkerung, wie Korinth und Megara, die rein dorischen Landschaften dagegen nur in untergeordnetem Grade beteiligt; natuerlich, denn die Ionier waren ein altes Handels- und Schiffervolk, die dorischen Staemme aber sind erst verhaeltnismaessig spaet von ihren binnenlaendischen Bergen in die Kuestenlandschaften hinabgestiegen und zu allen Zeiten dem Seeverkehr ferner geblieben. Sehr bestimmt treten die verschiedenen Einwanderergruppen auseinander, besonders in ihrem Muenzfuss. Die phokaeischen Ansiedler praegen nach dem in Asien herrschenden babylonischen Fuss. Die chalkidischen Staedte folgen in aeltester Zeit dem aeginaeischen, das heisst dem urspruenglich im ganzen europaeischen Griechenland vorherrschenden und zwar zunaechst derjenigen Modifikation desselben, die wir dort auf Euboea wiederfinden. Die achaeischen Gemeinden muenzen auf korinthische, die dorischen endlich auf diejenige Waehrung, die Solon im Jahre 160 Roms (594) in Attika eingefuehrt hatte, nur dass Taras und Herakleia sich in wesentlichen Stuecken vielmehr nach der Waehrung ihrer achaeischen Nachbarn richten als nach der der sizilischen Dorer.

Die Zeitbestimmung der frueheren Fahrten und Ansiedlungen wird wohl fuer immer in tiefes Dunkel eingehuellt bleiben. Zwar eine gewisse Folge darin tritt auch fuer uns noch unverkennbar hervor. In der aeltesten Urkunde der Griechen, welche, wie der aelteste Verkehr mit dem Westen, den kleinasiatischen Ioniern eignet, in den Homerischen Gesaengen reicht der Horizont noch kaum ueber das oestliche Becken des Mittelmeers hinaus. Vom Sturm in die westliche See verschlagene Schiffer mochten von der Existenz eines Westlandes und etwa noch von dessen Meeresstrudeln und feuerspeienden Inselbergen die Kunde nach Kleinasien heimgebracht haben; allein zu der Zeit der Homerischen Dichtung mangelte selbst in derjenigen griechischen Landschaft, welche am fruehesten mit dem Westland in Verkehr trat, noch jede zuverlaessige Kunde von Sizilien und Italien; und die Maerchenerzaehler und Dichter des Ostens konnten, wie seinerzeit die okzidentalischen den fabelhaften Orient, ungestoert die leeren Raeume des Westens mit ihren luftigen Gestalten erfuellen. Bestimmter treten schon in den Hesiodischen Gedichten die Umrisse Italiens und Siziliens hervor; sie kennen aus beiden einheimische Namen von Voelkerschaften, Bergen und Staedten; doch ist ihnen Italien noch eine Inselgruppe. Dagegen in der gesamten nachhesiodischen Literatur erscheint Sizilien und selbst das gesamte Gestade Italiens als den Hellenen wenigstens im allgemeinen bekannt. Ebenso laesst die Reihenfolge der griechischen Ansiedlungen mit einiger Sicherheit sich bestimmen. Als die aelteste namhafte Ansiedlung im Westland galt offenbar schon dem Thukydides Kyme; und gewiss hat er nicht geirrt. Allerdings lag dem griechischen Schiffer mancher Landungsplatz naeher; allein vor den Stuermen wie vor den Barbaren war keiner so geschuetzt wie die Insel Ischia, auf der die Stadt urspruenglich lag; und dass solche Ruecksichten vor allem bei dieser Ansiedlung leiteten, zeigt selbst die Stelle noch, die man spaeter auf dem Festland dazu ausersah, die steile, aber geschuetzte Felsklippe, die noch heute den ehrwuerdigen Namen der anatolischen Mutterstadt traegt. Nirgends in Italien sind denn auch die Oertlichkeiten der kleinasiatischen Maerchen mit solcher Festigkeit und Lebendigkeit lokalisiert wie in der kymaeischen Landschaft, wo die fruehesten Westfahrer, jener Sagen von den Wundern des Westens voll, zuerst das Fabelland betraten und die Spuren der Maerchenwelt, in der sie zu wandeln meinten, in den Sirenenfelsen und dem zur Unterwelt fuehrenden Aornossee zurueckliessen. Wenn ferner in Kyme zuerst die Griechen Nachbarn der Italiker wurden, so erklaert es sich sehr einfach, weshalb der Name desjenigen italischen Stammes, der zunaechst um Kyme angesessen war, der Name der Opiker, von ihnen noch lange Jahrhunderte nachher fuer saemtliche Italiker gebraucht ward. Es ist ferner glaublich ueberliefert, dass die massenhafte hellenische Einwanderung in Unteritalien und Sizilien von der Niederlassung auf Kyme durch einen betraechtlichen Zwischenraum getrennt war und dass bei jener Einwanderung wieder die Ionier von Chalkis und von Naxos vorangingen und Naxos auf Sizilien die aelteste aller durch eigentliche Kolonisierung in Italien und Sizilien gegruendeten Griechenstaedte ist, worauf dann die achaeischen und dorischen Kolonisationen erst spaeter erfolgt sind.

Allein es scheint voellig unmoeglich, fuer diese Reihe von Tatsachen auch nur annaehernd sichere Jahreszahlen festzustellen. Die Gruendung der achaeischen Stadt Sybaris im Jahre 33 (721) und die der dorischen Stadt Taras im Jahre 46 Roms (708) moegen die aeltesten Daten der italischen Geschichte sein, deren wenigstens ungefaehre Richtigkeit als ausgemacht angesehen werden kann. Um wieviel aber die Ausfuehrung der aelteren ionischen Kolonien jenseits dieser Epoche zurueckliege, ist ebenso ungewiss wie das Zeitalter der Entstehung der Hesiodischen und gar der Homerischen Gedichte. Wenn Herodot das Zeitalter Homers richtig bestimmt hat, so war Italien den Griechen ein Jahrhundert vor der Gruendung Roms (850) noch unbekannt; indes jene Ansetzung ist wie alle anderen der Lebenszeit Homers kein Zeugnis, sondern ein Schluss, und wer die Geschichte der italischen Alphabete sowie die merkwuerdige Tatsache erwaegt, dass den Italikern das Griechenvolk bekannt ward, bevor der hellenische Stammname aufgekommen war, und die Italiker ihre Bezeichnung der Hellenen von dem in Hellas frueh verschollenen Stamm der Grai oder Graeci entlehnten ^1, wird geneigt sein, den fruehesten Verkehr der Italiker mit den Griechen um ein bedeutendes hoeher hinaufzuruecken.

—————————————————————-

^1 Ob der Name der Graeker urspruenglich aus dem epirotischen Binnenland und der Gegend von Dodone haftet oder vielmehr den frueher vielleicht bis an das Westmeer reichenden Aetolern eigen war, mag dahingestellt bleiben; er muss in ferner Zeit einem hervorragenden Stamm oder Komplex von Staemmen des eigentlichen Griechenlands eigen gewesen und von diesen auf die gesamte Nation uebergegangen sein. In den Hesiodischen Eoeen erscheint er als aelterer Gesamtname der Nation, jedoch mit offenbarer Absichtlichkeit beiseite geschoben und dem hellenischen untergeordnet, welcher letztere bei Homer noch nicht, wohl aber, ausser bei Hesiod, schon bei Archilochos um das Jahr 50 Roms (704) auftritt und recht wohl noch bedeutend frueher aufgekommen sein kann (M. L. Duncker, Geschichte des Altertums. Berlin 1852-57. Bd. 3, S. 18, 556). Also bereits vor dieser Zeit waren die Italiker mit den Griechen soweit bekannt, dass jener in Hellas frueh verschollene Name bei ihnen als Gesamtname der griechischen Nation blieb, auch als diese selbst andere Wege ging. Es ist dabei nur in der Ordnung, dass den Auslaendern die Zusammengehoerigkeit der hellenischen Staemme frueher und deutlicher zum Bewusstsein gekommen ist als diesen selbst, und daher die Gesamtbenennung hier schaerfer sich fixierte als dort, nicht minder, dass dieselbe nicht gerade den wohlbekannten naechstwohnenden Hellenen entnommen ward. Wie man es damit vereinigen will, dass noch ein Jahrhundert vor der Gruendung Roms Italien den kleinasiatischen Griechen voellig unbekannt war, ist schwer abzusehen. Von dem Alphabet wird unten die Rede sein; es ergibt dessen Geschichte vollkommen die gleichen Resultate. Man wird es vielleicht verwegen nennen, auf solche Beobachtungen hin die Herodotische Angabe ueber das Zeitalter Homers zu verwerfen; aber ist es etwa keine Kuehnheit, in Fragen dieser Art der Ueberlieferung zu folgen?

————————————————————

Die Geschichte der italischen und sizilischen Griechen ist zwar kein Teil der italischen; die hellenischen Kolonisten des Westens blieben stets im engsten Zusammenhang mit der Heimat und hatten teil an den Nationalfesten und Rechten der Hellenen. Doch ist es auch fuer Italien wichtig, den verschiedenen Charakter der griechischen Ansiedlungen daselbst zu bezeichnen und wenigstens gewisse Grundzuege hervorzuheben, durch die der verschiedenartige Einfluss der griechischen Kolonisierung auf Italien wesentlich bedingt worden ist.

Unter allen griechischen Ansiedlungen die intensivste und in sich am meisten geschlossene war diejenige, aus der der Achaeische Staedtebund hervorging, welchen die Staedte Siris, Pandosia, Metabus oder Metapontion, Sybaris mit seinen Pflanzstaedten Poseidonia und Laos, Kroton, Kaulonia, Temesa, Terina und Pyxus bildeten. Diese Kolonisten gehoerten, im grossen und ganzen genommen, einem griechischen Stamm an, der an seinem eigentuemlichen, dem dorischen naechst verwandten Dialekt sowie nicht minder, anstatt des sonst allgemein in Gebrauch gekommenen juengeren Alphabets, lange Zeit an der altnationalen hellenischen Schreibweise festhielt, und der seine besondere Nationalitaet den Barbaren wie den andern Griechen gegenueber in einer festen buendischen Verfassung bewahrte. Auch auf diese italischen Achaeer laesst sich anwenden, was Polybios von der achaeischen Symmachie im Peloponnes sagt: “nicht allein in eidgenoessischer und freundschaftlicher Gemeinschaft leben sie, sondern sie bedienen sich auch gleicher Gesetze, gleicher Gewichte, Masse und Muenzen sowie derselben Vorsteher, Ratmaenner und Richter”.

Dieser Achaeische Staedtebund war eine eigentliche Kolonisation. Die Staedte waren ohne Haefen - nur Kroton hatte eine leidliche Reede - und ohne Eigenhandel; der Sybarite ruehmte sich, zu ergrauen zwischen den Bruecken seiner Lagunenstadt, und Kauf und Verkauf besorgten ihm Milesier und Etrusker. Dagegen besassen die Griechen hier nicht bloss die Kuestensaeume, sondern herrschten von Meer zu Meer in dem “Wein-” und “Rinderland” (Οινοτρία, Ιταλία) oder der “grossen Hellas”; die eingeborene ackerbauende Bevoelkerung musste in Klientel oder gar in Leibeigenschaft ihnen wirtschaften und zinsen. Sybaris - seiner Zeit die groesste Stadt Italiens - gebot ueber vier barbarische Staemme und fuenfundzwanzig Ortschaften und konnte am andern Meer Laos und Poseidonia gruenden; die ueberschwenglich fruchtbaren Niederungen des Krathis und Bradanos warfen den Sybariten und Metapontinern ueberreichen Ertrag ab - vielleicht ist hier zuerst Getreide zur Ausfuhr gebaut worden. Von der hohen Bluete, zu welcher diese Staaten in unglaublich kurzer Zeit gediehen, zeugen am lebendigsten die einzigen auf uns gekommenen Kunstwerke dieser italischen Achaeer: ihre Muenzen von strenger, altertuemlich schoener Arbeit - ueberhaupt die fruehesten Denkmaeler von Kunst und Schrift in Italien, deren Praegung erweislich im Jahre 174 der Stadt (580) bereits begonnen hatte. Diese Muenzen zeigen, dass die Achaeer des Westens nicht bloss teilnahmen an der eben um diese Zeit im Mutterlande herrlich sich entwickelnden Bildnerkunst, sondern in der Technik demselben wohl gar ueberlegen waren; denn statt der dicken, oft nur einseitig gepraegten und regelmaessig schriftlosen Silberstuecke, welche um diese Zeit in dem eigentlichen Griechenland wie bei den italischen Dorern ueblich waren, schlugen die italischen Achaeer mit grosser und selbstaendiger Geschicklichkeit aus zwei gleichartigen, teils erhaben teils vertieft geschnittenen Stempeln grosse duenne, stets mit Aufschrift versehene Silbermuenzen, deren sorgfaeltig vor der Falschmuenzerei jener Zeit - Plattierung geringen Metalls mit duennen Silberblaettern - sich schuetzende Praegweise den wohlgeordneten Kulturstaat verraet.

Dennoch trug diese schnelle Bluete keine Frucht. In der muehelosen, weder durch kraeftige Gegenwehr der Eingeborenen noch durch eigene schwere Arbeit auf die Probe gestellten Existenz versagte sogar den Griechen frueh die Spannkraft des Koerpers und des Geistes. Keiner der glaenzenden Namen der griechischen Kunst und Literatur verherrlicht die italischen Achaeer, waehrend Sizilien deren unzaehlige, auch in Italien das chalkidische Rhegion den Ibykos, das dorische Tarent den Archytas nennen kann; bei diesem Volk, wo stets sich am Herde der Spiess drehte, gedieh nichts von Haus aus als der Faustkampf. Tyrannen liess die strenge Aristokratie nicht aufkommen, die in den einzelnen Gemeinden frueh ans Ruder gekommen war und im Notfall an der Bundesgewalt einen sicheren Rueckhalt fand: wohl aber drohte die Verwandlung der Herrschaft der Besten in eine Herrschaft der Wenigen, vor allem, wenn die bevorrechteten Geschlechter in den verschiedenen Gemeinden sich untereinander verbuendeten und gegenseitig sich aushalfen. Solche Tendenzen beherrschten die durch den Namen des Pythagoras bezeichnete solidarische Verbindung der “Freunde”, sie gebot, die herrschende Klasse “gleich den Goettern zu verehren”, die dienende “gleich den Tieren zu unterwerfen”, und rief durch solche Theorie und Praxis eine furchtbare Reaktion hervor, welche mit der Vernichtung der pythagoreischen “Freunde” und mit der Erneuerung der alten Bundesverfassung endigte. Allein rasende Parteifehden, Massenerhebungen der Sklaven, soziale Missstaende aller Art, praktische Anwendung unpraktischer Staatsphilosophie, kurz alle Uebel der entsittlichten Zivilisation hoerten nicht auf, in den achaeischen Gemeinden zu wueten, bis ihre politische Macht darueber zusammenbrach.

Es ist danach nicht zu verwundern, dass fuer die Zivilisation Italiens die daselbst angesiedelten Achaeer minder einflussreich gewesen sind als die uebrigen griechischen Niederlassungen. ueber die politischen Grenzen hinaus ihren Einfluss zu erstrecken, lag diesen Ackerbauern ferner als den Handelsstaaten; innerhalb ihres Gebiets verknechteten sie die Eingeborenen und zertraten die Keime einer nationalen Entwicklung, ohne doch den Italikern durch vollstaendige Hellenisierung eine neue Bahn zu eroeffnen. So ist in Sybaris und Metapont, in Kroton und Poseidonia das griechische Wesen, das sonst allen politischen Missgeschicken zum Trotz sich lebenskraeftig zu behaupten wusste, schneller, spur- und ruhmloser verschwunden als in irgendeinem anderen Gebiet, und die zwiesprachigen Mischvoelker, die spaeterhin aus den Truemmern der eingeborenen Italiker und der Achaeer und den juengeren Einwanderern sabellischer Herkunft hervorgingen, sind zu rechtem Gedeihen ebensowenig gelangt. Indes, diese Katastrophe gehoert der Zeit nach in die folgende Periode.

Anderer Art und von anderer Wirkung auf Italien waren die Niederlassungen der uebrigen Griechen. Auch sie verschmaehten den Ackerbau und Landgewinn keineswegs; es war nicht die Weise der Hellenen, wenigstens seit sie zu ihrer Kraft gekommen waren, sich im Barbarenland nach phoenikischer Art an einer befestigten Faktorei genuegen zu lassen. Aber wohl waren alle diese Staedte zunaechst und vor allem des Handels wegen begruendet und darum denn auch, ganz abweichend von den achaeischen, durchgaengig an den besten Haefen und Landungsplaetzen angelegt. Die Herkunft, die Veranlassung und die Epoche dieser Gruendungen waren mannigfach verschieden; dennoch bestand zwischen ihnen eine gewisse Gemeinschaft - so in dem allen jenen Staedten gemeinsamen Gebrauch gewisser moderner Formen des Alphabets ^2 und selbst in dem Dorismus der Sprache, der auch in diejenigen Staedte frueh eindrang, die, wie zum Beispiel Kyme ^3, von Haus aus den weichen ionischen Dialekt sprachen. Fuer die Entwicklung Italiens sind diese Niederlassungen in sehr verschiedenem Grade wichtig geworden; es genuegt hier, derjenigen zu gedenken, welche entscheidend in die Schicksale der Staemme Italiens eingegriffen haben, des dorischen Tarent und des ionischen Kyme.

————————————————————————-

^2 So sind die drei altorientalischen Formen des i, l und r, fuer die als leicht zu verwechseln mit den Formen des s, g und p schon frueh die Zeichen vorgeschlagen worden sind, in den achaeischen Kolonien entweder ausschliesslich oder doch sehr vorwiegend in Gebrauch geblieben, waehrend die uebrigen Griechen Italiens und Siziliens ohne Unterschied des Stammes sich ausschliesslich oder doch sehr vorwiegend der juengeren Formen bedient haben.

^3 So zum Beispiel heisst es auf einem kymaeischen Tongefaess Ταταίες εμί λέυqθος. Fόσ δ'άν με κλέφσει θύφλος έσται.

————————————————-

Den Tarentinern ist unter allen hellenischen Ansiedlungen in Italien die glaenzendste Rolle zugefallen. Der vortreffliche Hafen, der einzige gute an der ganzen Suedkueste, machte ihre Stadt zum natuerlichen Entrepôt fuer den sueditalienischen Handel, ja sogar fuer einen Teil des Verkehrs auf dem Adriatischen Meer. Der reiche Fischfang in dem Meerbusen, die Erzeugung und Verarbeitung der vortrefflichen Schafwolle sowie deren Faerbung mit dem Saft der tarentinischen Purpurschnecke, die mit der tyrischen wetteifern konnte - beide Industrien hierher eingebuergert aus dem kleinasiatischen Miletos -, beschaeftigten Tausende von Haenden und fuegten zu dem Zwischen- noch den Ausfuhrhandel hinzu. Die in groesserer Menge als irgendwo sonst im griechischen Italien und ziemlich zahlreich selbst in Gold geschlagenen Muenzen sind noch heute redende Beweise des ausgebreiteten und lebhaften tarentinischen Verkehrs. Schon in dieser Epoche, wo Tarent noch mit Sybaris um den ersten Rang unter den unteritalischen Griechenstaedten rang, muessen seine ausgedehnten Handelsverbindungen sich angeknuepft haben; indes auf eine wesentliche Erweiterung ihres Gebietes nach Art der achaeischen Staedte scheinen die Tarentiner nie mit dauerndem Erfolg ausgegangen zu sein.

Wenn also die oestlichste der griechischen Ansiedlungen in Italien rasch und glaenzend sich emporhob, so gediehen die noerdlichsten derselben am Vesuv zu bescheidnerer Bluete. Hier waren von der fruchtbaren Insel Aenaria (Ischia) aus die Kymaeer auf das Festland hinuebergegangen und hatten auf einem Huegel hart am Meere eine zweite Heimat erbaut, von wo aus der Hafenplatz Dikaearchia (spaeter Puteoli), und weiter die “Neustadt” Neapolis gegruendet wurden. Sie lebten, wie ueberhaupt die chalkidischen Staedte in Italien und Sizilien, nach den Gesetzen, welche Charondas von Katane (um 100 650) festgestellt hatte, in einer demokratischen, jedoch durch hohen Zensus gemaessigten Verfassung, welche die Macht in die Haende eines aus den Reichsten erlesenen Rates von Mitgliedern legte - eine Verfassung, die sich bewaehrte und im ganzen von diesen Staedten Usurpatoren wie Poebeltyrannei fern hielt. Wir wissen wenig von den aeusseren Verhaeltnissen dieser kampanischen Griechen. Sie blieben, sei es aus Zwang oder aus freier Wahl, mehr noch als die Tarentiner beschraenkt auf einen engen Bezirk; indem sie von diesem aus nicht erobernd und unterdrueckend gegen die Eingeborenen auftraten, sondern friedlich mit ihnen handelten und verkehrten, erschufen sie sich selbst eine gedeihliche Existenz und nahmen zugleich den ersten Platz unter den Missionaren der griechischen Zivilisation in Italien ein.

Wenn zu beiden Seiten der rheginischen Meerenge teils auf dem Festlande die ganze suedliche und die Westkueste bis zum Vesuv, teils die groessere oestliche Haelfte der sizilischen Insel griechisches Land war, so gestalteten dagegen auf der italischen Westkueste nordwaerts vom Vesuv und auf der ganzen Ostkueste die Verhaeltnisse sich wesentlich anders. An dem dem Adriatischen Meer zugewandten italischen Gestade entstanden griechische Ansiedlungen nirgends; womit die verhaeltnismaessig geringere Anzahl und untergeordnete Bedeutung der griechischen Pflanzstaedte auf dem gegenueberliegenden illyrischen Ufer und den zahlreichen demselben vorliegenden Inseln augenscheinlich zusammenhaengt. Zwar wurden auf dem Griechenland naechsten Teil dieser Kueste zwei ansehnliche Kaufstaedte, Epidamnos oder Dyrrhachion (jetzt Durazzo; 127 587) und Apollonia (bei Avlona; um 167 627) noch waehrend der roemischen Koenigsherrschaft gegruendet; aber weiter noerdlich ist, mit Ausnahme etwa der nicht bedeutenden Niederlassung auf Schwarzkerkyra (Curzola; um 174? 580) keine alte griechische Ansiedlung nachzuweisen. Es ist noch nicht hinreichend aufgeklaert, warum die griechische Kolonisierung so duerftig gerade nach dieser Seite hin auftrat, wohin doch die Natur selbst die Hellenen zu weisen schien und wohin in der Tat seit aeltester Zeit von Korinth und mehr noch von der nicht lange nach Rom (um 44 710) gegruendeten Ansiedlung auf Kerkyra (Korfu) aus ein Handelszug bestand, dessen Entrepôts auf der italischen Kueste die Staedte an der Pomuendung, Spina und Atria, waren. Die Stuerme der Adriatischen See, die Unwirtlichkeit wenigstens der illyrischen Kuesten, die Wildheit der Eingeborenen reichen offenbar allein nicht aus, um diese Tatsache zu erklaeren. Aber fuer Italien ist es von den wichtigsten Folgen gewesen, dass die von Osten kommenden Elemente der Zivilisation nicht zunaechst auf seine oestlichen Landschaften einwirkten, sondern erst aus den westlichen in diese gelangten. Selbst in den Handelsverkehr teilte sich mit Korinth und Kerkyra die oestlichste Kaufstadt Grossgriechenlands, das dorische Tarent, das durch den Besitz von Hydrus (Otranto) den Eingang in das Adriatische Meer auf der italischen Seite beherrschte. Da ausser den Haefen an der Pomuendung an der ganzen Ostkueste nennenswerte Emporien in jener Zeit nicht bestanden - Ankons Aufbluehen faellt in weit spaetere Zeit und noch spaeter das Emporkommen von Brundisium -, ist es wohl begreiflich, dass die Schiffer von Epidamnos und Apollonia haeufig in Tarent loeschten. Auch auf dem Landwege verkehrten die Tarentiner vielfach mit Apulien; auf sie geht zurueck, was sich von griechischer Zivilisation im Suedosten Italiens vorfindet. Indes fallen in diese Zeit davon nur die ersten Anfaenge; der Hellenismus Apuliens entwickelte sich erst in einer spaeteren Epoche.

Dass dagegen die Westkueste Italiens auch noerdlich vom Vesuv in aeltester Zeit von den Hellenen befahren worden ist und auf den Inseln und Landspitzen hellenische Faktoreien bestanden, laesst sich nicht bezweifeln. Wohl das aelteste Zeugnis dieser Fahrten ist die Lokalisierung der Odysseussage an den Kuesten des Tyrrhenischen Meeres ^4. Wenn man in den Liparischen Inseln die des Aeolos wiederfand, wenn man am Lacinischen Vorgebirge die Insel der Kalypso, am Misenischen die der Sirenen, am Circeischen die der Kirke wies, wenn man das ragende Grab des Elpenor in dem steilen Vorgebirge von Tarracina erkannte, wenn bei Caieta und Formiae die Laestrygonen hausen, wenn die beiden Soehne des Odysseus und der Kirke, Agrios, das heisst der Wilde, und Latinos, im “innersten Winkel der heiligen Inseln” die Tyrrhener beherrschen oder in einer juengeren Fassung Latinus der Sohn des Odysseus und der Kirke, Auson der Sohn des Odysseus und der Kalypso heisst, so sind das alte Schiffmaerchen der ionischen Seefahrer, welche der lieben Heimat auf der Tyrrhenischen See gedachten, und dieselbe herrliche Lebendigkeit der Empfindung, wie sie in dem ionischen Gedicht von den Fahrten des Odysseus waltet, spricht auch noch aus der frischen Lokalisierung derselben Sage bei Kyme selbst und in dem ganzen Fahrbezirk der kymaeischen Schiffer.

—————————————————————-

^4 Die aeltesten griechischen Schriften, in denen uns diese tyrrhenische Odysseussage erscheint, sind die Hesiodische ‘Theogonie’ in einem ihrer juengeren Abschnitte und sodann die Schriftsteller aus der Zeit kurz vor Alexander, Ephoros, aus dem der sogenannte Skymnos geflossen ist, und der sogenannte Skylax. Die erste dieser Quellen gehoert einer Zeit an, wo Italien den Griechen noch als Inselgruppe galt, und ist also sicher sehr alt; und es kann danach die Entstehung dieser Sagen im ganzen mit Sicherheit in die roemische Koenigszeit gesetzt werden.

—————————————————————-

Andere Spuren dieser aeltesten Fahrten sind die griechischen Namen der Insel Aethalia (Ilva, Elba), die naechst Aenaria zu den am fruehesten von Griechen besetzten Plaetzen zu gehoeren scheint, und vielleicht auch des Hafenplatzes Telamon in Etrurien; ferner die beiden Ortschaften an der caeritischen Kueste Pyrgi (bei S. Severa) und Alsion (bei Palo), wo nicht bloss die Namen unverkennbar auf griechischen Ursprung deuten, sondern auch die eigentuemliche, von den caeritischen und ueberhaupt den etruskischen Stadtmauern sich wesentlich unterscheidende Architektur der Mauern von Pyrgi. Aethalia, “die Feuerinsel”, mit ihren reichen Kupfer- und besonders Eisengruben mag in diesem Verkehr die erste Rolle gespielt und hier die Altsiedlung der Fremden wie ihr Verkehr mit den Eingeborenen seinen Mittelpunkt gehabt haben; um so mehr als das Schmelzen der Erze auf der kleinen und nicht waldreichen Insel ohne Verkehr mit dem Festland nicht geschehen konnte. Auch die Silbergruben von Populonia auf der Elba gegenueberliegenden Landspitze waren vielleicht schon den Griechen bekannt und von ihnen in Betrieb genommen.

Wenn die Fremden, wie in jenen Zeiten immer, neben dem Handel auch dem See- und Landraub obliegend, ohne Zweifel es nicht versaeumten, wo die Gelegenheit sich bot, die Eingeborenen zu brandschatzen und sie als Sklaven fortzufuehren, so uebten auch die Eingeborenen ihrerseits das Vergeltungsrecht aus; und dass die Latiner und Tyrrhener dies mit groesserer Energie und besserem Glueck getan haben als ihre sueditalischen Nachbarn, zeigen nicht bloss jene Sagen an, sondern vor allem der Erfolg. In diesen Gegenden gelang es den Italikern, sich der Fremdlinge zu erwehren und nicht bloss Herren ihrer eigenen Kaufstaedte und Kaufhaefen zu bleiben oder doch bald wieder zu werden, sondern auch Herren ihrer eigenen See. Dieselbe hellenische Invasion, welche die sueditalischen Staemme erdrueckte und denationalisierte, hat die Voelker Mittelitaliens, freilich sehr wider den Willen der Lehrmeister, zur Seefahrt und zur Staedtegruendung angeleitet. Hier zuerst muss der Italiker das Floss und den Nachen mit der phoenikischen und griechischen Rudergaleere vertauscht haben. Hier zuerst begegnen grosse Kaufstaedte, vor allem Caere im suedlichen Etrurien und Rom am Tiber, die, nach den italischen Namen wie nach der Lage in einiger Entfernung vom Meere zu schliessen, eben wie die ganz gleichartigen Handelsstaedte an der Pomuendung, Spina und Atria, und weiter suedlich Ariminum, sicher keine griechischen, sondern italische Gruendungen sind. Den geschichtlichen Verlauf dieser aeltesten Reaktion der italischen Nationalitaet gegen fremden Eingriff darzulegen sind wir begreiflicherweise nicht imstande; wohl aber laesst es noch sich erkennen, was fuer die weitere Entwicklung Italiens von der groessten Bedeutung ist, dass diese Reaktion in Latium und im suedlichen Etrurien einen andern Gang genommen hat als in der eigentlichen tuskischen und den sich daran anschliessenden Landschaften.

Schon die Sage setzt in bezeichnender Weise dem “wilden Tyrrhener” den Latiner entgegen und dem unwirtlichen Strande der Volsker das friedliche Gestade an der Tibermuendung. Aber nicht das kann hiermit gemeint sein, dass man die griechische Kolonisierung in einigen Landschaften Mittelitaliens geduldet, in andern nicht zugelassen haette. Nordwaerts vom Vesuv hat ueberhaupt in geschichtlicher Zeit nirgends eine unabhaengige griechische Gemeinde bestanden, und wenn Pyrgi dies einmal gewesen ist, so muss es doch schon vor dem Beginn unserer Ueberlieferung in die Haende der Italiker, das heisst der Caeriten zurueckgekehrt sein. Aber wohl ward in Suedetrurien, in Latium und ebenso an der Ostkueste der friedliche Verkehr mit den fremden Kaufleuten geschuetzt und gefoerdert, was anderswo nicht geschah. Vor allem merkwuerdig ist die Stellung von Caere. “Die Caeriten”, sagt Strabon, “galten viel bei den Hellenen wegen ihrer Tapferkeit und Gerechtigkeit, und weil sie, so maechtig sie waren, des Raubes sich enthielten.” Nicht der Seeraub ist gemeint, den der caeritische Kaufmann wie jeder andere sich gestattet haben wird; sondern Caere war eine Art von Freihafen fuer die Phoeniker wie fuer die Griechen. Wir haben der phoenikischen Station - spaeter Punicum genannt - und der beiden von Pyrgi und Alsion bereits gedacht; diese Haefen waren es, die zu berauben die Caeriten sich enthielten, und ohne Zweifel war es eben dies, wodurch Caere, das nur eine schlechte Reede besitzt und keine Gruben in der Naehe hat, so frueh zu hoher Bluete gelangt ist und fuer den aeltesten griechischen Handel noch groessere Bedeutung gewonnen hat als die von der Natur zu Emporien bestimmten Staedte der Italiker an den Muendungen des Tiber und des Po. Die hier genannten Staedte sind es, welche in uraltem religioesen Verkehr mit Griechenland erscheinen. Der erste unter allen Barbaren, der den olympischen Zeus beschenkte, war der tuskische Koenig Arimnos, vielleicht ein Herr von Ariminum. Spina und Caere hatten in dem Tempel des delphischen Apollon wie andere mit dem Heiligtum in regelmaessigem Verkehr stehende Gemeinden ihre eigenen Schatzhaeuser; und mit der aeltesten caeritischen und roemischen Ueberlieferung ist das delphische Heiligtum sowohl wie das kymaeische Orakel verflochten. Diese Staedte, wo die Italiker friedlich schalteten und mit dem fremden Kaufmann freundlich verkehrten, wurden vor allen reich und maechtig und wie fuer die hellenischen Waren so auch fuer die Keime der hellenischen Zivilisation die rechten Stapelplaetze.

Anders gestalteten sich die Verhaeltnisse bei den “wilden Tyrrhenern”. Dieselben Ursachen, die in der latinischen und in den vielleicht mehr unter etruskischer Suprematie stehenden als eigentlich etruskischen Landschaften am rechten Tiberufer und am unteren Po zur Emanzipierung der Eingeborenen von der fremden Seegewalt gefuehrt hatten, entwickelten in dem eigentlichen Etrurien, sei es aus anderen Ursachen, sei es infolge des verschiedenartigen, zu Gewalttat und Pluenderung hinneigenden Nationalcharakters, den Seeraub und die eigene Seemacht. Man begnuegte sich hier nicht, die Griechen aus Aethalia und Populonia zu verdraengen; auch der einzelne Kaufmann ward, wie es scheint, hier nicht geduldet, und bald durchstreiften sogar etruskische Kaper weithin die See und machten den Namen der Tyrrhener zum Schrecken der Griechen - nicht ohne Ursache galt diesen der Enterhaken als eine etruskische Erfindung und nannten die Griechen das italische Westmeer das Meer der Tusker. Wie rasch und ungestuem diese wilden Korsaren, namentlich im Tyrrhenischen Meere, um sich griffen, zeigt am deutlichsten ihre Festsetzung an der latinischen und kampanischen Kueste. Zwar behaupteten im eigentlichen Latium sich die Latiner und am Vesuv sich die Griechen; aber zwischen und neben ihnen geboten die Etrusker in Antium wie in Surrentum. Die Volsker traten in die Klientel der Etrusker ein; aus ihren Waldungen bezogen diese die Kiele ihrer Galeeren, und wenn dem Seeraub der Antiaten erst die roemische Okkupation ein Ende gemacht hat, so begreift man es wohl, warum den griechischen Schiffern das Gestade der suedlichen Volsker das laestrygonische hiess. Die hohe Landspitze von Sorrent, mit dem noch steileren, aber hafenlosen Felsen von Capri eine rechte, inmitten der Buchten von Neapel und Salern in die Tyrrhenische See hinausschauende Korsarenwarte, wurde frueh von den Etruskern in Besitz genommen. Sie sollen sogar in Kampanien einen eigenen Zwoelfstaedtebund gegruendet haben und etruskisch redende Gemeinden haben hier noch in vollkommen historischer Zeit im Binnenlande bestanden; wahrscheinlich sind diese Ansiedlungen mittelbar ebenfalls aus der Seeherrschaft der Etrusker im kampanischen Meer und aus ihrer Rivalitaet mit den Kymaeern am Vesuv hervorgegangen. Indes beschraenkten die Etrusker sich keineswegs auf Raub und Pluenderung. Von ihrem friedlichen Verkehr mit griechischen Staedten zeugen namentlich die Gold- und Silbermuenzen, die wenigstens vom Jahre 200 der Stadt (550) an die etruskischen Staedte, besonders Populonia, nach griechischem Muster und auf griechischen Fuss geschlagen haben; dass dieselben nicht den grossgriechischen, sondern vielmehr attischen, ja kleinasiatischen Stempeln nachgepraegt wurden, ist uebrigens wohl auch ein Fingerzeig fuer die feindliche Stellung der Etrusker zu den italischen Griechen. In der Tat befanden sie sich fuer den Handel in der guenstigsten Stellung und in einer weit vorteilhafteren als die Bewohner von Latium. Von Meer zu Meer wohnend geboten sie am westlichen ueber den grossen italischen Freihafen, am oestlichen ueber die Pomuendung und das Venedig jener Zeit, ferner ueber die Landstrasse, die seit alter Zeit von Pisa am Tyrrhenischen nach Spina am Adriatischen Meere fuehrte, dazu in Sueditalien ueber die reichen Ebenen von Capua und Nola. Sie besassen die wichtigsten italischen Ausfuhrartikel, das Eisen von Aethalia, das volaterranische und kampanische Kupfer, das Silber von Populonia, ja den von der Ostsee ihnen zugefuehrten Bernstein. Unter dem Schutze ihrer Piraterie, gleichsam einer rohen Navigationsakte, musste ihr eigener Handel emporkommen; und es kann ebensowenig befremden, dass in Sybaris der etruskische und milesische Kaufmann konkurrierten, als dass aus jener Verbindung von Kaperei und Grosshandel der mass- und sinnlose Luxus entsprang, in welchem Etruriens Kraft frueh sich selber verzehrt hat.

Wenn also in Italien die Etrusker und, obgleich in minderem Grade, die Latiner den Hellenen abwehrend und zum Teil feindlich gegenueberstanden, so griff dieser Gegensatz gewissermassen mit Notwendigkeit in diejenige Rivalitaet ein, die damals Handel und Schiffahrt auf dem Mittellaendischen Meere vor allem beherrschte: in die Rivalitaet der Phoeniker und der Hellenen. Es ist nicht dieses Orts, im einzelnen darzulegen, wie waehrend der roemischen Koenigszeit diese beiden grossen Nationen an allen Gestaden des Mittelmeeres, in Griechenland und Kleinasien selbst, auf Kreta und Kypros, an der afrikanischen, spanischen und keltischen Kueste miteinander um die Oberherrschaft rangen; unmittelbar auf italischem Boden wurden diese Kaempfe nicht gekaempft, aber die Folgen derselben doch auch in Italien tief und nachhaltig empfunden. Die frische Energie und die universellere Begabung des juengeren Nebenbuhlers war anfangs ueberall im Vorteil; die Hellenen entledigten sich nicht bloss der phoenikischen Faktoreien in ihrer europaeischen und asiatischen Heimat, sondern verdraengten die Phoeniker auch von Kreta und Kypros, fassten Fuss in Aegypten und Kyrene und bemaechtigten sich Unteritaliens und der groesseren oestlichen Haelfte der sizilischen Insel. Ueberall erlagen die kleinen phoenikischen Handelsplaetze der energischeren griechischen Kolonisation. Schon ward auch im westlichen Sizilien Selinus (126 628) und Akragas (174 580) gegruendet, schon von den kuehnen kleinasiatischen Phokaeern die entferntere Westsee befahren, an dem keltischen Gestade Massalia erbaut (um 150 600) und die spanische Kueste erkundet. Aber ploetzlich, um die Mitte des zweiten Jahrhunderts, stockt der Fortschritt der hellenischen Kolonisation: und es ist kein Zweifel, dass die Ursache dieses Stockens der Aufschwung war, den gleichzeitig, offenbar infolge der von den Hellenen dem gesamten phoenikischen Stamme drohenden Gefahr, die maechtigste ihrer Staedte in Libyen, Karthago nahm. War die Nation, die den Seeverkehr auf dem Mittellaendischen Meere eroeffnet hatte, durch den juengeren Rivalen auch bereits verdraengt aus der Alleinherrschaft ueber die Westsee, dem Besitze beider Verbindungsstrassen zwischen dem oestlichen und dem westlichen Becken des Mittelmeeres und dem Monopol der Handelsvermittlung zwischen Orient und Okzident, so konnte doch wenigstens die Herrschaft der Meere westlich von Sardinien und Sizilien noch fuer die Orientalen gerettet werden; und an deren Behauptung setzte Karthago die ganze, dem aramaeischen Stamme eigentuemliche zaehe und umsichtige Energie. Die phoenikische Kolonisierung wie der Widerstand der Phoeniker nahmen einen voellig anderen Charakter an. Die aelteren phoenikischen Ansiedlungen, wie die sizilischen, welche Thukydides schildert, waren kaufmaennische Faktoreien; Karthago unterwarf sich ausgedehnte Landschaften mit zahlreichen Untertanen und maechtigen Festungen. Hatten bisher die phoenikischen Niederlassungen vereinzelt den Griechen gegenuebergestanden, so zentralisierte jetzt die maechtige libysche Stadt in ihrem Bereiche die ganze Wehrkraft ihrer Stammverwandten mit einer Straffheit, der die griechische Geschichte nichts Aehnliches an die Seite zu stellen vermag. Vielleicht das wichtigste Moment aber dieser Reaktion fuer die Folgezeit ist die enge Beziehung, in welche die schwaecheren Phoeniker, um der Hellenen sich zu erwehren, zu den Eingeborenen Siziliens und Italiens traten. Als Knidier und Rhodier um das Jahr 175 (579) im Mittelpunkt der phoenikischen Ansiedlungen auf Sizilien bei Lilybaeon sich festzusetzen versuchten, wurden sie durch die Eingeborenen - Elymer von Segeste - und Phoeniker wieder von dort vertrieben. Als die Phokaeer um 217 (537) sich in Alalia (Aleria) auf Korsika Caere gegenueber niederliessen, erschien, um sie von dort zu vertreiben, die vereinigte Flotte der Etrusker und der Karthager, hundertundzwanzig Segel stark; und obwohl in dieser Seeschlacht - einer der aeltesten, die die Geschichte kennt - die nur halb so starke Flotte der Phokaeer sich den Sieg zuschrieb, so erreichten doch die Karthager und Etrusker, was sie durch den Angriff bezweckt hatten: die Phokaeer gaben Korsika auf und liessen lieber an der weniger ausgesetzten lukanischen Kueste in Hyele (Velia) sich nieder. Ein Traktat zwischen Etrurien und Karthago stellte nicht bloss die Regeln ueber Wareneinfuhr und Rechtsfolge fest, sondern schloss auch ein Waffenbuendnis (συμμαχία) ein, von dessen ernstlicher Bedeutung eben jene Schlacht von Alalia zeugt. Charakteristisch ist es fuer die Stellung der Caeriten, dass sie die phokaeischen Gefangenen auf dem Markt von Caere steinigten und alsdann, um den Frevel zu suehnen, den delphischen Apoll beschickten.

Latium hat dieser Fehde gegen die Hellenen sich nicht angeschlossen; vielmehr finden sich in sehr alter Zeit freundliche Beziehungen der Roemer zu den Phokaeern in Hyele wie in Massalia, und die Ardeaten sollen sogar gemeinschaftlich mit den Zakynthiern eine Pflanzstadt in Spanien, das spaetere Saguntum gegruendet haben. Doch haben die Latiner noch viel weniger sich auf die Seite der Hellenen gestellt; dafuer buergen sowohl die engen Beziehungen zwischen Rom und Caere als auch die Spuren alten Verkehrs zwischen den Latinern und den Karthagern. Der Stamm der Kanaaniten ist den Roemern durch Vermittlung der Hellenen bekannt geworden, da sie, wie wir sahen, ihn stets mit dem griechischen Namen genannt haben; aber dass sie weder den Namen der Stadt Karthago ^5 noch den Volksnamen der Afrer ^6 von den Griechen entlehnt haben, dass tyrische Waren bei den aelteren Roemern mit dem ebenfalls die griechische Vermittlung ausschliessenden Namen der sarranischen bezeichnet werden ^7, beweist ebenso wie die spaeteren Vertraege den alten und unmittelbaren Handelsverkehr zwischen Latium und Karthago.

————————————————————————

^5 Phoenikisch Karthada, griechisch Karchedon, roemisch Cartago.

^6 Der Name Afri, schon Ennius und Cato gelaeufig - man vergleiche Scipio Africanus -, ist gewiss ungriechisch, hoechst wahrscheinlich stammverwandt mit dem der Hebraeer.

^7 Sarranisch heissen den Roemern seit alter Zeit der tyrische Purpur und die tyrische Floete, und auch als Beiname ist Sarranus wenigstens seit dem Hannibalischen Krieg in Gebrauch. Der bei Ennius und Plautus vorkommende Stadtname Sarra ist wohl aus Sarranus, nicht unmittelbar aus dem einheimischen Namen Sor gebildet. Die griechische Form Tyrus, Tyrius moechte bei den Roemern nicht vor Afranius (bei Festus p. 355 M.) vorkommen. Vgl. F. K. Movers, Die Phoenicier. Bonn/Berlin 1840-56. Bd. 2, 1, S. 174.

——————————————————————

Der vereinigten Macht der Italiker und Phoeniker gelang es in der Tat, die westliche Haelfte des Mittelmeeres im wesentlichen zu behaupten. Der nordwestliche Teil von Sizilien mit den wichtigen Haefen Soloeis und Panormos an der Nordkueste, Motye an der Afrika zugewandten Spitze blieb im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz der Karthager. Um die Zeit des Kyros und Kroesos, eben als der weise Bias die Ionier zu bestimmen suchte, insgesamt aus Kleinasien auswandernd in Sardinien sich niederzulassen (um 200 554), kam ihnen dort der karthagische Feldherr Malchus zuvor und bezwang einen bedeutenden Teil der wichtigen Insel mit Waffengewalt; ein halbes Jahrhundert spaeter erscheint das ganze Gestade Sardiniens in unbestrittenem Besitz der karthagischen Gemeinde. Korsika dagegen mit den Staedten Alalia und Nikaea fiel den Etruskern zu und die Eingeborenen zinsten an diese von den Produkten ihrer armen Insel, dem Pech, Wachs und Honig. Im Adriatischen Meer ferner sowie in den Gewaessern westlich von Sizilien und Sardinien herrschten die verbuendeten Etrusker und Karthager. Zwar gaben die Griechen den Kampf nicht auf. Jene von Lilybaeon vertriebenen Rhodier und Knidier setzten auf den Inseln zwischen Sizilien und Italien sich fest und gruendeten hier die Stadt Lipara (175 579). Massalia gedieh trotz seiner Isolierung und monopolisierte bald den Handel von Nizza bis nach den Pyrenaeen. An den Pyrenaeen selbst ward von Lipara aus die Pflanzstadt Rhoda (jetzt Rosas) angelegt und auch in Saguntum sollen Zakynthier sich angesiedelt, ja selbst in Tingis (Tanger) in Mauretanien griechische Dynasten geherrscht haben. Aber mit dem Vorruecken war es denn doch fuer die Hellenen vorbei; nach Akragas’ Gruendung sind ihnen bedeutende Gebietserweiterungen am Adriatischen wie am westlichen Meer nicht mehr gelungen, und die spanischen Gewaesser wie der Atlantische Ozean blieben ihnen verschlossen. Jahr aus Jahr ein fochten die Liparaeer mit den tuskischen “Seeraeubern”, die Karthager mit den Massalioten, den Kyrenaeern, vor allem den griechischen Sikelioten; aber nach keiner Seite hin ward ein dauerndes Resultat erreicht und das Ergebnis der Jahrhunderte langen Kaempfe war im ganzen die Aufrechterhaltung des Status quo.

So hatte Italien, wenn auch nur mittelbar, den Phoenikern es zu danken, dass wenigstens die mittleren und noerdlichen Landschaften nicht kolonisiert wurden, sondern hier, namentlich in Etrurien, eine nationale Seemacht ins Leben trat. Es fehlt aber auch nicht an Spuren, dass die Phoeniker es schon der Muehe wert fanden, wenn nicht gegen die latinischen, doch wenigstens gegen die seemaechtigeren etruskischen Bundesgenossen diejenige Eifersucht zu entwickeln, die aller Seeherrschaft anzuhaften pflegt: der Bericht ueber die von den Karthagern verhinderte Aussendung einer etruskischen Kolonie nach den Kanarischen Inseln, wahr oder falsch, offenbart die hier obwaltenden rivalisierenden Interessen.

Share on Twitter Share on Facebook